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Bookslove1511

Bewertungen

Insgesamt 10 Bewertungen
Bewertung vom 10.07.2022
Nachtschwärmerin
Mottley, Leila

Nachtschwärmerin


sehr gut

Aufwühlend, traurig aber realistisch.

TW: Sexualgewalt, Drogensucht, Prostitution

Oakland, Kalifornien. Hier wohnt die siebzehn Jährige Kiara und ihr älterer Bruder Marcus in einer heruntergekommenen Wohnanlage, in der Crack-süchtige Nachbarin ihr Kind vernachlässigt und im Pool Exkrementen schwimmen. Kiaras und Marcus Vater lebt nicht mehr, ihre Mutter sitzt im Gefängnis, deren einziger Verwandter, der Onkel Ty, wurde auf einem Tag zu den anderen als Rapper berühmt und will mit den Geschwistern nicht zu tun haben. Die beiden überleben die Tage ohne staatliche oder private Hilfe irgendwie, bis eine Mieterhöhung aufgehängt wird, die sie nicht bezahlen können. Wo Marcus seine Tage in einem Tonstudio verbringt und genau wie sein Onkel auf ein Durchbruch als Rapper hofft, sucht die minderjährige Kiara ohne Highschool-Abschluss und Lebenslauf unermüdet einen Job, ohne Erfolg. In der Hoffnung, dass sie ihr Bruder und vernachlässigten zehnjährigen Nachbarsjungen Trevor, der Kiara wie eigenen Bruder liebt und sorgt, aus der Dilemma zu helfen, geht sie den einen einzigen Weg: Prostitution. Bis sie eines Tages einen Polizisten als Freier hat...

Was aus Kiara, Marcus und Trevor wird, muss jeder selber lesen. Doch eins kann ich schon erwähnen: Es erwartet euch eine harte Kost! Denn man kann diese Geschichte nicht als ohne lesen. Mich hat es als Mutter gegen meine Grenzen gestoßen. Ich war wütend auf eine Mutter, die ihre Kinder dermaßen schwierige Situation gebracht hat. Ich war tief traurig um ein siebzehn jähriges Mädchen, die ihr Körper als Geldmaschine betrachten musste, um zu überleben. Ich war bestürzt über die realistische Erzählung von mittellosen schwarzen Menschen in einem Weltmachtland wie USA.

Die gerade mal 20 Jahre alte Autorin hat dieses Buch “Für Oakland und seine Mädchen” gewidmet und damit gibt sie eine Stimme für die Schwarze, an den Rand der Gesellschaft gedrängte Frauen. Schonungslos, teilweise unter die Haut drängend, zeigt sie uns die pechschwarze Seite vom sonnendurchflutetem Kalifornien. Einziger Kritikpunkt an diesem Debütroman ist die harte Sprache, welche nicht jedermanns Sache ist, und die Wiederholungen, denn ich habe einige Sätze markiert, die ich im Laufe des Buches oft lesen musste. Ansonsten wer sich mit der Thematik einlassen kann, ist es ein sehr wichtiger Roman, welcher uns zu wachschütteln versucht.

Bewertung vom 14.06.2022
Der Papierpalast
Heller, Miranda Cowley

Der Papierpalast


weniger gut

Unnötig detailliert, oberflächlich und langweilig

Elle... 50 Jahre alt, glücklich verheiratet, dreifache Mutter. Jedes Jahr verbringt sie ihren Urlaub mit der gesamten Familie in dem Sommerhaus von ihrer Mutter. Der Papierpalast, heißt das Feriendomizil, in dem sie als Kind und Jugendliche all die Sommerferien verbracht und ihren besten Freund Jonas kennen und lieben gelernt hat. Sie und Jonas verbindet nicht nur die rosa-roten Kindheitserinnerungen. Ein Geheimnis teilen die beiden, welches sie auch auseinander gerissen hat. Nun nach jahrelanger Funkstille trifft Elle Jonas wieder und nach einem Tag stellt sie nicht nur ihre Gefühle, sondern auch ihr Leben infrage. Soll sie den Rest ihres Lebens mit ihrem Mann und ihre Kinder oder doch mit ihrem besten Freund, in dem sie lebenslang verliebt ist, verbringen?

TW: Kindesmissbrauch, Sexualgewalt

„Ein starkes Debüt“ kündigt The Times. „Ergreifender Roman“ schreibt Daily Mirror. Als „Lesehighlight“ beurteilen die Rezenten und Dank viele positiven Lesestimmen ist dieses Buch seit zehn Wochen auf die Bestsellerliste des Spiegels. Ich dagegen hab fast einen Monat gebraucht um es zu Ende zu lesen und lande ich hinterher in einer tiefen Leseflaute.

Klar, die Geschmäcker sind verschieden und es ist auch gut so, sonst wäre ja die Welt langweilig, aber ehrlich gesagt was andere Leser*innen hier empfunden haben, ist mir ein Rätsel. Was ich beim Lesen gespürt hab, ist: neben Langeweile auch tiefe Wut.
Langeweile weil: die Autorin erzählt eine Geschichte wie ein Erklärungsfilm. Ich habe über 400 Seiten lang ihre Protagonistin überall und bei jeder Kleinigkeiten begleitet. Wenn ich jetzt ein Röntgenbild von Elle zusehen bekommen würde, würde ich sie sofort erkennen, so kleinkariert ist der Schreibstil. Für einige heißt es bildgewaltig, für mich ist es ein unnötig detaillierter Erzählstil. Wut weil: angefangen von Elles Großmutter, gefolgt von ihrer Mutter und von ihr, Frauen, Müttern, die selbstsüchtig sind und obwohl die als Kinder selber unter Verachtung gelitten haben, aber den gleichen Fehlern, bewusst oder nicht, bei deren Kinder weitermachen, verursachen bei mir extreme Gänsehaut! Wie kann eine Mutter selbst unter Kindesmissbrauch gelitten hat, nichts merkt, dass ihr Kind missbraucht wird??? Ich, als Frau, Mutter, Tante und Tochter konnte und wollte diese Thematik nicht akzeptieren, geschweige denn mit Elle und all die anderen oberflächlichen Charaktere mitfühlen.

Grunde genommen, es geht eigentlich um ein einziges Tag, indem Elle eine Entscheidung treffen muss. Ein Tag, was wie ein Jahrhundert wirkt, denn hoppelt man hier wie ein Hase zwischen die Zeiten. Mal habe ich über Elles Kindheit und Jugend erfahren, mal über ihre Oma, ihr Mutter und ihren Vater gelesen. Kaum konnte ich in die Geschehenen eintauchen, zack war ich wieder in der Gegenwart oder in der Vergangenheit. Vielleicht wollte die Autorin so die Spannung aufrecht halten, auf jedenfalls waren die Zeitsprünge für mich sehr ermüdend, sodass ich oft das Interesse an dieses Buch verloren und nach paar gelesen Seiten wieder weggepackt hab. Dazu kommt eine Sprache mit vielen derben Ausdrücken, welche, meiner Meinung nach, in einem Erotik-Roman perfekt passend waren, aber hier nichts zu suchend sind.

„Der Papierpalast“ hat schon viele Liebhaber*innen gewonnen, indem ich nicht mitzähle. Deswegen kann ich dieses Buch nicht weiterempfehlen. Was ich hier geschrieben habe, ist meine ehrliche Meinung und mein Empfinden beim Lesen, daher bitte nicht persönlich nehmen!

Bewertung vom 05.06.2022
Das Leben eines Anderen
Hirano, Keiichir_

Das Leben eines Anderen


sehr gut

Distanziert aber gut

Akira Kido... Ende dreißig, verheiratet, Vater eines vierjährigen Sohnes und Scheidungsanwalt. Schon acht Jahre her, dass Kido seine Klientin Rie bei ihrer erster Scheidung unterstützt hat. Nun wendet sich Rie zum zweiten Mal an Kido, nur diesmal gibt es kein Trennung, sondern ein Todesfall. Ries zweite Ehemann, mit dem sie vier Jahre verheiratet war, stirbt plötzlich und nach seinem Tod erfährt Rie, dass ihr Mann nicht derjenige war, der sie geglaubt hat: sein Name, seine Vergangenheit, seine Personalakte, sein da-sein... alles ist gefälscht. Kido, selbst mit seinem Leben und mit seiner Ehe hadert, fängt an, den Fall recherchieren und deckt dabei ein komplexes System von Identitätstausch auf.

Vornweg: wer hier wegen der Thematik eine Kriminalgeschichte hofft, muss ich die diejenige enttäuschen. Es geht zwar um die Suche von der Herkunft von Ries verstorbenen Ehemann, doch die Story bietet viel mehr. Unter anderem thematisiert der Autor die Beziehungen zwischen Japaner und Koreaner, was ich sehr interessant fand. Allerdings dies oder andere Handlungen wurden nicht durchgehen in der Erzählung eingebaut. Man muss hier einiges zwischen den Zeilen lesen, dafür viel Geduld und Aufmerksamkeit mitbringen. Persönlich lese ich sehr gerne japanische Literatur, dementsprechend habe ich keine Schwierigkeiten mit den Dialogen oder mit den Namen. Doch wer bis jetzt ganz wenig oder gar keine Romane aus Japan gelesen hat, ist dieses Werk nicht als Einstiegsbuch geeignet. Denn der Schreibstil von Keiichirō Hirano ist recht sachlich, beinahe kühl, wodurch die einige Textabschnitte für uns Europäer befremdlich wirken können.

Trotz meine Kritikpunkte habe ich das Buch sehr gerne gelesen und kann es an die Japan und japanische Literatur Liebhaber nur ans Herzlegen.

Bewertung vom 01.06.2022
Kangal
Schentke, Anna Yeliz

Kangal


sehr gut

Sehr mutige Story

Kangal: Der in Anatolien/Türkei verbreiteter Herdenschutzhund. Wachsam, Ausgeglichen, Selbstbewusst, treu und ohne jegliche Aggressivität. Doch wenn es um Schutz von seiner Herde geht, kann er sehr bedrohlich sein.
Kangal1210: Deckname von einer jungen Türkin. Engagiert, Entschlossen, Zielbewusst, Mutig. Wenn es um hart auf hart kommt, beinahe furchtlos. Beinahe..

Schon seit Jahren spüren Dilek, ihr Freund Tekin und deren Freunde die Veränderungen in der Türkei. Nach dem Putschversuch in 2016 war es dann endgültig vorbei mit der Meinungsfreiheit. Wer gegen die Regierung kritisch äußert, kriegt seine Strafe. Dilek ist Kangal1210. Kangal1210 ist eine oppositionelle und aktiv auf dem verbotenen Sozialnetzwerken. Als ihre lesbische Freundin ins Gefängnis landet, fürchtet Dilek um ihr Leben. Sie steigt in das erst beste Flugzeug und flüchtet nach Deutschland. In Frankfurt besucht sie ihre Cousine Ayla, die früher wie ihre Schwester war. Doch die Zeiten, die beiden jede Sommerferien zusammen gebracht haben, sind vorbei und wenn noch der Politik dazwischen kommt, gehen nicht nur Meinungen auseinander...

Unerschrocken, manchmal knallhart, doch überwiegend nüchtern und zynisch erzählt Schentke über die jungen Türken, die in der heutigen Türkei und in Deutschland leben. Wenn man als türkeistämmige Mensch im Ausland dortigen Ereignisse folgt, versteht man alles nicht so recht. Man achtet zwar schon was und mit wem man redet, aber die Auswirkung ist halt nicht wirklich wie in der Türkei. Mir ist die Thematik bekannt, daher kann ich es auch eins beurteilen, und zwar: Die Autorin trifft hier den exakten Ton von einige türkische Bürger*innen sowohl im Inland und Ausland erleben. Doch meine Meinung nach konnte die Autorin aus diesem Thema mehr herausholen. Denn das Buch hat gerade mal 200 Seiten und die Kapitel sind zu kurz, um aus drei Perspektiven erzählten Story gefühlsvoll hineintauchen zu können. Mir hat hier die Tiefe gefehlt. Nichtsdestotrotz... es ist eine sehr mutige Geschichte, besonders für diejenigen, die diese Thematik nicht kennen, sehr interessant und Meinungsbildend sein kann.

Bewertung vom 01.06.2022
Wo die Wölfe sind
McConaghy, Charlotte

Wo die Wölfe sind


ausgezeichnet

Bildgewaltig, spannend, berührend

Schon zwei Jahre her, dass ich McConaghy's Debütroman „Zugvögel“ mit großer Begeisterung gelesen hab, daher war meine Erwartung zu hoch und hab mich mit Fingerspitzen an das Buch herangetastet. Doch meine Sorgen waren umsonst, denn die australische Autorin bleibt an ihre Passion treu und erzählt wieder über die Natur, Tierwelt und menschliche Psychologie.

Diesmal nimmt Charlotte McConaghy uns mit Ihrer Protagonistin Inti Flynn in das schottische Hochland. Die junge Biologin und ihr Team lieben und leben mit den Wölfen und wollen nur eins: Die wilden Tiere wiederanzusiedeln und damit auch Jahrzehnt zerstörten Landschaft retten. Doch die Highlander teilen deren Begeisterung nicht und äußern sie sich nicht nur öffentlich skeptisch, sondern stellen die bei jeder Gelegenheit Intis Taten auf die Goldwaage. Obwohl Inti innerlich sehr sensibel ist, gibt sich nicht klein. Bis einer der Dorfbewohner tot aufgefunden wird...

Wer hier eine Geschichte nur über Wölfe erwartet, täuscht sie sich! Denn die junge Autorin hat viele Themen, wie Gewalt an Frauen, Macht und Machtlosigkeit, Klimawandel aufgegriffen. Natürlich geht es im großen um die Wölfe -was allerdings sehr lehrreich ist-, aber es geht auch um die Liebe. Liebe an die Natur, Geschwisterliebe, Liebe zu einem Mann. Sehr umfangreiche Story, sodass man beim Lesen keine Langeweile spürt.
Obwohl „Wo die Wölfe sind“ sprachlich nicht an den „Zugvögel“ heranreicht, ist Charlotte McConaghy trotzdem ein spannendes, bildgewaltiges Roman gelungen, welches mich sehr berührt und nachdenklich zurückgelassen hat. Absolut lesenswert!

Bewertung vom 07.04.2022
Die Diplomatin
Fricke, Lucy

Die Diplomatin


sehr gut

Kurzweilig und lesenswert

Friederike Anderman, genannt auch Fred ist Ende Vierzig, geboren in der DDR, Tochter von einer alleinerziehenden Mutter, die damals nach BRD geflüchtet ist, aber mittlerweile seit Jahrzehnten in Hamburg lebt. Sie ist eine erfahrene deutsche Botschafterin, war in Bagdad tätig als die Bomben aus der Himmel fielen und arbeitet im Moment in Montevideo/Uruguay. Doch dann wird eine deutsche Bloggerin, Tochter von einer der einflussreichsten deutschen Familien in Uruguay, vermisst. Fred schenkt dem Fall nicht genügend Aufmerksamkeit und wurde als „Strafe“ in der Türkei, genauer gesagt in politisch chaotischen Istanbul versetzt. Istanbul... Millionenmetropole und Schlagader von der Türkei und genau hier wartet sie noch einmal ein harte Schlag...

Schnörkellos, zynisch und mit einer Prise schwarzen Humor versüßt erzählt die Bestsellerautorin Lucy Fricke über eine Konsulin, die den glauben an die Diplomatie verloren hat. Ihr Figur pendelt Zwischen Moral und Politik und diplomatische und private Affäre hin und her. Fred war für mich am Anfang ein gefühlloser Charakter, ein Prototyp von einer Frau, die ihre Karriere vor ihre Familienplanung bevorzugt. Doch je weiter ich gelesen hab, desto mehr konnte ich sie verstehen. Fricke nimmt die deutsch-türkischen Zusammenarbeit unter die Lupe und übt dabei Kritik an beiden Regierungen, obwohl das ziemlich gefährlich werden konnte. Haarscharf recherchiert, sehr bildhaft leuchtet sie in eine höchst Geheime Welt und gibt einige Einblicke lehrreiche, politische Einblicke frei. Ein Roman, der geopolitisch nicht aktuell sein kann. Sehr empfehlenswert.

Bewertung vom 31.03.2022
Dschinns
Aydemir, Fatma

Dschinns


ausgezeichnet

60 Jahre Almanya

Im Oktober 1961 kamen die ersten türkische Gastarbeiter nach Deutschland. Überwiegend Männer, die in der Türkei als Bauer, Bauarbeiter oder Handwerker tätig waren. %90 der Männer hatten nur ein Ziel: genug Geld fürs eigene Ackerland oder Betrieb sparen und wieder zurückkehren. Doch alles kam anders als geplant! Wer in Deutschland einigermaßen auf den eigenen Beinen stehen konnte, blieb und holt seine Familie nach. Mittlerweile leben in Deutschland ca. 3-Millionen türkeistämmigen Menschen. Eine Familie davon sind die Yilmazs...

Der Herr des Hauses Hüseyin Yilmaz stirbt unerwartet nach 30 Jahre harter Arbeit, kurz vor der Rente, in Istanbul. Übrig bleibt sein Lebensziel: ein Eigenheim in der Türkei. „Kötü haber tez duyulur“, sagt man in der Türkei. Das heißt, die schlechte Nachrichten verbreiten sich schnell und so erfährt der Rest der Familie von Hüseyins Tod mitten in der Nacht in Deutschland. Die Ehegattin Emine und die jüngsten Kinder Perihan und Ümit nehmen den erst besten Flug. Der zweitältester Sohn Hakan rast 3000 Km durch die Länder durch, die Älteste Tochter verpasst ihr Flug und landet einen Tag nach der Beerdigung in Istanbul. Und wir, die Leser*innen reisen in den Gedanken von der sechsköpfigen Gastarbeiterfamilie. Einer türkische Familie, deren Leben zwischen Tradition und Moderne pendelt...

Einfühlsam, bewegend und sorgfältig gewählten, haargenau an ihre Figuren passende Sprache erzählt Fatma Aydemir über eine Familie. Eine Einwandererfamilie, die nirgendwo wirklich hingehört. In der Türkei sind die „Almanci“ die Nachbarn mit Bügeleisen aus Deutschland beschenken müssen, damit die hinter-gebliebenen Eltern ab und zu mal vorbeischauen. In Deutschland sind die Ausländer oder wie Hakan es immer sagt: Kanaken. Es sind zwar Tatsachen für die außenstehende Leser sehr interessant und authentisch wirken, allerdings für die Leute, die in dem türkischen Kreis aufgewachsen sind, sind es nah an der Grenze von Kitsch und Klischee. Die Geschichte fängt beinahe herzzerreißend mit Vater Hüseyins Kapitel an und nach und nach erzählen die Kinder aus deren eigenen Leben und mit eine dramatische Szene schließt die Mutter Emine den Story. Sechs verschiedene Menschen bringen viele unterschiedliche Probleme, Sorgen und Kummer. Obwohl der Beginn sehr überzeugend war, verliert das Buch in der Mitte durch viele Angelegenheiten sein Zog-Kraft. Für mich war es etwas vollgeladen mit Themen. Trotz meiner Kritikpunkte habe ich es sehr gern gelesen und ich kann es nur weiterempfehlen.

Bewertung vom 21.03.2022
Die Feuer
Thomas, Claire

Die Feuer


gut

Vollbepackt mit Themen, die nicht bis zum Ende erzählt werden.

Margot Pierce, Anfang siebzig, Literaturprofessorin... Sie hadert mit ihrem Leben. Ihr Mann ist demenzkrank, ihr Sohn hält sich von ihr fern und sie selbst sollte eigentlich schon längst pensioniert sein.

Summer, Anfang zwanzig, Schauspielstudentin und arbeitet als Platzanweiserin im Theater... Sie ist auf der Identitätssuche, kennt ihren Vater nicht, weiß nicht, woher ihre dunkle Hautfarbe kommt und leidet nicht nur unter Rassismus, sondern auch unter Angststörung.

Ivy Parker, Anfang vierzig, Kunstmäzenin und Margots ehemalige Studentin. Sie schwenkt zwischen ihrer Vergangenheit und die Gegenwart. Sie hat viele Leute in ihrem Leben verloren und lebt sie in einer Blase aus voller Sorgen, mit viel Geld.

Es ist ein heißer Freitagabend in Melbourne. Während in den Bergen das Buschfeuer sich weiterverbreitet, sehen die drei völlig verschiedene Frauen den Theaterstück „Glückliche Tage“ von Samuel Beckett an. Und genauso wie Becketts Protagonistin Winnie, trotzt geschehen viele Unglücks, fühlen sich die drei Frauen beim jeden Satz persönlich angesprochen. In der Pause treffen die Drei aufeinander und am Ende des Stückes, gehen die Frauen auf eigener Art und Weise verändert auseinander.

Eine interessante Grundidee, sehr außergewöhnlicher Aufbau und klare Sprache sind Merkmale dieses Buches, welche mir auch gefallen hatten, aber das wärs dann auch. Denn für mich reichen dieses Kompetente nicht, um ein Buch mit fünf Sterne zu bewerten. Das Buch hat gerade mal 250 Seiten und die sind vollgeladen mit vielen Themen, wie: Gewalt in der Ehe, Rassismus, psychische Krankheiten, Klimawandel, Trauer, sexueller Missbrauch usw... An sich berührende Themen, mich aber keinesfalls mit genommen haben. Irgendwie war alles zu gewollt zusammengesetzt. Dazu kommen immer wieder dazwischen die Szenen aus der Theater-Vorstellung und brachen die eigentlichen Erzählungen mittendrin, sodass die Angelegenheiten nicht bis zum Ende erzählt wurden. Wer hier tiefe hofft, muss lange suchen! Denn bevor man in einer der Probleme eintauchen kann, kommt der nächste Kapitel, schleppt eine der drei Frauen und dazu gehörende Komplikationen mit. Ich kann das Buch leider nur mit Einschränkungen weiterempfehlen.

Bewertung vom 19.03.2022
Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße
Leo, Maxim

Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße


ausgezeichnet

Beste Unterhaltung!
Der Journalist Alexander Landmann stößt kurz vor dem 30. Mauerfall in alten Stasi-Akten eine der spektakulärsten Massenflucht aus der DDR auf: In der Nacht von 12. Juli 1983, durch das Freischalten einer Weiche, konnten 127 Menschen mit einer S-Bahn in den Westen gelangen. Landmann, der auf eine große Story hofft, macht sich auf den Weg aus Hamburg nach Berlin, um den damaligen Stellwerksmeister Michael Hartung zu suchen. Hartung, mittlerweile Besitzer von einer alten Videothek, lebt mehr schlecht als Recht in Ostberlin. Sein Leben plätschert vor sich hin. Er hat kein Kontakt mehr mit seiner Tochter, seine einzige Dauerkundin ist die Nachbarin Beate, die ständig Liebesfilme ausleiht und fürs kurze Austausch muss er einfach rüber zur Bernds Laden laufen und paar Bierflaschen kaufen. Seinetwegen kann er tagtäglich so leben, natürlich, wenn da keinen Mietschulden wäre. Hartung, der eigentlich ein schusseliger Bahnmitarbeiter war, versucht Landmann zu erklären, dass es alles nicht so war, wie in den Stasi-Akten stehen, aber Landmann lässt nicht locker und lockt Hartung mit Honorar aus seinen Komfortzonen heraus. Doch beide ahnen nicht, was für eine Lawine ein einziges Interview ins Rollen bringen kann...

„Vielleicht sollten wir damit aufhören, von den Ostdeutschen und von den Westdeutschen zu sprechen. Ich meine, was hat ein Hamburger mit einem Oberbayern zu tun? Und ein Mecklenburger mit einem Sachsen? Wir sollten aufhören, uns gegenseitig zu beschuldigen und zu belehren."

„Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße“ ist ein Unterhaltungsroman vom feinsten, welcher sein Leser*innen lauthals zum Lachen bringt, aber auch nachdenklich stimmt. War das Leben damals in der DDR wirklich so schlimm oder übertreiben wir etwas damit? Darf man heutzutage überhaupt glauben, was in den Nachrichten stehen? Warum sind wir nach 33 Jahren immer noch Ossis und Wessis? Maxim Leo, der selbst in der DDR aufgewachsen und nicht nur Autor, sondern preisgekrönter Journalist ist, greift auf diese Themen. Mit feinem Humor und scharf gespritzter Betrachtungsweise erzählt Leo über den damaligen DDR-Bürger, wie sie vor und nach dem Mauerfall leben. Er erzählt über, wie der Geld die Menschen sehr schnell manipulieren kann und kritisiert dabei die Regierung, damals aber auch heute, die nicht die ganze Wahrheiten preisgeben.

Ein Roman, der mit seiner leichten, humorvollen Sprache mich aus meinem Alltag abgeholt hat, um mir köstliche Lesestunden schenken. Sehr empfehlenswert!

Bewertung vom 12.03.2018
Bis zum Himmel und zurück
Junk, Catharina

Bis zum Himmel und zurück


ausgezeichnet

Katja, ende zwanzig, Drehbuchautorin. Sie schreibt seit Jahren fürs TV. Krimiserie obwohl sie hat nicht mal eine einziges mal eine Folge geschaut. Sie ist von Schicksal Schlägen getroffen, hatte sie eine schreckliche Pubertät hinter sich und seit sie 18 war, lebt sie von ihr mühsam angerichtete Kapsel von leben alleine. Ab und zu kommt ihre Energie geladene „so zu sagen“ Freund vorbei und bringt ein Klecks Farbe in ihr grauen Leben. Zum Glück gibt es noch Alexa, ihr beste Freundin, sie steht immer Rat und Tat neben Katja und wenn sie jemanden braucht, zum weinen oder zum lachen, geht sie immer zur ihre „Schminkzicke“. Eines Tages bekommt Katja ein Auftrag. Sie soll für eine Familien Geschichte schreiben. Aber wie soll sie denn Bitteschön eine Familienserie entwickeln, wo ihre eigene Familie zerbröselt in einem Trümmerhaufen lag. Sie geriet in eine Schreibblockade und grummelt vor sich hin, als vom heiteren Himmel ihr Mutter sie nach 7 Jahren, wegen eine schreckliche Nachricht anrief, aus dem nichts eine Halbschwester vor ihr steht, ihre erste liebe, der Junge, den sie unbedingt küssen wollte, auftaucht, wusste Katja sofort, dass sie ihre Vergangenheit nicht mehr ignorieren kann.

Wieder ein Meisterwerk von Catharina Junk, wieder eine ernsthafte, traurige Thema; Selbsthass, Trauer, Alkoholmissbrauch und wieder hat die Autorin geschafft, schwierige Thematik mit eine Humor zu verbinden. Die Geschichte erzählt aus Protagonistin Perspektive und im Wechsel Gegenwart und Vergangenheit, was mir sehr gut gefällt, so haben die Leser nie Langeweile und dass baut auch die Spannung. Ich finde die Protagonistin sehr sympathisch und hab ich sie sofort ins Herz geschlossen. Ich habe mit Katja gelitten, gelacht, geweint. Auch andere Charaktere sind sehr bildlich geschrieben, ich hatte das Gefühl, ich sehe Katja, Alexa, Ratko, Joost und Jella zwischen den Seiten. Das Cover und der Titel sind wunderschön und es passt perfekt zum Inhalt. Schreibstil ist typisch Catharina Junk; flüssig, locker, authentisch. Die Idee dass sie den Vorgänger Buch in paar Zeilen vorstellt, finde ich sehr gut; ich mochte den „Liebe wird aus Mut gemacht“ auch sehr. Sehr gut gelungenes Buch.

Dieses Buch hat mich sofort in den Bann gezogen und emotional sehr berührt. Absolute Kauf- und Leseempfehlung von mir.