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easymarkt3
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Insgesamt 683 Bewertungen
Bewertung vom 30.06.2024
Agatha Christie / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.21 (eBook, ePUB)
Lieder, Susanne

Agatha Christie / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.21 (eBook, ePUB)


gut

Leider nur die erste Lebenshälfte von Agatha Christie
Das passende Cover zeigt ein typisch britisches sommerliches Landschaftsbild an einer warmen Küste mit einem stattliches Gebäude im Hintergrund und wohl der jungen, noch unverheirateten Agatha Christie im Vordergrund, im modischen Stil um 1920. Leider umfasst dieser Roman nur die Zeit von 1908 bis 1929, also die erste Lebenshälfte von Agatha, * 1890. Ihre glückliche Kindheit in Torquay im Haus Ashfield, ihre Reisejahre in Paris und Kairo zusammen mit ihrer geliebten Mutter spiegeln ihre inneren Konflikte wider, aber auch die damalige Etikette in gehobenen Gesellschaftskreisen. Ermüdend ist manch ein oberflächlicher Dialog zwischen Mutter und Tochter über ähnlichem Inhalt rund ums Heiraten. Interessanter hingegen sind die schriftstellerischen Anfänge und der Schreibprozess rund um die Figur Hercule Poirot in ihren ersten Krimis. Das Ehe- und Familienleben mit Ehemann Archibald Christie und Tochter Rosalind beschreibt mehr deren Alltag. Der schriftstellerische Erfolg mit der ältlichen Ermittlerin Jane Marple in den Folgejahren nach 1928 hätte breiter ausgebaut werden können neben den vielen Reisen wie z.B. nach Bagdad, Ur oder die Kanarischen Inseln. Da Agatha bis 1976 lebte, könnte man hier die weitere Entwicklung ihrer großen Karriere vermissen. Leider liefert das Nachwort nur eine kurze Zusammenfassung mit Hinweisen auf Auslassung einiger Lebensabschnitte der Schriftstellerin. Insgesamt war der Schreibstil nicht überzeugend.

Bewertung vom 27.06.2024
Don't kiss Tommy. Eine Liebe in der Stunde Null
Graw, Theresia

Don't kiss Tommy. Eine Liebe in der Stunde Null


sehr gut

Die britische Besatzungszeit in Bad Oeynhausen – interessant!
Das Cover und auch der Buchtitel sind passend zum Buchinhalt originell gewählt. Die Szenerie spielt in Bad Oeynhausen ab 1945. Die britische Rheinarmee richtet hier nach Kriegsende ihr Hauptquartier ein. Trotz Fraternisierungverbot verirren sich die nicht nur charakterlich sehr unterschiedlichen, weiblichen Hauptfiguren Anne und Rosalie, Freundinnen seit früher Kindheit, in den charmanten Avancen von Colonel Michael Hunter bzw. Jeff, Adam und Brian. Diese fiktiven Techtelmechtel bringen zwar angenehme Atmosphäre in diese ansonsten trostlose Nachkriegszeit mit Entnazifizierung, schlechter Ernte nach dem Dürresommer, dem Jahrhundertwinter 1945/46 ohne Heizmaterialien, einer Hochwasserkatastrophe etc., wirken aber besonders im 5. Teil sehr konstruiert. Die beachtliche Recherchearbeit mit vielen Angaben im Detail macht diesen Teil deutscher Nachkriegsgeschichte sehr lebendig und nachvollziehbar, informativ in passendem Schreibstil. Daneben vermitteln die Figuren eine hoffnungsvolle Mentalität zum Wiederaufbau während ihrer recht unwürdigen Lebensweise. Wie sehr die Briten das zivile Leben und die Wirtschaft dieser Kurstadt beeinträchtigten wird gut dokumentiert.
Ein aufschlussreiches Buch zur deutschen Nachkriegsgeschichte.

Bewertung vom 24.06.2024
Eve
Towles, Amor

Eve


gut

Ein kritischer Blick auf Hollywoods Filmindustrie und Glamourwelt

Die Szenerie spielt in Los Angeles, rund um die Filmstudios Hollywoods um 1939. Die Besetzung zum Film Vom Winde verweht steht an. Die Schauspielerin Olivia de Havilland und die seitenweise aufgeführten Vorgaben in ihren Filmverträgen prägen auch schonungslos ihr Privatleben z.B. bei Imagefragen. In Evelyn Ross findet sie eine wahre Freundin, clever, stets diskret, mutig, selbstsicher, auf der Suche nach gesellschaftlicher Gerechtigkeit und Entmachtung der ewig Herrschsüchtigen in der Filmbranche. Das unmenschliche Buhlen um zukünftige Filmrollen und die damit einhergehende Würdelosigkeit, gepaart mit großer Angst vor Arbeitslosigkeit, auch in Berufszweigen wie Journalistik, Fotografie, Juristerei etc. – diese Themenbereiche werden behandelt in einem recht langatmigen Schreibstil in zwei Teilen des Romans. In Hollywoods scheinbar heiler Filmindustrie und Glamourwelt entpuppt sich viel Spielraum für Kriminalität, aufgedeckt durch raffinierte Aktionen von Eve und ihrem rührigen Team: Charlie Granger, ehemaliger Inspektor der Mordkommission, dann Prentice Symmons, dickleibiger, zurück getretener Schauspieler und Billie, einem jungen Stuntman. Der Roman beschreibt gesellschaftskritisch Menschen, die aus ihrem geringsten Fehltritt einen Gewinn für sich selbst schlagen wollen. Auch ahnungslose, ehrliche Menschen können schnell in die unethischen Fänge solcher Mitmenschen geraten. Leider sind der Schreibstil und die Wortwahl im Handlungsverlauf und in der Charakterisierung aller Figuren nicht überzeugend genug.

Bewertung vom 22.06.2024
The Storm We Made
Chan, Vanessa

The Storm We Made


gut

Der Zweite Weltkrieg im Bündnis mit Japan – interessant.
Das Cover zeigt ein Kind in Seitenansicht mit sturmmäßig verwehten Haaren und teils unscharfen Umrissen gemalt. Geht dieser Blick vielleicht in eine ungewisse Zukunft nach dem beendeten Sturm des zweiten Weltkriegs? Was die Kolonisierung für die einheimische Bevölkerung bedeutet, wird gut beschrieben. Auch wenn Malayas Bevölkerung unter der britischen Kolonisierung menschlich und wirtschaftlich weniger gelitten hat als unter der japanischen, so bleiben sie mental immer die in Angst und Verzweiflung lebenden Unterdrückten. Über einen Zeitraum von 1935 bis 1945 erläutern mehrere Erzählstränge vom damaligen Leben in Bintang Estate, Malaya. Die eurasisch-stämmige Hauptperson Cecily Alcantara, japanische Spionin für den von ihr geliebten General Fuijwara, erkennt zu spät die verheerenden Folgen ihres geheimen Handels und verzweifelt zeitweise an ihrer großen Mitschuld. Welche verheerenden Auswirkungen ihr Tun auf ihre Familie und ihr Umfeld hat, verraten die Kapitel über ihre Kinder. Gefühle wie verschiedenste Ängste, Verbitterung, Demütigung, Schuld, Verletzungen an Körper und Seele lassen die Brutalität in dieser kolonisierten Welt lebendig werden. Das Ziel „Asien den Asiaten“ wurde unter dem Tiger von Malaya fast verwirklicht.
Ein interessanter Einblick in einen asiatisch geprägten Krieg.

Bewertung vom 21.06.2024
Reise nach Laredo (eBook, ePUB)
Geiger, Arno

Reise nach Laredo (eBook, ePUB)


sehr gut

Ein fiktiver Roman entlang historischer Fakten.
Nach seiner Abdankung im Jahr 1556 wählte Kaiser Karl V. (König Karl I. von Spanien) das Monasterio de San Jerónimo de Yuste, ein Hieronymitenkloster, schon 1554 als Ruhesitz. 1558 starb er hier im Alter von 58 Jahren. Neben dem Kloster hatte er für sich und seine Entourage ein einfaches Haus errichten lassen. Die Schlichtheit und die extreme Abgeschiedenheit machen den Besuch des Klosters zu einem eindrucksvollen Erlebnis: Der ehemalige Herrscher über ein riesenhaftes Reich auf zwei Kontinenten verzichtete im Alter auf fast allen Komfort. Kaum Möbel und nur spärliche Dekoration (ein Bild von einem Greif?) befinden sich in den Zimmern, luxuriös ist allein der Ausblick auf den Garten und das bergige, frische, von üppiger Vegetation geprägte Umland der Extremadura. So wirbt dieses Kloster auf seiner Website.
Der Charakter des großen Kaisers kommt auf dieser, seiner letzten Reise nach Laredo voll zum Vorschein. Biographisches und Fiktives sind kreativ verbunden. Seine Vorliebe für schwarze Bekleidung, seine Freude an Uhren, sein kirchlicher Fanatismus im Einklang mit der Inquisition, seine Völlerei, seine Reizbarkeit und sein Eigensinn, aber auch seine steigende Sehnsucht im Alter nach Ruhe des Geistes und des Körpers werden beschrieben.
Die Leiden und Krankheiten, die ihn von Jugend auf geplagt haben, die Gichtanfälle, Asthma und Hämorrhoidalbeschwerden sowie Fieber wie bei Malaria, sollten König Karl I. von Spanien eigentlich nicht befähigt haben, im Jahre 1558 die lange, mühsame Strecke von Juste nach Loredo zu reisen. Eher ist diese Reisebeschreibung mit all ihren Abenteuern der Biographie des Kaisers (seiner letzten Reise von Laredo nach Juste im Jahre 1856) als Anregung für diesen Roman entnommen. Der ihn begleitende elfjährige Junge Geronimo wird zunächst nicht offiziell als natürliches Kind Karls anerkannt, wie im Roman angedeutet. Tatsächlich war dieses Kind schon 1550 nach Spanien geschickt und dort unter der Obhut des Luis de Quijada in Leganes von einfachen Leuten im Stillen erzogen worden. 1554 nahm Quijada Geronimo in sein Haus auf. Während Karls Aufenthalt in San Juste war der uneheliche Junge im Gefolge Quijada’s, so dass der alte Kaiser ihn oft sehen konnte. In einem Codizill, das er seinem Testament beifügte, empfahl er seinem Sohn König Philipp II. die Sorge für seinen jüngeren Halbbruder Johann von Oesterreich (Don Juan de Austria) nach seinem Tode, 1561 endlich legitimiert.
Auch die Nebenfiguren wie der Sekretär Willem Van Male, sein Leibarzt, sein Beichtvater Fray Regla oder Oberst Quijada können Karl bei der Überwindung seiner inneren Leere, Depression und Gewissensprüfung nicht behilflich sein. Interessant ist die Erwähnung von Cagots und deren Ausgrenzung in Spanien.
Die Beschreibung des letzten Weges Karls zum Auffinden des Sinns im Leben ohne Bitterkeit ist berührend, der Schreibstil der innewohnenden Botschaft ist angemessen und überzeugend.

Bewertung vom 17.06.2024
Das erste Licht des Sommers
Raimondi, Daniela

Das erste Licht des Sommers


sehr gut

Liebe bedeutet, niemals um Verzeihung bitten zu müssen
Das Cover zeigt das Porträt einer jungen Frau in expressionistischem Malstil mit künstlerischer Farbgebung. Durch den direkten Blickkontakt wirkt dieses Cover sehr ansprechend. Die Geschichte der Familie Casadio beginnt 1947 mit der Geburt von Norma, Tochter von Guido und Elsa, die 2015 in Stellata, Italien stirbt. Nur an diesem Wohnort der Großeltern findet nicht nur Norma die Geborgenheit, die sie im Elternhaus stark vermisst. Wie auch der Buchtitel sagt, sei sie so schön wie das erste Licht des Sommers, in ihrem Äußeren in der Sippe eher auf die Seite der Träumer geschlagen, während die andere Hälfte äußerlich mehr die dunklen Züge aus dem fahrenden Volk tragen wie z. B. ihre Cousine und beste Freundin Donata.
In diesem großen Zeitraum von 68 Jahren zieht sich der rote Faden durch drei Generationen von Frauen mit ihren Schicksalen. Weitere einfühlsam beschriebene Szenarien spielen in London, Brasilien, Schweiz, in den Reisfeldern von Piemont etc.. Besonders Donata, die in die Zukunft blicken kann, und Tante Adele bereichern mit magischen Momenten die engen Bindungen, Freundschaften und großen Lieben. Die Libelle, als Symbol für Unsterblichkeit, Glück und Wiedergeburt, hier als Repräsentant der Seele der Verstorbenen auf der Suche nach ihrer ewigen Ruhe, ist interessant eingeflochten.
Auf zwei Erzählebenen springt die Erzählerin Norma in die chronologisch aufgebaute Vergangenheit und in das Jahr 2015, begleitet von Fakten zu weltumspannenden historischen und politischen Ereignissen. Thematisiert werden auch Mutterliebe in verschiedenen Facetten, Treue in der Ehe und die Bewältigung von Traumata.
Insgesamt ein interessanter Roman mit detailliert beschriebenen Charakteren.

Bewertung vom 15.06.2024
Darwyne
Niel, Colin

Darwyne


sehr gut

EIne fantasievolle Geschichte voller Geheimnisse und Gefahren
Das Cover zeigt einen nächtlichen Ausschnitt aus dem Dschungel, den Boden bedeckt mit dichtem, feuchtem Wurzelgeflecht und manchem Getier, rutschigem Blattwerk und Moosen. Der untere Coverbereich weist eine zusätzliche Beschichtung auf, den optischen 3D-Effekt mit einem haptischen Gefühl verstärkend. Lichteffekte in diversen Grüntönen betonen die düstere Atmosphäre im dichten Wald gekonnt. Die Beschreibung der Hauptfiguren überzeugt, auch die Problematik des Lebens ohne Aufenthaltsgenehmigung, Arbeit etc. in Slums wird deutlich. Die starke Persönlichkeit der schönen, klugen Mutter steht in starkem Gegensatz zu ihrem zehnjährigen außergewöhnlichen Sohn, umwoben mit einer heimlichen, unmenschlichen, bösen Gabe, die allmählich durch eine Sozialarbeiterin der Kinder – und Jugendhilfe entdeckt wird. Durch die Fehlbildung der unteren Extremitäten mit der Möglichkeit, umgekehrte Fußabdrücke zu hinterlassen, erhält die Geschichte um den Jungen etwas Fantastisches und Monsterhaftes, eingebettet in mannigfache naturkundliche Aufzählungen der dortigen Tier-und Pflanzenwelt. Thematisiert werden auch mütterliche Misshandlung und Mutterliebe, illegale Einwanderung, Erstellung von Evaluationen durch Sozialarbeiterinnen der Kinder- und Jugendhilfe und in-vitro-Fertilisation. Realität und Fantasie treffen insgesamt spannend aufeinander. Der bedrohliche und bedrohte Amazonas mit seiner Abholzung und der dadurch befürchteten Klimaveränderung machen die dortige Problematik sehr realistisch. Der Schreibstil überzeugt.

Bewertung vom 13.06.2024
Das Dorf der acht Gräber / Kosuke Kindaichi ermittelt Bd.3
Yokomizo, Seishi

Das Dorf der acht Gräber / Kosuke Kindaichi ermittelt Bd.3


sehr gut

Ein japanischer Krimi im Agatha Christi-Stil
Das Cover zeigt eine zarte Hand, die ein rotes Pulver in eine rundes Gefäß streut. Da es sich um einen Kriminalroman handelt, könnte der Leser hier das Einstreuen eines Giftes vermuten. Der gewählte Schrifttyp wirkt altmodisch, vielleicht Bezug nehmend auf eine Legende aus dem sechzehnten Jahrhundert. Die Szenerie spielt in den Bergen von Okayama und in Kobo. Das zu Anfang aufgelistete Personenregister ist zumindest anfangs sehr hilfreich. Die vielen Charaktere sind teils schrullig wie Tatsuyas uralte Großtanten Koume und Kotake, die eineiigen Zwillinge, teils sehr intelligent wie Miyako Mori. Noriko, Shintaros jüngere Schwester, überzeugt ebenso in ihrer jugendlichen Naivität, Zuneigung und ihrem Mut. Der Twist mit der Rüstung am Schrein lässt eine Überlegung aufkommen: Der Mann in der Rüstung hatte sich durch Adipocire-Verseifung in eine Wachsleiche verwandelt, also durch mangelnden Sauerstoff und viel Feuchtigkeit in diesem unterirdischen, riesigen Höhlengeflecht. Nur wie konnte sich dann z. B. Tatsuya als Opfer dieser irrationalen Lynchjustiz im Höhlensystem mehrere Tage überleben ohne Mangelerscheinungen?
Wie schon in vorigen Kriminalfällen löst der private Ermittler Kosuke Kindaichi in seiner eigenwilligen, sympathischen Art das ganze Rätsel in seiner Kompliziertheit an Puzzlestücken sinnvoll auf, in der abschließenden Machart anklingend an Thriller von Agatha Christie. Die Schatzsuche mit vielen Abenteuern und Geheimnissen in japanischem Ambiente gefällt.

Bewertung vom 11.06.2024
Prophet Song
Lynch, Paul

Prophet Song


ausgezeichnet

Ein sehr wichtiges Lied des Propheten
Im Mittelpunkt steht eine anfangs sechsköpfige Familie in Leinster, Irland, mit Eilish Stack als in Vollzeit arbeitender Biologin und Mutter von vier Kindern, die sich auch um den dementen Vater in eigenem Haushalt kümmert. Die politische Katastrophe beginnt mit dem Verschwinden des Familienvaters Larry, einem aktiven Gewerkschafter der TUI, nach einem Kontakt mit der erstmalig aufgestellten Geheimpolizei. Durch Notverordnungen werden Verfassungsrechte wie Streiks und Demonstrationen radikal außer Kraft gesetzt, werden Befürworter der neuen Regierung und der Partei an wichtige Positionen gesetzt zwecks Machterweiterung. Bei ihren Bemühungen zum Schutz ihrer Familie zieht sich die Schlinge um deren Dasein dramatisch schnell zu unter dem tragischen Verlust weiterer Familienmitglieder. Aus Eilishs Sicht erkennt man den rapiden Verlust ihrer Freiheit und die Zerstörung ihres bisherigen Lebens. Wie dramatisch schnell sich bisherige Lebensverhältnisse ändern könnten, wird emotional in Schreibstil und Wortwahl gut beschrieben.
Der Prophet singt nicht vom Ende der Welt, sondern das Ende der Welt ist immer ein lokales Ereignis, es kommt in dein Land und besucht deine Stadt und klopft an die Tür deines Hauses und wird für andere nur eine ferne Warnung, ein kurzer Bericht in den Nachrichten………
Wie kostbar unsere Demokratie ist, die es zu beschützen gilt, kommt als klare Botschaft eindrucksvoll rüber.

Bewertung vom 08.06.2024
Kleine Monster
Lind, Jessica

Kleine Monster


sehr gut

Erinnerungen an eine mit tragischem Verlust beladene Kindheit
Im Zentrum steht Pia, die ein Kindheitstrauma bewältigt, hervorgerufen durch das Geheimnis rund um den tragischen Tod ihrer kleinen Schwester Linda und ihrer Adoptivschwester Romi. Jetzt als Mutter des siebenjährige Luca verfällt sie in eigene Kindheitserinnerungen, scheinbar hervorgerufen durch einen prekären schulischen Vorfall mit Luca, der sie mit charakterlichen Abgründen aus ihrem Elternhaus konfrontiert. Unterschiedliche Verluste durch Lindas Tod und Romis Auszug, der Schmerz für Pia ist nicht der gleiche, immer noch zu schwer zu ertragen. Denn der Satz Wir drei sind eins. spendet hier keinen Trost mehr, erst später erneut für ihre kleine Familie mit Jakob, Luca und Pia. Im Tiefgang geht es um Trauer, Ungewissheit und Schuld, gekoppelt an ein Schweigen und einer bedrückenden Stille im Elternahaus nach Lindas Tod. Reflektionen besonders über das geänderte Verhalten der Mutter seit diesem Todesfall stechen hervor mit Erinnerungen an Grimm’s Märchenerzählungen. In drei Teilen geht es auch um kindliche Lügerei und Problemverursachung wie bei dem Adoptivkind Romi. Die Boshaftigkeit von Kindern und das Austesten von Grenzen im Miteinander spielt hier eine tragende Rolle laut Buchtitel. Auch was detailliert an diesem Todestag von Linda passiert ist, muss die Hauptfigur Pia wissen zwecks klarer Verarbeitung der immanent vorhandenen Schuldgefühle und Vorwürfe in dieser Familie. Die Bewältigung dieses Dramas gelingt schließlich, wobei der fesselnde Schreibstil und die einfühlsame Wortwahl gefallen. Auch die Nebenfiguren werden realistisch dargestellt in österreichischem Ambiente.