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Benutzername: 
Tatjana Schmalz
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 13 Bewertungen
12
Bewertung vom 31.07.2020
Planet Germania
Rosenstern, Artur

Planet Germania


ausgezeichnet

Vom Sowjetbürger zum waschechten Wessi

Im 30ten Jahr der deutschen Einheit ist exakt 30 Jahre her, dass der Autor, aber auch der Romanprotagonist aus Kasachstan nach Deutschland auswanderten. Damals wie heute galt, dass die Welt ein Dorf ist, also begegnet der tapfere Andrej seinem Nachbarn aus Kindertagen, dem geschäftigen Fast-Millionär Murat. Eloquent und oft so komisch, dass das Zwerchfell einen Moment Ruhe braucht, las ich das schlanke Buch an nur einem Tag durch und erkannte dabei immer wieder Lebensgewohnheiten von mir und meiner Familie wieder. Wie wird man ein "waschechter Wessi" und was ist mehr wert, viel Geld oder doch ein guter Freund?
Mit einer beispiellosen Heiterkeit stellt sich das Buch den großen Fragen zum Leben (im Einwanderungsland Deutschland) und beleuchtet, wie die mühevollen und zuweilen peinlichen Anfänge des "interkulturellen Dialogs" einst aussah.
Ein Buch, das ich auf einer sonnigen Parkbank genoss, aber bedenkenlos auch für einen diesigen Herbsttag empfehle!

Bewertung vom 17.04.2020
Von der Weisheit der Märchen
Stöcklin-Meier, Susanne

Von der Weisheit der Märchen


sehr gut

Märchenhafter Erziehungsratgeber

Während diverse Märchenratgeber (zurecht) auf die heilende Wirkung von Märchen eingehen, bietet Stöcklin-Meier eine besondere Art der Konfliktprävention. Mit Märchenprophylaxe lernt das Kind, was den Menschen menschlich und was das Leben lebenswert macht. Mit 50 Geschichten aus unterschiedlichsten Kulturen und Epochen zeigt die Autorin, dass Menschen unabhängig vom kulturellen Hintergrund oder individuellen Elternhaus sehr wohl universelle Werte teilen können. Und sich diesen Werten mit Gesprächs- und Spielanleitungen anzunähern, bildet den Mehrwert dieses Erziehungsratgebers. Einzig kritikwürdig ist, dass trotz aller Stimmigkeit des Buchkonzepts einige wenige Geschichte aus dem Rahmen fallen und mehr Fragen aufwerfen als sie beantworten. Ansonsten ein hübsch illustriertes Arbeitsbuch für die ganze Familie!

Bewertung vom 01.03.2020
Die Rache der Baba Jaga
Rosenstern, Artur

Die Rache der Baba Jaga


ausgezeichnet

Das Schwiegermonster

Begegnet man in der heutigen Welt einer leibhaftigen Hexe, so handelt es sich um die Schwiegermutter - so erging es zumindest Gisbert, nachdem er das Herz der Ukrainerin Julia eroberte. In dieser Liebesbeziehung mutet alles märchenhaft an: Dass ein Versager eine kluge Schönheit erobert; der Roadtrip in die Ukraine zum Beweis der eigenen Männlichkeit; und der Umstand, dass die Liebesgeschichte am sagenumwobensten aller deutschen Orte begann, in Bielefeld!

Der kurzweilige Liebesroman hat mit seinen klamaukigen Szenen zum Fremdschämen nicht nur Verfilmungspotenzial - wie der Weihnachtsfilm "Schöne Bescherung" mit Chavy Chase würde ein solcher Streifen gewiss etliche schadenfrohe Besucher anlocken ;-)

"Die Rache der Baba Jaga" schreit förmlich nach einer Fortsetzung, denn nicht erst nach dem fulminanten Ende bleiben etliche Fragen offen. In Zeiten der Globalisierung und interkulturellen Beziehung braucht es nicht immer guter Vorbilder: Manchmal hilft auch die Gewissheit, dass andere es mit den Schwiegereltern weitaus schlimmer getroffen hat, das eigene Los leichter zu ertragen!

Bewertung vom 01.02.2020
Der Fluch des dunklen Prinzen
Pfeiffer, B. E.

Der Fluch des dunklen Prinzen


ausgezeichnet

Nichts für Zartbesaitete!

Ob geschmackvolle Erotik oder schaurige Endzeitstimmung - dieser Märchenroman spricht fast alle menschlichen Gefühlslagen an. Einige Elemente erinnern an das Märchen von Peter Pan oder an die Abenteuer von Harry Potter. Doch alles in allem ist es eine originelle Geschichte, die von den Sagen um den dunklen nordischen Gott LOKI inspiriert wurde.
Beeindruckend fand ich das Sprachgefühl der Autorin!
Das Buch empfehle ich Liebhabern von Fantasyromanen und Märchenadaptionen ab 14 (oder doch lieber erst ab 16?) Jahren.

Bewertung vom 15.01.2020
Der gestiefelte Kater
Raffalt, Peter

Der gestiefelte Kater


ausgezeichnet

Originelle Neuinterpretation eines zeitlosen Klassikers

Die spannendsten Märchen handeln (fast) immer vom Sieg der List und Vernunft über scheinbar übermenschliche Kräfte. Dazu gehört freilich das Märchen vom gestiefelten Kater bzw. die gleichnamige Neuinterpretation als Märchenroman von Peter Raffalt!

Der steinige Weg zum Karrieresprung des dritten Müllersohns wird aus der Sicht des gealterten Katers rekonstruiert. Leider bleibt unklar, warum den Stein des Anstoßes ausgerechnet rote Stiefel bilden - hier hätte mir ein Exkurs in die Farb- und Schuhsymbolik gefallen. Allerdings wird angedeutet, dass es um Fragen der Macht, Repräsentanz und suggerierten Reichtums geht.

Von der ersten Seite an entspinnt sich eine spannende Erzählung, die auf die Rettung der schönen Königstochter hinarbeitet und immer wieder das menschliche Laster der Eitelkeit auf- und angreift. Die menschliche Prioritätensetzung geben dem Kater immer wieder zurecht Anlass zu beißendem Spott. Also eine Geschichte, die unterhält UND zum Nachdenken anregt.

Kurzum: Ein gelungener Märchenroman, der sich am besten im Kreise der Familie reihum vorlesen lässt!

Bewertung vom 23.12.2019
Historisch Arbeiten
Eckert, Georg;Beigel, Thorsten

Historisch Arbeiten


ausgezeichnet

Die ersten Schritte als Historiker.

Das Buch erschien gerade zur rechten Zeit, als ich nach einem Fachwechsel noch mit der Umstellung meiner Arbeitsweise fremdelte. Doch dank der Lektüre stellte ich erleichtert fest, dass geisteswissenschaftliche Arbeiten mehr Gemeinsamkeiten aufweisen als gedacht. Im Nachwort heißt es treffend: „Historisch Arbeiten ist eigentlich ganz leicht. Es ist bisweilen nur schwer, genau zu beschreiben, worin es besteht.“ (S.262) Die Kerndisziplin historischen Arbeitens ist die Quellenkritik und wie man sie übt, wird im Laufe des Buchs anhand zahlreicher Beispiele verständlich aufgezeigt - sogar mit anregenden Übungsaufgaben!

Als „Handreichung zum Geschichtsstudium“, so der Untertitel, liefert das Buch einen ergiebigen Strategie- und Werkzeugkasten. Von den Anlaufstellen der Recherche über eine gewinnbringende Materialerschließung bis zur nachhaltigen Ergebnisfixierung; wobei zu beachten ist, dass alle drei Schritte stets parallel verlaufen und erst mit der Abgabe der wissenschaftlichen Arbeit (vorläufig) abgeschlossen sind. Da sich das Buch an Studienanfänger richtet und diese praktische Handreichung das Potential zum dauerhaften Schreibtischgast hat, hätte es einzig noch eine Checkliste von einführenden Standardwerken der Geschichtswissenschaft abrunden können.

Zu bemerken ist, dass dieses Buch während eines „Epochenumbruchs“ erscheint, da immer mehr Quellen und auch die Forschungsliteratur (teilweise selektiv!) digitalisiert werden und inzwischen ein schier unübersichtliches Informations- und Rechercheangebot besteht. Es wird schwieriger, den Überblick zu behalten, doch benennen die Autoren zumindest die derzeit führenden Portale. So nehmen sie den hilfesuchenden Leser bei seinen ersten Schritten als Historiker sicher an die Hand.

Bewertung vom 03.11.2019
Zauberschön
Matt, Irene

Zauberschön


ausgezeichnet

Liebevoll und lebensklug!

Irene Matt wirbt mit einem "Märchenroman nicht nur für Kinder" - völlig zurecht, denn den gewählte Sprache und die zeitlosen, zugleich aber hochpolitischen Inhalte beschäftigen uns ständig. Wie sieht das ideale Zusammenleben zwischen Menschen und von Menschen in der Natur aus?

Im Gesundheitszustand der Pflanzenwelt spiegelt sich bei "Zauberschön" stets das gesellschaftliche Klima. Dort gedeiht die Pflanzenvielfalt nur bei ausreichend Vertrauen und Innovationswillen, verdorrt aber sobald die Angst wie eine Epidemie um sich greift. Aus dieser botanischen Metapher habe ich für mich persönlich einen herrlichen Aphorismus abgeleitet: Das Saatgemisch aus Vertrauen, Maß und Ziel treibt die üppigsten von allen Blüten.

Ich habe dieses kluge Buch gern gelesen und würde es Kindern ab 10 Jahren, Jugendlichen und harmonieliebenden Erwachsenen nicht nur für die Adventszeit ans Herz legen!

Bewertung vom 25.10.2019
Ghosting
Soliman, Tina

Ghosting


sehr gut

Die Folgen der Wisch-und-Weg-Mentalität

Hand aufs Herz: Wer hat schon einmal einen unliebsamen Kontakt einfach im Sande verlaufen lassen? Dafür kann es ebenso gute Gründe geben wie für einen akribisch vorbereiteten Kontaktabbruch. Dass dahinter aber oft nur noch Kleinigkeiten stecken und dass Dating- und Partnervermittlungsplattformen einen wesentlichen Anteil an der grassierenden „Wisch-und-Weg“-Mentalität haben, ist das Thema in Tina Solimans Sachbuch „Ghosting“.

Was treibt Menschen dazu an, sich wie ein Geist in Luft aufzulösen, also „ghosting“ zu betreiben, und wie geht das Gegenüber damit um, wenn es „ge-ghostet“ wurde? Soliman hat unzählige Gespräche mit Opfern und Tätern, Therapeuten und Publizisten geführt. Einfühlsam und zugleich anklagend wird aufgezeigt, wie „ghosting“ neben dem Privatleben auch die Arbeitswelt erfasst. Die Thesen der Autorin decken sich weitestgehend mit meinen persönlichen Beobachtungen, wie Respektlosigkeit, Verantwortungslosigkeit, Konsumwahn und Kosten-Nutzen-Rechnungen selbst rein emotionale Lebensbereiche vergiften.

Dass die Schuld nicht nur bei den Online-Plattformen liegt, sondern die Weichen für solches Verhalten bereits in der Erziehung gestellt wurden, klingt auch in Solimans Buch an. Allerdings weist die Autorin wiederholt darauf hin, dass Fragen der Familienbindung bereits Gegenstand in ihren beiden vorangehenden Büchern sind. Leider kann ich nicht beurteilen, ob es inhaltliche Redundanzen zu den vorangegangenen Büchern gibt. Doch der stete Verweis auf die anderen Veröffentlichungen erzeugte in mir das Gefühl, in dem vorliegenden Buch nicht genug erfahren zu haben.

Die Autorin hat viele Abgründe aufgezeigt und wagt dennoch einen hoffnungsvollen Abschluss. Leider gab es auf der Zielgeraden aus heiterem Himmel eine Randnotiz zum Charakter vom Präsidenten Trump. Selbst wenn sein Name, wie die Autorin schreibt, oft in Gesprächen mit Therapeuten und Publizisten fiel, hätte ich ein Kapitel zu mehreren prominenten Beziehungsvermeidern oder Ghosts sinnvoller gefunden als einen völlig überraschend eingeschobenen Absatz.

Bewertung vom 25.09.2019
Die Schönste im ganzen Land / Disney - Villains Bd.1
Valentino, Serena;Disney, Walt

Die Schönste im ganzen Land / Disney - Villains Bd.1


sehr gut

Pflichtlektüre für alle Disney-Fans!

Nachdem ich tiefenpsychologische Märchendeutungen und deren Publikumswirkung kennenlernte, war ich von dieser ersten von mehreren Hintergrundgeschichten in einem vollständigen Disney-Paralleluniversum vollauf begeistert. Wie ich vermutete, waren es Minderwertigkeitskomplexe und eine alles andere als banale Eifersucht, die Schneewittchens Stiefmutter allmählich zum Bösewicht, pardon, zum selbstgerechten Verzweiflungstäter machten.
Dabei lässt das Ende - meiner Meinung nach - weiteren Raum für Spekulationen (nicht nur) um den Verbleib des Zauberspiegels offen... die mehrsträngige Geschichte ist großartig und Pflichtlektüre für jeden eingefleischten Disney-Fan, egal welchem Alters! Nur der bildschöne Bucheinband sah nach zwei Tagen leider nicht mehr allzu adrett aus, denn auf dem empfindlichen Material wirkt jeder Fingeradruck wie ein Fettfleck und selbst die leichtesten Kratzer wirken wie Furchen - also das Buch lieber nur mit Samthandschuhen anfassen!

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