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Booklove15_11

Bewertungen

Insgesamt 56 Bewertungen
Bewertung vom 01.03.2022
Butter
Yuzuki, Asako

Butter


sehr gut

Genussvoll und einzigartig.
Manako Kajii liebt gutes, vor allem buttriges Essen, aber leider kam sie in letzter Zeit nicht zum Genuss von Butter. Nicht, weil die Butter in Japan momentan knapp und mittlerweile ein Luxusgut ist, sondern weil sie wegen dreifachem Mordes im Gefängnis sitzt. Manako soll eine Heiratsschwindlerin sei und die Männer mit ihrer Kochkünste verführt und ermordet haben. Allerdings bestreitet sie es und sorgt mit ihrem pummeligen Körper mehr Schlagzeilen als ihre angeblichen Taten. Die Journalisten Rika, die über Manako viel gelesen und sie mehrfach kontaktiert hat, bekam, dank eines Tipps von ihrer Freundin Reiko, eine Zusage von Manako für ein Besuch, unter eine Bedienung: Sie sollen nur über Essen reden. Rika, die unbedingt auf ein exklusives Interview über sie veröffentlichen möchte, willigt sich ein. Doch die ganze hat keinen süßen buttrigen Geschmack...

„Butter“ ist wie eine genussvolle, kulinarische Japan Reise, die beim Lesen einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt und Heißhungerattacken verursacht! Viele Kochkünste und Rezepte ziehen ganzes Buch entlang. Doch es geht hier nicht nur um die Kulinarik, vielmehr um Kultur, Gesellschaft und besonders um uns Frauen. Denn die japanische Autorin hält einen Spiegel vor unsere Nasen und fragt: Wer schreibt die Regeln über uns Frauen? Wer entscheidet, wie viel wir wiegen, was wir anziehen, wann wir lachen und worüber wir reden sollen? Sehr gut gelungene Gesellschaftskritik, wie ich es fand! Außerdem hat der Roman hat einen hauch Krimi-Anteil, sodass man nicht nur über Essen liest, sondern mit Neugier die Protagonistin Rika begleitet. Sehr geschickt, leicht verständlich und wegen vieler hautnahen Beschreibungen über Essgenuss irgendwie auch sinnlich verbindet Asako Yuzuki drei völlig verschiedene Themen zusammen. Allerdings für meinen Geschmack ist die Geschichte bis zur Mitte etwas zu wenig buttrig, denn bis mich die Story an sich ziehen konnte, ist die ganze geschmolzene Butter sehr langsam über jedes Reiskorn gelaufen. Ich habe es gern gelesen und bin hinterher sehr dankbar in einer Gesellschaft zu leben, die Frauen mit Respekt verhandeln wird und mit reden dürfen!

Bewertung vom 24.02.2022
Unser wirkliches Leben
Crimp, Imogen

Unser wirkliches Leben


gut

Unwirklich, toxisch, nervig
Die 24-jährige Gesangstudentin Anna wächst sehr behütet auf eine ländliche Gegend von England auf. Sie erfüllt durch einen Stipendium ihren Traum und macht eine Ausbildung zur Opernsängerin auf einer der Londons renommierten Konservatorium. Weil sie von ihren Eltern keine Finanzielle Unterstützung bekommt, wohnt sie mit ihrer Freundin in einem Zimmer zusammen, arbeitet in einer Bar als Jazzsängerin. Eines Abends, als sie mit ihre Auftritt fertig wurde, lernt Anna bei einem Drink den 15 Jahre älteren Max kennen. Max ist ein erfolgreicher Banker, Charmant und wohlhabend. Er verführt sie zum Essen, lädt sie auf seinem feinem Apartment ein und die beiden verwickeln sich einen Winter lang in einem sexualen Beziehung ein.

Wie viele Klischees kann eine Story ertragen? Dies war die Frage, die ich mir beim lesen immer wieder gestellt habe. Ein armes Mädchen trifft ein reichen Mann! Ich weiß es nicht, wie oft ich solcher Art von Büchern gelesen hab, aber meiner Meinung nach, nach der Shades of Grey Reihe sprießen solche Geschichten wie Pilze auf dem Waldboden. Klar, gibt es Leser*innen, welche darüber lesen möchten und natürlich gibt es Menschen, die solche Beziehung selbst erleben/erlebt hatten, allerdings solche Geschichten, Grund der Alter die Protagonistin, haben eher Jüngere Lesekreise und genau da habe ich meine bedenken.

Crimps Schreib/Erzählstil ist sehr gewöhnungsbedürftig und wenn man denkt, wo man nicht nur über Annas alltägliche Erlebnisse liest, sondern auch in ihre Gedanken eintaucht, macht das ihre Verzicht von Satzzeichen bei Wörtlicher-Rede alles auch nicht besser. Sie listet die Gespräche ohne irgendwelche Merkmale, wer gerade redet, hintereinander, sodass ich die Dialoge teilweise mehrfach lesen musste, um sie zu verstehen. Es hat mich nicht nur verwirrt, sondern auch extrem ermüdet. Erzählt wird die ganze nur aus Annas Sicht. Anna ist eine sehr komplizierte Figur und ihre Gedanken und Gefühle schwanken zwischen den Zeilen. Man versteht gar nicht, warum sie sich so wie ein kleines Mädchen gegenüber Max benehmt. Hier fehlt definitiv Maxs Betrachtungsweise!

Eine Geschichte, welche meine Erwartung nicht erfüllt hat und ich mit mir und mit dem Buch ganze Zeit gekämpft hab. Einerseits wollte ich abbrechen, anderseits gern wissen, wie es das ganze enden würde. Jetzt, nach dem ich mich über eine Woche lang damit gequält hab, kann ich sagen: auch wenn ich das Buch abgebrochen hätte, hätte ich nicht viel verpasst! Denn alles entwickelt haargenau so, wie ich mir gedacht habe. Allein und Einzig aus diese Geschichte waren die Opernszenen, welche Anna geprobt/gespielt hat, haben mir gut gefallen und daher kann ich leider das Buch nur an die Leser*innen empfehlen, die die toxischen Beziehungsgeschichten lesen mögen. 2,5 Sterne gerundet auf 3

Bewertung vom 03.02.2022
Der fürsorgliche Mr Cave
Haig, Matt

Der fürsorgliche Mr Cave


sehr gut

Krankhafte Fürsorge

TW: Psychische Erkrankung
Terence Cave... Antiquitätenhändler, alleinerziehender Vater von Zwillinge. Wenn es um eine Porzellanfigur geht oder eine Altes Truhe, hat er nicht nur Wissen, sondern auch ruhige Hände und Geduld. Doch wenn es um seine Kindern geht, da hat er kein Feingefühl. Terence hat bereits den Selbstmord seiner Mutter erlebt und Raubmord von seiner Frau. Beim tragischen Tod von seinem Sohn war er ebenfalls dabei. Als ob seine Liebe verflucht ist, schwört er sich seine 15-jährige Tochter Bryony mit allen Kräften zu beschützen, koste, was es wolle...

Wer von Matt Haig was gelesen hat, weiß wie gefühlsvoll, bildhaft, vor allem wie wendungsreich er schreibt. Auch in dem „Der fürsorgliche Mr Cave“ ändert sich nicht viel. Doch wenn man denkt, dass es sich hier um eine sehr schwere psychische Krankheit handelt, hat der bildhafte Schreibstil nicht unbedingt viele Vorteile. Denn Terence’s Verhalten durch seine Psyche ist zwar nachvollziehbar, aber teilweise extrem belastend zum Lesen. Als Mutter konnte ich seine Ängste, Trauer und Sorgen verstehen, jedoch waren seine Taten für mich befremdlich, teilweise sogar zu krankhaft. Erzählt wird die Geschichte in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Terence in direkter „Du“ Ansprache, wie ein Brief. Dabei erzählt er immer wieder aus der Vergangenheit und es gibt Abschnitte aus „Seinem Kopf“ wie Wahnvorstellungen. Stellenweise war es informativ, denn so konnte ich seine Beweggründe verstehen, doch überwiegend waren diese Passagen für mich irritierend.

Es ist kein Buch, dass man einfach so liest. Hier braucht man selbst eine psychische Stabilität! Daher hat das Buch eine Triggerwarnung, meiner Meinung nach, definitiv nicht geschadet. Es ist Düster. Es ist Krankhaft. Es ist schwer zu verkraften, doch vielleicht deswegen ist die Geschichte bei mir hängengeblieben. Nichtsdestotrotz kann ich es nur an den Leuten empfehlen, die momentan keine schwere Lebenszeit haben und nicht unter die Depressionen oder ähnliche psychische Krankheiten leiden!

Bewertung vom 02.02.2022
Erschütterung
Everett, Percival

Erschütterung


ausgezeichnet

Vielschichtig, traurig, berührend

Zach Wells... Paläontologe, Geologe, Ehemann, Vater, Dozent. Ein kauziger Mann, der vieles über Fossilen, Knochen und Höhlen weiß, aber keine Gefühle zeigen kann. Sein Leben plätschert zwischen Expeditionen, Uni und sein Haus her. Bis seine 12-jährige Tochter Sarah eine tödliche Diagnose erhält und er auf einer Ebay ersteigerten, gebrauchten Jacke eine geheime Nachricht, ein Hilferuf fand...

Der Pulitzer-Preis-Finalist Percival Everett hat ein Roman erschaffen, dass einen beim Lesen wortwörtlich erschüttert. Im Mittelpunkt der Geschichte steht Zach. Er ist einer der wenigen schwarzen Dozenten auf seiner Uni, misstraut fast jeden und verhält sich so weit wie möglich zurückhaltend. Obwohl er seine Frau vom ganzen Herzen liebt, sein Ehe ist für ihn mit der Jahre eine Routine geworden. Allein und einzig gibt seine Tochter ihn Lebensglück. Er unternimmt mit ihr lange Spaziergänge in der Natur und genießt besonders die tägliche Schachpartie. Doch als Sarah die Batten-Syndrom Diagnose erhält, verliert er auch sein Halt im Leben. Was Zach und seine Frau dadurch erleben müssten, war für mich als Mutter tief ergreifend. Deren Angst und Hilfslosigkeit haben mich so sehr mitgenommen, sodass ich mit der kleine Familie gelitten hab.

Obwohl die Geschichte bildhaft aber auch sehr nüchtern erzählt wurde und das Buch mit seinen 288 Seiten thematisch sehr breit war und ich mir ein anderes Ende gewünscht habe, -ich habe gelesen „Erschütterung“ in der USA mit drei verschiedenen Enden erschienen ist- nichtsdestotrotz ist es einer der bewegendsten, traurigsten Bücher die ich gelesen hab.

Bewertung vom 29.01.2022
Ende in Sicht
Rönne, Ronja von

Ende in Sicht


weniger gut

Unlogisch, unauthentisch, nervig.

Die 69-Jährige, ehemalige Schlagersternchen Hella ist mit ihrem alten, klapprigen Passat auf dem Weg Richtung Schweiz, um dort die Sterbehilfe zu beanspruchen. Leider kommt sie nicht weit, denn auf der Autobahn von östlichen Nordrhein-Westfalen fällt plötzlich aus dem Himmel ein Körper vor ihr auf die Fahrbahn. Wohl gezwungen hält Hella an und stellt fest, dass es sich um ein junges Mädchen handelt. Juli, 15, die ihr Leben durch einen Sturz von einer Grünbrücke auf der Autobahn beenden wollte, landet zwar hart auf dem Asphalt, doch kaum verletzt lässt sie sich von Hella ins nächste Krankenhaus fahren. Aus dem Krankenhaus raus, stellt sich fest, dass Juli nicht bereit ist nach Hause zufahren, und Hella nimmt die völlig stille Juli ein Stückchen mit...

Vornweg: ich kenne weder den Blog oder die Fernsehsendung von der Autorin, noch habe ich ihre Kolumnen oder ihre vorherigen Bücher gelesen. Mir war sie völlig unbekannt, bis ich dieses Buch gelesen hab! Mich hat der Klappentext total angesprochen, denn ich habe einen gleichaltrigen Teenager zu Hause und dachte ich mir, es wird interessant und berührend, aber wegen des Roadtrips nicht so beklemmend. Doch bin ich sehr enttäuscht und verstehe den Hype um dieses Buch nicht.

Die Geschichte fängt, für mich jedenfalls, sehr unlogisch an. Denn in Deutschland sind die Brücken auf die Autobahnen min. 4,50 m hoch und ich konnte mir nicht vorstellen, wie ein Mensch von der Höhe auf dem harten Asphalt gestürzt ist, ohne einen einzigen Knochenfraktur davon kommen kann. Und genauso absurd geht es das ganze Buch entlang. Dazu kommt es, für mich, sehr unnatürliche, irgendwie gewollt aufgesetzte Humor, die mir nicht mal ein Lächeln zaubern konnte, dafür aber jede Menge Kopfschütteln verursacht hat. Der Schreib/Erzählstil die Autorin ist Gefühlslos, genauso wie ihre Charaktere emotionslos sind und ich fühlte mich ganze 250 Seiten lang irgendwie betäubt.

Ich bin mir sicher, dass dieses Buch seine Leserschaft finden wird, allerdings ohne mich! Denn ich habe hier eine gefühlsvolle, berührende, lustige Geschichte über die Thematik Depressionen, worunter die Autorin selbst gelitten hat, erwartet und was ich dagegen bekommen hab, ist eine völlig komische, unrealistische Geschichte.

Bewertung vom 11.01.2022
Zum Paradies
Yanagihara, Hanya

Zum Paradies


gut

13 Washington Square North

Drei Geschichten, drei Leben, drei Jahrhunderte und ein Stadthaus am Washington Square, dass es hunderte Jahrelang all die kommen und gehen mit erlebt hat.

1893: New York ist ein Freistaat, in dem die gleichgeschlechtliche Ehe nicht nur erlaubt und gern gesehen ist, sondern sehr gern engagiert werden wird. Auch David, Nachkomme von einer der reichsten Familien, wurde mit einer Status entsprechenden Mann verlobt. Doch als er einen charmanten, aber mittellosen Musiklehrer kennen und lieben lernte, stellt er seinem Leben auf Kopf.

1993: In Manhattan tobt der AIDS und als junge Hawaiianer David zu seinem deutlich älteren Freund einzieht, konnte nicht ahnen, wie viele Freunde sie an der Krankheit verlieren werden. Doch er macht sich nicht wegen AIDS Sorgen, sondern um seinen Geheimnis über seinem Vater.

2093: Die Klimawandeln und die Pandemien herrschen über die Welt. Die Enkelin von einem Wissenschaftler, lebt nicht nur mitten in einer autoritärer Stadt, sie ist auch überlebende einer der Pandemien. Durch Briefe, die ihr Großvater an seinem Freund vor 50-Jahren beginnend geschrieben hat, erfährt sie, warum und wie so weit alles gekommen ist.

Wenn man die kurze Inhaltsangabe vom Verlag liest, merkt man, dass es hier um völlig verschiedene Storys handelt. Doch wenn ich ehrlich bin, genau deswegen habe ich ein Roman erwartet, welcher aus drei Epochen erzählt wird, aber die ganzen irgendwie zusammengehören. Ich lies und lies und lies... Fast 900 Seiten und zwei Wochen lang, um wenigstens am Ende zu verstehen, warum die „Bestsellerautorin“ drei Geschichten in einem Buch zusammengequetscht hat. Leider ist meine Suche nach der Zusammengehörigkeit und nach dem roten Faden bleibt erfolglos. Die Geschichten wurden nur lose miteinander verknüpft. Gewiss gibt es da ein Stadtteil und ein Haus als Schauspielplatz für die Handlungen dient und die Namen von der Figuren, die gleich sind, doch für mich reicht es nicht als Verbindung.

Sehr detailreich beginnt der Roman in eine Fiktive 19. Jahrhundert und genau so differenziert endet in eine dystopisch weit entfernte Zukunft. Dabei greift Yanagihara auf viele Themen, wie Liebe/Liebe zwischen gleichgeschlechtliche, Familienverhältnisse, Klimawandeln, Rassismus und Menschlichkeit. Doch für mich war es alles zu viel. Zu viele Liebe, Leiden, Leben, die mir konstruiert und künstlich wirkten. Die Thematik, besonders die Grundidee „ein anderes Amerika“ fand ich grandios, doch mit Yanagiharas Schreib/Erzählstil konnte ich nicht viel anfangen. Durch ihre Erzähl-Art und Weise sind mir die Figuren fern geblieben und ich fand das Buch insgesamt unnötig langatmig.

Wenn die drei Geschichten mit fertig erzählten, runden Enden als Reihe erscheinen würden, hätte ich die bestimmt geliebt. Aber so, in einem Buch gepresst, ohne der rote Faden, konnten die mich leider nicht überzeugen.

Bewertung vom 12.12.2021
Das Jahr des Dugong - Eine Geschichte für unsere Zeit
Ironmonger, John

Das Jahr des Dugong - Eine Geschichte für unsere Zeit


ausgezeichnet

Grandios!

Toby Markham... 60 Jahre alt, geschieden, Vater von einer Tochter, erfolgreicher Geschäftsinhaber von einer Londoner Investmentfirma. Neben seiner etlichen Jahren Jüngere Geliebte und sein 490-Ps Luxus-Sportwagen liebt er Fotografie und Abenteuer, wo er dafür rundum die Welt mit Privat-Jet reist. Doch nach seiner letzte Reise auf dem französischen Alpen wacht er mit großen Schmerzen in einem Raum auf, der ihm völlig fremd ist. Die Menschen, die um ihm sorgen, haben nicht nur komische Namen und reden die eine Sprache, die er nicht versteht, sondern verhalten sie sich auch sehr merkwürdig. Als er sich einigermaßen erholt hat, findet er sich auf der Anklagebank wieder. Denn er hat etwas getan, was man nie mehr rückgängig machen kann...

Jeder, der, „Der Wal und das Ende der Welt“ von John Ironmonger gelesen hat, weiß, dass er sehr bewegend, aber auch erschreckend und beängstigend über die Zukunft schreiben kann. Denn was er in sein „Wal“ geschrieben hat, hat uns nach einem Jahr der Veröffentlichung fast genauso mit Corona getroffen.

In seinem neuen Roman greift er auf die Thematik von Menschengemachte Klimawandeln und die darauffolgende Folgen auf. Spannend und berührend erzählt Ironmoger, in knapp 140 Seiten, über die Vielfältigkeit der Fauna und über die Schönheit von unserem Planeten. Mit diesem dünnen Büchlein hält er ein Riesengroßen Spiegel vor unsere Gesichtern und sagt: wacht auf! Denn nur können wir zusammen unsere Erde retten! Wusstest du, die 40 Prozent der Amphibien, wie Frösche und 34 Prozent der Nadelbäume, wie Tannen vom Aussterben bedroht sind? Denkt dran, ohne diese glitschige Frösche werden wir durch Mücken verbreitete Krankheiten leiden, sogar sterben und ohne Tannen gibt es wohl bald keine besinnliche Weihnachten! Musst du unbedingt ein süßes Brotaufstrich essen, für die Ölpalmenplantage die Urwälder abgeholzt wird? Oder deine Haut und Haare unbedient mit feinsten Shampoo waschen, in dem viele Chemikalien lauern, das unser Grundwasser scheucht? Erfahrungsmäßig kann ich sagen, auch die einfachste Seife reinigt genauso, sogar besser! Ohne all das Erdöl, das du normalerweise für deine Heizung und für dein Auto brauchst!

Es ist kein Sachbuch, wo wir über die bitteren Wahrheiten lesen! Es ist ein Roman, welches uns eher wachrütteln versucht und mich sehr nachdenklich zurückgelassen hat. Denn ich möchte meiner Tochter, irgendwann meinen Enkeln und Urenkeln ein Erde erben, in dem die Pestizide, Mikroplastik, Ozonloch usw. keine Bedeutung hat. Eine der besten Bücher die ich dieses Jahr gelesen und meine Tochter weitergegeben hab. Ich kann es nur weiterempfehlen!

Bewertung vom 16.11.2021
Barbara stirbt nicht
Bronsky, Alina

Barbara stirbt nicht


ausgezeichnet

Walter kocht!

Seit 52 Jahren sind Barbara und Walter Schmidt verheiratet und dabei ist Walter Morgens immer mit dem Geräusche und Kaffeeduft aus der Küche wachgeworden. Eines Tages als er aufwachte, weder hörte noch roch er was, obwohl die Betthälfte leer war. Er findet Barbara auf dem Badezimmerboden, gestürzt und schwach. Walter denkt, dass es nur ein Kreislauffall war, bringt sie zurück ins Bett. Doch Barbara geht es nicht gut. Sie fühlt sich Müde, möchte nur schlafen und bleibt im Bett. Herr Schmidt, der in seinem Leben nicht ein einziges mal Kaffee gekocht hat, muss ab jetzt nicht nur um sich und seine Frau sorgen, sondern all die Dinge organisieren, die Barbara selbstverständlich allein erledigt hat. So fängt ein altdeutscher, traditionsverbundener, ruppiger Mann, sei es wegen sein Sturheit oder innerliche Unruhe, an zu kochen.

Ach Walter... wo soll ich mit dir anfangen, hmm? Warum bist du so schroff, obwohl du im Herzen ein guter Mann bist? Woher kommen die ganzen Rassistischen Gedanken, wo du seit einem halben Jahrhundert mit einer Russin dein Leben teilst und für sie sogar versuchst Borschtsch zu kochen? Wieso akzeptierst du deine wunderbare Kinder nicht so, wie sie sind? Dein Sohn hat die falsche verheiratet, deine Tochter lebt mit ihrer Freundin zusammen, nicht mit ihrer „Beste Freundin“, na und? Achh Walter... merkst du es nicht, dass für solche Gedanken das Leben zu kurz ist?

Alina Bronsky hat eine bitterböse, mit schwarzem Humor gesüßte, aber im Grunde sehr traurige Geschichte erschaffen, welche mich stark an meinen verstorbenen Großeltern erinnert hat. Sie hat die Generation, die Nachkriegszeit als Kinder erlebt hatten und deren eigentümliches Leben und Gedanken auf dem Punkt aufs Papier gebracht, wo ich dachte: da redet mein Opa! Obwohl ich hier immer wieder lachen musste, stellenweise hat mich das Buch so berührt, dass ich unter Tränen gelesen hab. Denn wer zwischen den Zeilen lesen kann, merkt schnell: Walter, unser unsympathischer Protagonist ist ein liebevoller Kerl mit einem weichem Herz.

Ein kleines Büchlein, der mir herzerwärmende Lesestunden geschenkt hat!

Bewertung vom 16.11.2021
Grace
Lynch, Paul

Grace


sehr gut

Anstrengend zum Lesen aber gut

Oktober 1845, Norden von Donegal

Gerade mal mit vierzehn Jahren, die Haare abgesäbelt und in übergroßer Männerkleidung gesteckt, schickt ihre Mutter Grace aus dem Haus weg, um Arbeit zu suchen und sich selbst zu ernähren. Denn durch Kartoffelfäule ausgelöste Missernten leidet ganz Irland unter große Hungersnot, sodass ihre Mutter Sarah ihre Kinder nicht mehr versorgen kann. Unbemerkt von ihrer Mutter schleicht ihrer kleiner Bruder Colly hinter Grace her und so gehen zwei Kinder auf dem entlang der Straßen, in den von Armut benebelten Städten Irlands rein. Und so werden Tage zu Wochen, Wochen zu Monaten. Grace, die sich als Junge ausliefert hat, entwickelt sich unter jeglichen Männer zu einer Jungen Frau, mit all den Gefühlen, die viele Gefahren mitbringen...

Mystisch, düster und bedrückend nimmt der Autor seine LeserIn nach damaligen, unter Hungersnot leidenden Irland mit und lässt sie teilweise ungeschönt die Armut mitzuerleben. Mit poesihaften Sprache, bildgewaltig und partiell irische Sagen und Märchen geschmückt erzählt er uns ein Stück aus der dunkle, traurige irische Geschichte. Allerdings ich hatte meine Probleme mit diesem Erzählstil, denn die ganzen historische Fakten, alten Liedern, Aberglauben, Geister und Wesen ect. waren, meiner Meinung nach, zu viel an der Zahl, sodass die Story unnötig in der Länge gezogen ist. Zum Teil habe ich nicht mal verstanden, was der Autor mir mit so vielen Legenden erzählen wollte. Dazu kommt seine gewöhnungsbedürftiger Schreibstil, wo er Anführungszeichen bei wörtlicher Rede verzichtet hat. Weil hier auch Geister spucken, konnte ich bei einigen stellen nicht auseinander halten, ob Grace mit jemanden tatsächlich spricht oder mit sich selbst.

Eine intensive dennoch anstrengender Leseerlebnis, was viel Konzentration erfordert. Man braucht hier Zeit, Geduld und Willen. Keine leichte Kost, aber Lesenswert.

Bewertung vom 01.11.2021
Wie schön wir waren
Mbue, Imbolo

Wie schön wir waren


ausgezeichnet

Bewegend, kraftvoll, klug

In dem Fiktiven afrikanischen Dörfchen Kosawa lebt Thula mit ihrer Familie und mit wenigen Bewohnern in einfachen Verhältnissen, friedlich und brüderlich zusammen. Schon seit Urahnen pflanzen hier die Frauen, was sie zum Essen brauchen, die Männer gehen Jagen und Fischen. Die haben ein Medium und ein Medizinmann, die bei schwierigen Situationen helfen. Doch seit Jahrzehnten leiden die Dorfbewohner unter korrupter Regierung, welche ein amerikanischer Erdölkonzern -Pexton- vollkommen unterstützt. Der Pexton besticht die Beamten, fördert sein Öl und deren Mitarbeiter füllen eigenen Taschen voll. Dabei pustet Pextons Schornsteine giftige Wolken über das Dorf, deren alte Röhre haben Lecks und die ganze Ölreste landen im Fluss. Kosawa, die mal eine kleine, grüne Oase war, ist mittlerweile bedeckt mit Ruß. Die Felder sind mit Öl vollgesogen, die Grundwasser verseucht mit Gift, Fisch zum Mittagessen gibt es nicht mehr, dafür aber jede Menge Kranke Kinder. Kinder, die deren Lungen voll getränkt mit flockiger schwarzer Kohlenstoff sind, sterben einer nach dem anderen. Wenn man das eigene Kind in den eigenen Armen hilflos beim Sterben zusieht, ist Schluss mit der Geduld! Und wenn der Dorfirre zum ersten Mal beim 8-wöchentlichen Versammlung mit Pexton-Männer auftaucht und dabei den Mund aufmacht, rollt eine Lawine aus Widerstand...

Imbola Mbue erzählt dieses Schicksal aus vielen Sichten. Als erstes berichtet die zehn-Jährige Thula, die gewisse Sinne Hauptfigur des Romans, aus ihrem Leben. Dann kommen abwechselnd ihr Onkel, ihre Mutter, ihre Großmutter und die schwersten Betroffenen, nämlich die Dorfkinder zu Wort und erzählen das ganze nicht nur aus Beobachtungen, sondern auch aus Erfahrungen. Behutsam, unverhohlen, mystisch, aber sehr Bildhaft nimmt Mbue ihre LeserInnen nach Afrika, lässt sie in einem Dorfleben teilnehmen. Man taucht kopfüber in ihre Traditionen und Bräuche hinein. Ihre, für uns fremde Betrachtungsweise macht nachdenklich und ihre Lebenslust und die Freude über Kleinigkeiten ist ansteckend.

Ein Roman über Ausbeutung, Geldgier, Korruption und Umweltverschmutzung zu lesen, wo besonders Kinder darunter leiden, ist zwar kein Zuckerschlecken, aber genau deswegen möchte ich dieses Buch allen ans Herz legen.