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hamburger.lesemaus
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Bargfeld-Stegen

Bewertungen

Insgesamt 437 Bewertungen
Bewertung vom 06.06.2025
Boys! Geschichten für die neue Generation von Jungs
Cavallo, Francesca

Boys! Geschichten für die neue Generation von Jungs


sehr gut

BOYS! - Geschichten für die neue Generation von Jungs
Francesca Cavallo

Da meine Kinder und ich die „Good Night Stories for Rebel Girls“ so geliebt haben, war für uns sofort klar: Dieses neue Buch der Autorin möchten wir unbedingt lesen!

Jede der 12 Geschichten in diesem Buch dreht sich um ein wichtiges Thema für das männliche Selbstbild.
Zum Beispiel geht es um die Beziehung zum Vater, ungleiche Machtverhältnisse, den Umgang mit Gefühlen wie Trauer oder Angst, die eigene Geschlechtsidentität oder darum, dass die Welt nicht nur Helden braucht.
Die Figuren in den Geschichten erleben nicht nur spannende Abenteuer.
Sie werden auch abgelehnt, machen Fehler und lernen daraus.

Cavallo lässt ihre Geschichten auf weit entfernten Planeten spielen – in einer Welt ohne Grenzen,
so wie auch unsere Gefühle keine Grenzen kennen, wenn es um Mut, Mitgefühl und Ehrlichkeit geht.

Ein wenig schade fand ich, dass dem Buch die Farbe fehlt.
Es gibt keine bunten Bilder, sondern nur Schwarz-Weiß-Illustrationen.
Eigentlich will die Autorin uns ja gerade vermitteln, dass das Leben bunt und facettenreich ist,
dass die Männer von heute keinem Stereotyp folgen müssen,
dass sie sie selbst sein dürfen – da hätte doch viel Farbe gepasst.

Fazit:
Ein Buch, das fast wie ein Märchenbuch aufgebaut ist und viel Raum für Erklärungen bietet – für Kinder, ja, auch für Mädchen (!!!!), ab einem Lesealter von 6 Jahren bestens geeignet.
4/5

Bewertung vom 06.06.2025
Sofra
Yilmaz, Yelda

Sofra


ausgezeichnet

SOFRA - Die neue türkische Gemüseküche
Yelda Yilmaz

Stellt ihr euch auch oft die Frage, was ihr heute kochen sollt?
Dann habe ich endlich eine Antwort für euch!

Ein ganz wunderbares neues Kochbuch vereint klassische türkische Gerichte mit modernen Varianten.

Die türkische Küche ist eine faszinierende Fusion aus orientalischen, mediterranen und asiatischen Einflüssen – und Yalda Yilmaz versteht es meisterhaft, uns diese Vielfalt näherzubringen. Ihre Ideen scheinen dabei nahezu grenzenlos zu sein.

Der Aufbau des Buches ist sehr gelungen:
Zunächst lernen wir die Basics kennen.
Dann folgen übersichtlich gegliederte Kapitel mit Salaten, Suppen, Meze, Snacks, Fingerfood und Hauptgerichten – ganz ohne Fleisch, dafür aber umso raffinierter.

Die stimmungsvollen Fotografien machen sofort Lust, die Rezepte nachzukochen. Ich habe gleich eines ausprobiert – die Zutaten waren leicht zu beschaffen, und die Zubereitungsschritte klar und verständlich beschrieben.

Ich freue mich schon darauf, noch viele weitere Rezepte zu testen!

Fazit:
Ein großartiges Kochbuch, das in keiner modernen Küche fehlen sollte.
5/5

Bewertung vom 02.06.2025
Mit dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken
Lorenz, Sarah

Mit dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken


sehr gut

MIT DIR, DA MÖCHTE ICH IM HIMMEL KAFFEE TRINKEN
Sarah Lorenz

Unsere Ich-Erzählerin Elisa steht an einem Wendepunkt in ihrem Leben.
Sie blickt zurück und zieht Bilanz – begleitet von den lyrischen Gedichten Mascha Kalékos, die ihr seit Jahren Halt geben.
Die Parallelen zwischen Kalékos Worten und Elisas Leben sind tröstlich und schmerzhaft zugleich.

In ihrer frühen Kindheit erlebt Elisa noch Geborgenheit.
Ihre Mutter liebt sie – doch irgendwann reißt dieser Faden.
Elisa wird verstoßen, verliert den Rückhalt, den jedes Kind so dringend braucht.
Was folgt, ist eine Jugend in verschiedenen Kinderheimen.
Später zieht es sie nach Köln, wo sie als Obdachlose auf der Domplatte in der Punkszene lebt und in die Heroinsucht abrutscht.
Während das Buch „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ viele Jugendliche abschreckt, wird Christiane F. für Elisa zum Idol.
Und obwohl sexuelle Gewalt und Missbrauch zu ihrem Alltag gehören, verliert sie nie ihre Neugier, nie den unstillbaren Hunger, auf weitere Abgründe des Lebens.

Erst spät beginnt sich ihr Leben zu verändern.
Sie holt Schulabschlüsse nach, macht eine Ausbildung zur Buchhändlerin und beginnt ein Studium.
Langsam kämpft sie sich zurück – Schritt für Schritt.

Obwohl der Titel Leichtigkeit verspricht, ist der Inhalt alles andere als das:
Die schonungslosen, teils derben Zeilen stehen im Kontrast zur poetischen Sprache.
Mehr als einmal musste ich das Buch zur Seite legen.
Hier spricht ein zutiefst verletzter Mensch, dessen Leid tief unter die Haut geht.

Jedes Kapitel beginnt mit einem Gedicht von Mascha Kaléko – als thematische Einstimmung und poetischer Rahmen.
Die klare Struktur und der dichte Erzählstil lassen einen dennoch durch die Seiten fliegen.

Fazit:
Ein autofiktionaler Roman, der fordert, erschüttert und nachwirkt.
Nicht für jede:n geeignet – aber unbedingt lesenswert für alle, die sich auf emotionale Tiefe einlassen wollen.
4/5
TW: Psychische und physische Gewalt, Selbstverletzung, Drogenmissbrauch, Suizid, Depression

Bewertung vom 27.05.2025
Ella & Ben und AC/DC - Von Donnerblitzen, Höllenglocken und kurzen Hosen / Ella & Ben Bd.6
Wahl, William

Ella & Ben und AC/DC - Von Donnerblitzen, Höllenglocken und kurzen Hosen / Ella & Ben Bd.6


ausgezeichnet

ELLA & BEN UND AC/DC
William Wahl

Ella weigert sich, abends um 8 Uhr ins Bett zu gehen.
„Ich bin ja kein kleines Baby mehr!“, behauptet sie.

Papa lenkt ein und beschließt, dass sich beide Kinder je ein Lied aussuchen dürfen. Doch Ben hat keinen speziellen Wunsch – er will einfach ein „dolles Lied“ hören. Also spielt Papa ein Lied der Band AC/DC, das laut ist und wie ein Blitz durch den Körper fährt.

Papa erklärt, dass AC/DC die berühmteste Rockband der Welt sei. Sie kommen aus Australien, obwohl ihre Gründer, Malcolm und Angus, eigentlich aus Schottland stammen. Ihr Vater konnte in Glasgow, einer armen, überfüllten Arbeiterstadt, nicht genug Geld für seine Frau und acht Kinder verdienen. Deshalb wanderte die Familie nach Australien aus – ein Land, in dem Arbeitskräfte gesucht wurden und man gut verdiente.

Fast gleichzeitig machte sich eine weitere Familie auf den Weg von Schottland nach Australien – die Familie von Bon, dem späteren Sänger von AC/DC. Doch bis sich ihre Wege kreuzen sollten, verging noch viel Zeit.

Bon war ein echter Draufgänger. Er geriet ständig in Schlägereien und musste mit 16 sogar ins Gefängnis, wo er Schlagzeug in der Gefängnisband spielte. Auch Malcolm und Angus waren keine Musterschüler – sie wollten viel lieber Musik machen. So gründeten sie ihre eigene Band. Angus nahm sich nicht einmal die Zeit, sich nach der Schule umzuziehen, und spielte direkt in seiner Schuluniform Gitarre. Diese Schuluniform wurde später sein Markenzeichen auf der Bühne.

Die Idee für den Bandnamen hatte übrigens ihre große Schwester, als sie das Kürzel AC/DC auf ihrer Nähmaschine entdeckte – ein Hinweis auf den Stromanschluss.

Bon schlug sich unterdessen mit Gelegenheitsjobs durch. Auch er gründete eine Band, die jedoch nie den Durchbruch schaffte. Er war unzufrieden mit seinem Leben und arbeitete schließlich in einer Düngemittelfabrik – bis er hörte, dass eine Band in Sydney mit ihrem Sänger unzufrieden sei.

Die Brüder waren sofort begeistert von Bons Stimme – und feuerten kurzerhand ihren bisherigen Sänger.

Doch wie AC/DC am Ende mit Brian weltweiten Ruhm erlangten, was sie alles erlebten, bevor sie ihren berühmtesten Song „Highway to Hell“ schrieben – und was ein nackter Po auf der Bühne damit zu tun hat – das solltet ihr besser selbst nachlesen. ;)

Auch der sechste Band der Reihe Ella & Ben konnte mich wieder vollkommen überzeugen. Es ist informativ und liebevoll von Markus Rockstroh illustriert.


Fazit:
Ein tolles Buch – nicht nur für Kinder ab 5 Jahren, sondern auch für die Großen.
5/5

Bewertung vom 27.05.2025
Konrad - Ein Koala mit Karacho
Blau, Smilla

Konrad - Ein Koala mit Karacho


ausgezeichnet

KONRAD - Ein Koala mit Karacho
Smilla Blau
Illustration: Katja Gehrmann

Oh weia. Mama ist böse und droht mit Putzdienst, wenn sich das noch einmal wiederholt.
Irgendjemand hat letzte Nacht ihre neue Eukalyptus-Zahncreme aus dem Bioladen überall im Bad verteilt und verschmiert.

Dabei stinkt die so sehr, dass Juri und seine kleine Schwester Luzie sie niemals freiwillig anfassen würden – geschweige denn zum Zähneputzen benutzen.
Aber Mama ist sauer, also machen die beiden lieber die Sauerei weg, als sich mit ihr zu streiten.

Aber wer hat das Bad verwüstet?
Jetzt, wo Juri drüber nachdenkt – waren da nicht seltsame Geräusche in der Nacht?
Einbrecher vielleicht?
Und was, wenn sie wiederkommen?

Kurzerhand beschließt Juri, sich in der kommenden Nacht auf die Lauer zu legen – was gar nicht so einfach ist, denn er ist bereits müde und die Badewanne ist ganz schön hart.
Zum Glück hat er seine Dieb-Fang-Ausrüstung dabei!

Gerade als es langweilig wird, hört er ein Quieken.
Ein Schatten huscht durchs Bad!
Das muss der Einbrecher sein!
Juris Herz pocht wild, als er den Dieb mit seinem Kescher fängt.

Doch was ist das?
Der Einbrecher ist ein Koala!
Und ein superniedlicher dazu!

Juri beschließt ihn zu behalten. Aber was würden Mama und Papa dazu sagen?
Sie würden ihn sicher weggeben oder in den Zoo bringen.
Also beschließt Juri, nur Luzie in sein neues Geheimnis einzuweihen.

Doch das Geheimhalten ist gar nicht so einfach – vor allem, wenn der Koala, den sie Konrad taufen, weder Äpfel, noch Möhren oder Haferkekse mag!

Wie es weitergeht könnte ich euch jetzt verraten, aber am besten lest ihr das Buch einfach selbst und findet heraus, wie es mit Konrad, Juri und Luzie weitergeht …

Ein wunderbares Kinderbuch, das nicht nur kleine Leser*innen ab 5 Jahren begeistert, sondern auch die Großen mitreißt.
Wir sind nur so durch die Seiten geflogen und haben abends gleich zwei Kapitel hintereinander gelesen – so spannend war es!

Eine spannende, temporeiche Geschichte mit viel Herz. Große Leseempfehlung!
5/5

Bewertung vom 26.05.2025
Hier draußen
Behm, Martina

Hier draußen


ausgezeichnet

HIER DRAUSSEN
Martina Behm

Was für ein großartiges Buch!
Ich glaube, ich habe noch nie ein so authentisches und stimmungsvolles Buch über das Leben in einem Dorf in Schleswig-Holstein gelesen oder gehört.

Lara und Ingo, einst Stadtmenschen aus Hamburg, ziehen mit großen Hoffnungen aufs Land – auf einen alten Resthof in einem kleinen Dorf. Lara träumt davon, dass ihre Kinder frei und naturnah aufwachsen. Doch schnell wird klar: Die Realität sieht anders aus. Als „die Neue“ wird sie zu keiner Feier eingeladen, oft ist sie allein – denn auch Ingo wird die tägliche Pendelei aus der Hafencity bald zu viel. Von den erhofften Besuchen der alten Freunde aus Hamburg keine Spur.

Doch das Buch erzählt nicht nur von Lara und Ingo. Es ist das vielstimmige Porträt eines ganzen Dorfes.
Da ist Förster Uwe, der sich mit Ingo anfreundet – und ein gut gehütetes Geheimnis mit sich trägt.
Wir begegnen Tove, die unter ihrem sturen, wortkargen Mann Enno leidet und gern ausbrechen würde, aber aus finanziellen Gründen bleibt.
Sönke, der Betreiber eines Geflügelmastbetriebs, kämpft sich durch die ständigen Umstellungen in der Landwirtschaft und droht am Burn-out zu zerbrechen – nicht zuletzt durch die immer wiederkehrende Vogelgrippe.
Und dann sind da noch Armin und Jutta, einst Hippies und Aussteiger. Als Letzte ihrer Kommune leben sie heute noch in der alten Schmiede. Jutta gibt keine Batikkurse mehr, sondern bringt jungen Menschen bei, wie man Hühner schlachtet – eine eigenwillige, aber faszinierende Wendung ihres Lebens.

Martina Behm gelingt es meisterhaft, das Dorf mit all seinen Eigenheiten, Abgründen und kleinen Wundern zum Leben zu erwecken. Die Figuren wirken so echt, die Atmosphäre so dicht, dass ich mich fühlte, als wäre ich selbst vor Ort – mitten in Holstein.

Ein besonderes Lob gilt auch der Hörbuchfassung: Julia Nachtmann verleiht den Figuren mit ihrer Stimme eine beeindruckende Tiefe.

Fazit:
Ein lebendiges, berührendes und absolut empfehlenswertes Buch über das Leben auf dem Land – mit all seinen Brüchen und Schönheiten.

Große Lese/Hörempfehlung
5/5

Bewertung vom 25.05.2025
Wir waren Kometen
Gräfe, Daniel

Wir waren Kometen


sehr gut

WIR WAREN KOMETEN
Daniel Gräfe

Die rumänische Luba lernt Lukas in Berlin kennen. Beide verlieben sich ineinander, obwohl ihre Lebensumstände und Charaktere kaum unterschiedlicher sein könnten. Luba ist introvertiert, schnell verletzt und leicht aufbrausend. Über ihre Kindheit schweigt sie beharrlich. Doch nach und nach erfährt Lukas, dass sie unter der Ceausescu-Diktatur in Rumänien aufgewachsen ist – einer Zeit, die sie tief geprägt und ihr Vertrauen in die Welt erschüttert hat. Anpassung war überlebensnotwendig, Abweichung wurde bestraft – am eigenen Körper hat sie erfahren, was es bedeutet, nicht ins System zu passen.

Lukas, ein ehemaliger Reporter, ist wach, neugierig und vom Drang getrieben, zu verstehen. Die Ungewissheit über Lubas Vergangenheit lässt ihn nicht los – doch je mehr er erfährt, desto mehr Distanz zieht zwischen ihnen ein. Luba, die in Deutschland nie wirklich Fuß fassen konnte, träumt von einem Neuanfang in Italien – frei, unabhängig, nicht vom Geld getrieben. Doch Lukas zögert, und mit seiner Entscheidung gegen diesen gemeinsamen Weg endet ihre Beziehung.

Jahre später erhält Lukas einen unerwarteten Anruf: Luba ist auf dem Weg nach Rumänien, bereit, sich ihrer Vergangenheit zu stellen. Kurzentschlossen reist er ihr hinterher, um ihr beizustehen.

Daniel Gräfe gelingt in seinem Debüt ein feinfühliges Porträt zweier verletzter Seelen, deren Liebe an der Last ihrer Geschichten zerbricht. Der Sprachstil ist poetisch und berührend, mit einer klaren, eindringlichen Erzählweise. Besonders gefallen haben mir die Rückblicke und Tagebucheinträge, die dem Roman Tiefe und Struktur verleihen. Die Protagonistin Luba hingegen war für mich mit ihrer derben Art eher schwer zu ertragen

Die Verbindung aus Liebesgeschichte, Roadtrip und historisch-politischem Hintergrund hat mich sehr bewegt und durch die Seiten getragen. Eine empfehlenswerte Lektüre, die nachhallt.

Bewertung vom 21.05.2025
Das Teufelshorn
Nicholas, Anna

Das Teufelshorn


ausgezeichnet

DAS TEUFELSHORN
Anna Nicholas

Isabel Flores, ehemalige Kommissarin, kehrt dem spanischen Festland den Rücken und zieht zurück in ihr Heimatdorf Sant Martí auf Mallorca. Dort übernimmt sie den kleinen Betrieb ihrer Mutter – eine charmante Ferienhausvermittlung – und baut ihn weiter aus. Obwohl sie erst Anfang 30 ist, genießt sie das ruhige Leben fernab des Polizeialltags. Der endgültige Auslöser für ihren beruflichen Wechsel war das mysteriöse Verschwinden ihres Onkels vor zwei Jahren. Die damaligen Ermittlungen verliefen schleppend, Spuren in Richtung Drogen, Korruption und Kolumbien wurden nie ernsthaft verfolgt.

Doch ihre neue Idylle wird jäh unterbrochen, als ein achtjähriges Mädchen mitten am Tag an einem belebten Strand spurlos verschwindet. Die Mutter war nur einen Moment unaufmerksam. Isabels ehemaliger Kollege, Polizeichef Tolo Caboti, bittet sie um Hilfe – Entführungen waren einst Isabels Spezialgebiet. Zunächst zögert sie, doch dann stimmt sie zu. Kurz darauf wird eine Leiche gefunden ...

Ein Krimi ganz nach meinem Geschmack: spannend, fesselnd und flüssig zu lesen. Was dieses Buch jedoch deutlich von anderen Krimis abhebt, ist die liebevoll eingefangene Atmosphäre. Die mallorquinische Lebensart zieht sich durch jede Seite – gemütliche Szenen, festliche Abende, köstliches Essen und die charmanten Eigenheiten der Inselbewohner stehen im Mittelpunkt. Ich konnte förmlich den Geschmack der mit Vanille gefüllten Ensaïmadas auf der Zunge spüren, die würzige Sobrasada riechen und den mallorquinischen Wein schmecken. Der Roman hat mich direkt auf meine Lieblingsinsel entführt – fast wie ein Kurzurlaub zwischen den Seiten.

Die neue Ermittlerin Isabel Flores ist sympathisch, klug und hat ein feines Gespür – nicht nur für Verbrechen, sondern auch für das Leben. Wer spannende Krimis liebt und sich nach einem Ausflug ins mallorquinische Inselflair sehnt, wird hier voll auf seine Kosten kommen.
5/5

Bewertung vom 19.05.2025
Das Haus der Türen
Eng, Tan Twan

Das Haus der Türen


sehr gut

DAS HAUS DER TÜREN
Tan Twan Eng

1921:

Der berühmte Schriftsteller „Willie“ W. Somerset Maugham reist mit seinem als Sekretär getarnten Geliebten auf die Insel Penang im damaligen Malaya, um seinen Jugendfreund Robert zu besuchen. Willie ist wohlhabend, international gefeiert und genießt weltweiten Ruhm. Robert hat seinen einst engen Freund seit Jahren nicht mehr gesehen – umso größer ist seine Freude, ihn gemeinsam mit seiner Frau Lesley als Gast begrüßen zu dürfen.


Doch der Schein trügt: Willie hat sich verspekuliert. Eine Fehlinvestition hat sein gesamtes Vermögen vernichtet. Nun braucht er dringend Stoff für ein neues literarisches Werk.

Obwohl Robert und Lesley sich vor dem Besuch einig waren, nichts Persönliches preiszugeben – gewarnt vor Willies Fähigkeit, seinen Gastgebern Geheimnisse zu entlocken –, kommt es anders. Da Robert geschäftlich oft abwesend ist, verbringt Willie viel Zeit mit Lesley. In diesen langen Gesprächen beginnt sie, sich zu öffnen, und erzählt schließlich Dinge, deren Veröffentlichung schwerwiegende Konsequenzen für sie und Robert haben könnte …
Der Roman spielt auf drei Zeitebenen. Im Zentrum stehen die Ehen von Lesley und Willie – beide aus Vernunft und nicht aus Liebe geschlossen.

Der Schreibstil ist poetisch und passt hervorragend zur kolonialen Atmosphäre des damaligen Malaysia. Nicht alle Handlungsstränge konnten mich gleichermaßen fesseln, doch am Ende hat mich besonders beeindruckt, wie Tan Twan Eng Chinas Geschichte, historische Persönlichkeiten und Fakten kunstvoll mit einer fiktiven Handlung verwebt.
4/5

Bewertung vom 15.05.2025
Die Geschichte der Maria Schneider
Schneider, Vanessa

Die Geschichte der Maria Schneider


sehr gut

DIE GESCHICHTE DER MARIA SCHNEIDER
Vanessa Schneider

Maria Schneider war die uneheliche Tochter des Schauspielers Daniel Gélin. Schon als Minderjährige nahm er sie mit zu Partys und in Clubs – mitten hinein in die Welt der Film- und Partyszene. Über Nacht wurde sie selbst berühmt, als sie an der Seite von Marlon Brando die Hauptrolle in „Der letzte Tango von Paris“ spielte. Doch der Film des italienischen Regisseurs Bernardo Bertolucci war in den 1970er-Jahren ein Skandal. Er zeigt eine 19-jährige Frau, die von einem fast 50-jährigen Mann anal vergewaltigt wird.

Was das Publikum damals nicht wusste: Maria Schneider kannte die Szene vorher nicht. Sie stand nicht im Drehbuch. Bertolucci und Brando hatten sie sich zuvor heimlich ausgedacht, um den Film „authentischer“ wirken zu lassen. Maria sollte die Erniedrigung nicht spielen, sondern spüren – um genau das vor der Kamera sichtbar zu machen. Obwohl die Penetration am Set nur simuliert wurde, war der emotionale Schaden real: Maria Schneider war fassungslos, tobte und zerstörte das gesamte Set.

Dieses traumatische Erlebnis hatte schwerwiegende Folgen. Fortan bekam sie nur noch Rollen angeboten, die sie nackt zeigen sollten – Angebote, die sie strikt ablehnte. Sie geriet in eine Abwärtsspirale, nahm harte Drogen, trank bis zur Bewusstlosigkeit, ihr Körper bald gezeichnet vom Heroin. Halt fand sie nirgends – auch nicht bei engen Freunden wie Brigitte Bardot, Alain Delon oder ihrem späteren Liebhaber Bob Dylan.

Maria Schneider starb 2011 im Alter von nur 58 Jahren.


„Du warst achtundfünfzig Jahre alt, als du uns verlassen hast. Kein Alter, um zu sterben, sagt man. Dabei hätten wir ehrlich gesagt nie gedacht, dass du es überhaupt erreichen würdest.“ (S. 6)

Vanessa Schneider hat ein eindringliches Porträt über ihre Cousine geschrieben, für die die #MeToo-Bewegung zu spät kam. Eine Hommage an eine zerbrechliche Seele, die von rücksichtslosen, erfolgshungrigen Männern ausgenutzt wurde.
Ein tief berührendes und sprachlich anspruchsvolles Buch – eindringlich, ehrlich aber nicht immer leicht zu lesen.
3½/5