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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Annika
Wohnort: 
Köln

Bewertungen

Insgesamt 11 Bewertungen
12
Bewertung vom 19.07.2024
Darwyne
Niel, Colin

Darwyne


gut

Ein ganz besonderer Junge
In Bois Sec, einem Slum am Rande des Amazonasdschungels, leben der 10-jährige Darwyne und seine Mutter Yolanda. Seine große Schwester ist schon ausgezogen, kommt jedoch häufig zu Besuch. Yolanda ist eine begehrte Frau und so leben regelmäßig auch neue Männer mit in der bescheidenen Hütte. Die vorherigen sind alle verschwunden. Darwyne tut sich in der Schule schwer und hat auch im Viertel keine Freunde. Stattdessen sitzt er fast immer am Rand des Waldes und schnitzt. Als bei ihrer Behörde ein anonymer Hinweis aus Kindeswohlgefährdung eingeht, beschäftigt sich die Sozialarbeiterin Mathurine, eine alleinstehende Frau, die sich so sehr ein Kind wünscht, mit der Familie. Zu Darwyne baut sie dabei eine besondere Beziehung auf, die sich auf der Liebe beider zum Dschungel begründet. Nach und nach eröffnen sich ihr die schwierigen Beziehungskonstellationen innerhalb der kleinen Familie.
Das schon düster gestaltete Cover des Buches verspricht einen spannenden, mystischen Thriller. Das Buch ist grundsätzlich gut zu lesen, die Übersetzung ist also dahingehend gut gelungen. Ansonsten plätschert mir die Handlung leider etwas zu sehr dahin und es will, bis auf kleine Peaks, nicht so richtig Spannung aufkommen. Der mystische Part, der sich vor allem auf den Dschungel bezieht, reicht mir völlig. Das Ende ist für mich etwas zu lose und lässt viel Raum für Spekulation.

Bewertung vom 11.07.2024
Der Sommer, in dem alles begann
Léost, Claire

Der Sommer, in dem alles begann


ausgezeichnet

Drei Frauen zwischen Heimat und Freiheit

Hélène hat 1994 gerade ihre Abiturprüfungen bestanden und ein langer Sommer wartet auf sie. Sehr gern und viel verbringt sie diesen mit Marguerite und ihrer Familie. Leider überschattet die Tage eine familiäre Tragödie und die Frage, wie und wo soll ihr Leben weitergehen. Marguerite ist aus Paris gekommen, nun Lehrerin im Ort und aufgrund ihres lebendigen Unterrichtens sehr beliebt. Keiner weiß jedoch, dass sie versucht, hier ihre Mutter zu finden, der sie als Baby weggenommen wurde. Kritisch, ja feindselig beäugt wird die Familie unter anderem von Odette Tanguy, die den Dorfladen führt. Diese hat ein bewegtes Leben, auch außerhalb des Dorfes, hinter sich. Langsam, aber unaufhörlich bahnt sich durch Neid, Missgunst, Gerüchte und Geheimnisse die Katastrophe dieses Sommers an. Das Cover ist schon leicht düster gestaltet, soll vielleicht aber auch nur einen zuende gehenden Sommertag darstellen. Dennoch passt es ganz gut zum Inhalt. Der Roman hat einen angenehmen Schreibstil, das Drama, das sich anbahnt, kommt leise daher. Man erkennt bei den Menschen im Buch die Zerrissenheit zwischen bretonischer Heimatverbundenheit und der Sehnsucht, den Ort zu verlassen. Wer französische Filme liebt, wird auch dieses Buch mögen.

Bewertung vom 08.07.2024
Bonjour Agneta
Hamberg, Emma

Bonjour Agneta


ausgezeichnet

Die Lavendelfrau
Agneta steckt fest, in ihrer Ehe, im Beruf und auch sonst im Leben. Sie hat das Gefühl, nicht die Sprache der anderen zu sprechen. Sie ist schüchtern und tut alles, um nicht aufzufallen. Durch Zufall stößt sie auf eine merkwürdige Zeitungsannonce und folgt dieser aus einem Impuls heraus von Schweden in die Provence. Hier trifft sie in einem kleinen, verschlafenen Dorf auf Einar, einen alten, grummeligen Mann, den sie versorgen soll. Bisher kümmerten sich die Dorfbewohner um ihn. Einar spricht jedoch neben französisch mehr und mehr schwedisch, dass keiner versteht. Agnetas Mann, der ihr wenig zutraut, rechnet mit einer schnellen Rückkehr. Zunächst sieht auch alles nach einem Scheitern aus. Nach und nach gewöhnen sich Agneta und Einar, auch mit Hilfe der wunderbaren Dorfbewohner, aneinander. Agneta fühlt sich zunehmend wohl und beginnt sich zu öffnen und an Selbstbewusstsein zuzulegen.
Mir hat der lustige, leicht schräge Roman sehr gefallen. Die Motti „wer nicht wagt, der nicht gewinnt“ und „liebe dich selbst“ nehmen viel Raum ein, werden jedoch nicht überfrachtet. Die handelnden Hauptpersonen haben Tiefe. Es ist ein schönes Gefühl, die Protagonistin auf ihrem Weg zu begleiten. Ein lockerer, herzerwärmender Sommerroman, der definitiv Lust auf die Fortsetzung macht.

Bewertung vom 02.07.2024
Wir waren nur Mädchen
Jackson, Buzzy

Wir waren nur Mädchen


ausgezeichnet

Ein mutiges holländisches Mädchen

Im vorliegenden Buch wird das Leben der Holländerin Hannie Schaft, die während der Naziherrschaft aktiven Widerstand leistete, in der Form eines Romans erzählt. Durch ein kommunistisches Elternhaus geprägt, entwickelt sie ein großes Gerechtigkeitsempfinden. Sie beginnt in Amsterdam ein Jurastudium und freundet sich dort mit zwei jüdischen Kommilitoninnen an. Parallel fängt sie an im Flüchtlingskomitee, welches zunächst vor allem ausländische, geflüchtete Juden unterstützt, mitzuhelfen und rutscht dort über Schwester Dekker mehr und mehr in den Widerstand hinein. Mit dem Fortschreiten des Krieges und der immer größeren Gefahr der Deportation, kehrt Hannie mit ihren beiden jüdischen Freundinnen in ihre Geburtsstadt Haarlem zurück und versteckt sie bei ihren Eltern. Über einen Kontakt von Schwester Dekker trifft sie im dortigen Widerstand auf Jan Bonekamp, in den sie sich verliebt und Truus und Freddie Overstegen, mit denen sie einige Nazigrössen erschießt und etliche Attentate durchführt. Durch eine Unachtsamkeit wird sie im März 1945 verhaftet und etwa einen Monat später in den Dünen bei Bloemendaal erschossen. Es ist ein eindrucksvoll geschriebenes Buch über eine beeindruckende Frau. Buzzy Jackson findet den richtigen Ausgleich an Emotionen, der Angst und der Traurigkeit ob des Grauens auf der einen Seite, auf der anderen Liebe und Freundschaft. Hannies politische Ausrichtung wird zwar erwähnt, spielt jedoch nur eine nebensächliche Rolle. Im Vordergrund steht klar der unermüdliche, gefahrvolle Einsatz für den Widerstand. Durch den Rechtsruck in Europa hat die Geschichte absolute Aktualität.

Bewertung vom 20.06.2024
Das Waldhaus
Webb, Liz

Das Waldhaus


sehr gut

Hannah hat ihr Leben in Brighton abgebrochen und ist zurück zu ihrem dementen Vater in ihr Elternhaus gezogen. Nach einem Sturz im Krankenhaus, glaubt ihr Vater in ihr ihre Mutter zu erkennen und bittet sie mehrfach um Verzeihung. Zunächst schockiert, schlüpft sie nach und nach in die Rolle ihrer Mutter und versucht so mehr über deren ungeklärten Tod herauszufinden. Könnte ihr Vater ihre Mutter ermordet haben, wie ihr Bruder Reece, der mittlerweile ein beliebter Schauspieler ist, glaubt? Mit der Zeit bringt sie die Geheimnisse ans Licht, die Ereignisse überschlagen sich und sie gerät dadurch bald selbst in Gefahr. Die Geschichte beginnt leicht schleppend mit der ausführlichen Vorstellung der handelnden Personen. Dann nimmt die Handlung doch an Fahrt auf und bleibt bis zum Ende spannend. Ein paar leichte Dellen hat der Spannungsbogen zwischendurch, dennoch hat mich die Geschichte gepackt und ich finde, dass es ein lesenswerter Thriller ist.

Bewertung vom 12.06.2024
Seinetwegen
Del Buono, Zora

Seinetwegen


ausgezeichnet

Die Autorin Zora del Buono verlor im Alter von 8 Monaten durch einen Autounfall ihren Vater. Mit ihrer Mutter hat sie über das Geschehene und ihren Vater im allgemeinen im Laufe der Jahre kaum gesprochen. Mittlerweile ist die Mutter dement, wohnt in einem Heim und Zora räumt deren Wohnung aus. Dabei stellt sie sich die Frage, wie es eigentlich dem Unfallverursacher im weiteren Leben ergangen sein könnte. Sie begibt sich auf die mühsame Suche, denn sie kennt zunächst nur dessen Initialen. In der Wohnung findet sie erste Hinweise, die sie in die Schweiz, in die Nähe des Unfallortes führen. Hier versucht sie Einsicht in die Gerichtsakten zu erhalten und tritt mit etlichen Einheimischen in Kontakt, um herauszufinden, ob der Mann noch lebt und was für ein Mensch der „Töter“ ihres Vaters ist. Parallel dazu berichtet sie zwischendurch von eigenen Erinnerungen an ihre Mutter und auch an die Familie ihres Vaters. Zudem lässt sie den Leser an Kaffeehausgesprächen mit Freunden zu verschiedenen Themen rund um ihre Suche teilhaben. Mehr und mehr nähert sie sich dem fremden Mann an und verändert ihr Bild von ihm. Ihr Schreibstil ist sehr poetisch und angenehm. Sie bringt sehr viele kleine Exkurse philosophischer, poetischer Natur sowie Wissen zu ihrer Heimat Schweiz in den Verlauf des Buches ein, die nur bedingt mit der eigentlichen Geschichte zu tun haben. Mir hat das gut gefallen, da sich alles gut die Waage hielt. Ein wirkliches Kleinod.

Bewertung vom 02.06.2024
Und Großvater atmete mit den Wellen
Teige, Trude

Und Großvater atmete mit den Wellen


ausgezeichnet

Erzählt wird ein Teil der Lebensgeschichte von Konrad, seiner „Liebsten“ Sigrid und seinem Bruder Sverre. Konrad und Sverre werden in den Kriegswirren 1943 auf einem norwegischen Versorgungsschiff im indischen Ozean von den Japanern angegriffen und überleben diesen beide nur sehr knapp. Im Krankenhaus auf Java lernt Konrad Sigrid kennen und verliebt sich. Die drei Protagonisten werden im weiteren zeitlichen Verlauf in verschiedene Lager interniert und verlieren sich so zwischenzeitlich aus den Augen. Bevor sie sich wiedersehen, durchleben sie unfassbare Qualen durch Hunger, Krankheiten und ständige Demütigungen durch die Japaner.
Der Roman beschreibt eindrucksvoll das Verhalten der Kriegsmacht Japan, bevor die USA in den Krieg eintrat und der Umgang mit den europäischen Kolonialherren auf Java.
Das Buch ergänzt wunderbar das Buch „Als Großmutter im Regen tanzte“. Es handelt sich jedoch um eine eigenständige Geschichte, für die man das andere Buch nicht gelesen haben muss. Beide Bücher haben einen lebendigen, hinreißendem Schreibstil, der alle Gefühle vom Lachen bis zum Weinen abgedeckt.

Bewertung vom 02.06.2024
Dunkle Verwicklungen auf La Palma / Calderon und Rodriguez ermitteln Bd.1
Flores & Santana

Dunkle Verwicklungen auf La Palma / Calderon und Rodriguez ermitteln Bd.1


weniger gut

Am Strand von La Palma wird der Bauunternehmer Álvaro Martínez, Sohn einer angesehenen Familie aus Madrid erschlagen aufgefunden. Alles deutet sofort auf die Gegner des Hotelbauprojekts hin, einen angrenzenden Bananenbauer und eine Umweltgruppe. Oder ist der Mord möglicherweise politisch motiviert? Hat es vielleicht auch mit der mündlich versprochenen Spende an das örtliche Observatorium zu tun?
Der Kripochef tauscht sich rege mit seinem Jugendfreund Ben aus, der als Journalist auf der Insel lebt. Dieser diskutiert den Fall ausgiebig mit seiner Freundin Naira und seiner Schwester Yaiza. Es verschiedene Freunde auf der Insel auf, die konkret, lose oder gar nichts mit dem Mord zu tun haben. Nebenbei kann auch noch ein Rätsel aus Jugendtagen geklärt werden. Das Buch bietet viele Perspektivwechsel zwischen den Personen und es gibt viele lose Enden. Die persönlichen Beziehungen bleiben oberflächlich und ich hatte das Gefühl, es sollen zudem möglichst alle touristischen Attraktionen sowie ein paar Geheimtipps der Insel La Palma unterkommen. Auch der Kriminalfall bleibt blass. Mich hat das Buch leider nicht richtig erreicht

Bewertung vom 16.05.2024
Der Lärm des Lebens
Hartmann, Jörg

Der Lärm des Lebens


ausgezeichnet

Im Buch „Der Lärm des Lebens“ erzählt der Schauspieler Jörg Hartmann aus seinem Leben. Es wechseln sich Geschichten aus verschiedenen Zeitebenen ab; so wie Erinnerungen auch nicht zeitlich geordnet auftauchen.
Eindrucksvoll, humorvoll, feinfühlig, tiefgründig, lustig und traurig zugleich sind nur ein paar Adjektive, die mir beim Lesen zum Schreibstil eingefallen sind. Durch den zusätzlichen Lokalkolorit des Ruhrgebiets hat mich das Buch sofort gepackt und tief eintauchen lassen. Es fühlt sich an, als sei man dabei, wenn Jörg seinen Vater „oben auf dem Berg“ besucht, in Lyon in einem Café einen Kaffee trinkt oder alles versucht, um als Schauspielschüler ein Vorsprechen an einem Berliner Theater zu ergattern.
Das Buch sei Liebhabern von Biografien, die jedoch nicht die schnöde Aneinanderreihung von Lebensjahren mögen, wärmstens ans Herz gelegt.

Bewertung vom 16.05.2024
Südlich von Porto wartet die Schuld
da Silva, Mariana

Südlich von Porto wartet die Schuld


ausgezeichnet

Ria, die in Stuttgart aufgewachsen ist, aber durch einen portugiesischen Vater auch im Norden Portugals Familie hat, hat sich entschieden, vollständig nach Torreira zu ziehen. Vor Ort wird sie von ihren Verwandten und ihrem Jugendfreund Nuno unterstützt. Eine Arbeit findet sie im Polizeirevier, in dem sie zunächst ihre schwangere Cousine vertritt. Obwohl in dem beschaulichen Dörfchen eigentlich keine Morde geschehen, wird ein angesehener Richter tot in den Dünen gefunden. Das ruft wieder den vorgesetzten Kommissar Baptista aus Aveiro auf den Plan und eine weitere Ermittlung beginnt. Die Krimihandlung bleibt bis zum Ende spannend und wird nicht zu früh aufgelöst. Neben viel portugiesischem Lokalkolorit, bei dem man zu Beginn jeden Kapitels auch etwas lernen kann, spielt auch die persönliche Geschichte zwischen Ria und Baptista wieder eine gewisse Rolle. Zunächst nach der letzten Mordermittlung wieder auf Distanz, verstehen sie sich mit der Zeit immer besser. Auch diese Ebene bleibt die gesamte Zeit spannend. Zu empfehlen ist das Buch allen LeserInnen, die neben einem spannenden Krimi auch an der Weiterentwicklung der (Liebes–)Geschichte der ermittelnden Personen Freude haben.

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