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Benutzername: 
lsch
Wohnort: 
Nürnberg

Bewertungen

Insgesamt 4 Bewertungen
Bewertung vom 24.09.2021
Eis. Abenteuer. Einsamkeit
Löwenherz, Richard

Eis. Abenteuer. Einsamkeit


ausgezeichnet

Inspirierendes Abenteuer

Bereits das Cover ist ein echter Blickfang: Helle Polarlichter am Nachthimmel der schneebedeckten Wildnis Sibiriens - und mittendrin ein Mann und sein Fahrrad. Dazu ein passend gewählter Titel: "Eis. Abenteuer. Einsamkeit."

Bei dem Buch handelt es sich um einen Erlebnisbericht des Abenteuerers Richard Löwenherz. Er beginnt seine Reise in Jakutsk, der kältesten Großstadt der Welt. Von dort aus plant er seine anspruchsvolle Fahrradtour nach Tiksi, der Polarhaftenstadt am Laptewsee, einem Randmeer des Arktischen Ozeans.

Besonders eindrucksvoll sind die Landschaftsaufnahmen, die den Reisebericht abrunden: sternenklare Nächte in der scheinbar menschenleeren Wildnis, spektakuläre Erscheinungen von Polarlichtern am Horizont, nahezu unendliche Eislandschaften und das rissige, dicke Eis unter den Füßen des Abenteueres.

Der Reisebericht gefällt mir sehr gut, denn trotz einiger Rückschläge, Herausforderungen und Ungewissheiten gibt Richard Löwenherz nie auf und führt seine Reise stets fort. Auch das starke Vertrauen in sein Vorhaben treiben ihn an und damit immer weiter durch die Eiseskälte. Mit Spannung und Neugier verfolgt man das waghalsige Geschehen und bekommt das Gefühl dabei zu sein.

Mich als Leser hat es sehr beeindruckt, mit welcher Entschlossenheit der Autor die beschwerliche und nicht ganz ungefährliche Reise durchzieht. Es ist wirklich inspirierend zu sehen und zu lesen, was man aus eigener Kraft alles möglich machen kann. Eine tolle Botschaft, die man auch auf andere (und weniger extreme) Bereiche des Lebens übertragen kann.

Wer sich nach der Ferne sehnt, einen Drang nach Abenteuern und Naturnähe verspürt und vielleicht auch nach einer Inspiration oder Motivation sucht, dem könnte dieses Buch sicherlich gefallen.

Bewertung vom 09.09.2021
Der Kolibri - Premio Strega 2020
Veronesi, Sandro

Der Kolibri - Premio Strega 2020


gut

EIN AUF UND AB

Zum Äußeren des Buches

Das Cover passt natürlich zum Inhalt des Buches, da der Kolibri als Sinnbild für die Hauptfigur Marco Carrera und dessen Leben steht. Für die Gestaltung eines Familienromans wünsche ich mir dennoch mehr als die direkte Umsetzung des Titels (Fotografie eines Kolibris im Flug). Im Grunde ist es eine klassische Komposition, doch tatsächlich erinnert es mich eher an ein Biologie-Buch. Ich persönlich denke, dass eine zweite Gestaltungsebene dem Cover mehr Komplexität verleiht. Zum Beispiel: ein Faden im Schnabel des Kolibris und am Ende des Fadens ein weiterer Vogel, der entweder auch den Faden greift oder sogar davonfliegt, um eine Art Beziehung des Protagonisten mit einem anderen Charakter der Erzählung darzustellen. Oder eben eine andere denkbare Umsetzung ...

Zum Inneren des Buches

Die Erzählung der Geschehnisse wechselt sich mit Briefen (an Marcos unerfüllte, große Liebe Luisa), E-mails (an seinen Bruder Giacomo) und anderen Konversationen ab. Diese Korrespondenzen emfand ich für meinen Lesefluss eher hinderlich, da diese recht rätselhaft und langatmig verfasst sind. Wirklich gut gefallen haben mir die Kapitel, die sich mit den Ereignissen der Vergangenheit und Gegenwart der Hauptperson Marco Carrera befassen. Obwohl auch hier der ausgedehnte Schreibstil des Autors zum Tragen kommt (und das ein oder andere eher redundant erscheint), stört es mich an dieser Stelle weniger als beim Schriftverkehr zwischen den Personen.

Zu den Figuren

Ich persönlich tu mich ein bisschen schwer mich mit den Figuren zu identifizieren, da sie einer anderer Generation entstammen. Ansonsten sind die Charaktere reich an Eigenschaften und Geschichten, was die Erzählung natürlich spannender macht.

Zusammenfassend

Im Großen und Ganzen ist es für mich als Leser eher ein Auf und Ab mit "Der Kolibri". Ich denke, ich würde es nicht nochmal lesen, dennoch kann ich mir vorstellen, dass andere, die sich mit der Zeit und den Charakteren besser identifizieren können und Gefallen am reichen Schreibstil des Autors haben, Freude am Buch finden können.

Bewertung vom 10.08.2021
Der Panzer des Hummers
Minor, Caroline Albertine

Der Panzer des Hummers


sehr gut

Ein Buch mit Spielraum für Interpretation

INHALT

In dem Buch "Der Panzer des Hummers" von Caroline Albertine geht es vorrangig um Familie Gabel mit den drei Geschwistern Sidsel, Niels und Ea. Letztere ist nach dem Tod der Eltern nach San Franciso ausgewandert und hat sich dort ein neues Leben aufgebaut. Um den damals plötzlichen Verlust der Mutter besser verarbeiten zu können, trifft sie das Medium Bee Wallens. Doch bei der Kontaktaufnahme mit Ea's toter Mutter geht etwas schief ...

Über einen Zeitraum von fünf Tagen begleitet man die (toten wie lebendigen) Charaktere, lernt sie kennen und sieht sie an ihren persönlichen Herausforderungen wachsen.

COVER

Das Cover im klassischen Erscheinungsbild von Diogenes finde ich schlicht und schön. Erst habe ich keinen Zusammenhang zwischen dem Gemälde auf dem Cover (dargestellt sind eine Frau und Mann in einem Garten) und den Buchinhalt herstellen können, aber nun denke ich, dass es sich um die verstorbenen Eltern, Charlotte und Troel Gabel, handelt, die sich nach ihrem Tod in einer Art Zwischenwelt oder Bewusstseinsebene treffen und nicht so recht wissen, wie sie einander begegnen sollen. Aber ich kann mich natürlich auch daneben liegen. :-)

FAZIT

Mir persönlich hat das Buch gut gefallen! Der Anfang des Buches ist erst sehr befremdlich, bis man verstanden hat, dass es sich um eine Art "Erwachen" der verstorbenen Mutter, Charlotte, handelt. Weiterlesen hat sich für mich dennoch gelohnt, denn ich finde die Beschreibungen der Autorin zum "Jenseits" kreativ und auch ihr Schreibstil hat mir zugesagt.

So ganz nebenbei gesagt: Ja, es gibt viele Charaktere, aber dem Buch vorangestellt ist ein Personenregister. Das hat mir als Leser sehr geholfen, denn mit jedem Kapitel richtet sich der Fokus des Erzählers abwechselnd auf eine andere Person. Tolle Gedankenstütze und gut mitgedacht!

Im Großen und Ganzen ist "Der Panzer des Hummers" eine empfehlenswerte Lektüre! Wer dem spirituellen Aspekt der Erzählung jedoch nichts abgewinnen kann, wird sich eventuell nicht mit dem Buch anfreunden können ...

Bewertung vom 21.07.2021
Was fehlt dir
Nunez, Sigrid

Was fehlt dir


ausgezeichnet

Ein Buch zum Mitfühlen, Miterleben und Nachdenken!

In "Was fehlt dir" von Sigrid Nunez begleitet die Erzählerin ihre unheilbar krebskranke Freundin auf ihrer letzten Reise. Der Plan: Zusammen verbringen Sie eine unbestimmte Zeit in einem Ferienhaus. Dort möchte die Freundin ihre letzten Wochen in Frieden verbringen und sich selbstbestimmt (mithilfe eines Medikamentes) das Leben nehmen, bevor die Krankheit die Oberhand über sie gewinnt. Die Erzählerin solle dabei sein, falls etwas schiefgehe, so die Bitte der Freundin. Die Erzählerin willigt ein.

Auf einfühlsame und eindringliche Weise berichtet die Hauptfigur von ihren Gefühlen, Gedanken und Erfahrungen, die sie in dieser Zeit prägen. Vor allem die Gespräche mit ihrer Freundin lassen einen besser verstehen, was in einer unheilbar kranken, zum Sterben verurteilen Person vorgehen kann. Ich habe verstanden, dass die Bedürfnisse eines Sterbenden ("Ich möchte in Frieden und Würde gehen können") ganz genauso wichtig (wenn nicht sogar wichtiger) sind wie die der Hinterbliebenen ("Ich will, dass du nicht aufgibst und weiterkämpfst"). Daher bewundere ich die große Bereitschaft der Erzählerin, ihre eigenen Bedürfnisse weit hinten anzustellen und ihre Freundin bei deren Vorhaben zu begleiten. Sie nimmt sogar bewusst in Kauf, dass ihre Entscheidung rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.

Tod, Suizid und Euthanasie sind Tabuthemen bzw. schwere, kontrovers diskutierte Themen unserer Gesellschaft. Dennoch schafft die Autorin es durch die Leichtigkeit in ihrer Sprache, dass ich weiterlesen möchte. Der Schreibstil der Autorin hat mir persönlich wirklich gut gefallen, jedoch kann ich nachvollziehen, dass nicht alle Leser:innen die Sprunghaftigkeit in der Erzählung mögen. Auch mir ging es an der ein oder anderen Stelle im Buch so, dass ich von einer komplett neuen Handlung überrascht wurde. Darüber hinaus habe ich auch den Eindruck, dass der Klapptext vielleicht falsche Erwartungen erwecken kann, denn er ist recht allgemein gehalten und geht weniger auf die konkrete Handlung des Buches ein.

Im Großen und Ganzen war mein Leseerlebnis überwiegend positiv! Als Leser:in kann man mit der Erzählerin mitfühlen und miterleben. Und auch nachdem man das Buch aus der Hand gelegt hat, geht es einem nach und stiftet zum Nachdenken an.

Meiner Meinung nach ist das Buch wirklich empfehlenswert! Ich denke, dass es sich besonders für Leser:innen eignen kann, die sich nicht vor schweren Themen scheuen und offen für eine teils sprunghafte Erzählweise sind.