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Phoebe Caulfield

Bewertungen

Insgesamt 65 Bewertungen
Bewertung vom 30.08.2024
Juli, August, September
Grjasnowa, Olga

Juli, August, September


gut

Zwei Romane in einem?

Die Hauptfigur Lou (Ludmilla) und ihr Mann, der Pianist Sergej leben zusammen mit ihrer Tochter in Berlin. Als weitere Figuren treten die Mutter von Sergej und Lous eigene Mutter auf – Beziehungsstatus: schwierig. Zudem erfahren die Leser Stück für Stück, dass Lou in den vergangenen Monaten ein Kind verloren hat. Und beide Eltern sind mit ihrer Trauer und ihrem Schmerz jeweils so allein, dass es einem das Herz zerreißt.

Auch die Beziehung zu ihrer entfernten jüdischen Verwandtschaft, die in Israel lebt, ist nicht ganz einfach. Eine gemeinsame Geburtstagsfeier auf Gran Canaria bringt alle zusammen, incl. Familiengeheimnissen und der immerwährenden Frage nach der eigenen jüdischen Identität.

Nachdem mich das erste Drittel des Buches rund um das Familientreffen auf Gran Canaria sehr begeistert hat, ließ mich das Buch insgesamt recht ratlos zurück. Es wirkt auf mich irgendwie unentschieden und zusammengestückelt und leider oberflächlich. Das mag auch an der Gefühlswelt Lous liegen, die nach der Fehlgeburt orientierungslos und verloren scheint. Und gleichzeitig kommt es mir vor, als wenn in „Juli, August, September“ eigentlich zwei Romane stecken, die beide ausreichend eigenes Potenzial gehabt hätten, schade.

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Bewertung vom 15.08.2024
Mein drittes Leben
Krien, Daniela

Mein drittes Leben


sehr gut

Auf dem Weg durch ein Tal

Linda, im Job erfolgreich, gut situiert und mit dem Maler Richard verheiratet. Zu ihrer Familie gehören die zwei größeren Kinder Richards sowie ihr gemeinsame Tochter, Sonja. Diese kommt 17jährig bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Der Roman beschreibt das Leben von hauptsächlich Linda durch das schwere Jahr, das diesem völlig unerwartetem Tod folgt. Es ist ein harter Bruch im Leben von Linda, vieles stellt sie in Frage und sieht ebenfalls vieles mit ganz anderen Augen. Es erscheint wie ein Start in ein anderes Leben, ihr drittes Leben.

Ich lese Daniela Krien einfach unglaublich gerne. Sie hat in meinen Augen ein sehr feines Gespür für menschliche Zwischentöne und bringt diese in schnörkellosen, aber unglaublich treffenden Beschreibungen zu Papier. Mein Drittes Leben hat nach meinem Empfinden einen etwas anderen, spröderen Tonfall als die Vorgänger, in den ich mich etwas hineinlesen musste. Allein schon durch die Thematik, aber auch die nicht immer vorhersehbare Entwicklung von Linda ist es kein einfach weg zu lesendes Buch, und es wirkt nach. Für diese Rezi musste ich es nochmal eine Weile liegen und mir noch ein paar Mal durch den Kopf lassen. Aber so ist das wohl mit guten Büchern.
Eine definitive Empfehlung für alle, die sich gern auf neue und unerwartete Leseerfahrungen einlassen.

Bewertung vom 22.07.2024
Mitte des Lebens
Bleisch, Barbara

Mitte des Lebens


ausgezeichnet

Das richtige Buch zur richtigen Zeit

In ihrem Buch widmet sich Barbara Bleisch aus philosophischer Sichtweise dem Thema älter werden und dabei genauer der Lebensmitte, den Jahren zwischen 35-40 bis 60. Im Rahmen von sieben Kapiteln beleuchtet die Autorin ausführlich die jeweiligen Fragestellungen, ordnet eigene und fremde Beobachtungen ein und schaut zudem wie frühere Schriftsteller_innen und Philosph_innen das Älterwerden beschrieben und für sich bewertet haben.

Und auch wenn ich es vorher nicht unbedingt für möglich gehalten hätte, ich hatte wirklich Spaß beim Lesen – stellenweise erschien es mir wie ein wirklich geistreiches und anregendes Gespräch. Die Erläuterungen haben mich wirklich berührt, vor allem aber in vielem bestätigt, was ich bislang mehr aus dem Bauch entschieden haben und ganz so falsch lag ich damit wohl offenbar nicht (was man natürlich immer gerne liest😊).

Das Buch kann ich allen Leser_innen wärmsten empfehlen, die vielleicht gerade mit den ersten Zimperlein oder früheren Lebensentscheidungen hadern und dringend positive Impulse und Ausblicke für die bessere der beiden Lebenshälften benötigen.

Bewertung vom 17.06.2024
Die kurze Stunde der Frauen
Gebhardt, Miriam

Die kurze Stunde der Frauen


gut

Anders als gedacht

In ihrem Buch beschäftigt sich Miriam Gebhardt in 9 Kapiteln mit verschieden Facetten von (Rollen-)Erfahrungen, wie sie Frauen in den Kriegs- und Nachkriegsjahren gemacht haben. Anhand von Quellen, Tagebüchern und Briefen rekonstruiert sie diverse individuelle Lebenswege von Frauen in der Nachkriegszeit und lässt dadurch Geschichte lebendig werden.

Es waren genau diese Schilderungen, die für mich einen ganz anderen als einen bisher bekannten eher historisch-abstrakten Einblick in das Leben von Frauen in dieser Zeit gegeben haben. Zahlreiche Themen wurden für mich neu beleuchtet und dargestellt, z.B. der Mythos der Trümmerfrauen, die Rolle der passiven Frau, die mit ihrer Passivität den Nationalsozialismus möglich bzw. gestützt hat. Oder wie die Alliierten die Rolle der Frauen für die Re-Eduction Deutschlands definiert haben.

Irgendwie finde ich den Titel nun nach dem Lesen allerdings etwas irreführend: Weder sind es „die“ Frauen, noch gibt es eine „kurze Stunde“ für sie alle. Was in meinen Augen wirklich deutlich wird – die Lebenswege, Schicksale und Rollen von Frauen sind so unterschiedlich und individuell, dass sie sich schwerlich auf einen Punkt bringen lassen.

Bewertung vom 01.04.2024
Selbe Stadt, anderer Planet
Meindl, Dominika

Selbe Stadt, anderer Planet


ausgezeichnet

Wunderbar klug und unterhaltsam – eine Beschreibung von Tourismus heute

Johanna kehrt in ihren Heimatort Hallstatt zurück, ihre Schwester Doris hat diesen nie wirklich verlassen. Der Vater der beiden ist verstorben und das Haus mit viel Krempel vollgestopft. Johanna macht sich daran es auszuräumen und die Arztpraxis weiterzuführen. Sie entdeckt die Bergwelt wieder neu für sich und beobachtet wie sich der Tourismus mit den Jahren verändert hat, was dies für Natur und Mensch bedeutet.
Parallel berichtet der Chinese Ren darüber, wie er in China, ebenfalls als Touristenattraktion, eine Kopie Hallstatts projektiert. Und irgendwann überschneiden sich die Wege dieser drei Figuren.

Der o.g. beschriebene Plot mag gewöhnungsbedürftig klingen. Aber ich war schnell gefangen in den feinen Beobachtungen und Beschreibungen und vor allem dem wunderbaren Humor der Autorin – es hat mir unglaublichen Spaß gemacht, den Figuren zu folgen.

Von mir eine klare Leseempfehlung. Für mich hätten es sogar gerne 100 Seiten mehr sein können. Freue mich jedenfalls jetzt schon auf das nächste Buch von Dominika Meindl.

Bewertung vom 20.03.2024
The Fort
Korman, Gordon

The Fort


ausgezeichnet

Nicht weichgespült - eine fesselnde Geschichte über Freundschaft

Nachdem ein Hurricane durch die Kleinstadt Canaan gezogen ist, wurden nicht nur Häuser abgedeckt und Bäume entwurzelt, sondern auch ein alter Schutzbunker (das Fort) freigelegt. Der Einstieg zum Bunker wird entdeckt von Ricky, der eigentlich gar nicht zur Freundesclique gehört – nun aber langsam zähneknirschend akzeptiert wird und den Bunker gemeinsam mit den restlichen Jungs als abenteuerlichen Rückzugsort nutzen wird. Schon bald aber ist das Geheimnis des Bunkers nicht mehr sicher. Und wie die Jungs ihn in Besitz nehmen und verteidigen und vor allem, wie die ganze Geschichte endet, davon erzählt dieses spannende Jugendbuch.
Ich muss zugeben: mit dem Einstieg in die ersten 50 Seiten habe ich mich etwas schwer getan. Der Stil kam mir etwas sperrig vor und vor allem hat mich das setting sehr an den 1986er Film „Stand by Me“ erinnert.
Die Freundesclique besteht aus Jason, C.J., Evan und Mitchell – und irgendwann gehört auch Ricky dazu. Bei jedem der Jungs erfahren die Leser_innen etwas zur familiären Situation (Armut, Scheidung, Gewalt) und warum das Fort für jeden von ihnen zu einem wichtigen Pausenort vom Alltag wird.
Nachdem ich aber in der Geschichte angekommen war, konnte ich das Buch nicht mehr weglegen und musste es in einem Rutsch zu Ende lesen – was für ein Finale! Und es ist alles dabei – Spannung, Humor und Schicksale, die berühren.
Entgegen der Leseempfehlung des Verlags ab 12 würde ich das Buch eher für Leser_innen ab 14 Jahre empfehlen.

Bewertung vom 16.03.2024
Al forno - Ofenfrische Gerichte
Cavada, Stefano

Al forno - Ofenfrische Gerichte


sehr gut

Perfekt für Küchen-Einsteiger

Bisher kannte ich Stefano Cavada nicht, aber die Leseprobe hat mich neugierig gemacht. Die Rezepte und Zutaten sind nicht mega-fancy oder ausgefallen, eher recht bodenständig und nur zum Teil aus der traditionellen italienischen Küche. Und so schien mir das Buch eine gute Wahl für Küchenanfänger.

Dazu passt, dass am Anfang unter „Wissenswertes“ erst einmal die benötigte Ausstattung vorgestellt und erklärt wird. Genauso werden verschiedene Verarbeitungstechniken näher erläutert und Grundwissen rund ums Backen vermittelt (z.B. die verschiedenen Mehltypen).

Da die meisten Rezepte nicht super raffiniert oder kompliziert sind, sind auch die Fotos eher schlicht und einfach gehalten. Für mich ist das zwar recht stimmig, es das Buch wirkt dadurch auch recht gesetzt und weniger nach foodblogger.

Haben schon die ersten Rezept ausprobiert (Oliven Focaccia, Kaffee-Joghurt-Kuchen und die Feigenröllchen) und sind sowohl von der Zubereitung als auch vom Geschmack sehr begeistert.

Bewertung vom 13.03.2024
Kosakenberg
Rennefanz, Sabine

Kosakenberg


gut

Lässt mich etwas ratlos zurück

In den 1990er Jahren verlässt Kathleen wie viele andere ihrer Generation ihr ostdeutsches Heimatdorf. Zuerst für das Studium in Berlin, später dann für einen Job in London. Der Roman beschreibt ihre schrittweise Entfernung vom Ort ihres Aufwachsens, ihrer Familie und Bekannten.

Der sprachlich knappe aber oft prägnanten Stil der Autorin hat mir durchaus gefallen. Und auch die feinen Beobachtungen und Beschreibungen der Figuren haben mich sehr abgeholt. Allerdings hat mich das letzte Drittel des Buches ziemlich verloren. Die Figur von Kathleen erscheint mir verschwommen und irgendwie überkonstruiert, der rote Erzählfaden zerfasert.

Und so lässt mich das Buch etwas ratlos zurück. Nach einem vielversprechenden Start verliert sich in meinen Augen die zweite Hälfte im Klein Klein und kommt irgendwie nicht richtig auf den Punkt. Schade.

Bewertung vom 04.03.2024
Somebody to Love / Northern Hearts Bd.1
Weiler, Rebekka

Somebody to Love / Northern Hearts Bd.1


sehr gut

Romantisch-kribbelig - kurzweilige Leseunterhaltung

Das schöne Cover in Skandinavien-Design hat mich als erstes neugierig gemacht. Und auch wenn ich nicht unbedingt zur Kernzielgruppe von Young Adult Romance zähle, muss ich sagen, dass ich das Buch gern gelesen habe. Irgendwie konnte ich mich wieder gut reinversetzen in das Alter als auch ich diese Art von Büchern gern gelesen habe. Kann (wieder) gut verstehen, warum diese Bücher ihre Leser_innen haben.

Die Handlung an sich ist nicht mega komplex und liest sich easy weg: Lene trauert noch um Henrick, der vor einigen Monaten bei einem Einbruch in einen Tierhaltungsbetrieb von einem Wachmann erschossen wurde. Monate später findet sie einen von ihm versteckten Laptop. Und gemeinsam mit seinem Bruder Emil versuchen sie die Bedeutung der Videos auf dem Laptop zu entschlüsseln. Darüber kommen sich beide näher – natürlich mit den erwartbaren familiären Verstrickungen und ein wenig romantischem Hin und Her. Zudem taucht die Schwester von Emil und Henrik, Lene, wieder auf. Sie hatte sich nach dem Tod ihres Bruders nach Australien geflüchtet.

Die story ist linear und geradeheraus erzählt, zwischendrin gibt es einige Rückblenden in die Kindheit der Drillinge. Über das Innenleben der Figuren erfährt man nur von Emil und Freya etwas, die anderen bleiben schlicht und etwas schablonenhaft. Im Mittelpunkt des Buches steht ja aber eben auch die romantische Beziehung der beiden Hauptfiguren, von daher passt das.

Leser_innen, die Lust auf einen hyggeligen Romantik-Plot haben, sind hier gut aufgehoben. Das richtige Buch, um einen kuscheligen Nachmittag auf dem Sofa zu verbringen. Und die liebevolle Gestaltung bei Cover und Farbschnitt lässt das Bücherherz höherschlagen.

Bewertung vom 08.02.2024
Die Hoffnung der Chani Kaufman
Harris, Eve

Die Hoffnung der Chani Kaufman


ausgezeichnet

Einfühlsamer und empathischer Einblick in eine fremde Welt

Wir begleiten Chani Kaufman, frisch verheiratet mit Baruch Levy, durch ihr erstes Ehejahr. Daneben lernen die Leser_innen noch weitere Figuren rund um eine ultraorthodoxe jüdische Gemeinde in London kennen und folgen auch diesen durch deren Alltags- und Gefühlsleben.

Abwechselnd schlüpfen die Leser_innen in die Leben der verschiedenen Personen. Da sind u.a. Rabbi Chaim, dessen Frau ihn kürzlich verlassen hat – für die jüdische Gemeinde unfassbar. Oder wir begegnen Chanis biestiger Schwiegermutter Mrs Levy, und der gewieften Heiratsvermittlerin Mrs Gelbman. Und bei aller Ernsthaftigkeit liest es sich doch wunderbar unterhaltsam, wie sie alle ihrem Alltag nachgehen. Das Buch gewährt uns Leser_innen intime Einblicke in eine Kultur, die vielen von uns sehr archaisch und mit starren Strukturen, Rollen und Gesetzen erscheinen mag. Wie unterschiedlich jede der o.g. Personen mit diesen Regeln umgeht, sie auslegt oder für sich zu nutzen mag, das ist u.a. das Spannende an dem Buch.

„Die Hoffnung der Chani Kaufman“ ist definitiv ein wunderbares Leseerlebnis. Man muss das Vorgängerbuch nicht unbedingt gelesen haben, um dieses hier zu verstehen. Es lohnt sich aber sehr mit „Die Hochzeit der Chani Kaufman“ zu starten und anschließend „Die Hoffnung der Chani Kaufman“ zu lesen. Und wie schön wäre es, wenn man vielleicht bald in einem dritten Buch Chani und den anderen Figuren wieder begegnet.