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Leselurch

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Bewertung vom 02.05.2019
Das geheime Glück
Cohen, Julie

Das geheime Glück


ausgezeichnet

Worum geht’s?
Robbie und Emily sind glücklich. Trotz allem, was sie durchstehen mussten, all der Dinge, die sie erleben und verarbeiten mussten, haben sie es geschafft – weil sie sich lieben, immer geliebt haben. Doch als Robbie eines Tages aufsteht, an einem Morgen wie jedem anderen, muss er einen folgeschweren Beschluss fassen. Für Emily. Um ihre Liebe – seine Liebe – zu schützen und das Geheimnis zu wahren, dass sie seit über fünf Jahrzehnten gemeinsam hüten …

Meine Meinung:
Du bist mein Anfang und mein Ende und jeder Tag dazwischen.

Robbie und Emily sind unzertrennlich. Ihre Liebe ist unbezwingbar und trotzt jeglichen Hindernissen – das haben sie dem Leben bewiesen. Doch ihr Glück, so intensiv sie es auch spüren mögen, ist fragil. Denn sie hüten ein Geheimnis, seit sie sich 1962 ineinander verliebten. Ich würde „Das geheime Glück“ als Familienroman bezeichnen, der die gesamte Liebesgeschichte eines Paares beleuchtet: vom Tag des Kennenlernens bis zum letzten gemeinsamen Morgen. Doch das fasst nicht einmal ansatzweise zusammen, was für eine enorme, großartige Geschichte Julie Cohen zwischen diesen Seiten versteckt hat.

Julie Cohen zäumt das Pferd von hinten auf: Sie erzählt zunächst das Ende der Geschichte und lässt ihre Leser*innen nach und nach in Etappen tiefer in der Vergangenheit der Protagonisten graben. Auf diese Weise weiß man zwar bereits, wie die Geschichte ausgeht, welchem Schicksal sich Emily und Robbie am Ende stellen müssen, doch die Antworten auf die großen Fragen entdeckt man erst nach und nach: Wieso musste es soweit kommen? Was versuchen sie zu verstecken? Was ist ihr Geheimnis? Und eines sei vorab verraten: Ganz egal, was ihr zu glauben mögt, ihr kennt nur die Spitze des Eisberges.

Mit jedem weiteren Sprung in die Vergangenheit lernt man Emily und Robbie besser kennen und wird Teil ihrer unglaublichen Geschichte. Jedes Mal, wenn man denkt, man hätte ihr Geheimnis durchschaut, wird man erneut eines Besseren belehrt. Julie Cohen hat ihren Roman unheimlich geschickt aufgebaut und die einzelnen Fragmente der Geschichte so perfekt verknüpft, dass man gar nicht mit dem Lesen aufhören will. Man will tiefer graben, die Geschichte durchschauen – um jeden Preis. Robbie und Emily lassen ihre Leser*innen nicht los, und ich habe mich mehr als einmal dabei erwischt, wie ich das Buch frustriert zur Seite legen musste, weil die alltäglichen Pflichten mich vom Lesen abhielten.

Jede kleine Wahrheit, die zwischen den Buchdeckeln enthüllt wurde, hat mich tief berührt und bewegt. Jede Entscheidung, jede Konsequenz der Charaktere wurde so einfühlsam und gefühlvoll beschrieben, dass ich mein Herz ganz und gar an diese kleine Familie verlor, ganz gleich, welche Fehler sie auch begangen haben mögen. Ich konnte sie verstehen, so verwerflich ich so manches Geschehen auch empfand, denn es machte sie menschlich. Authentisch. Ehrlich. Ich habe Robbie und Emily ihr Glück so stark gewünscht, dass mich die große Enthüllung am Ende des Romans gar nicht mehr so aufwühlen konnte, wie sie moralisch sollte. Julie Cohen hat mit „Das geheime Glück“ eine tiefgründige, mitreißende und intensive Liebesgeschichte geschrieben, die noch lange in mir nachhallen wird.

Fazit:
Höchst emotional, besonders und bewegend: „Das geheime Glück“ zu beschreiben, ohne das Wesentliche zu verraten, ist schwer. Es ist mir ein Rätsel, wie Julie Cohen es geschafft hat, ihre Geschichte zu geschickt zu verknüpfen, so viele Geheimnisse zu verstecken, und ihre Leser*innen dabei trotzdem stets im Dunkeln zu lassen. Bei mir hat sie es geschafft. Jedes Mal, wenn ich dachte, die Liebesgeschichte von Emily und Robbie durchschaut zu haben, bewies sie mir mit einem weiteren Sprung in die Vergangenheit das Gegenteil. „Das geheime Glück“ hat eine wichtige Message, ist rührend und dramatisch, ohne dabei kitschig zu werden, und lässt einen von der ersten bis zur letzten Seite mitfühlen. Ich bin verzaubert – auf ebenso traurige wie schöne Weise.