Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
LaberLili

Bewertungen

Insgesamt 162 Bewertungen
Bewertung vom 16.01.2024
Minecraft, Open World Band 01
Ramirez, Stephanie

Minecraft, Open World Band 01


ausgezeichnet

Ziemlich positiv: Ehe der Comic startet, gibt es Tipps zur "Online-Sicherheit für jüngere Fans", in denen vor Allem darauf hingewiesen wird, weder sein Passwort (allenfalls außer den eigenen Erziehungsberechtigten) noch welche Schule man besucht (oder andere Faktoren zu benennen, die einen leicht identifizierbar machen) je wem online zu verraten. "Ziemlich" deswegen, weil sich diese Ratschläge nur kleingedruckt auf der Impressumsseite befinden und seien wir ehrlich: die wird von den Meisten doch eh überblättert. Mir sind diese Hinweise auch eher zufällig ins Auge gestochen, und das auch erst, als ich das kleine Büchlein nach dem Lesen nochmals kurz aufgeschlagen und durchblättert habe.
Ich habe "In den Nether" meinem 9jährigen, sehr zockfreudigem, aber wenig lesebegeisterten, Neffen geschenkt, der es sich an Weihnachten, nachdem seine Onlinezeit vorbei war, gleich damit auf der Couch gemütlich gemacht hatte; definitiv ist er auch direkt zum "Bilderteil" gegangen; und später stolz verkündete, er habe schon bis Seite 33 gelesen - tatsächlich hat er den Comic auch innert drei Tagen ausgelesen gehabt, was in seinem Fall schon beeindruckend ist, zumal ihm auch nie jemand nahegelegt hat, er könne/solle doch noch ein bisschen lesen, sondern er immer von sich aus beschlossen hat, dass"ich lese noch ein wenig". Rein deswegen werde ich diesem Comic schon fünf Sterne geben müssen, da meine "Zielperson" derart darauf angesprungen ist.

Der Comic spielt nicht direkt im Minecraft-Universum, so wie man es von den meisten anderen Minecraft-Stories kennt, sondern erzählt von der Begegnung zweier echter Spieler im Game, wobei Hektor eher ein Profi ist, der aber lieber im Single-Player-Modus spielt, während Sarah ein absoluter Neuling ist und sehr zu trial&error neigt, oder wie Hektor es vermutlich eher nennen würde, sich einfach absolut naiv und dämlich anstellt. Eher unfreiwillig wird er zu Sarahs Erklärbär und zu ihrem Verbündeten auf einer abenteuerlichen Spielmission.
Ich fand es schön, wie hier zusammen mit Sarah eher beiläufig auch der Leserschaft, die bisher eher wenig Berührungspunkte mit Minecraft hat, die wichtigsten Grundlagen des Spiels kurz angerissen wurden, und wie sehr sich Hektor letztlich auch auf das Spiel mit Sarah einließ und es nie in Richtung "mit diesem ahnungslosen Noob gebe ich mich nicht länger ab" driftete, obschon sie ihn zwischendrin sogar mal wortlos sitzenließ, was beide aber sehr gut selbst miteinander zu klären vermochten.
Mir als Erwachsener ist es sehr aufgefallen, wie respektvoll da miteinander umgegangen wurde und wie beide Figuren auch ihre Gefühle deutlich zu äußern vermochten; ich denke, es ist sehr wichtig, Kindern beizubringen, ihre Emotionen nicht kleinzureden; und auch, wie der Comic sich selbst an die eingangs erwähnten Online-Sicherheits-Tipps hielt. So tauschen sich Hektor und Sarah zwar natürlich über das Spiel aus, reden eben auch über Gefühle wie z.B. empfundene Einsamkeit, aber äußere Faktoren wie beispielsweise eben der Wohnort werden nie erwähnt. In diesem Comic bleiben sie sozusagen "anonyme Freunde".

Auf 88 Comic-Seiten entspinnt sich hier natürlich keine völlig in die Tiefe gehende Handlung, aber ganz subtil könnte da doch die ein oder andere Mitteilung beim Zielpublikum ankommen und wie gesagt: meinen Neffen hat der Comic definitiv begeistert, von daher empfehle ich ihn vor Allem für jüngere Minecraft-Fans, die ihre Lesefähigkeit noch ein wenig trainieren sollten, das aber sonst eher ungern tun.

Bewertung vom 29.10.2023
Das Nachthaus (eBook, ePUB)
Nesbø, Jo

Das Nachthaus (eBook, ePUB)


gut

Aufgrund der Kurzbeschreibung dachte ich, "Das Nachthaus" wäre ein toller Roman, um sich auf die Halloween-Zeit einzustimmen: ich erwartete nach einem ersten Blick ins Buch eine Mischung aus Fantasy, wie von Ransom Riggs verfasst, und solchem Grusel, wie er sich in Oliver Susamis "Vierter Stock Herbsthaus" abspielte oder schlimmer: in Adam Nevills "Apartment 16" - und so wie sich "Das Nachthaus" mit seinen jugendlichen Hauptfiguren anlies, rechnete ich damit, dass der Roman auch eine eher jüngere Leserschaft zur Zielgruppe hätte.

Tatsächlich ist "Das Nachthaus" aber in drei Teile gegliedert und während Teil 1 definitiv einem Jugendbuch entsprach, was ich locker schon einem 12jährigen und sogar einem nervenstärkeren 10jährigen Kind, welches "auch mal was richtig Gruseliges" lesen wollte, überlassen haben würde, war Teil 2 definitiv eher Horrorroman für Erwachsene. Ich habe nun häufiger Stephen-King-Vergleiche vernommen, aber der einzige von dessen Romanen, dem ich in Gänze eine ähnliche Atmosphäre wie "Das Nachthaus" (im eben zweiten Teil) zusprechen würde, ist "Desperation". Der dritte, und letzte, Teil vom "Nachthaus" stellte sich als Psychodrama heraus, wobei ich ab der Mitte des zweiten Teils schon genau mit diesem Twist rechnete: zu auffällig waren da kleinere Unstimmigkeiten und unpassende Details, die eigentlich nur noch diese eine Auflösung zuließen.
Meiner Meinung nach hätte man nach dem Jugendbuch hier einfach einen Cut machen und "Das Nachthaus" ausschließlich als solches veröffentlichen sollen; ich hatte letztlich den Eindruck als habe man zwanghaft eine komplexere, düstere Story mit jugendlichen Protagonisten (á la "Stranger Things") erzählen wollen, während man dann daran scheiterte, die Geschichte fließend sein zu lassen. Mir was "Das Nachthaus" da viel zu sehr in diese drei Teile zerhackt und ich möchte das nichtmal nur "unterteilt" nennen, denn für mich waren das einfach drei wie völlig überhastet von einem absoluten Amateur zusammengezimmerten Teile.

Den ersten Teil fand ich noch spannend; das war an sich eine tolle Gruselgeschichte für eine jüngere Zielgruppe; aber danach hat mich "Das Nachthaus" mit seinen Genre- und sogar Zielgruppenwechseln eher irritiert und der Roman wird mir zwar bestimmt im Gedächtnis bleiben, allerdings wohl nur, weil er in meinen Augen halt das Kunststück hinbekommen hat, aus drei Teilen zu bestehen, die alle so völlig anders sind, obschon es dabei um eine einzige Erzählung geht. Da hat mich "Das Nachthaus" nun leider weitaus mehr in Verwunderung als in Halloween-Laune versetzt.

Bewertung vom 08.10.2023
Hope's End (eBook, ePUB)
Sager, Riley

Hope's End (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

"Eine Adaption der Geschichte rund um Lizzie Borden?", das war mein erster Gedanke angesichts des Klappentextes, und tatsächlich wird die Figur der Lenora Hope in diesem Roman auch frühzeitig von der ich-erzählenden Protagonistin Kit als "die örtliche Lizzie Borden" bezeichnet;diese Assoziation ist also nicht allzu weit hergeholt.
Kit, eben noch selbst im Zentrum eines Skandals stehend, welcher zunächst zaghaft angedeutet wird und dem Leser im weiteren Verlauf des Romans in Gänze enthüllt wird, wird von ihrem Chef als Ersatz der bisherigen Pflegerin, die sich unvermittelt abgesetzt hat, nach Hope’s End geschickt, um die häusliche Betreuung Lenora Hopes sicherzustellen. Kit verspürt bezüglich dieses Engagements zwar gleich ein unbehagliches Gefühl, aber dies scheint im Nachgang des sie betreffenden Skandals ihre letzte Chance auf eine weitere Anstellung zu sein und hey, selbst wenn Lenora Hope vor (übrigens etwas mehr als) 50 Jahren ihre ganze Familie ermordet haben sollte - was soll sie einem nun, gelähmt und im Rollstuhl sitzend, schon groß antun können?
Im Hope-Anwesen trifft Kit noch auf die Verwalterin Miss Baker und den Koch Archie, die beide schon zum Zeitpunkt der Morde für die Familie tätig waren und Lenora Hope seither die Treue halten, sowie ein deutlich jüngeres Zimmermädchen sowie eine Art Gärtner-Hausmeister, die beide seit unter 5 Jahren dort angestellt sind: Kit ist Anfang 30, Lenora Hope ist rein rechnerisch 1912 geboren, der Roman spielt über 50 Jahre, nämlich Anfang der 1980er, nach der sich 1929 ereignet habenden Bluttat - und die Zeitstränge fand ich teils doch sehr seltsam, vor Allem da der aktuell immer noch aktive Polizist auch klare Erinnerungen an die Umstände des alten Falls hat. Zeitweise wirkte der Roman auf mich in diesem Sinne generell wie eine Ansammlung von alten Leuten, die von Dingen erzählten, die sich erst gestern (als sie dabei alle selbst erst 15-25 Jahre alt waren) zugetragen zu haben schienen, und von jungen Leuten, die von denselben Dingen wie von einer 100 Jahre alten Stadtlegende sprachen.
Ich glaube, für mich hätte es realer gewirkt, wäre der Hope-Mordfall etwas gewesen, das sich erst irgendwann in den Jahren kurz vor Kits Geburt ereignet hätte. Jedenfalls schien es heutzutage in der Stadt dort aber keine Menschen zwischen 40 und 60 zu geben.

Ich habe diesen Roman übrigens zwar geliebt; ich hatte zuletzt einige Schwierigkeiten, mich in Bücher einzufinden, aber diese Geschichte hat mich nun gleich eingesogen, dass ich auch nicht von ihr ablassen wollte, bis ich am Ende angekommen war, was nun für mich Grund genug ist, "Hope's End" mit 5 Sternen zu bewerten. Jedoch: Diese Geschichte hat dermaßen viele Logiklücken (nicht nur dass z.B. der erwähnte Polizist auffällig jung geblieben zu sein scheint; nein, er hat einerseits Kit noch immer auf dem Kieker und macht gar keinen Hehl aus seiner Abneigung ihr gegenüber, aber andererseits tritt er bereitwillig als wandelnder Wikipedia-Eintrag auf, wenn Kit etwas zur tragischen Geschichte der Hope-Familie wissen will) und überkandideltes Drama (natürlich droht das am Rande der Steilküste stehende Herrenhaus mitsamt des Felsens unter ihm nun gleich abzubrechen, aber solange Lenora Hope das selbst nicht will, wird natürlich nichts und niemand evakuiert, nach dem Motto "wenn das Haus runterfällt, sollten halt alle besser schnell zu fliegen lernen") und als ob das Ende des Hauptteils dann nicht schon spektakulär genug ausfiele, gibt es im Nachgang ein noch viel größeres Spektakel. Ein Showdown nach dem Showdown! Wie aufregend! Oder einfach nur albern. Wie gesagt: ICH hab’s geliebt. :)

Lenora Hope erzählt nun in diesem Roman also klammheimlich Kit mit Hilfe einer Schreibmaschine ihre gaaaaaanze Geschichte, zwar willens, den wahren Täter zu enthüllen, aber "XYZ war’s wirklich" ist natürlich zu einfach für eine gelähmte Frau, die unter Mühen nur noch vereinzelte Finger bewegen kann, und wie unaufregend! So muss man noch hoffen, dass die alte Dame überhaupt bis zum Schluss kommt, und bangen, dass sie just dann an Altersschwäche und Gebrechlichkeit sterben könnte, wenn sie erst am Tag der Morde angekommen ist.
Joah, diesen Roman kann man wohl wirklich nur aufregend oder albern finden.

Sagers zuletzt auf Deutsch erschienenes "NIGHT - Nacht der Angst" fand ich als Thriller doch überzeugender; da war alles sehr viel subtiler und feiner verwoben, aber der war halt auch nicht so aufregend wie "Hope's End: Du kannst niemandem trauen". Oder eben nicht so albern. (Aber das Lesen hat zumindest mir halt wahnsinnigen Spaß gemacht.)

Bewertung vom 01.09.2023
Sieben Tage Mo (eBook, ePUB)
Scherz, Oliver

Sieben Tage Mo (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Mental Load. Ein Ausdruck reicht aus, um zu beschreiben, was dieses Buch widerspiegelt.

Überrascht war ich, dass es sich bei Karl und Mo tatsächlich um Zwillinge handelt. Nicht, weil einer von ihnen behindert und einer eben nicht ist, sondern weil ich damit gerechnet hatte, dass Mo der jüngere Bruder wäre, mit dessen "Babysitting" Karl ab und an beauftragt ist - ich hätte nie erwartet, dass man einzig und alleine einem 12Jährigen nach Schulschluss die Betreuung eines geistig behinderten Gleichaltrigen überlässt, der noch dazu sehr fordernd ist.
"Sieben Tage Mo", aus der Perspektive Karls erzählt, zeugt auch genau von der Überforderung, die sich daraus ergibt, und den für ihn schwierigen Spagat zwischen den Bedürfnissen seines Bruders, den er zweifelsohne liebt, und seinen eigenen Bedürfnissen. Die Mutter ist zwar vor Ort, aber berufstätig, während der Vater jobbedingt ständig auf Reisen ist, woraus folgt, dass sich beide Söhne von ihrem Vater vernachlässigt fühlen, dessen Vorname von Mo inzwischen als Schimpfwort genutzt wird, um damit alles zu belegen, was ihm missfällt. Für mich einer der bedrückendsten Fakten in diesem Buch, da dieses "Synonym" offenbar längst alltäglich geworden ist.
Aber Karl, von seiner Mutter in die Rolle des "häuslichen Pflegers" gepresst, fühlt sich ferner als Kind weithin von der Mutter ignoriert und hat nun ein schlechtes Gewissen, dass er ebenfalls das Bedürfnis nach elterlicher Fürsorge hat, obschon sein Bruder doch eindeutig hilfsbedürftiger ist - und er zudem klar erkennt, dass seine Mutter auch ständig unter Strom steht und ihre Zeit abseits der Arbeit in der Pflege weiterhin davon geprägt ist, ferner die medizinische und therapeutische Betreuung des behinderten Sohnes sicherzustellen, so dass ihr Job eigentlich nie endet.

"Sieben Tage Mo" erzählt nun von einem kurzen Zeitraum im Leben Karls, der von eben diesem Frust geprägt ist, der sich allmählich Bahn bricht; es ist ein bedrückendes Zeugnis eines sehr reflektierten Jungen, der auch als eigenständige Person wahrgenommen werden will und der sich nicht nur mehr als einen freien Nachmittag in der Woche wünscht, sondern generell etwas mehr Beistand und Entlastung. Was mir zudem sehr gut gefallen hat, war die Darstellung der "Außenwelt", die dem behinderten Mo, vor Allem in der Gruppe, völlig anders begegnet als Karl, was diesem zusätzlichen Frust bereitet. Generell ist "Sieben Tage Mo" ein Buch, das ich definitiv in der sechsten oder siebten Klasse auch gerne in der Schule gelesen (die kürzere Länge ist da optimal auch für Nicht-Leseratten) und besprochen hätte; ich halte den Inhalt aber ebenso für ein älteres Publikum noch für mehr als lesenswert, da es, wie eingangs erwähnt, ganz besonders deutlich zeigt, was ein, noch dazu überbordender, Mental Load bedeutet und meines Erachtens weiterhin dazu animieren kann, zu überlegen, wem in seinem Umfeld man ggf. bestimmte Aufgaben einfach mal abnehmen oder leichter machen kann. Oder wem man einfach mal sagen sollte, dass er etwas echt gut macht. Ein eindrückliches Plädoyer für mehr Unterstützung sowie Anerkennung untereinander!

Bewertung vom 29.08.2023
Kalmann und der schlafende Berg (eBook, ePUB)
Schmidt, Joachim B.

Kalmann und der schlafende Berg (eBook, ePUB)


sehr gut

Wenn ich mit einem nach "Kalmann" nicht gerechnet hatte, dann damit, dass es je eine Fortsetzung geben würde; von daher war ich doch sehr positiv überrascht, als ich die Ankündigung des Titels "Kalmann und der schlafende Berg" gesehen habe, denn auch wenn der erste Band 2020, als ich ihn gelesen habe, nicht zu meinen Top-Titeln gehörte: Kalmann, der Protagonist, hatte durchaus Eindruck hinterlassen und um es vorwegzunehmen, wird "Kalmann und der schlafende Berg" in diesem Jahr eher auch nicht zu meinen absoluten Top-Titeln gehören, aber so schnell ebenfalls nicht vergessen werden, obschon mir dieser knackige Roman nu wiederum nicht mehr als einen entspannten Nachmittag auf dem Balkon beschert hat.
Wie auch der nur nach der Hauptfigur benannte erste Band war "... und der schlafende Berg" zwar kurz, aber auch kurzweilig, wobei ich im Übrigen davon abrate, diesen zweiten Band, auch wenn er prinzipiell eine eigenständige Geschichte erzählt, ohne Kenntnis des Vorgängers zu lesen. Es wird doch relativ oft das Geschehen aus "Kalmann" erwähnt und mit der Figur des Kalmann wird man in Band 1 auch eher langsam vertraut gemacht, während man sich im zweiten Band nun schon fast wie zu den Einwohner*innen von Raufarhöfn zählend fühlen kann, die von Kalmann kaum noch überrascht werden können und für die all seine „Eigentümlichkeiten“ längst zum Alltagsbild gehören. Das war selbst mir hier in "Kalmann und der schlafende Berg" dabei nun schon fast ein wenig zu viel bzw. stellenweise zu wenig "Außenwelt".
Kalmann tritt hier als Erzähler auf und entsprechend seiner Art wertet er kaum, er ordnet nicht wirklich ein: er schildert hauptsächlich einfach einen Ist-Zustand – und seine Erlebnisse rund um den 6. Januar, während seiner Zeit in den USA, wirken da eher lückenhaft und stockend. Zum Einen begreift er das ganze Geschehen in Washington, D.C. gar nicht und zum Anderen merkt man, dass ihm generell alles fremd ist und er sich auch in seiner Familie väterlicherseits da nicht als Mitglied, sondern als Besucher, sieht. Das passt zwar zum generell sehr heimatverbundenen Kalmann und seiner ohnehin eher einzelgängerischen Art; ich kann also nicht sagen, dass ich Kalmann da nicht als authentisch empfunden hätte, aber da fehlte für mich einfach die Dynamik, die in Kalmanns isländischem, bewährten Umfeld herrschte. Da war ich wirklich froh, als Kalmanns Erzählung hier bei seinem Rückflug aus den Staaten angelangt war und dass sich die restliche Geschichte auf isländischem Boden ausbreitete.

Vor dem Lesen hatte ich wegen der in der Buchbeschreibung angesprochenen Verstrickung von USA, Island und Kaltem Krieg ein wenig Sorge, dass es hier ein wenig sehr politisch und verschworen wird; ich bin Politthrillern generell nicht sehr zugetan, aber das war hier dann doch noch recht gemäßigt und blieb gut nachvollziehbar.
Ein bisschen schade fand ich den spektakulären Showdown am Schluss, der für mich einem dritten Band definitiv widerspricht, denn auch Band 1 mündete zwar letztlich in großer Aufregung, dort war das Ende aber nicht derart über alle Maßen aufsehenerregend wie nun im Nachfolger und insgesamt ergibt sich für mich da eine derartige Menge an Action, dass es für das gesamte Lebtag eines ferner eher leisen Charakters wie Kalmann, noch dazu in einer so, auch was die Population angeht, eher abgelegenen Einöde ausreicht und zu sehr Gefahr laufen würde, ihn ins Klamaukige abdriften zu lassen, sollte man ihm noch mehr Abenteuer andichten. (Allerdings hatte Band 1 für mich ja auch schon einer Fortsetzung widersprochen. Nun denn.)

Bewertung vom 28.08.2023
Heartbreak
Bagci, Tarkan

Heartbreak


sehr gut

In diesem Roman laufen die Geschichten der unter Angstzuständen leidenden Marie, die nach einem Jahr urplötzlich von ihrem Freund geghostet worden ist, und des als Schauspieler durchstartenden Newcomer Tom, der sich aber vielmehr als Sänger sieht und zunächst damit hadert, dass er jetzt doch eher als Mime wahrgenommen wird, spitz aufeinander zu, ehe sie quasi zu einer gemeinsamen Geschichte werden, nachdem Tom als Sündenbock in eine Ecke gedrängt worden war, in der er mit dem Hass einer ganzen Nation überschüttet wird: Ein wenig ist die Begegnung der beiden Hauptfiguren hier also ein Treffen der Alleingelassenen, die gestern noch geliebt wurden und denen heute ganz andere Gefühle entgegengebracht werden. (Okay, Marie wird eher gar nix mehr entgegengebracht.)

Mich hat "Heartbreak" zu Beginn direkt eingesogen, da sowohl Marie als auch Tom recht deutlich gezeichnet wurden und ich den Eindruck erhielt, dass der Inhalt stark aufs Psychologische bezogen sein würde; tatsächlich wurden grade eingangs Verhaltensweisen und Empfindungen auch sehr stark reflektiert; Maries Ratlosigkeit angesichts des Sitzengelassenwordenseins sowie Toms Zerrissenheit und seine Schwierigkeiten bzgl. des Umgangs mit seinem Ruhm kamen da sehr deutlich rüber. Ab dem ersten Aufeinandertreffen der Beiden verlief sich dies aber leider doch und zwar nicht (nur) insofern als dass sich beide gegenseitig herausgefordert oder auch unterstützt hätten, sondern die Geschichte wurde ab da einfach oberflächlicher, so dass ich letztlich zwischen den Stühlen sitze, denn insgesamt hat mir "Heartbreak" sehr gut gefallen, aber als 5-Sterne-Lektüre würde ich den Roman rein dieses Abflachens wegen nicht bezeichnen, wohingegen er mir für eine 4-Sterne-Wertung eigentlich zu viel bietet.

Den Erzählstil fand ich toll, die tiefgründigeren oder einfach nur ernsteren Szenen waren nie zu lässig dargestellt, ohne dass sich der Roman insgesamt nicht doch leichtfüßig gelesen haben ließ. Bislang für mich doch eines der diesjährigen Highlights und müsste ich den Roman als Reise beschreiben, dann wie folgt: Ein wenig wie ein Roadtrip einer zufälligen Fahrgemeinschaft, die Gemeinsamkeiten untereinander aufdeckt und zu einem Team wird.

Bewertung vom 14.08.2023
Nicht, dass noch einer sitzenbleibt! / Online-Omi Bd.19 (eBook, ePUB)
Bergmann, Renate

Nicht, dass noch einer sitzenbleibt! / Online-Omi Bd.19 (eBook, ePUB)


gut

Lauere ich angesichts des (sich nie von 82 Jahren fortbewegenden) Alters der Online-Omi regelrecht darauf, dass es in einem ihrer Bücher mal um eine Beerdigung gehen wird, wird nach der noch nicht allzu lang zurückliegenden Organisation einer Hochzeit im fortgeschrittenen Alter ("Man muss sich nur trauen") nun also zur Schule gegangen und den dortigen Lehrkräften als Assistenz zugearbeitet. Inzwischen zig erschienene Bände der Online-Omi-Reihe haben Renate Bergmanns Kult-Faktor regelrecht zementiert, wozu meiner Meinung auch die kongenial vorgetragenen Hörbücher beitrugen und nach wie vor beitragen: Die Stimme von Carmen-Maja Antoni und ihre Lesart SIND einfach die Online-Omi. Ich würde auch in diesem Fall wiederum raten, sich eher das Hörbuch zu Gemüte zu führen als selbst zu lesen; ich versuche es zwar auch immer wieder, aber ohne Antonis Stimme fehlt Renate Bergmann meiner Meinung nach einfach etwas ganz Wesentliches.

Im Falle von "Nicht, dass noch einer sitzenbleibt" fehlte mir aber nun noch etwas ganz Anderes: die Bergmann-Bücher drehen sich in der Regel doch längst immer um ein bestimmtes Geschehnis, welches hernach abgeschlossen ist (Hochzeit, Camping-Urlaub, Kreuzfahrt, Krönung...), und hier ist bereits im Vorfeld klar, dass die kleine Lisbeth nun definitiv noch sehr viel länger zur Schule gehen wird als die Online-Omi dort tätig sein würde und dass es der Online-Omi auch nicht gelingen wird, die Schullandschaft zu reformieren. Es gab da einfach keinen klaren Dreh- und Angelpunkt wie z.B. eine Schulaufführung (ähnlich des Krippenspiels aus einem anderen Bergmann-Buch) oder ein Schulfest. Stattdessen besteht dieser Titel hauptsächlich aus Beobachtungen des heutigen Schulalltags und dessen Be- bis Verurteilung durch die Online-Omi; da war nun schon sehr viel Gesellschaftskritik und Sozialstudie enthalten. Aber abgesehen davon, dass der Inhalt hier meiner Meinung nach ein wenig aus dem typischen Rahmen fiel, hatte ich auch häufig das Gefühl, die Online-Omi würde sich sehr unentschlossen zwischen "früher lief das alles besser", "gut, dass sich dies und das geändert hat" und "ich bin allem gegenüber absolut aufgeschlossen" bewegen; da dachte ich doch so manches Mal: "Möchte sie jetzt eine eher konservative oder doch eher progressive Figur sein?"

Andererseits war es durchaus interessant, so diverse Generationsunterschiede nochmals deutlich gemacht zu bekommen, aber außer einem diffusen "irgendwas muss sich ändern"; und dass es im Lande Schulsystem seit geraumer Zeit absolut nicht rundläuft, sollte dabei längst klar sein; wurde hier nur wenig an Essenz und sehr viel Verwünschung der gegenwärtigen Verhältnisse (wobei massiver Unterrichtsausfall bei uns auch vor 20 Jahren bereits zum Thema wurde; wenn auch nicht wegen direkten Mangels an Lehrkräften, sondern weil der Etat schon damals einfach keine weiteren Einstellungen vorsah) geboten. Nach einem Bergmann-Titel eher ratlos dazusitzen, ist allerdings auch mal etwas ganz Neues. Allerdings positiv, dass durch dieses etwas andere Renate-Bergmann-Buch ebenfalls das Publikum einen durchaus authentischen Einblick in die Schullandschaft der letzten Jahr(zehnt)e erhält, das womöglich längst sehr viel weiter weg von diesem System ist.
Ansonsten ist die leicht verschrobene Online-Omi in diesem Buch wiederum charmant wie eh und je; ihrem Kultfaktor wird "Nicht, dass noch einer sitzenbleibt" wohl nix anhaben können, aber meiner Meinung nach wird er durch diesen Titel auch nicht weiter befeuert. Ein schlechtes Buch ist es nicht, halt ungewöhnlich für die Reihe, und wie gesagt: mir fehlte einfach ein großer Zielpunkt inmitten des ganzen Schwadronierens, Philosophierens und Reflektierens.

Bewertung vom 01.08.2023
DC Superhelden: Batman im Kampf für Gerechtigkeit

DC Superhelden: Batman im Kampf für Gerechtigkeit


sehr gut

Etwas unglücklich ist, dass man selbst in diesem doch eher kurzen Büchlein, das Kinder zum Selberlesen einladen will, nicht sämtliche Fehler auszumerzen geschafft hat. Ich habe die "Rücksäcke" auf Seite 19 zwar prompt überlesen, aber beim einen Kind hakte es beim lauten Lesen angesichts des "ü" zunächst dann doch hörbar und sorgte im Anschluss für Verwunderung, ob das aber eventuell tatsächlich die wirklich korrekte Mehrzahl von "Rucksack" wäre.
Ferner sind zwar keine Fehler aufgefallen und einer in einem ganzen Buch wäre für mich zumindest dann keine Rede wert, wenn sich das Buch nicht ausgerechnet an Neu-Leser richtete, die im flüssigen Lesen noch nicht ganz so firm sind, aber in diesem Fall hat es mich schon geärgert.

Mit der Altersempfehlung tue ich mich zudem etwas schwer: ich denke, ab sechs Jahren kann man es Kindern durchaus bereits vorlesen und diesen dabei weiterhin ein bisschen Batman-Wissen beibringen (denn ohne etwas Zusatzwissen dürfte man hier vermutlich schon an der Verbindung zwischen Batman und Bruce Wayne scheitern), aber generell würde ich es wohl erst Ende der 2. oder zur 3. Klasse hin einführen, grad wenn man das Buch mit dem Gedanken heimträgt, dass "das Kind muss unbedingt das Lesen üben, hat aber null Interesse an Büchern. Mit Superhelden könnte man es aber doch locken."
Bei den Sätzen wird zwar angenehm zwischen "kurz und knackig“" und "mit Nebensatz" gewechselt, aber es gab doch einige Begriffe, angesichts derer ich mir für die Kinder ein kleines Glossar/Lexikon gewünscht hätte, da ich sie für Menschen unter 10 Jahren noch als zu schwierig bzw. unbekannt empfand.

Bei diesem Batman-Werk handelt es sich um ein in erster Linie geschriebenes Buch; dies ist also kein Comic. Immer wieder tragen zwar Schwarz-Weiß-Illustrationen, über je eine Einzelseite erstreckt, zur Auflockerung bei, aber was dem einen 9jährigen Kind zu wenig "Comic-Batman" war, hat das andere Kind gleich kreativ werden lassen und einzelne Szenen selbst malen lassen wollen.
Hier hat es sich also als ziemliches 50:50-Glücksspiel herausgestellt, ob "Batman im Kampf für Gerechtigkeit" gut ankam.

Es sind zwei Geschichten enthalten, wobei die zweite doch kurzweiliger wirkte: In der ersten Geschichte bestand das Grundproblem im menschengemachten (und in diesem Fall vom Bösewicht befeuerten) Klimawandel. Der wurde hier letztlich gut verständlich und vor Allem kindgerecht zusammengefasst, aber es wurde doch halt viel von Batman und Robin lediglich darüber geredet, ehe die ganz große Aufregung losging.
In Geschichte 2, in der Poison Ivy die zu besiegende Gegenspielerin war (und die Erwachsene ein klitzekleines bisschen an den "kleinen Horrorladen" denken lassen könnte), wurde da weitaus mehr Aktivität gezeigt und die "Grusel-Fressblume" sorgte da auch für deutlich mehr Spannung bei den Kindern als die, salopp gesagt, eigentlich einfach nur auszuknipsenden Wärmelampen der ersten Geschichte.

Prinzipiell empfehle ich dieses Buch zwar weiter, würde meine Empfehlung aber definitiv davon abhängig machen, wie wenig Comic ein Kind in Bezug auf einen eigentlichen Comic-Helden akzeptiert.

Bewertung vom 13.07.2023
Die Gesellschaft der geheimen Tiere Bd.1
Gamble, Luke

Die Gesellschaft der geheimen Tiere Bd.1


ausgezeichnet

"Gibt es nicht" ist manchmal nur "Kennst du (noch) nicht"

"Die Gesellschaft der geheimen Tiere" beginnt ohne lange Vorlaufzeit: Edith "Edie" lebt im Internat, während sich ihre Eltern ständig auf naturwissenschaftlichen Expeditionen befinden; erst mit dem Anfang der Ferien erfährt Edie, dass ihre Eltern aktuell als verschollen geführt werden, weswegen sie direkt zu ihrem Onkel abgesandt wird, den Edie gar nicht kennt, welcher aber als ihr Notfallkontakt gelistet ist. Dass Edies Eltern vermisst werden, spielt hier im Buch weiterhin eigentlich gar keine Rolle: eingangs hatte ich noch damit gerechnet, dass Edie und ihr Onkel in einem wesentlichen Teil der Handlung ihre Eltern suchen würden, aber die Geschichte rund um deren Verschwinden wird vermutlich/eventuell/wahrscheinlich erst in einem weiteren Band aufgearbeitet werden.
In diesem Auftaktband ist Edie, angesichts des spurlosen Verschwindens ihrer Eltern, auffallend wenig beunruhigt, was sich allerdings damit erklären lässt, dass sie es gewöhnt ist, dass ihre Eltern auch mal über längere Zeiträume hinweg bei ihrer Arbeit in der Wildnis unerreichbar sind - und vor Allem wirkt "Die Gesellschaft der geheimen Tiere" ab dem Zeitpunkt von Edies Ankunft bei ihrem Onkel ein wenig wie ein Mary-Poppins-Abenteuer, wie ein Bild aus Straßenkreide, in das jene Nanny auch mit den Banks-Kindern hineingesprungen sein könnte.

Es gibt jede Menge als ausgestorben geltende Tiere, aber auch angebliche Fantasiewesen. Dazu kommen noch die heimischen und bekannten (Wald)Tiere, so dass es also nicht so ist als gäbe es hier nur Lebewesen, denen man im Alltag so nicht begegnen würde und auch diese fremden Tiere werden konsequent so dargestellt, dass es sie eben doch gibt, sie aber eben dem Buchtitel gemäß "geheim" sind und nur wenige Menschen von ihrer tatsächlichen Existenz wissen, um auch ihren Schutz zu gewährleisten. In dem Zusammenhang dreht sich ein wesentlicher Strang auch um die Gefahr, die für diese Tiere grad auch von den sogenannten "Trophäenjägern" ausgeht, was sicherlich auch auf uns bekanntem Großwild zu übertragen ist.

Im Nachwort wendet sich der Autor als Tierarzt, welcher er ist, noch kurz weiter an seine junge Leserschaft, die ggf. später auch mit Tieren arbeiten möchte, und da habe ich auch das Buch als kleinen Abenteuerroman für Kinder empfunden, der Lust machen soll, sich in den Bereichen Tierschutz und Naturforschung zu engagieren bzw. Mut, ganz allgemein auch dann seine persönlichen Interessen zu verfolgen, wenn diese in kein gängiges Bild passen. Ich habe "Die Gesellschaft der geheimen Tiere" selbst auch ganz gebannt gelesen und werde das Buch mit Vergnügen an meine neunjährige Nichte weiterreichen, absolut überzeugt, dass sie den Inhalt innert kürzester Zeit gefressen haben wird. Ich hoffe, dass ein weiterer Band hier außerdem nicht allzu lange auf sich warten wird.

Bewertung vom 19.06.2023
Liebe und andere Schwindeleien (eBook, ePUB)
Ellis, Philip

Liebe und andere Schwindeleien (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Meine 5*-Bewertung entspricht eigentlich 4,8 Sternen und tatsächlich hat dieser Roman es geschafft, erst auf den allerletzten Seiten von mir doch noch "herabgestuft" zu werden, denn da gibt es eine Art "Konfettiregen-Showdown", den es in diesem Ausmaß nicht gebraucht hätte und der mir einfach viel zu überbordend war; dieses Riesenspektakel passte für mich auch irgendwie nicht zur restlichen Geschichte: War "Liebe und andere Schwindeleien" vorher eine vergnügliche und unterhaltsame RomCom (wenn auch deutlich mehr Romanze als Komödie), wirkte das Ende eher wie eine Persiflage auf das Genre. Schade.

Ansonsten erzählt der Roman aber auf sehr unterhaltsame Art die Geschichte einer Frau Anfang 30, die während ihres Kunststudiums in neu- bis schwerreiche Dunstkreise geraten ist und sich nun als "irgendwie in London übriggeblieben“" betrachtet, denn das Gros ihres Freundeskreises hat sich nach und nach längst aus der teuren Metropole verabschiedet, um auf dem Land die klassische Idylle "Mutter, Vater, Kinder, Hund, Haus, Gartenzaun" zu leben, während sie als Freiberuflerin kaum über die Runden kommt und nun schon seit Jahren, eigentlich übergangsweise, in einer WG mit einem schwulen Paar wohnt, das seine Lebenssituation nun aber auch verändern will, was bedeutet: die Hauptfigur muss sich bis zum Ende des Sommers ganz definitiv eine neue Bleibe suchen, wobei sie es sich angesichts ihrer gegenwärtigen beruflichen Lage, und ihrer damit verbundenen finanziellen Situation, eindeutig nicht leisten können wird, weiterhin in London zu leben.
Und betätigt sie sich grad zum Monatsende hin doch ohnehin schon regelmäßig als Taschendiebin, so kann sie es sich eigentlich auch nicht leisten, Brautjungfer auf der sehr kurzfristig angesetzten Hochzeit ihrer ehemals besten Freundin aus Studienzeiten zu sein, für die Geld ein völlig unwesentlicher Faktor ist - und deren millionenschwerer Verlobungsring für Cat das Ende ihrer Geldsorgen bedeuten würde, aber so einen Coup kann sie nicht alleine durchziehen.

Da hatte ich mir den Anfang des Romans übrigens spektakulärer vorgestellt: denn Jake erwischt Cat hier gar nicht, sondern die Beiden wissen da längst voneinander, dass sie beide Trickbetrüger sind und es wird auch ganz offen darüber gesprochen, was Cat erbeutet hätte und wem man das Diebesgut "zu verdanken" hätte.
Im Vorfeld fand ich es ein bisschen schwierig, dass man hier so ganz eindeutig einem Gaunerpärchen Glück wünschen sollte, zumal Cats hauptsächliches Problem darin bestand, dass sie einfach dem sauteuren London nicht den Rücken zukehren wollte, aber dem wurde gegenüber stand dann, dass in "Liebe und andere Schwindeleien" die Opfer doch eher sorgfältig gewählt wurden und es da insgesamt auch leicht kapitalismuskritisch wurde. Nicht, dass Multimillionär*innen es unbedingt verdient hätten, bestohlen zu werden (wobei: darüber ließe sich wohl auch diskutieren), aber es wurde doch sehr deutlich, dass es da vielen Leuten einfach nur um "haben, um des Habens willen" ging. Auch der Verlobungsring war eher ein Stück für den Safe, mit dem einfach angegeben wurde, dass er sich im Familienbesitz befände, und nichts, zu dem eine emotionale Verbindung bestanden hätte.
Cat und Jake verströmten da eher einen gewissen Hauch von Robin Hood, nur ohne den Teil mit dem Weiterverteilen.

"Liebe und andere Schwindeleien" war in meinen Augen nun eine sehr leichtfüßige, erfrischende Romanze mit Hauptfiguren, deren prägendes Merkmal (die Gaunereien) mal etwas Anderes war. Ich hab den Schreibstil sehr gemocht und hatte da auch immer ein entsprechendes Bild vor Augen; was mir auch aufgefallen ist, dass nur die wenigsten Charaktere optisch beschrieben wurden; es wurde zwar ab und an mal betont, jemand sähe nach Hollywood aus, aber auch das wurde kaum näher ausgeführt, so dass sich hier tatsächlich jede*r beim Lesen eigene Vorstellungen machen kann. Ich kann mir die Geschichte ansonsten aber auch sehr gut verfilmt vorstellen, wenn auch nicht unbedingt für die große Kino-Leinwand, es sei denn, dabei handelt es sich um eins der lässigen sommerlichen Open-Air-Kinos.
Generell ein schönes Buch, das für mich zudem in die Kategorie "optimale Strandlektüre" fällt.