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Insgesamt 6 Bewertungen
Bewertung vom 28.05.2023
Die Kinder von Beauvallon - Der Spiegel-Bestseller nach wahren Begebenheiten
Storks, Bettina

Die Kinder von Beauvallon - Der Spiegel-Bestseller nach wahren Begebenheiten


ausgezeichnet

Der Roman "Die Kinder von Beauvallon" von Bettina Storks erzählt auf zwei Zeitebenen und aus verschiedenen Perspektiven die Geschichte des "Wunders von Dieulefit". Ich habe zwar schon einige Bücher gelesen, die über die französische Résistance berichteten, doch dieses Kapitel der deutsch-französischen Geschichte war neu für mich. Im Mittelpunkt stehen dabei vor allem drei Frauen: Agnes, Lily, Jolie- drei sehr spannende, starke, glaubwürdig und differenziert dargestellte Figuren. Agnes ist Radiomoderatorin in den 60iger Jahren und soll über den Ort Dieulefit recherchieren, der während des 2. Weltkriegs über 1500 jüdische Kinder und andere Flüchtlinge versteckte und sie vor Deportation und dem Tod rettete. Die ganze Dorfgemeinschaft von Dieulefit hielt dabei zusammen. Eine besondere Rolle spielte dabei die Schule mit Namen Beauvallon, in der die Kinder nicht nur versteckt wurden, sondern auch ein Gefühl von Gemeinschaft und Zuhause erfahren durften. Agnes hat aber auch ein persönliches Interesse an der Geschichte. Ihre beste Freundin Lily wurde damals nach Frankreich deportiert. Und so begibt sich Agnes auf die Spuren ihrer Freundin. Aus Lilys Augen erfahren wir hingegen die Sicht des Kindes während der Flucht bzw. der Zeit in der Schule Beauvallon. Ergänzt wird dies durch die dritte Perspektive von Jolie, die für die Résistance arbeitet und hilft, die Kinder zu retten und an einen sicheren Ort zu bringen, darunter auch Lily. Im Laufe des Romas erfährt man viel über die Gefahren und Risiken, denen die Résistance- Mitglieder ausgesetzt waren sowie über ihren unglaublichen Mut und ihre Zivilcourage.

Die sehr gut und gründlich recherchierte Geschichte beruht auf wahren Begebenheiten und das Nachwort macht auch deutlich, dass der Autorin diese Begebenheit sehr am Herzen liegt, was man auch im gesamten Roman spürt. Die Tatsache, dass die Autorin vor Ort war und auch mit einer Zeitzeugin sprechen konnte, verleiht dem Roman noch mehr Authentizität. Der Erzählung ist flüssig geschrieben und trifft immer die richtigen Worte. Mich hat der Roman von der ersten Seite gepackt und auch noch nach der letzten Seite lange nicht losgelassen...Man kam beim Lesen den Figuren sehr nah, hat mitgefühlt und mitgelitten. Interessant fand ich auch die Zeitebene der 60iger Jahre, in denen viele auch einfach alles verdrängen wollte und Agnes mit ihrer Recherche schnell auch auf Ablehnung und alte Wunden stößt. Besonders berührt hat mich auch die Menschlichkeit und der Zusammenhalt des Dorfes und das Engagement der Schulleiterin bzw. der Lehrerinnen. Ein wirkliches Lesehighlight, das Geschichte zum Leben erweckt, spannend und intensiv geschrieben ist, einen bewegt und zu Tränen rührt. Ein Roman gegen das Vergessen, der nachdenklich macht und der einem die Grauen des Krieges vor Augen führt, aber mit einem Glauben an die Menschlichkeit und Hoffnung zurücklässt.

Bewertung vom 06.05.2023
Derselbe Mond
Schützsack, Lara

Derselbe Mond


ausgezeichnet

"Derselbe Mond" ist das erste Buch, das ich von Lara Schützsack gelesen habe und es hat mich vom ersten Satz an gepackt und meine Begeisterung ist von Seite zu Seite nur noch gewachsen. Der Roman erzählt die Geschichte der zwölfjährigen Magdalena, die sich in dieser Phase zwischen Nochkindsein und langsam Erwachsenwerden befindet, diesem "Dazwischen, das sich wie ein Leitmotiv durch das ganze Buch zieht. Zwischen den Eltern, die sich vor Kurzem getrennt haben, sodass sich Magdalenas Zuhause nicht mehr nach zuhause anfühlt. Der Vater, der sich noch Hoffnungen macht, die Mutter, die schon einen neuen Mann in ihr Leben gelassen hat, und dazwischen Magdalena und ihr Bruder. Zwischen ihren Freunden Sofia und Flip, die sich plötzlich für ganz andere Sache interessieren und bei denen Coolsein an erster Stelle steht. Zwischen ihrem Wunsch am Gedichtwettberwerb teilzunehmen und der Sorge darüber, dass die anderen das nicht "cool" finden würden. Und dann taucht plötzlich "die Blaue" in Magdalenas Leben auf. November ist nicht nur wegen ihren blauen Haaren und ihrem Namen ungewöhnlich, sondern vor allem wegen ihrer direkten Art und der Tatsache, dass sie ihr "Ding" macht. Obwohl auch November einige Probleme mit sich trägt, scheint sie frei in ihrem Denken und Handeln. Magdalena ist total fasziniert davon und freundet sich mit November an. Am Anfang jedoch fällt es ihr sehr schwer, zu dieser Freundschaft zu stehen, da vor allem ihre Freundin Sofia November als "räudig" bezeichnet. Doch je mehr Zeit Magdalena mit November verbringt, desto mehr findet sie auch zu sich selbst und traut sich für sich und ihre Wünsche einzustehen. Die Entwicklung der Freundschaft zwischen November und Magdalena ist das, was mir an diesem Roman am besten gefallen hat. Die Autorin hat die Stimmungen, die Gedanken, die Gefühle vor allem die Unsicherheiten, das Sichverlorenfühlen und Zerrissenheit, die diese Zeit zwischen Kindsein und Erwachsenwerden auszeichnen, wahnsinnig gut und glaubhaft eingefangen und auf sehr feinfühlige und authentische Weise erzählt. Die Figuren des Romans sind alle sehr glaubwürdig und vielschichtig, allen voran Magdalena, an deren Innenleben man ganz nah herankommt und mit ihr ihre Ängste, Sorgen, Herausforderungen, aber auch die schönen, glücklichen Momente intensiv miterlebt. Der Roman ist voller wunderbarer Sätze und Passagen, die man einfach immer wieder lesen möchte! Das toll gestaltete Cover rundet das alles noch ab. Ein wirklich empfehlenswerter Roman, der mich sehr bewegt hat und mir noch lange in Erinnerung bleiben wird!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.05.2023
Mademoiselle Eiffel und der Turm der Liebe
Villard, Sophie

Mademoiselle Eiffel und der Turm der Liebe


ausgezeichnet

Im neuen Roman von Sophie Villard "Madelmoiselle Eiffel und der Turm der Liebe" geht es um die Geschichte der Entstehung und des Baus des Eiffelturms. Im Mittelpunkt steht dabei Claire Eiffel, die Tochter von Gustave Eiffel, die mit einem Mitarbeiter ihres Vaters verheiratet ist. Sie ist auch eine junge Mutter und unterstützt das Werken ihres Vaters als Privatsekretärin. Die Autorin hat sehr gut recherchiert und Fakten auf sehr gekonnte Weise mit Fiktion verbunden, sodass ein sehr spannendes Zeitzeugnis entstanden ist, das einen ab der ersten Seite packt. Gespannt erlebt man mit, wie Eiffel und seine Entourage mit Widerstand vor allem seitens berühmter Pariser Künstler kämpfen musste. Wie schwer es war, die Genehmigung für den Turmbau zu erhalten und wie viele Hürden überwunden werden mussten, bis der Turm endlich in seiner ganzen Pracht fertig war. Vor allem dieser Aspekt der Geschichte ließ mich mitfiebern und die Einblicke auch in das gefährliche Leben der Arbeiter fand ich sehr interessant. Was mir auch sehr gut gefiel, war das Einflechten von Begegnungen mit bekannten Zeitgenossen wie dem Künstler Toulouse-Lautrec oder Jules Vernes. Man hat sich dadurch in die Zeit und nach Paris versetzt gefühlt. Spannend ist natürlich auch der Gedanke, wie Kunst und Architektur von Zeitgenossen ja oft total falsch eingeschätzt und missverstanden wurde/wird, wie bei Van Gogh oder dem Eiffelturm selbst. Parallel zu der Erzählung des Turmbaus geht es auch in Claires Privatleben rund. In der Ehe kriselt es, weil ihr Mann oft nicht da ist bzw. eine Amerikanerin ihm schöne Augen macht. Claires Schwester ist verliebt und auch Claire hat einen Verehrer. Einerseits mag ich es, wenn diese "romantischen" Aspekte miteingebaut werden, sodass ein Roman, der sich mit einem historischen Thema beschäftigt, emotionaler, nahbarer und unterhaltsamer wird. Das ist auch bei diesem Roman der Fall, aber stellenweise fand ich Claires Handlungen einen Tick zu übertrieben und die ganzen Liebeshandlungsstränge (Claires Eifersucht, Valentines Liebe zu einem ital. Conte, Bennett als Verehrer) wirkten teilweise etwas zu gewollt. Nichtsdestotrotz hat mir der Roman wirklich sehr gut gefallen, weil er die Epoche und die Geschichte des Eiffelturms auch dank des sehr flüssigen Schreibstils zum Lesen erweckt und man einfach in die Geschichte abtauschen kann. Das informative Nachwort rundet den Roman ab und macht Lust, in Antiquariaten selbst zu recherchieren.

Bewertung vom 06.08.2021
Wir für uns
Kunrath, Barbara

Wir für uns


sehr gut

Der Roman "Wir über uns" von Barbara Kunrath erzählt die Geschichte von zwei Frauen, die sich durch einen Zufall begegnen und Freundinnen werden. Josie ist Anfang 40 und von Bengt schwanger, der jedoch schon eine Familie hat und das Kind nicht möchte. Kathi hat gerade nach fast fünfzig Jahren Ehe ihren Mann verloren. Beide Frauen stehen an einem Wendepunkt in ihrem Leben und müssen entscheiden, welchen Weg sie in ihrem Leben gehen werden. Soll Josie das Kind bekommen und allein großziehen? Wie macht Kathi nach dem Tod ihres Mann weiter? Soll sie ihren Laden noch einmal aufmachen? Aber auch die familiären Beziehungen liegen bei den vom Alter und auch von der Art recht unterschiedlichen Frauen im Argen. Josie hat ein konfliktbeladenes Verhältnis zu ihrer Mutter, das auch von einem Familiengeheimnis überschattet wird. Kathi fällt es schwer, ihren homosexuellen Sohn Max zu akzeptieren. Durch das gegenseitige Füreinanderdasein gelingt es den Frauen jedoch, einen Neuanfang zu wagen und eigene, selbstbestimmte Wege zugehen.

Der Roman, dessen Cover und Innengestaltung wunderschön ist, überzeugt vor allem durch seinen flüssigen Erzählstil und seine hervorragende, direkte und authentische Erzählweise, die den Leser ganz nah an die Figuren herankommen lässt und ihn ganz unmittelbar am Geschehen teilnehmen lässt. Besonders gut gefallen hat mir der Wechsel zwischen den zwei Perspektiven , wobei Josies Teil durch die Ich-Perspektive noch näher und emotionaler wirkte. Vielleicht konnte ich dadurch auch Josies Verhalten besser nach vollziehen als Kathi, die auch vom Typ her verschlossener ist. Bis zur Mitte des Romans empfand ich die Geschichte als rundum gelungen, gegen Ende hin ergaben sich für mich ein zwei Kritikpunkte. Zum einen wurden es immer mehr Themen und Konflikte, die immer wieder verdrängt wurden bzw. bei denen es zu keiner Aussprache kam. Da wäre etwas weniger mehr gewesen. Zum anderen war mir dann die Auflösung der Konflikte, die zuvor Jahre bzw. Jahrzehnte andauerten, plötzlich zu schnell und zu kurz dargestellt. Ich hätte mir am Ende Mut zu einem weniger "runden" Ende gewünscht. Denn der Roman zeugt nämlich durchaus von Mut, wenn er so wichtigen Themen wie Pränataldiagnostik/ Trisonomie/Inklusion endlich Raum gibt, den diese Themen dringend brauchen. Trotz dieser kleinen Kritik ist es ein wirklich lesenswerter Roman, der das Leben in seiner Vielseitigkeit zeigt: mit seinen schönen, aber auch seinen schwierigen Seiten, durch die einen eine Freundschaft wie die zwischen Josie und Kathi tragen kann.

Bewertung vom 14.07.2021
In diesen Sommern
Hecht, Janina

In diesen Sommern


ausgezeichnet

In dem Debütroman "In diesen Sommern" von Janina Hecht erzählt die Ich-Erzählerin Teresa von ihrer Kindheit und Jugend. In Momentaufnahmen erinnert sie sich an schöne und schreckliche Tage, denn Teresas Vater ist alkoholabhängig und oft gewalttätig. In meist sehr kurzen Kapiteln erlebt der Leser mit, wie Teresa rückblickend Erinnerungsstücke zusammenträgt, die durch ihre unaufdringliche, teilweise schon nüchterne Erzählweise, besonders eindringlich sind. Teresa erzählt von unbeschwerten Tagen, vom Familienurlaub in Italien, vom Familienalltag, über dem immer die Bedrohung der väterlichen Gewalt schwebt. Schon eine Kleinigkeit kann den Vater zum Ausrasten bringen, weshalb die Familie immer angespannt ist. Man fühlt die Hilflosigkeit der Kinder und der Mutter, aber auch deren Zusammenhalt und Stärke. Die fragmentarischen Erinnerungen zeigen auch, wie Teresa sich immer stärker widersetzt, versucht, auszubrechen und sich aus den Gewaltstrukturen zu befreien. Doch selbst nachdem die Mutter, Teresa und ihr Bruder Manuel ausziehen und später als Erwachsene ihre eigenen Wege gehen, spürt man, wie der Vater die ganze Familie nachhaltig durch sein Verhalten gezeichnet hat. Besonders fand ich, dass der Vater in all seinen Facetten gezeigt wird und eben nicht nur als der "Täter". Teresa erinnert sich auch an liebevolle Momente, wie zum Beispiel als der Vater sie vor einem Fahrradunfall rettete oder all ihre Postkarten aufgehoben hat. Die Ursachen für die Probleme des Vaters bleiben unklar. Die kindliche Sicht auf die Dinge und die Erinnerungen der erwachsenen Teresa sind unvollständig und eher mosaikartig, aber die Ängste, Sehnsüchte und die Zerrüttung der Familie werden deutlich spürbar.

Ein an sich stiller Roman, der in leisen Tönen erzählt, aber dadurch eine besondere Intensität erreicht, die lange nachhallt. Keine leichte Kost, aber ein wirklich bewegendes Buch.