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Benutzername: 
sursulapitschi
Wohnort: 
Hannover

Bewertungen

Insgesamt 80 Bewertungen
Bewertung vom 14.07.2024
Am Himmel die Flüsse
Shafak, Elif

Am Himmel die Flüsse


ausgezeichnet

Wer sind sie eigentlich, die Jesiden, von denen man immer mal wieder hört, die verfolgt werden, gehasst und vertrieben werden? Bei uns gehen solche Nachrichten beinahe unter in nahöstlichen Konflikten und allgegenwärtigen IS-Gräueltaten. Wenn man dieses Buch gelesen hat, hat man viel dazugelernt.

Es nähert sich von vier Seiten dem Thema an und verbindet sie elegant. Das Gilgamesch-Epos dient als Hinweis, genau wie ein kleiner Wassertropfen, der über Jahrhunderte hinweg das Geschehen verfolgt und in unterschiedlichsten Aggregatszuständen auf alle Protagonisten dieses Buches trifft. Er beobachtet, dieser Tropfen, urteilt nicht, ist dabei und verändert sich, um in anderer Gestalt wiederzukommen.

„Am Ufer des Tigris, damals zu Urzeiten“ war Ninive die größte und reichste Stadt der Welt. Ihr Herrscher, König Assurbanipal, wurde berühmt für seine Bibliothek und seine Grausamkeit.

Aus dieser Bibliothek soll das Gilgamesh-Epos stammen, von dem der kleine Arthur 1850 am Ufer der Themse noch nie gehört hatte, bis er eine alte Tonscherbe in die Hand bekam, die bei ihm eine Faszination auslöst, die sein ganzes Leben beeinflusst.

2014 hört die kleine Narin fasziniert den Geschichten ihrer Großmutter zu, die alle von Urzeiten handeln. Eine davon ähnelt sehr der biblischen Geschichte über die Sintflut, nur dass sie eben zu Urzeiten stattfand, genau wie die Geschichten des Gilgamesh. Gab es eine Sintflut lange vor DER Sintflut? Eziden haben keine Schrift und geben ihr Wissen nur mündlich weiter. Überprüfen kann man das nicht, man kann nur hören und staunen und fliehen, wenn wieder einmal diese schwer zugängliche Kultur als „Teufelsanbeter“ gebrandmarkt wird.

2018 mietet Zaleekhah ein Hausboot, um in London auf der Themse zu wohnen. Sie schlägt sich mit vielen Problemen herum und sucht Abstand von ihrem bisherigen Leben, außerdem ist sie Wasserforscherin, da liegt der Gedanke doch nahe.

All das verknüpft Elif Shafak zu einem ganz eigenen Epos, das poetisch und geheimnisvoll von dem Tropfen erzählt, der vielleicht das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Von einem Volk, das auch heute noch seine Legenden lebt und deshalb verfolgt wird, von Menschen, die wir mögen würden, würden wir uns die Mühe machen, sie zu verstehen.

Dieses Buch ist ein Kunstwerk, das leichtfüßig den Balanceakt zwischen uralten Legenden und dem heute schafft, das Augen öffnet und berührt.

Bewertung vom 12.07.2024
VIEWS
Kling, Marc-Uwe

VIEWS


ausgezeichnet

Marc-Uwe Kling scheint ein Universalgenie zu sein. Thriller kann er also auch und würzt ihn mit seinem herrlich speziellen Humor. Ich habe mich sehr amüsiert, obwohl die Geschichte ganz und gar nicht witzig ist.

Ein Mädchen ist verschwunden. Lena ist 16 Jahre alt und kam nicht mehr nach Hause. Ihr Vater ist verzweifelt. Da taucht plötzlich ein verstörendes Video von ihrer Vergewaltigung auf und geht viral. Eine rechtsradikale Gruppe nutzt das für ihre Propaganda und hetzt gegen ausländische Vergewaltiger.

Kommissarin Yasira Saad vom BKA in Berlin muss nicht nur ein verschwundenes Mädchen suchen. Sie muss auch noch verhindern, dass eine rechte Empörungswelle eskaliert. Dabei geht ihr das Ganze besonders nah, hat sie doch selbst eine Tochter in dem Alter und reichlich persönliche Erfahrungen mit rassistischen Anfeindungen. Ich bin kein Krimifan und tue mich oft schwer mit Ermittlern, aber Yasira ist eine Figur, die man direkt mag. Sie ist lebendig, humorvoll, engagiert, dabei aber auch selbstkritisch. Köstlich, wie sie ständig versucht, sich selbst mit den Augen ihrer Tochter zu sehen. Als ob!

Und während man noch meint, es ginge um rechte Eskalation und Rassismus und denkt, gut, dass es mal jemand sagt, der ein breites Publikum anspricht, nimmt die Geschichte eine ganz andere Wendung.

Was dann passiert gemahnt an Science Fiction, ist aber erschreckend realistisch. Mir ist gerade ein Artikel über das Thema begegnet (das ich nicht erwähnen werde, weil sonst die Überraschung dahin ist). Es passiert Unglaubliches direkt vor unserer Nase und wir betrachten es als Spielerei.

Das Hörbuch liest der Autor wieder selbst, nicht perfekt und nicht akzentfrei, aber überzeugend und sehr sympathisch. Es dauert 6 Stunden, 10 Minuten, hätte gerne länger sein können.

Dieses Buch lässt keine Wünsche offen. Es ist originell, spannend, unterhaltsam und dabei auch noch hoch aktuell. Ich bin wieder einmal begeistert.

Bewertung vom 04.07.2024
Ehemänner
Gramazio, Holly

Ehemänner


ausgezeichnet

So eine Geschichte hat noch niemand gelesen und erlebt schon gar nicht. Laurens Dachboden hat Zauberkräfte und generiert Ehemänner. Eigentlich ist sie Single, aber plötzlich kommt so ein Kerl vom Dachboden, der ihr Ehemann zu sein scheint und der auch ihrem Leben eine andere Richtung gegeben hat. (Wer hat bloß diesen Teppich gekauft?) Zum Glück verschwindet er wieder, wenn er noch einmal den Dachboden betritt, allerdings nicht ersatzlos, wenn einer geht, kommt ein anderer zurück.

Während Lauren versucht, ihre neue Situation zu verstehen, probiert sie gleichzeitig verschiedene Versionen ihres Lebens aus, was interessant und erschreckend gleichzeitig ist. In manch einem Leben fehlen geliebte Menschen, das kann der beste Ehemann nicht ausgleichen, also weg mit ihm. Aber was ist denn das perfekte Leben für sie und will sie das überhaupt?

Lauren begibt sich auf eine Art Sinnsuche im Tinder-Stil– passt irgendwas nicht, wird der Ehemann ausgetauscht. Immerhin lernt sie etwas dabei und wir natürlich auch.

Dieses Buch liest sich im Flug. Es ist höchst unterhaltsam und würzt diese durch und durch absurde Geschichte mit amüsanten Betrachtungen und klugem Witz. Lauren stellt sich der Situation mit einer guten Portion Selbstironie. Es ist eine recht drastische Art, den Sinn des Lebens zu erkunden, dafür aber umso einleuchtender.

Mir hat das Buch großen Spaß gemacht. Es bietet gute Unterhaltung mit Mehrwert, eine originelle Geschichte mit Moral und einem Augenzwinkern, sehr empfehlenswert.

Bewertung vom 24.06.2024
Die Perserinnen
Mahloudji, Sanam

Die Perserinnen


gut

Sie sind speziell, die Perserinnen, die Frauen der Familie Valiat, die in Amerika leben, seitdem im Iran das Regime gewechselt hat. Sie waren zur Zeit des Schahs die Oberschicht, privilegiert, snobistisch, elitär. Jetzt sind sie nur noch snobistisch und versuchen so zu tun, als wäre nichts.

Jede Einzelne erzählt aus ihrem Leben und von ihrer Familie. Wie sie zueinander stehen, variiert, je nach Erzählerin. Und wie sie sich in Amerika eingerichtet haben, variiert auch.

Ihre Geschichten drehen sich viel um Schein und Sein. Als sich Elisabeth als junges Mädchen in den Chauffeurssohn verliebte, war die Beziehung unstandesgemäß und konnte nur heimlich gelebt werden. Wer ist eigentlich der Vater ihrer Töchter?

Shirin ist in Amerika eine erfolgreiche Geschäftsfrau. Ihre Anzeige wegen Prostitution kann nur ein Scherz sein. Und Nias musste im Iran bleiben, hat sich aber schnell zur Drogenexpertin entwickelt.

Sie führen alle irgendein Doppelleben, zeigen der Welt das Gesicht, das sie sehen möchte und denken sich ihren Teil. Genau den erzählen sie aber uns in einer gnadenlosen Offenheit. Plötzlich nehmen sie kein Blatt mehr vor den Mund und lästern und kriteln und schmeißen uns ihren ganzen Frust vor die Füße. Wie sie sich hier präsentieren, ist ganz weit entfernt von dem Ideal einer braven muslimischen Frau. Diese Frauen sind Hyänen, nehmen sich, was sie wollen und heucheln Sanftmut.

Grundsätzlich bekommt man die tragische Geschichte einer Familie erzählt, die zwischen zwei Kulturen im Niemandsland lebt. Es könnte hoch interessant sein, leider habe ich viel zu wenig verstanden.

Das Hörbuch wird wirklich toll von verschiedenen Sprecherinnen gelesen, nur gibt es kaum Orientierungshilfen. Es wechseln ständig die Erzählerinnen, die Zeit und der Ort und man bekommt nur selten Hinweise. Dieses Buch muss man wahrscheinlich lieber lesen als hören.

Am Ende habe ich das Gefühl, eine ganz besondere Flüchtlingskultur kennengelernt zu haben, allerdings hält sich mein Mitleid in Grenzen.

Bewertung vom 21.06.2024
tiptoi® Mein Wimmelbuch
Kiel, Anja

tiptoi® Mein Wimmelbuch


ausgezeichnet

Dieses Buch ist nachhaltiger Spaß für die Kleinsten von uns. Sieben tolle Wimmelbilder laden ein zum Suchen und Staunen. Wer ist denn nun Carlotta und was macht der Bagger Barnabas? Mit diesen liebevoll gezeichneten Szenen kann man sich lange amüsieren, findet tausend spaßige Details.

Wir gehen in die Stadt, besuchen das Stadtfest, machen einen Ausflug in den Wald, den Park, den Kindergarten, den Bahnhof und das Schwimmbad.

Den tiptoi Stift muss man sich unbedingt dazu kaufen. Er verschafft dem Buch einen echten Mehrwert durch passende Geräusche, Lieder und informative Erläuterungen. Der ist mit einem Preis von 37,99 schon eine Investition, aber die lohnt sich sehr. Man kann ihn dann bei allen anderen tiptoi Büchern verwenden.

Dieses Wimmelbuch ist ein großer Spaß, bei dem man spielerisch lernt und seinen Wortschatz erweitert.

Bewertung vom 13.06.2024
Sorry not sorry
Landsteiner, Anika

Sorry not sorry


ausgezeichnet

Dieses Buch habe ich direkt zweimal gehört. Es dient der Selbstermächtigung sagt Anika Landsteiner in der Einleitung und tatsächlich ist genau das bei mir angekommen.

Natürlich sind wir alle emanzipierte Frauen und meinen, wir haben unser Leben im Griff. Wenn man dann dieses Buch liest, kommt man ziemlich schnell ins Staunen, wenn nicht gar in Rage.

Sie untersucht systematisch, wann sie sich selbst geschämt hat, vergleicht es mit männlichem Verhalten und versucht Gründe dafür zu finden. Und immer landen wir dann bei misogynen Strukturen, die wir für längst überholt halten und die doch immer noch in unseren Köpfen stecken.

Stück für Stück zerlegt sie unsere festgefahrenen Gedankenstrukturen, räumt auf mit Vorurteilen und macht Mut. Man muss die Dinge nicht nehmen wie sie sind. Unsere Gesellschaft, die Frauen minderwertig und schwach sieht, muss umdenken und dabei müssen wir zuerst in den eigenen Köpfen anfangen.

Warum schämen wir uns ständig, weil unsere Körper nicht perfekt sind? Wer legt sie fest, die Schönheitsideale, denen nur wenige gerecht werden können? Warum ist es uns unangenehm, älter zu werden? Die Alternative wäre doch noch unangenehmer. Warum halten wir noch immer am Idealbild der Kernfamilie, Vater-Mutter-Kind, fest und halten andere Lebensmodelle für exotisch?

Dieses Buch ist ein unterhaltsamer Weckruf. Analytisch aber auch humorvoll, leidenschaftlich und mit einer guten Portion Selbstironie erklärt uns Annika Landsteiner die Welt und zeigt, was sich ändern muss.

Das Hörbuch liest die Autorin selbst und verleiht ihm damit noch eine Extraportion Authentizität. Man fühlt sich persönlich angesprochen und kann ihr am Ende nur recht geben. Ich werde es vermutlich noch ein paarmal hören müssen, bis ich es wirklich verinnerlicht habe, aber der Grundstein ist gelegt. Danke, Frau Landsteiner.

Bewertung vom 10.06.2024
Cascadia
Phillips, Julia

Cascadia


gut

Dieses Buch müsste eigentlich genau meins sein. Ich liebe Märchen und Märchenadaptationen, „Schneeweißchen und Rosenrot“ ist ein ungewöhnliches Thema und die Autorin schreibt toll. Vielleicht ist in diesem Fall das Thema doch etwas sehr gewöhnungsbedürftig.

Da leben zwei Schwestern mit ihrer kranken Mutter allein im Wald, sind bitterarm aber fleißig. Als Elena eines Tages die Tür öffnet, steht ein Bär vor ihr, ein riesiger Grizzly, der in dieser Gegend gar nicht sein dürfte. Während ringsherum alle geschockt und beängstigt sind, empfindet Elena eine seltsame Faszination für das wilde Tier und versucht, sich mit ihm anzufreunden.

Das ist schräg, dafür muss man aber Verständnis aufbringen, um dieses Buch zu mögen. Die Figuren werden mit viel Hintergrund versehen. Man lernt die ganze Familie und ihre Geschichte gut kennen. Elena, Sam und ihre Mutter sind sympathisch und haben es nicht leicht. Umso merkwürdiger ist es, wenn die brave Elena plötzlich ausschert und eine Obsession für diesen Bären entwickelt. Dafür bekommen wir keine Erklärung, das ist einfach so. Auswirkungen hat es allerdings schon, sogar weitreichende.

Hier ist im Grunde das Spiel mit dem Feuer das Thema: Kann man sich wirklich mit einem wilden Tier anfreunden? Ist das leichtsinnig oder bereichernd? Sollte man einschreiten oder beobachten? Alles gute Fragen. Ich frage mich allerdings eher: Haben wir heutzutage nicht andere Sorgen und mag tatsächlich irgendjemand das Märchen von Schneeweißchen und Rosenrot, wenn der Bär ein Bär und kein verzauberter Prinz ist?

Von diesem Buch hatte ich mir viel versprochen, stehe am Ende aber etwas ratlos vor einer wirklich seltsamen Geschichte, hübsch erzählt, aber sehr seltsam.

Bewertung vom 02.06.2024
Vor einem großen Walde
Vardiashvili, Leo

Vor einem großen Walde


ausgezeichnet

Finster, todtraurig und originell

„Märchen muss man bis zum Ende lesen.“ Das hat Sabas Mutter, immer gesagt, als sie noch lebte. Und jetzt steckt Saba selbst mitten in einem Märchen, wo der jüngere Bruder den älteren Bruder sucht, der auszog den Vater zu suchen.

Wie Hänsel und Gretel den Brotkrumen folgt er den Hinweisen, die sein Bruder hinterlegt hat, durch den finsteren Wald voller Geister und wilder Tiere. In Tiblissi wurde der Zoo zerstört und jetzt ist man nirgendwo mehr sicher. Wilde Tiere und Soldaten sind allüberall.

Eigentlich waren sie vor dem Krieg in Georgien geflohen. Das Geld rechte nicht für die ganze Familie, deshalb ließen sie die Mutter zurück und sahen sie nie wieder. Den Vater hat sein Gewissen zurück ins Kriegsgebiet getrieben und jetzt auch Saba. Man kann auch aus sicherer Entfernung ein Kriegstrauma davontragen.

Saba wird auf seinem gefahrvollen Weg begleitet von Erinnerungen und den Gespenstern der Toten. Die Grenzen verschwimmen ständig. Seine Reise ist ein einziger Alptraum.

Dieses Buch ist finster, todtraurig und originell. Und auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob es mir gefällt, wenn eine Kriegsgeschichte märchenhaft verklärt wird, hat es doch einen morbiden Charme. Es erzählt auf eine höchst innovative Art von den Gräueln eines sinnlosen Krieges.

Shenja Lacher liest das Buch ganz großartig, trifft wunderbar einen Ton, der gleichzeitig georgische Schlitzohrigkeit und tiefe Verzweiflung transportiert, leicht und schwer in einem. Es dauert 12 Stunden und 25 Minuten.

Bewertung vom 21.05.2024
Mein Freund, der Dino / Tiberius Rex Bd.1
Fuchs, Florian

Mein Freund, der Dino / Tiberius Rex Bd.1


weniger gut

Gut möglich, dass bei diesem Buch die Illustrationen einiges rausreißen. Ich habe die Hörbuchversion gehört und fand es enttäuschend, inhaltlich dürftig und sprachlich gewollt putzig. Auch Kinder haben ein Recht auf gute Geschichten, das hier ist gar keine.

Leo ist mit ihrer Klasse im Museum. Sie ist immerhin alt genug, um sich bei Referaten zu langweilen. Da sieht sie einen riesigen Schatten. Als echte Geheimnisforscherin muss sie der Sache nachgehen und trifft Tiberius Rex, einen echten, lebendigen Dino, der sprechen kann und uralt ist. Die Welt außerhalb des Museums kennt er kaum, deshalb bringt er Leo abends nach Hause.

Das ist im Grunde die Handlung. Unterwegs passiert natürlich noch dies und das, Tiberius ist riesengroß und ängstlich, Leo zeigt ihm die Welt, nur leider ist das an Harmlosigkeit nicht zu überbieten und sterbenslangweilig. Wer dieses Buch kauft, möchte ein Dinoabenteuer erleben, bekommt aber nur Tiberuis, den liebenswerten Trottel serviert. Über Dinosaurier lernt man hier nichts, was man nicht schon weiß.

Sprachlich möchte das Buch Humor beweisen durch Knaller wie: „Mein Hirn ist nur noch Wackelpudding.“ Der Mathelehrer heißt Herr Zahlenfreund, die Klassenlehrerin Frau Krokus und der nervige Nachbar Herr Grumpler. (Der nennt doch Tiberius glatt „Walross“!) Das mag vielleicht manch einer lustig finden, ich fand es bemüht.

Das Hörbuch liest Ilka Teichmüller sehr schön, kann aber auch nichts am verunglückten Sujet retten. Es dauert zum Glück nur zwei Stunden.

Bewertung vom 19.05.2024
Windstärke 17
Wahl, Caroline

Windstärke 17


sehr gut

Sie geht weiter, die Geschichte der schwimmenden Schwestern. Es ist ein paar Jahre später und ihre Katastrophenmutter hat sich tatsächlich das Leben genommen. Ida hat sie gefunden, hübsch zurechtgemacht in ihrem Bett, die Wohnung aufgeräumt, nur eben leider tot.

Das verschafft Ida ein Trauma und einen ganzen Berg Schuldgefühle. Hätte sie was ahnen müssen? Hätte sie besser aufpassen müssen? Hätte sie nicht wegfahren dürfen? Würde ihre Mutter noch leben, wenn sie an diesem verhängnisvollen Wochenende zuhause geblieben wäre? Ida ist verstört und verzweifelt.

Wir begleiten dieses traurige Mädchen, das nicht weiß, wohin und uns an ihrer Verzweiflung teilhaben lässt. Man blickt in ihren Kopf und sie tut einem sehr leid, nur ist das dann auch wirklich leidvolle Lektüre. Im Grunde watet man das ganze Buch über knietief im Leid, nachvollziehbar und anrührend, aber man muss das halt mögen. Nicht jeder möchte eine schlimme Depression durchleben, wenn er nicht muss.

Gewürzt wird das Ganze mit einer zarten Liebesgeschichte, bei der ganz im Hintergrund ein paar Probleme schlummern und leise „Fortsetzung“ wispern. Dabei würde ich viel lieber eine neue Geschichte dieser Autorin lesen. Caroline Wahl schreibt schön, auf originelle Art berührend. Hoffen wir, dass sie sich frei schwimmt.

Das Hörbuch liest Maximiliane Häcke schön und angemessen betroffen. Sie hat eine sehr passende Stimme für dieses Buch, man glaubt tatsächlich, es würde Ida höchst persönlich sprechen. Es dauert 6 Stunden und 56 Minuten.