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Benutzername: 
liesmal
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Wilhelmshaven

Bewertungen

Insgesamt 490 Bewertungen
Bewertung vom 06.04.2025
Wie Risse in der Erde
Hall, Clare Leslie

Wie Risse in der Erde


ausgezeichnet

Clare Leslie Hall erzählt die emotionale und ebenso geheimnisvolle wie spannende Geschichte, in der Beth sich als 17-jährige in Gabriel verliebt und mit ihm im Jahr 1955 einen Sommer voller Glück erlebt, bevor die beiden sich trennen. 13 Jahre später führt Beth mit ihrem Mann Frank ein glückliches Leben auf einer Farm. Da kehrt Gabriel ins Dorf zurück. „Ein Chaos der Gefühle bricht mit Wucht über sie herein…“
Was sich wie eine klassische Dreiecksgeschichte anhört, hat weitaus mehr zu bieten.
Es gibt einen ständigen Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Durch die sehr kurzen Kapitel fühle ich mich trotzdem nicht, als würde ich zwischen den Zeiten hin- und herspringen, sondern eher so, als wäre ich immer mittendrin in der (einen) Geschichte.
Es ist eine Geschichte, die mir gefällt, weil die Autorin mir das Gefühl gibt, dass sie ständig kleine Bröckchen wirft, dabei nach und nach Dinge aufdeckt und es durch diese ganz besondere Art versteht mich an das Buch zu fesseln.
Es geht im Roman um Missverständnisse und um Intrigen, aber auch um traurige Gewissheiten, Emotionen und immer wieder um Liebe und Schmerz. Ganz starkes Gewicht liegt immer auch auf dem Prolog, der mir mit der Frage nach der Schuld, aber auch nach dem, was wirklich geschah, ständig im Hinterkopf bleibt.
Das Ende ist ebenso unerwartet wie überraschend. Ich gebe sehr gern meine Empfehlung für ein Buch, das mich ununterbrochen gefesselt hat.

Bewertung vom 31.03.2025
Poesie des Pazifiks
Ricarda Wilhelm

Poesie des Pazifiks


ausgezeichnet

„Poesie des Pazifiks“ ist erschienen im Delius Klasing Verlag. Es ist sowohl von der Verarbeitung als auch inhaltlich ein sehr hochwertiges Buch, das mir schon Freude bereitet, sobald ich es in der Hand halte.
Der Pazifik ist von Deutschland aus gesehen ja nicht mal „gerade um die Ecke“. Ich bin erst Ende des vergangenen Jahres auf diesen Teil der Erde aufmerksam geworden, als es um die Vorbereitung des Weltgebetstages ging. Der Gottesdienst wurde von Frauen der Cookinseln im Südpazifik vorbereitet. Dadurch die Menschen und das, was sie bewegt, aber auch die wunderbare Flora und Fauna und dazu das nahezu endlose Meer kennenzulernen, hat mich total fasziniert.
Dass ich dann auf das Buch von Ricarda Wilhelm aufmerksam wurde, ist für mich wie ein Geschenk, denn auch sie war im Pazifischen Ozean unterwegs, zusammen mit ihrem Mann Stefan im Segelboot. Ihre Reise dauerte mehrere Jahre.
Voller Enthusiasmus berichtet Ricarda Wilhelm von ihren Erlebnissen und dabei steckt sie mich an mit ihrer Begeisterung. In der Widmung heißt es: „Für das polynesische Volk. Diese naturbewussten Menschen wurden ihrer Kultur beraubt, finden sie heute wieder und leben sie mit Stolz und Leidenschaft.“ Daran teilzuhaben durch die Art des lebendigen Schreibstils und der detailreichen Erzählweise, ist für mich eine große Freude.
Allein schon der Beginn der Reise, die durch den Panamakanal vom Atlantik in den Pazifik führt, ist ein Abenteuer. Klar hatte ich schon von ihm gehört und wusste ihn zu verorten, aber die Einzelheiten und alles, was zur Überwegung gehört, war für mich vollkommen neu. Ich habe es mit großem Interesse gelesen.
Die Reiseroute auf den Innenseiten des Umschlags sind eine gute Hilfe, Ricarda Wilhelms Erzählungen zu verorten. Ich habe davon regen Gebrauch gemacht.
Mit dem Segeln hatte ich in meinem Leben zwar keine Berührungspunkte, aber ich finde es sehr spannend, so viele Einzelheiten – auch über Dinge, die manchmal nicht so angenehm sind – zu erfahren. So war mir beispielsweise Stefan sofort sympathisch, als ich davon las, wie selbstverständlich er täglich das Schiff schrubbte, um es von den Hinterlassenschaften der Vögel zu befreien, die sich dort zeitweise sehr wohl fühlten.
Von den Erzählungen über die faszinierende Natur, Kultur und Tierwelt der Südseeinseln konnte ich gar nicht genug bekommen und die zusätzlichen Informationen, deutlich erkennbar an der Kursivschrift, sind gut eingearbeitet und leicht verständlich.
Die Fotos, die gebündelt im zweiten Teil des Buches zu finden sind, habe ich mir schon fast am Anfang der Reise angesehen und während der Fahrt immer wieder. Manchmal habe ich mir gewünscht, die Bilder wären nummeriert und die Zahlen würden in den Texten (in Klammern) auftauchen.
Von Ricarda Wilhelm und ihren Erlebnissen auf der Reise von Panama bis Polynesien habe ich mich sehr gern mitnehmen lassen und vieles dabei gelernt. Dafür gebe ich aus vollem Herzen eine Leseempfehlung mit Wohlfühlgarantie!

Bewertung vom 27.03.2025
Ganz aus Splittern
Lake, Danae

Ganz aus Splittern


ausgezeichnet

Für mich persönlich ist Christines Welt eine völlig fremde. Aber ich weiß, dass es sie gibt: Familien, in denen häusliche Gewalt herrscht. Ich lese Christines Geschichte, weil ich meine Augen vor dem Thema nicht verschließen möchte.
Chrissie wohnt mit ihrer Mutter und ihrem gewalttätigen Stiefvater in einem Problemviertel, versucht aber trotz aller familiären Schwierigkeiten, mit ihrem Leben klarzukommen. Sie zieht sich gern in die Welt der Bücher zurück und hat in der Schule keine Probleme, sondern ist sehr ehrgeizig. Das Angebot, das ihr im Rahmen einer Studie den Wechsel von ihrer Schule aus dem Problemviertel an ein Elitegymnasium anbietet, nimmt sie nach reiflicher Überlegung an.
Ich bin beeindruckt von dem Debütroman der 18-jährigen Autorin Danae Lake. Sie hat mich derart gefesselt, dass ich das Buch nicht aus der Hand legen mochte und es in einem Rutsch durchgelesen habe.
Der Schreibstil ist flüssig und zu keinem Zeitpunkt hat meine Neugier nachgelassen. Ich wollte unbedingt wissen, wie es Chrissie in der neuen Schule ergeht, welche Geheimnisse ihr bester Freund hütet, ob sie neue Freundschaften schließt und ganz vieles mehr.
Mir gefällt das Cover. Es passt mit den wunderschönen Blütenblättern, zwischen denen aber auch viele spitze und scharfe Splitter stecken, unglaublich gut zur Geschichte. Vor allem, weil ich durch den Farbschnitt die Bilder auch beim Lesen immer vor Augen habe, ist es direkt „Ganz aus Splittern“.
Nicht nur für Jugendliche ist dieses Buch lesenswert. Darum meine volle Empfehlung.

Bewertung vom 22.03.2025
Ginsterburg
Frank, Arno

Ginsterburg


sehr gut

Das Buch beginnt nach der Machtergreifung. Es ist unterteilt in drei Abschnitte, deren Überschriften die Jahreszahlen 1935, 1940 und 1945 tragen. Schauplatz ist Ginsterburg, eine fiktive kleine Stadt irgendwo in Deutschland, die so beschaulich ist, wie es auf dem Cover scheint, wenn man sich die nahenden dunklen Wolken wegdenkt. Doch die Wirklichkeit lässt sich nicht wegdenken und so, wie sich die Wolken nähern, so verändern sich auch die Menschen in Ginsterburg.
Lothar, einer der Hauptprotagonisten, ist 1935 noch ein Kind. Er liebt die Natur, er geht angeln, scheut sich allerdings, einen Fisch zu töten. Er sammelt Schmetterlinge und träumt davon, selbst einmal zu fliegen. Dass er in die Fänge der Hitlerjugend gerät, sieht seine Mutter mit Sorge.
Der Autor Arno Frank lässt nichts aus. Alles, was die Zeit ausmacht, findet man in Ginsterburg. Da lernt man Menschen kennen, die keine Hemmungen haben, wenn es darum geht, auf der Erfolgsleiter nach oben zu klettern. Hier wohnen Menschen, die Angst haben, weil sie jüdischer Abstammung sind, weil es den § 175 gibt, der homosexuelle Handlungen unter Strafe stellt, weil es in der Familie einen Menschen mit Behinderungen gibt…
Das alles macht mich betroffen. Dennoch sind mir die Menschen in der Geschichte persönlich nicht nahe gekommen. Es ist eher so, als würde ich aus weiter Entfernung zusehen. Aber Arno Frank schafft es, ein genaues Bild zu spiegeln von allem, was die Zeit ausgemacht hat: wie die Menschen sich entwickeln oder einige sich total verändern, wie schnell sich manche einfach den Gegebenheiten anpassen und andere versuchen, für sich das Beste herauszupicken und wieder andere am liebsten unsichtbar wären.
Der Schreibstil macht es mir nicht einfach, das Buch zu lesen. Ich muss mich sehr konzentrieren, um folgen zu können. Das mag entweder an der großen Zahl der beteiligten Personen liegen oder an der Länge der Sätze, die manchmal nur drei Wörter haben, aber auch schon mal über eine halbe Seite gehen. Aber es ist ein Buch, das mich nachdenklich werden lässt, weil ich beim Lesen immer wieder abgleite und in der Gegenwart lande.
Ich hätte mir einen Anhang oder ein Nachwort gewünscht, dem ich hätte entnehmen können, welche Personen fiktiv waren und welche wirklich gelebt haben. So hat es beispielsweise einen Piloten namens Lothar Sieber tatsächlich gegeben, aber war er identisch mit dem Lothar aus der Geschichte?
Ich gebe auf jeden Fall meine Empfehlung zum Lesen dieser Geschichte, die deutlich macht, was geschieht, wenn ich den falschen Menschen vertraue oder folge.

Bewertung vom 20.03.2025
Die schlechteste Idee in der Geschichte der schlechten Ideen
van de Wijdeven, Herman

Die schlechteste Idee in der Geschichte der schlechten Ideen


ausgezeichnet

Ich war gespannt auf den niederländischen Autor Herman van de Wijdeven. „Die schlechteste Idee in der Geschichte der schlechten Ideen“ erzählt Bent. Er und Juri sind beste Freunde und zusammen erleben sie so manches Abenteuer – bis der Neue in ihre Klasse kommt. Juri scheint sich bestens mit Finn zu verstehen, und Bent hat das Gefühl, plötzlich wertlos zu sein. Die Eifersucht brennt in ihm.

Es ist eine Geschichte, aus der Kinder, aber auch Erwachsene viel lernen können, die aber auch spannend ist. Eine besondere Spannung entsteht dadurch, dass der Autor die Geschichte „zerpflückt“ hat. Es wirkt, als wären die meist kurzen Kapitel durcheinandergeraten, obwohl sie Überschriften tragen und mit HEUTE beginnen. Es geht weiter VOR ZWEI WOCHEN, zurück zu HEUTE und GESTERN … Die gesamte Geschichte spielt in einem Zeitraum von vier Monaten.

Total überwältigt frage ich mich, wie man eine Geschichte so auseinandernehmen kann, sie aber dennoch nicht nur verständlich bleibt, sondern gerade dadurch unglaublich fesselnd wird.

Allerdings gefällt mir auch der bildhafte Schreibstil. „Irgendwie erinnert er mich an den Windhund von unserer Nachbarin Olga. Ein mageres Tier auf schlotternden Beinen.“ Sofort habe ich das passende Bild vor Augen.

Wie im Film sehe ich das Dorf, die Landschaft mit dem Kanal, den Kuhweiden, dem Maisfeld und der Mühle ohne Flügel.

Wer Spaß hat an faszinierend erzählten Geschichten, denen empfehle ich dieses großartige Buch.

Wenn dann noch jemand genauso neugierig ist wie ich, der macht es am Ende so, wie ich es gemacht habe: Ich habe das Buch für mich neu sortiert und nochmal gelesen. Beginnend VOR VIER MONATEN.

Fazit: Herman van de Wijdeven hat es grandios gemacht und nicht nur mit seiner Sortierung großes Können bewiesen.

Bewertung vom 13.03.2025
KUNTH Unterwegs in Bayern
KUNTH Verlag

KUNTH Unterwegs in Bayern


ausgezeichnet

Das Buch aus der Reihe „Unterwegs in …“ wiegt mehr als ein Kilogramm, das Format ist nur wenig kleiner als DIN A4. Es ist damit ein gewichtiges Reisebuch, das mir auf Anhieb gefällt. Das Softcover scheint für den häufigen Gebrauch geschaffen zu sein.
„Unterwegs in Bayern“ bietet auf 336 Seiten eine große Vielfalt an Farbfotos, Stadtplänen, Informationen über Stadt und Land und auch über die Menschen und ihre Gewohnheiten und Bräuche.
Das Inhaltsverzeichnis ist ansprechend und sehr übersichtlich gestaltet:
Die schönsten Reiseziele versprechen in Nordbayern puren Genuss und unberührte Natur, in Ostbayern einzigartige Landschaften, die auf kulturelle Schätze von Weltrang treffen, in Südbayern Alpenzauber und Biergartenkultur – eine Reise zu Brauchtum, Naturwundern und lebendigen Städten.
Die schönsten fünf Reiserouten machen schon beim Lesen Lust aufs Nachfahren.
Am Ende sind Reiseatlas und Register zu finden.

Für meine Rezension habe ich mir den Bereich Oberfranken in Nordbayern näher angeschaut, weil ich bereits häufig in Bamberg und in der Fränkischen Schweiz unterwegs war.
Das Reisebuch bietet eine große Vielfalt. Man findet Schlösser, Burgen, Wälder, Städte und eine reiche Auswahl an Sehenswürdigkeiten, mit kurzen Texten und gut bebildert und klassifiziert mit ein, zwei und drei Sternen.
Gut gefällt mir das, was mir als Besonderheiten ins Auge springt: einige Details zu dem Baumeister Balthasar Neumann, zur Basilika Vierzehnheiligen eine Legende, ein paar Infos über den Komponisten Richard Wagner oder die Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth und das Markgräfliche Opernhaus Bayreuth und seine Festspiele und vieles mehr.
Gern möchte ich noch viele Gebiete Bayerns erkunden. Dafür habe ich mit dem Reisebuch „Unterwegs in Bayern“ aus dem Kunth Verlag einen Glücksgriff gemacht.
Ich bleibe neugierig und empfehle das Buch gern allen, die das Bundesland oder einzelne seiner Gebiete näher kennenlernen möchten.

Bewertung vom 06.03.2025
Ostfriesennebel / Ann Kathrin Klaasen ermittelt Bd.19 (2 MP3-CDs)
Wolf, Klaus-Peter

Ostfriesennebel / Ann Kathrin Klaasen ermittelt Bd.19 (2 MP3-CDs)


sehr gut

Bewertung für die CD
Für Ann Katrin Klaasen ist es der 19. Fall. Tote gibt es wieder mal mehr als genug, was aber auch nicht verwundert, wenn man bedenkt, dass Ann Katrin Spezialistin zur Ergreifung von Serienmördern ist.
Doch diesmal scheint einiges anders zu sein. Da gibt es eine Frau, die der festen Überzeugung ist, ihr Mann wäre gar nicht ihr Mann, sondern dessen Zwillingsbruder. Das allein klingt ja schon etwas verrückt. Aber was ist wirklich dran an ihrer Vermutung? Viel wichtiger wird es wohl erstmal sein, sich um die Leiche am Bahngleis zu kümmern…
Ich muss gestehen, dass es bei den Krimis von Klaus-Peter Wolf weniger das geschriebene Wort ist, das mich fasziniert. Vielmehr mag ich es, seine CDs zu hören. Die bespricht er immer selbst, und das macht er einfach toll!
So habe ich mich gern vom „Ostfriesennebel“ einlullen lassen. Ich finde es herrlich, wenn er sich dabei immer wieder „in Kleinigkeiten verliert“ und so unglaublich viele „Nebensächlichkeiten“ erzählt, die aber trotzdem zu seinen Geschichten einfach dazugehören und manchmal auch gar keine Nebensächlichkeiten sind. Es macht wieder mal Spaß!
Da ich immer gern auch an Wolfs Lesungen teilnehme, habe ich den großen Vorteil, nicht nur seinen Stimmen! – ja, es sind tatsächlich unterschiedliche Stimmen, die er seinen Protagonisten gibt und an denen man sie auch auf der CD erkennt – zu lauschen, sondern beim Zuhören habe ich auch immer sein verschmitztes Gesicht vor Augen.
Wenn ich dann zum Beispiel Rupert als Baby- oder besser gesagt als Kindersitter erlebe, dann ist das Spiel schon halb gewonnen! Gern halte ich es aber auch wie manchmal Ann Katrin und lasse mir am Wasser den Wind um die Nase wehen. Wenn Klaus-Peter Wolf davon erzählt, ist es für mich Genuss pur.
Fast hätte ich es vergessen: Spannend ist die Geschichte auch noch. Und das Ende mit Bettina Göschl und ihrem Lied „Sieben Leben hat die Katze“ ist einfach köstlich!

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.03.2025
Luzie in den Wolken
Lucas, Charlotte

Luzie in den Wolken


sehr gut

Cover und Buchbeschreibung hatten mich neugierig gemacht. Auf dem Cover schwebt Luzie selbst am Band eines roten Luftballons in den Wolken. Es ist der Luftballon, an dem eine Karte hängt mit Luzies Wunsch nach einem neuen Papa.
Gabriel ist Schriftsteller mit einer Schreibblockade. Als er Luzies Luftballon findet, bringt ihn das auf eine wahnwitzige Idee, die allerdings eine Reihe von unerwarteten Ereignissen nach sich zieht.
Erwartet hatte ich eine eher tiefgründige Geschichte, aber es kam anders, als ich es gedacht hätte. Auf jeden Fall hatte sich in Gabriel der Wunsch festgesetzt, Luzie kennenzulernen. Das war der Beginn kleiner Notlügen, die allerdings immer weitere nach sich zogen. Gabriel verstrickte und verhedderte sich immer weiter in seinem Bestreben, Luzie und ihrer Mutter Miriam zu helfen.
So wurde die Geschichte eher witzig als traurig. Trotzdem hat sie mich gut unterhalten und der lockere Schreibstil hat mich oft in eine fröhliche Stimmung gebracht. Sicherlich lag es auch an der herzerfrischenden Luzie, der es schnell gelungen ist, in Gabriel alias Ben einen guten Freund zu finden. Auch an Tavor, Bens Hund, habe ich Freude gehabt. Obwohl er eigentlich immer müde war und im Weg lag, hat er für tolle Kopfbilder gesorgt.

Bewertung vom 06.03.2025
Portrait meiner Mutter mit Geistern
Edel, Rabea

Portrait meiner Mutter mit Geistern


ausgezeichnet

Die Geschichte ist für mich wie ein Puzzle, dem einige Teile abhandengekommen sind. Aber anders als bei einem Puzzle, das ich später als vollständiges Bild sehe, haben mich in dem Roman fehlende Teile keineswegs gestört, sondern eher das Gefühl von Realismus erzeugt.

Auch wenn ich mir noch die Beantwortung einiger Fragen gewünscht hätte: Es lässt sich nicht auf alles eine Antwort finden, das ist mir klargeworden durch die Geschichte, die sich über mehr als einhundert Jahre und über mehrere Generationen hinwegzieht und aus vielen einzelnen Fragmenten zusammengesetzt ist.

Dass ich daraus lernen konnte, ist ein Verdienst der Autorin Rabea Edel. Sie hat mir gezeigt, dass es kompliziert sein kann, die richtigen Worte zu finden, weil es Dinge gibt, die man einfach mit Worten nicht beschreiben kann. Eine großartige Möglichkeit sich auszudrücken, fand ich in dem Kapitel „Wie viele Wörter zwischen 500 Steine passen“.

Ich lese sehr gern Bücher, die in verschiedenen Zeitebenen spielen. Noch nie habe ich jedoch ein Buch gelesen, in dem ich so häufig zwischen den Zeiten hin- und herspringen musste wie hier. Das war zwar so manches Mal anstrengend, aber gleichzeitig hat es mich unglaublich entspannt, weil ich dabei immer wieder eines der vielen Fragezeichen aus meinem Kopf entfernen konnte. Eine gute Hilfe beim Lesen ist der Stammbaum, der auf den Innenseiten des Buchumschlags jederzeit griffbereit ist.

Um noch einmal auf das Puzzle zurückzukommen: Die fehlenden Teile und meine Fragezeichen bergen gar keine Geheimnisse, sondern nur Dinge, die zwar existent sind, die aber nicht offengelegt werden müssen, weil sie etwas ganz Persönliches sind.

Rabea Edel hat sich zu dieser Geschichte inspirieren lassen von der Geschichte ihrer Mutter. Mir hat sie damit ein einmaliges Leseerlebnis geschenkt, in das viele Gedanken aus meinem eigenen Leben einfließen konnten. „Das Portrait meiner Mutter mit Geistern“ ist für mich ein persönliches literarisches Unikat.

Unbedingt lesen!

Bewertung vom 01.03.2025
Die Meisterdiebin
Jaeggi, Christine

Die Meisterdiebin


ausgezeichnet

Zu dem Roman hat sich die Autorin Christine Jaeggi inspirieren lassen von einer wahren Begebenheit, geschehen Mitte der 1930er-Jahre, beginnend mit einer Frau und einer Diebstahlserie.
In Jaeggis Geschichte ist die Protagonistin die jüdische Kaufhauserbin Elise, die von Wien aus in die Schweiz geflüchtet ist vor den Nationalsozialisten, nachdem ihr wirklich alles genommen wurde. Arbeiten durfte sie als Emigrantin ohne Arbeitsbewilligung nicht, mittellos durfte sie auch nicht sein, wenn sie nicht ausgewiesen werden wollte.
Welche Spannung gleich auf der ersten Seite des Prologs! Allerdings mit einem abrupten Ende, bei dem ich mich gefragt habe, ob dies auch das Ende der Diebesserie bedeutete.
Wie Elise auf die Idee gekommen ist, Hoteldiebin zu werden und zehn Jahre lang die Schweizer Polizei in Atem zu halten, das erzählt Christine Jaeggi in ihrer eigenen Version. Mir gefällt dabei, dass ich sehr viel aus Elises Leben erfahre. Erlebnisse aus ihrer Kindheit und das besonders enge Verhältnis zu ihrem Großvater, dessen Weisheiten und Ratschläge so wertvoll sind, machen die Geschichte für mich zu einer ganz persönlichen.
Der Spannungsbogen reißt während der gesamten Geschichte nicht ab und am liebsten hätte ich das Buch ohne Unterbrechung bis zum Ende gelesen. Obwohl man bei Elise wirklich von einer Meisterdiebin sprechen kann, habe ich sie von Herzen gemocht und auf jeder ihrer geschilderten Touren Angst um sie gehabt.
Am meisten aber hat mich beeindruckt, wie realistisch die Autorin die betreffenden Jahre mit dem politischen Geschehen und der Judenverfolgung beschrieben hat. Der Hass, mit dem viele, vielleicht sogar die meisten Menschen den jüdischen Mitbürger*innen begegnet sind, wurde sehr deutlich. Sogar den Kindern wurde dieser Hass bereits eingebläut. Es ist erschreckend und erschütternd, aber trotzdem finde ich es wichtig, nicht zuletzt durch Bücher wie dieses immer wieder an das erinnert zu werden, was sich niemals wiederholen darf.
„Ein Nachwort der Journalistin Lena Berger, deren Blog-Artikel ,Das 91. Zimmer‘ die Autorin auf den Fall aufmerksam gemacht hat, bettet den Roman in den historischen Kontext ein.“
Sehr gern gebe ich meine volle Leseempfehlung für dieses großartige Buch.