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Flamingo

Bewertungen

Insgesamt 5 Bewertungen
Bewertung vom 13.05.2018
Schwestern für einen Sommer
Lyra, Cecilia

Schwestern für einen Sommer


sehr gut

Cecilia Lyra ist Rechtsanwältin und hat als Professorin in Rio, Brasilien, gearbeitet. Sie lebt jetzt mit Mann und Kind in Toronto, Kanada.
„Schwestern für einen Sommer“ (Original: „The Other Sister“) ist ihr Debütroman, der bei Fischer weltweit zum ersten Mal veröffentlicht wird. Die Originalfassung war das Ergebnis eines Schreibkurses.
Der Inhalt ist schnell erzählt: Zwei Schwestern – gleicher Vater, verschiedene Mutter – zerstreiten sich, haben keinen Kontakt mehr und werden nach fünfzehn Jahren praktisch gezwungen, einen Monat im Strandhaus der verstorbenen Großmutter zu verbringen.
Und natürlich offenbart sich in dieser Zeit das dem Zerwürfnis zugrunde liegende Geheimnis, aber die Frage ist, ist trotzdem alles so wie es scheint und können die Halbschwestern wieder zu richtigen Schwestern werden?
Das hat Cecilia Lyra in abwechselnden Perspektiven aus Sicht der Schwestern Cassie und Julie geschrieben und ich muss sagen, die verschiedenen Tonarten der Schwestern hat sie gut getroffen.
Es gibt eine Reihe von interessanten Figuren, allerdings sind sie teilweise auch sehr überzeichnet. Also entweder richtige Arschlöcher und so richtig gut. So einfach mal nette Menschen mit ein paar Macken gibt’s irgendwie nicht, bis auf vielleicht die zwei Schwestern. Alle anderen Figuren werden von der Autorin nur „angekratzt“, sozusagen.
Mich störte auch ein bisschen, dass die Frauenfiguren, die im Jetzt als Anfang-30-jährige leben, doch recht konservativ altbacken sind. Gut, die Handlung spielt in Amerika, aber da hätte ich mir mehr erwartet von der Autorin (die so alt wie ihre weiblichen Figuren ist). Auch machen die zwei weiblichen Hauptfiguren nur wenig, und dies sehr langsam, charakterliche Entwicklung durch. Sie sind scheinbar im Wesentlichen auf das Aussehen und Beziehung/Kinder fixiert. Das empfand ich als etwas eindimensional.
Falls der Verlag das hier liest: Den deutschen Titel finde ich nicht nur nicht gelungen sondern auch irreführend. „Die andere Schwester“ passt mMn viel besser.
Trotzdem hat mir das Lesen Freude gemacht. Bis auf ein paar Hänger in der Mitte liest es sich auch fluffig und schnell, was den wechselnden Erzählperspektiven und ein paar kleinen Cliffhangern zu verdanken ist.
Wer einen Wohlfühlroman für den Urlaub sucht, kann hier nichts falsch machen.

Bewertung vom 17.03.2018
Für immer ist die längste Zeit
Fabiaschi, Abby

Für immer ist die längste Zeit


sehr gut

Die Geschichte von „Für immer ist die längste Zeit“ ist schnell erzählt. Mutter Maddy ist tot und beobachtet und lenkt jetzt „von oben“ das Leben ihrer Teenager-Tochter Eve und ihres Mannes Brady. Wie bewältigen sie die Trauer? Den Tod der Mutter? Ist der Tod der Mutter mysteriös? Wie geht es weiter im Leben der Hinterbliebenen? All diese Fragen beantwortet der Roman auf ernste UND humorvolle Weise. Und ja, das passt zusammen und das schafft die Autorin in alternierenden Ich-Erzählerperspektiven aus der Sicht von Maddy, Brady und Eve.
Zwischendurch verzettelt sich die Autorin immer mal wieder mit Nebenschauplätzen, die die Handlung nicht voran treiben und dann wieder werden Ereignisse oder Situationen ruckizucki abgefrühstückt, so dass manches etwas unrund rüber kommt. Da ist noch Luft nach oben.
Was die Autorin aber wirklich super geschafft hat, ist, die Figuren zum Leben zu erwecken. Haha, no pun intended. Sie hat alle drei Hauptfiguren und auch die Nebenfiguren toll geschrieben. Und einen extra Punkt gibt es für den Epilog. Viele Autoren haben darauf ja keine Lust mehr oder ihnen ging die Luft aus oder was auch immer. Aber nicht so hier, es gibt einen schönen Epilog, der alles zum Ende bringt und der auch noch mal etwas Stoff zum Nachdenken und Diskutieren gibt.
Mir hat der etwas flapsige Erzählstil der Autorin gut gefallen, auch wenn ich manchmal das Gefühl hatte, dass die Übersetzung nicht ganz rund war. Ich würde definitiv wieder etwas von der Autorin lesen, dann aber wohl eher im Original.
Alles in allem ein gelungener Roman, der humorvoll zum Nachdenken anregt und eine schöne Geschichte erzählt. Man nimmt einiges mit nach der Lektüre. Wie gut kann man jemanden kennen können und wie leicht lässt sich eine tiefe Überzeugung erschüttern?
Nicht so gelungen finde ich den deutschen Titel des Romans. Das ist letzthin so eine Seuche, so verquirlte nichtssagende pseudo-philosophische Halbsätze auf den Titel zu klatschen. „I liked my life“ ist völlig in Ordnung mMn und hätte auch im deutschen funktioniert.
Das Cover ist zwar schön, inbesondere da ich völlig auf so Zeugs wie Blumen und Schmetterlinge abfahre, aber es hat nichts, aber auch gar nichts mit dem Buch zu tun. Auch hier ist das Original wieder besser gelungen.

Bewertung vom 27.07.2017
Als die Träume in den Himmel stiegen
McVeigh, Laura

Als die Träume in den Himmel stiegen


weniger gut

Die Situation von Flüchtlingen ist ja derzeit eine sehr aktuelle Thematik, obwohl es – wie ja der geschichtliche Hintergrund dieses Buches zeigt – schon seit Jahrzehnten für Millionen Menschen Tagesalltag ist.
Warum also nicht mal dieses Thema literarisch verarbeiten und ja, dabei auch ein Flüchtlings“schicksal“ den Lesern näher bringen? So far, so good.
Leider ist das der Autorin nur bedingt gelungen.
Die Geschichte beginnt mit der Hauptfigur Samar und ihrer Familie in einem Zug im russischen Nirgendwo, auf der Flucht aus dem Afghanistan der Taliban und noch unentschieden, wo die Reise enden soll. Die Autorin schreibt einfach (große Literatur darf man hier nicht erwarten) aber lebendig und man lernt die weitläufige Familie schnell kennen. Die Autorin schreibt – hoffentlich absichtlich – sehr vage, man muss sich doch schon arg zusammenreimen, wie alt z.B. Samar ist und in welchem Jahr wir uns möglicherweise befinden. Anfänglich hat mich das nicht so gestört, aber zum Schluss, im Gesamtbild betrachtet, dann doch.
Dann passiert ein Bruch in der Geschichte und auch in der Erzählweise. Es ist, als ob jetzt zwei verschiedene Geschichten zusammengeklatscht wurden. Der Schreibstil wird auch schwächer, sehr viel repetitiver und die Autorin hastet von Ereignis zu Ereignis, nichts hat Chance, dem Leser im Gedächtnis zu bleiben. Die Autorin haut ein Klischee nach dem anderen raus und die zeitlichen Sprünge von „früher“ zu „heute“ (wobei das „heute“ im Buch auch früher ist lol) endet in einem chaotischen Wechsel von Realität und Illusion. Ich würde jetzt von mir nicht sagen, dass mir Samar auf Distanz geblieben ist, aber wenn andere Leser das so empfinden, kann ich das verstehen. Die Heldin Samar hat ein aberwitziges Erlebnis nach dem anderen und dann ist das Buch auf einmal zu Ende. Ohne ein Ende. Ohne Hoffnung zu machen. Aber auch ohne den Leser auf den Boden der wirklichen Flüchtlingsrealiatät zu holen. Einfach weil vieles so aberwitzig ist.
Mich persönlich hat das Buch gänzlich unbefriedrigt zurückgelassen, es ist einfach völlig unrund erzählt; weiterempfehlen oder verschenken würde ich das Buch nicht.
Schade, dass das deutsche Klappbroschür keine Karte enthält…soweit ich gelesen habe, hat man in der Originalversion (mit dem besseren Titel „Under the Almond Tree“) da nicht am falschen Ende gespart.
P.S.: Wäre ich der Verlag…also ich würde das Buch nicht mit dem Vergleich „erinnert an Khaled Hosseinis „Drachenläufer“ bewerben. Bis auf das Samar in Kabul mit Drachen spielende Kinder sah, sind die „Drachenläufer“-Schuhe hier einige Nummern zu groß. Nicht jedes Afghanistan-Buch ist ein „Drachenläufer“.

Bewertung vom 12.05.2017
Brausepulverherz
Lastella, Leonie

Brausepulverherz


gut

Der Inhalt ist schnell erzählt: Mädchen trifft Junge (a), Mädchen hat aber schon einen anderen Jungen (b) und der Junge (a) will das Mädchen aber eh nicht, oder doch? 490 Seiten später weiß man Bescheid ;)
Grundsätzlich hat dieser Roman also die zwei wichtigsten Zutaten, die ein Liebesroman benötigt: Erstens junge gutaussehende Menschen mit Liebesverwicklungen, die ein frühzeitiges Happy End verhindern UND zweitens eine liebesromantaugliche Location. Das ist gerne Paris, hier ist es das sommerliche Italien.
Die Urlaubsstimmung in Italien hat die Autorin unglaublich plastisch geschrieben, gerade in den Anfangskapitel. Ich habe den Touri-Ort wirklich vor mit gesehen, habe das mediterrane Essen, die Sonnencreme, das Meer gerochen und hatte wirklich Lust auf einen Urlaub im Süden. Das hätte ruhig mehr sein können; leider zog es sich nicht wie ein roter Faden durch den Roman.
Leider zog sich auch eine zweite Sache nicht durch den Roman: Ein positives Brauspulverherzgefühl. Die drei Hauptfiguren – Jiara, Jonas und Milo – sind als eher anstrengende Charaktere geschrieben. So richtig zum Sympathieträger wird keiner. Leider konnte mich nicht überzeugen, dass da Brausepulverherz-mäßige Chemie zwischen den Jungs und dem Mädchen herrscht. Bis auf gutes Aussehen war da für mich nichts, was Basis für eine Beziehung wäre. Außerdem fand ich es schade, dass wir hier im Jahr 2017 eine extrem unselbständige Frauenfigur lesen.
Die Nebenfiguren (Mütter, Väter, Freunde, Freundinnen, Geschwister) bleiben allesamt blass und eindimensional, ihre Motivation für teilweise merkwürdiges Verhalten unerklärt. Sie dienen mehr als Stichwortgeber, haben aber sost keine weitere Funktion.
Die Handlung tritt über Längen auf der Stelle; im Wesentlichen möchte man als Leser eigentlich alle nur mal gut durchschütteln und auf den Topf setzen. Das Ende ist dann sowohl Erleichterung als auch Erlösung.
Insgesamt gebe ich für alles zusammen…das Cover (A+) und den Titel (A+) sowie die Geschichte, den Schreibstil, die Logiklücken etc. zwei Sterne. Es gibt einen Bonusstern für die Emotionen, die das Buch bei mir ausgelöst hat. Ich habe mich so sehr über Jiara und ihre Unselbständigkeit aufgeregt und doch recht viel über mich selber (und meine eigene Unabhängigkeit und Selbstbestimmtheit) nachgedacht, das ich damit dem Buch einfach einen Stern mehr geben musste. Wenn ein Buch das schafft…also Emotionen auszulösen und zur Selbstreflektion anzuregen, dann verdient es den dritten Stern ;)