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Insgesamt 1578 Bewertungen
Bewertung vom 01.03.2025
Ein ungezähmtes Tier
Dicker, Joël

Ein ungezähmtes Tier


gut

Das kann Dicker besser!

Sophie und Arpad leben ein privilegiertes Leben und erregen damit unweigerlich auch Neid. Besonders bei Karine und Greg, mit denen sie eigentlich gut befreundet sind. Karine merkt, dass Greg nicht uninteressiert an der schönen Sophie ist, was natürlich zu Spannungen führt. Und Greg sieht die große Chance, Arpad zu schaden. Eine Katastrophe scheint unausweichlich.

Die Story lebt von Erzählsträngen auf mehreren Zeitebenen und damit verbundenen Perspektivwechseln. Das ist teilweise anstrengend und ein klein wenig verwirrend. Dennoch ahnte ich recht früh, auf was alles hinauslaufen würde. Das ist nicht immer ein Nachteil, doch diesmal hat Dicker mich nicht mit seinen mehrfachen Twists und Wendungen für sich einnehmen können. Zu wenig Sympathie konnte ich für seine Figuren entwickeln. Das liegt nicht zuletzt daran, dass wirklich alle ihre Geheimnisse und unangenehmen Charakterzüge haben.

Teilweise konnte ich über die Naivität so einiger Figuren nur den Kopf schütteln, dann wieder musste ich über Dreistigkeiten fast schon lachen. Ich weiß nicht, ob die hin und wieder aufblitzende Komik gewollt oder ungewollt ist. Für mich passte sie jedenfalls nicht so recht in die eigentliche Story.

Die Idee ist schon gut und einige der Wendungen sind wirklich gelungen, dennoch habe ich von diesem Autor einfach mehr erwartet. Torben Kessler hört man gerne zu, aber auch er kann aus einem mittelmäßigen Buch keinen Pageturner machen. Die Beschreibung: „Der Roman einer Ehe, eines Überfalls und der Mitte des Lebens voller Geheimnisse und Intrigen, Affären und Vergehen“ trifft es schon sehr gut, doch ist von allem eine Portion zu viel dabei. Dass dies Dickers bestes Buch ist, kann ich nicht unterschreiben. So weh es mir tut, aber dieser Dicker bekommt von mir drei Sterne.

Bewertung vom 27.02.2025
»Wenn Ende gut, dann alles« / Svetlana und Tommi ermitteln Bd.1 (2 MP3-CDs)
Klüpfel, Volker

»Wenn Ende gut, dann alles« / Svetlana und Tommi ermitteln Bd.1 (2 MP3-CDs)


ausgezeichnet

Ein großartiges Team!

Tommi arbeitet an seinem ersten Bestseller, lebt in einem Wohnmobil und hat eine ukrainische Putzfrau. Schon hier musste ich grinsen. Aber Svetlana ist so genial, dass ich kaum genug von ihr bekomme! Die beiden sind gerade im Wohnmobil unterwegs, als Svetlana am Waldrand ein Mädchen entdeckt. Ganz allein! Tommi hält widerwillig an, nichtsahnend, dass dieses kleine Kind ihr Leben verändern wird. Da die Polizei die Mutter des Kindes nicht findet, nehmen Tommi und Svetlana den Fall in die Hand.

Tommi ist eine echte Marke und Svetlana hat das größte Herz der Welt. Die beiden sind ein unübertreffliches Gespann und damit auch Team. Ganz ohne Frage bieten sie Potenzial für endlos viele weitere Fälle! Doch erst einmal geht es um diesen und trotz allem Humor schwingen ganz viele schwere Themen mit. Da mit Humor alles besser geht und Klüpfel die Kombination sehr gut gelungen ist und er enorm feinfühlig damit umgeht, hängt man geradezu an seinen bzw. Lachers Lippen.

Mir hat sehr gefallen, wie Svetlana nicht locker ließ, bis Tommi endlich mit ihr zusammen ermittelt, woher das Mädchen kommt, warum es da so alleingelassen wurde, wo die Mutter steckt. Ihre Einfälle und Lebensweisheiten sind köstlich, aber auch genial. Tommi steht das eine oder andere Mal kräftig auf dem Schlauch, hat aber ebenfalls das Herz auf dem rechten Fleck.

Die Überlegungen zu den Friseur-Geschäfts-Bezeichnungen haben mir sehr gut gefallen, denn auch ich finde diese vermeintlich gelungenen Wortspiele nervig, obwohl ich ansonsten Wortspiele liebe. Solche Stellen ziehen sich durch die ganze Story. Auch die Anspielung auf Schriftsteller und ihre Eitelkeiten kommen bei mir klasse an. Genauso gefallen mir die nachdenklicheren Stellen. Gerade die Flüchtlingsproblematik und die Unsinnigkeit von Kriegen werden sehr schön dargestellt. Dass nicht gerade wenige Klischees abgearbeitet werden, finde ich besonders witzig. Ernst nehmen darf man die Story sowieso nicht, da darf auch mit Klischees gespielt werden. Es ist einfach grandiose Unterhaltung! Aber man findet zwischen den Zeilen auch jede Menge aktueller Sozialkritik und das finde ich besonders wichtig und gut.

Die Art, wie Shenja Lacher dieses Hörbuch eingelesen hat, ist umwerfend. Er gibt allen Figuren so liebevoll und treffend eine Stimme und zeichnet damit ein unfassbar stimmiges Bild. Endlich mal ein Mann, der Frauen toll darstellen kann und sie nicht irgendwie lächerlich wirken lässt. Ganz dickes Lob dafür!

Kurz und knapp – ich wurde großartig unterhalten und gleichzeitig auch zum Nachdenken angeregt. Fünf Sterne!

Bewertung vom 27.02.2025
Schnell mal Pasta
Poletto, Cornelia

Schnell mal Pasta


sehr gut

Feine Auswahl für leckere Pasta-Gerichte

Die beworbenen unkomplizierten Zutaten finde ich teilweise doch schon ein wenig schwierig aufzutreiben. Zumindest in meinem Umfeld finde ich nicht so einfach original italienische Pasta. Von Ditalini hatte ich zuvor noch nie gehört. Cannellinibohnen sind mir bisher auch noch nie begegnet. Schnell ist auch ein etwas dehnbarer Begriff, aber im Vergleich zu ihrem Buch Polettos Pasta Passione geht es hier doch viel schneller, zumal fertige Pasta verwendet wird.

Die Rezeptauswahl ist gelungen. Von den Klassikern bis zu raffinierten Saucen ist alles vorhanden. Die Bezeichnungen der Rezepte sind fast immer italienisch. Hier hätte ich es sehr schön gefunden, wenn eine kleine Übersetzung angegeben wäre. Hin und wieder ist der Titel erstaunlicher Weise auf Deutsch, wie beispielsweise Linguine mit Gorgonzola und Pistazien.

Vegetarische Rezepte sind mit einem Blatt-Symbol auf den ersten Blick zu erkennen. Nach Portionsangabe, Zeitbedarf und Nährwerten folgt die Zutatenliste. Danach sind die Zubereitungsschritte aufgeführt. Diese sind gut verständlich und leicht nachvollziehbar. Auch gefallen mir die Fotos zu den Gerichten.

Die Kapitel sind Einfach, schnell und gut; Mit Gemüse; Geliebte Klassiker; Mit Fisch und Meeresfrüchten. Danach folgen einige Informationen zu Käsesorten und Kräutern. Das Beste aber ist das Grundrezept für Tomatensugo. Überrascht hat mich das Rezept zu Spaghetti mit Pesto alla Genovese. Weiter vorne im Buch ist das Rezept für das Pesto alla Genovese. Hier im Rezept für die Spaghetti kommen noch Kartoffeln und Keniabohnen dazu. Das habe ich so zuvor noch nie gesehen, geschweige denn gegessen.

In einer Kochbuchsammlung macht sich das Büchlein sehr gut. Es passt in die Nudel-Abteilung ebenso, wie in die Italien-Abteilung, zur schnellen Küche und ist auch ein tolles Geschenk für weniger Geübte. Insgesamt sehr schön, daher vier Sterne.

Bewertung vom 24.02.2025
Gewürzliebe
Clark, Esther;Walker, Rachel

Gewürzliebe


gut

Exotische Rezepte

Salz und Pfeffer sind wohl in jeder Küche vertreten, aber es gibt so viele wunderbare Gewürze, die man viel zu selten nutzt, dass ich mich über dieses Buch riesig freute.

Die Rezeptkapitel sind hier Frühstück und Brunch; Einfache Abendessen; Köstliches fürs Wochenende; Beilagen und Snacks; Süßes und Gebäck. Zuvor gibt es jedoch einiges an Theoriestoff zu den Gewürzen. Die Rezepte selbst sind kunterbunt quer durch die internationale Küche angesiedelt. Das gefällt mir leider nur semi-gut.

Aufgebaut sind sie recht klassisch. Nach dem Titel des Rezepts folgt noch eine kleine Aufzählung der verwendeten Gewürze, dann folgen die Angaben zu Portionsmenge, Zeitbedarf und den Aufwand. Im Anschluss findet sich die komplette Zutatenliste mit der Beschreibung des Rezeptes in Form eines kleinen Textes dazu und den Zubereitungsschritten. Sehr oft findet sich noch ein Abschnitt mit weiteren Ideen, also Varianten.

Alles ist gut verständlich geschrieben und es gibt auch fast immer ein schönes Foto vom Gericht. Das ist insgesamt stimmig und schön, aber dennoch begeistert mich das Buch nur wenig. Die Texte zu den Gewürzen beschreiben mir Geschmack und Verwendung zu wenig, es fehlen mir hier Fotos dazu. Die Rezepte sind mir fast alle zu exotisch. Für mich habe ich ganze zwei Rezepte entdecken können. Das finde ich sehr schade. Auch hätte ich gerade bei Kuchen gern auch die Angabe dazu, wie groß die entsprechende Form sein soll. Das suche ich hier vergeblich.

Vermutlich hätte ich mir gewünscht, dass direkt bei der Vorstellung der Gewürze dann die entsprechenden Rezepte folgen würden. Das wäre für mich einfacher zu handhaben und praktischer. Zudem wäre ich mit Rezepten glücklicher gewesen, die die Gewürze mehr in der europäischen Küche verwenden.

Als Fazit bleibt mir zu sagen, dass ich mir das Buch anders vorgestellt habe und daher etwas enttäuscht bin. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass es viele Fans finden wird, besonders unter allen, die gern exotisch kochen und essen. Von mir bekommt es drei Sterne.

Bewertung vom 24.02.2025
Death in Brachstedt
Wagner, Tobias

Death in Brachstedt


ausgezeichnet

Beeindruckend

Eine Woche vor Ostern verschwindet Leos Vater. Das ist selbst für ihn etwas schräg, denn diesmal hat er nicht mit Leo darüber gesprochen. Als sich seine Tante Lisa meldet und sagt, dass er, zwar etwas derangiert, aber putzmunter, bei ihr aufgetaucht ist, beschließt Leo, mit seinem besten Freund Henri einen Film zu drehen. Dafür nutzen sie das heruntergekommene Hotel von Henris Onkel. Eine Kette von absurden Geschehnissen beginnt und steuert auf ein unausweichliches Ende zu.

Es macht trotz aller immer wieder auftauchenden tragischer Momente Spaß, Leo und Henri diese Woche zu begleiten. Auch wenn ich längst kein Teenager mehr bin, erinnere ich mich sehr gut an die Zeit, als ich selbst 15 war. Man ist kein Kind mehr, aber auch nicht erwachsen und alles ist überdeutlich, immens intensiv und genauso überwältigend schön, wie auch erschreckend. Mit der beginnenden Demenz des Vaters konfrontiert zu sein, ist eindeutig zu viel für dieses Alter, zumal Leos Mutter bereits gestorben ist. Daher hat mich vieles sehr bewegt und ich wollte so gern für Leo da sein.

Ich bin mir nicht sicher, wie die Zielgruppe mit diesem Thema umgehen kann, zumal diese Krankheit hier nicht wirklich erklärt wird. Meiner Meinung nach besteht deshalb Redebedarf. Trotzdem ist das Buch wunderbar gelungen. Andererseits habe ich in diesem Alter ähnlich schwere Themen am liebsten gelesen und kam damit klar. Insofern möchte ich nicht überbehütend sein.

Schön ist, wie Leo auch zu Gefühlen wie Angst und Liebe steht. Sehr schön ist, wie der Autor zeigt, was Freundschaft bedeutet. Dass die Jungs sich mit dem Filmprojekt und der Party ablenken, kommt sehr gut rüber, ohne dass es besonders betont werden muss. Wichtig finde ich auch, dass Leo die Hoffnung und den Lebensmut nicht verliert. Daher kann ich das Buch vollumfänglich sehr empfehlen.

Bewertung vom 22.02.2025
Dunkle Momente
Hoven, Elisa

Dunkle Momente


ausgezeichnet

Recht, Gerechtigkeit, Moral, Ethik

Eva Herbergen, Strafverteidigerin aus Überzeugung, erzählt von neun ihrer Fälle, die so eindeutig scheinen, aber doch gar nicht sind. Sie erzählt von den Schaltern, die umgelegt werden müssen, damit ein Mensch so handelt, wie man es ihm gar nicht zutraut. Und sie erzählt davon, dass Recht und Gerechtigkeit manchmal unterschiedliche Dinge sind.

Ist es ein Zufall, dass die Autorin dieselben Initialen hat, Professorin für Strafrecht und Richterin am Sächsischen Verfassungsgericht ist? Zumindest merkt man, dass sie weiß, wovon sie erzählt und sich mit dem Recht und den Vorgängen extrem gut auskennt.

Es geht mir sehr unter die Haut, wie still und ruhig sie ganz sachlich alles schildert und damit doch dafür sorgt, dass man Dinge, über die man zuvor eine feste Meinung hatte, plötzlich ganz anders sieht. Man möchte nicht hinsehen, kann aber nicht wegsehen und man weiß, dass man nie wieder ein Verbrechen vorschnell einordnen und den Täter innerlich verurteilen wird. Man wird von nun an immer die Hintergründe, die äußeren Umstände und die Faktoren, die zur Tat führten, genau kennen. Und weil Elisa Hoven gründlich ist, setzt sie beim einen oder anderen Fall einen weiteren Twist ein, der das gerade Gelernte wieder ins Wanken bringt.

Das Buch hat eine unbeschreibliche Wirkung auf mich. Das hatte ich noch nie zuvor auch nur ansatzweise in dieser Intensität. Das liegt nicht zuletzt an den Überlegungen, die Elisa Hovens Protagonistin, aber auch ihre Nebenfiguren anstellen. So viele Sätze, auf die ich mit heftigem Nicken und auch immer wieder auch in Worte gefasste Zustimmung reagiert habe! Das mag sich seltsam anhören, aber das reißt alte Wunden erst auf und hilft dann, sie sauber verheilen zu lassen.

Obwohl die Autorin vom Fach ist, wirft sie nicht mit Fachchinesisch um sich, sondern spricht eine klare, deutliche Sprache, die auch versteht, wer nichts mit der Justiz zu tun hat. Das rechne ich ihr besonders hoch an. Sie muss nicht mit ihrem Wissen und Können prahlen, sonders begibt sich auf Augenhöhe mit dem Leser und im Grunde auch mit allen Tätern, über die sie erzählt. Sosehr sie für das genaue Hinsehen plädiert, so wenig verlangt sie, Verbrechen zu verharmlosen. Und sie gibt zu, selbst nicht perfekt zu sein und immer wieder Fehler zu machen. Ich bewundere ihre Stärke sehr. Das Ende stimmt ein klein wenig versöhnlich, krönt die vorherigen Fälle aber auch. Sehr gut gelungen! Fünf Sterne!

Bewertung vom 21.02.2025
Wilde Pflanzen essen
Rauch, Christine;Donnerberg, Ernestine

Wilde Pflanzen essen


gut

Nicht meins!

Dieses Buch ist durchgehend im Comic-Stil gehalten. Ich bin mir nicht so sicher, welche Zielgruppe es ansprechen möchte. Mir sind die Zeichnungen zu grob und damit kann ich die Pflanzen nicht wirklich identifizieren, zumal sie gern anderen ähneln. Insgesamt finde ich den Stil auch etwas albern und kindisch. Für Kinder wiederum finde ich das Thema insgesamt etwas schwierig, zumal diese einige der Gags und Anspielungen gar nicht verstehen werden und mit Libido hoffentlich nichts anfangen können. Auch wird auf das, was mich interessieren würde, zu oberflächlich eingegangen.

Rezepte im herkömmlichen Sinne gibt es wenige bis keine, eher Anleitungen und Tipps, wobei man die Kräuter verwenden kann. Insgesamt sehe ich das Buch eher als Sammlung von Wild-Pflanzen-Wissen, das man selten bis gar nicht umsetzen wird.

Fazit: Keine Ahnung, welches die Zielgruppe ist. Noch weniger, wer diese Pflanzen wirklich isst. Ich nicht. Drei Sterne, für die Idee, die jedoch besser umgesetzt hätte werden können.

Bewertung vom 18.02.2025
Achtzehnter Stock
Gmuer, Sara

Achtzehnter Stock


ausgezeichnet

Zwischen Platte und Glamour

Wanda lebt mit ihrer fünfjährigen Tochter Karlie zur Miete in eine Platte im achtzehnten Stock. Die Wohnung gehört ihrem Onkel Pawel, der in Krakau jedem von seinem Zweitwohnsitz mit Blick auf den Fernsehturm erzählt. Sie ist Schauspielerin, aber seit einem Werbespot ohne Engagement. Ausgerechnet, als sie bei einem Casting Glück hat, wird Karlie krank.

Erzählt wird hier die Geschichte einer alleinerziehenden Mutter, die zu stolz ist, Hilfe anzunehmen. Sie will um jeden Preis alleine für sich und die Tochter sorgen können. Dabei übersieht sie die Grenze des Möglichen und bringt sich und das Kind mehr als einmal in große Gefahr. Es ist nicht leicht, immer alles richtig zu machen, doch Wanda macht einige Fehler, die nicht sein müssten. Dazu kommen Fehler, die andere machen, deren Folgen sie aber ausbaden muss. Obwohl sie mitten in einem sozialen Brennpunkt lebt, verhält sie sich, als sei sie besser als der Rest der Bewohner. Das geht soweit, dass sie die Nachbarin, die ihr immer und immer wieder hilft, nur als Aylins Mutter bezeichnet und ihren Namen nicht kennt.

Trotz allem mag man Wanda und möchte, dass sie glücklich wird, es schafft, alle Probleme meistert. Doch die Platte ist mächtig und es liegt nur an ihr, diese Macht schlau zu nutzen. Die kleine Karlie ist für mich die stärkste und schlauste Figur im Buch. Sie ist einfach nur bewundernswert und in vielen Dingen ihrer Mama weit voraus. Ich hab sie emotional an der Hand genommen. Um mich oder sie zu stützen, ist nicht ganz klar. Ja, dieser Roman ist wirklich hart und rau und schön, er geht tief und hallt lange nach. So sehr, dass ich die kleine Hand von Karlie noch immer nicht loslassen möchte! Fünf Sterne.

Bewertung vom 17.02.2025
Das Fest (MP3-Download)
Fricke, Lucy

Das Fest (MP3-Download)


ausgezeichnet

Ein ganz besonderer Geburtstag

Jakob war mal ein gefeierter Filmregisseur, doch es ist sehr still um ihn geworden. Sein 50. Geburtstag steht vor der Tür und er meint, nichts zu feiern zu haben. Schließlich ist er grau geworden, beziehungsunfähig, ideenlos, erfolglos. Doch seine beste Freundin Ellen zerrt ihn mit ins Schwimmbad, in dem er früher so gern war. Hier beginnt eine Kette erstaunlicher Zufälle, die ihn durch sein Leben und zu Menschen führt, die er liebte, aber durch den Lauf des Lebens verloren glaubte.

Der Roman ist tief melancholisch, aber auch urkomisch. Es ist umwerfend, wie viele wunderbare Sätze fallen, die nahezu schon philosophisch sind, aber den Nagel immer voll auf den Kopf treffen. In zig Momenten kommt man nicht umhin, mindestens innerlich heftig mit dem Kopf zu nicken und sogar über sich selbst zu schmunzeln. Ja, man erkennt, wenn man rund um Jakobs Alter ist, sehr vieles aus dem eigenen Leben. Das ist herrlich schräg, aber auch wunderbar tröstlich. Es ist einfach erstaunlich, wie viel Lucy Fricke mit diesem kurzen Roman erzählt und aufzeigt. Sie beweist, dass vieles, das ungesagt ist, enorm vielsagend sein kann.

Auch wenn ich sehr früh eine Ahnung hatte, wie die Reise enden wird, hatte ich enorm viel Spaß auf dem Weg dahin. Die Autorin bedient sich einer eleganten, aber unverschnörkelten Sprache. Sie bringt die Dinge auf den Punkt, ohne dabei plump zu werden. Und genau damit öffnet sie auch Augen und Herzen. Man lernt auf der Reise durch Jakobs Leben ihn und seine Vergangenheit kennen und findet ihn von Mal zu Mal sympathischer. Aber auch die Menschen, denen er begegnet, schließt man ins Herz. Sie selbst haben ebenfalls ihre Geschichten, die sie Jakob erzählen. Vielleicht hat er exakt das gebraucht, um endlich mal weniger mit sich selbst beschäftigt zu sein und im Selbstmitleid zu versinken. Es passt sehr schön dazu, dass ihm bei jeder Begegnung ein Missgeschick widerfährt, das recht schmerzhaft ist. Nein, lustig ist es nicht, wenn sich jemand verletzt, das Gesamtbild und der Symbolwert hier aber sind so stimmig und schön, dass man da auch mal etwas schmunzeln darf.

Vielleicht muss man im ähnlichen Alter wie die Figuren sein, um das Buch so zu lieben, wie ich es mache. Auf alle Fälle bin ich super happy, dass der kleine Roman in mein Leben gefunden hat. Er ist großartig. Ganz klare fünf Sterne!

Bewertung vom 16.02.2025
Klapper
Prödel, Kurt

Klapper


ausgezeichnet

Manchmal beginnt das Leben mit 30

In der Gegenwart: Thomas, genannt Klapper, ist gerade 30 Jahre alt und lebt noch immer mit den Möbeln aus seinem Jugendzimmer in einer Einzimmerwohnung. Obwohl er mal so ambitioniert war, ist er in seinem Job nicht weit gekommen. Er hangelt sich durchs Leben. Zufällig öffnet er mal wieder sein ehemaliges Lieblingsspiel Counter Strike und stolpert dabei über das User-Profil seiner Freundin Vivi Meier, genannt Bär, aus Jugendtagen. Seine Gedanken gehen zurück in die Zeit, als er 16 war.

Klapper ist das, was man einen Nerd oder einen Loser nennen könnte. Seine Helden sind Oliver Kahn und Til Schweiger, also echte Kerle, die sich nichts gefallen lassen und immer einen Ausweg finden. Alles, was er nicht kann. Er trägt Shirts von Metal-Bands, einen langen dunklen Mantel, hat keine sozialen Kontakte, bemüht sich aber auch nicht darum. Daher ist es ein echter Schock für ihn, als eine neue Schülerin in die Klasse kommt und die sich ausgerechnet den Platz neben ihm aussucht. Schnell stellt sich heraus, dass auch sie, die sich Bär nennt, nicht ins Schema der restlichen Klassenkameraden passt, obwohl sie sich nicht ganz so abschottet, wie Klapper. Ganz langsam freunden sich beide an. Counter Strike ist ihre gemeinsame Basis. Aber nicht nur das. Im Laufe der Zeit stellt sich heraus, dass beide in ihrem Zuhause nicht so behütet sind, wie es scheinen mag. Beide Elternpaare haben ihre Probleme. Klappers Eltern im sozial schwächeren Teil der Stadt, Bärs Eltern im Wohlstandsviertel.

Hin und wieder machen wir einen Abstecher in die Gegenwart. Es zeichnet sich schnell ab, dass Klapper tatsächlich irgendwie in seiner Jugend hängengeblieben zu sein scheint. Die Zeit um 15 ist besonders prägend. Auf gewisse Weise wirkt das, als würde er etwas Bestimmtes festhalten wollen. Beruflich hängt er fest, da läuft es eher schlecht. Privatleben hat er auch nicht wirklich. Man merkt schnell, da liegt etwas im Argen. Ganz langsam klärt sich auf, wie es zu dieser Situation kommen konnte und man fragt sich, warum Klapper nicht endlich aufwacht und aus dem Hamsterrad ausbricht.

Das Buch wirkt so harmlos und teils meint man, das Leben von Klapper sei einfach nur langweilig. Man braucht viel Feingefühl, um zu erkennen, was wirklich los ist. Man hofft, dass eine Initialzündung Klapper dazu bewegt, etwas zu ändern. Diese kommt auf völlig unerwartete Art und wie die Folgen sein werden, bleibt der Phantasie und Interpretation des Lesers überlassen. Sehr eindrucksvoll erlebt man dabei, wie prägend das Elternhaus ist, wie schwerwiegend die Folgen, wenn die Eltern psychische Probleme haben, Alkoholiker sind oder sonst irgendwie nicht funktional sind. Man fragt sich, hinter welcher Tür in der Nachbarschaft genauso viele Geheimnisse stecken, wie bei Bär und Klapper. Da denke ich an den Spruch meiner Mutter: Unter jedem Dach ein Ach.

Der Roman geht tief und hat so viele kleine versteckte Hinweise, dass man am Ende am liebsten von vorne beginnen möchte, um zu finden, was man zuvor übersehen hatte. Auf so wenigen Seite hat Prödel so viel untergebracht, ohne es zu zerreden oder im Detail zu schildern. Großartig gelungen! Fünf Sterne!