Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Hoelzchen

Bewertungen

Insgesamt 57 Bewertungen
Bewertung vom 29.11.2024
Im Namen der Barmherzigkeit (MP3-Download)
Lind, Hera

Im Namen der Barmherzigkeit (MP3-Download)


ausgezeichnet

Hera Lind hat es sich nun schon seit einigen Jahren zu eigen gemacht, authentische Lebensgeschichten in Romanform zu verfassen. Immer wieder werden wahre Geschichten an sie herangetragen, so auch diese von Steffi.
Steffi wurde gleich nach der Geburt von ihrer Mutter in ein Heim gegeben. Dort verbrachte sie die ersten drei Lebensjahre, bis sie von Pflegeltern auf einem Bauernhof aufgenommen wird. Zusammen mit leiblichen Kindern der neuen Eltern und weiteren Pflegekindern hofft sie auf ein glückliches Leben. Doch die Pflegekinder erleiden dort nur Strafen und müssen harte Arbeiten verrichten. Es ist keine glückliche Kindheit. Doch Steffis Leiden werden größer. Mit Beginn ihrer Pubertät, wird sie regelmäßig auf brutalste Weise vom Pflegevater missbraucht und geschändet. Völlig traumatisiert beschließt sie zu sterben und verweigert die Nahrung. Daraufhin wird sie in eine Klinik eingewiesen, und muss nicht mehr zurück auf den Bauernhof. Sie beginnt eine Lehre und das Leben scheint sich zum Guten zu wenden. Mit nur 15 Jahren wird sie schwanger. Sie entscheidet sich fürs Kind und sie kämpft um ihre Tochter. Immer wieder gibt es Rückschläge.
Ich habe diesen Roman als Hörbuchfassung vernommen und spreche der Sprecherin Yara Blümel meinen größten Respekt aus. Sie verleiht der Protagonistin Steffi eine authentische Stimme. Als Leserin/Hörerin fragt man sich, wieviel kann ein Mensch aushalten. Dieses Leben auf dem Bauernhof macht betroffen und ich spürte eine große Hilflosigkeit. Warum haben alle weggesehen. Die Lehrerschaft, die Nachbarn? Ich glaube nicht, dass sie nichts gewusst haben. Warum hat niemand eingegriffen und geholfen? Diese Unmenschlichkeit der Pflegeeltern ist unbegreiflich. Von den Taten des Pflegevaters ganz zu schweigen. Und das er nie zur Rechenschaft gezogen wurde, macht mich um so wütender. Doch diese Romane, so schmerzlich sie für die Betroffenen sind, sind so wichtig. Sie klären auf und es bleibt zu hoffen, dass es uns lehrt hinzugucken und unsere Stimme zu erheben, wenn Unrecht geschieht. Das Nachwort, in dem die Autorin, Steffi und ihre Ärztin zu Wort kommen, gibt ergänzende Informationen, die diesen Roman abrunden.

Bewertung vom 29.11.2024
Die Sehnsucht, die bleibt
Lange, Kerstin

Die Sehnsucht, die bleibt


ausgezeichnet

Der neue Roman von Kerstin Lange umfasst einige Jahrzehnte, beginnend Anfang der 1950er Jahre. Die Schauplätze sind Wien und Lissabon. Die 10jährige Verena, genannt Reni, lebt zusammen mit ihrer depressiven Mutter, zwei älteren Brüdern und ihrer Großmutter in Wien. Das Geld ist knapp und die Wohnung beengt. Reni ist mangelernährt und viel zu klein für ihr Alter und so darf sie an ein Programm der Caritas teilnehmen, welches Kinder nach Portugal bringt, um sie dort von portugiesischen Gastfamilien aufpäppeln zu lassen. Reni trifft es gut. Ihre Gastfamilie ist sehr wohlhabend, meint es gut mit ihr und schnell freundet sie sich mit der gleichaltrigen Tochter des Hauses an. Schon nach kurzer Zeit hat sie die portugiesische Sprache gelernt und würde am liebsten für immer in Portugal bleiben. Doch nach drei Jahren Aufenthalt, drängt Renis Mutter auf Rückkehr nach Wien. Reni fühlt sich fremd und allein in Wien. Ihre Familie ist zerbrochen und die Mutter nur fordernd und kaltherzig. Um dieser zu entkommen, flieht Reni sich viel zu schnell in eine Ehe. Doch auch hier sucht sie vergeblich nach Glück. Der Briefkontakt zu ihrer portugiesischen Freundin reist nie ab und eines Tages ergibt sich die Gelegenheit nach Lissabon zu reisen und das Glück findet erneut Einzug in Renis Herzen.
Da mir bereits „Eine leise Ahnung von Glück“ von Kerstin Lange sehr gut gefallen hat, war ich neugierig auf diesen neuen Roman: „Die Sehnsucht, die bleibt“. Der Einstieg gelingt leicht und sofort hat mich das Gelesene in den Bann gezogen. Mit Reni hat die Autorin eine sympathische Protagonistin geschaffen. Der Roman ist modern und flüssig geschrieben, so dass das Lesen mir große Freude bereitet hat. Kerstin Lange versteht es, Bilder im Kopf entstehen zu lassen. Die Beschreibungen Lissabons sind ganz bezaubernd. Mir gefällt es immer, wenn auch Unterhaltungsromane einen Mehrwert haben und historische Fakten mit eingebunden werden. So hatte ich vorher noch nie von diesem Kinderverschickungsprogramm zwischen Österreich und Portugal gehört. Auch die politische Situation Portugals, greift die Autorin am Rande mit auf. All das verpackt sie wunderbar in diesem Roman.
Eine rundum lesenswerte Lektüre für die Leserschaft von historischen Unterhaltungsromanen. Von mir gibt es 5 Sterne.

Bewertung vom 24.11.2024
Fräulein Gold: Nacht über der Havel
Stern, Anne

Fräulein Gold: Nacht über der Havel


ausgezeichnet

Dies ist bereits der siebte Teil dieser Reihe. Bislang kannte ich noch kein Buch dieser Saga und bin aufgrund der Hörbuchsprecherin Anna Thalbach auf dieses Hörbuch aufmerksam geworden. Wie zu erwarten, hat sie diesen Roman sehr abwechslungsreich eingelesen und es eine Freude ihr zuzuhören. Ich bin ein großer Fan von historischen Romanen und so trifft die Autorin Anne Stern genau meinen Geschmack. Ich konnte der Handlung sehr gut folgen, auch ohne die Vorgängerromane zu kennen, denn der Roman ist in sich abgeschlossen. Um was geht es? Hulda Gold ist die Protagonistin und eine Hebamme. Sie arbeitet in einer Mütterberatungsstelle, würde aber gerne wieder Geburten begleiten. Doch sie ist ledig und alleinerziehende Mutter einer fünfjährigen Tochter und somit sind familienfreundliche Arbeitszeiten wichtig für sie. Es ist das Jahr 1930 und in Berlin werfen die Nazis ihre Schatten voraus. Hulda ist Jüdin und noch gibt es keine Einschränkungen für sie, doch der Wind weht rauer. Auch ihr Freund Max ist Jude, die beiden pflegen ein unkonventionelles Leben. Hulda hilft wo sie helfen kann und gerät dadurch immer wieder in brenzlige Situationen. In diesem Roman ist es ein Todesfall, den sie versucht aufzuklären.
Anne Stern hat mit Hulda Gold eine authentische Protagonistin geschaffen und den Berliner Zeitgeist sehr gut eingefangen. Es gibt mehrere Handlungsstränge, die parallel zueinander laufen und eine spannende Lektüre bzw. interessantes Hörerlebnis bieten. Es war für mich kein Problem den vielen Personen zu folgen und zuzuordnen. Immer wieder erstaunte mich die Leichtigkeit der Berliner und das moderne Leben, welches zu dieser Zeit schon in der Hauptstadt herrschte. Ich freue mich auf weitere Geschichten von Frl. Gold und vergebe sehr gerne 5 Sterne.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.11.2024
Die Wildblütentochter / Die Blumentöchter Bd.2
Collins, Tessa

Die Wildblütentochter / Die Blumentöchter Bd.2


ausgezeichnet

Schon wenn man dieses Buch in Händen hält, bekommt man große Lust dieses zu lesen. Ein wunderschön gestaltetes Cover und die Buchseiten mit einem hübschen Farbschnitt versehen, sind ein wahrer Eyecatcher. Es ist der zweite Teil aus der Reihe der „ Blütentöcher “ und er lässt sich unabhängig vom ersten Band lesen. Dieses Mal nimmt uns die Autorin Tessa Collins (das Pseudonym der deutschen Autorin Silke Ziegler) mit nach Island. Die Idee dieser Reihe ist, dass fünf Cousinen, sie alle tragen blumige Vornamen, in der Vergangenheit nach ihrer Herkunft suchen. Somit ist auch dieser Roman in zwei Zeitebenen konstruiert. Die Handlung der Vergangenheit spielt in den 1940er Jahren auf Island. Der zweite Weltkrieg tobt und die Engländer wollen Island vor der deutschen Wehrmacht schützen. Die junge Isländerin Sigrun lernt so den britischen Soldaten James kennen und es entwickelt sich eine Liebesbeziehung, doch diese Liebe steht unter keinen guten Stern. Die Protagonistin der Gegenwart ist die Engländerin Soley. Seit über zehn Jahren ist sie eine erfolgreiche und weltbekannte Sängerin. Nach dem Ende einer Beziehung benötigt sie dringend Abstand. Während eines Besuches ihrer Eltern in Cornwall, entdeckt sie ein Ölgemälde mit dem Abbild einer Frau, welche viel Ähnlichkeit mit Soley aufweist. Soleys Spürsinn ist geweckt und sie beschließt nach Island zu reisen, um dort endlich die Familie ihres Vaters kennenzulernen. Er hat vor dreißig Jahren seine Heimat verlassen und den Kontakt dorthin abgebrochen. Die Geheimnisse die Soley ans Licht bringt, führen die Familien wieder zueinander.
Was für ein toller Roman. Eine spannende Geschichte kombiniert mit dem Flair andere Länder kennenzulernen. Die Geschichte ist wie eine kleine Urlaubsreise gewesen, denn die Autorin versteht es, Bilder und Landschaften vor den Augen entstehen zu lassen. Ich konnte mir alles sehr gut vorstellen, ganz so, als ob ich Soley begleiten würde. Alle Protagonisten sind mir sehr sympathisch und erwartungsgemäß gibt es ein Happy End. Mir hat es wieder eine große Freude bereitet, ein Buch dieser Reihe zu lesen und ich freue mich auf den nächsten Teil. Deshalb von mir ganz klar eine Leseempfehlung und 5 Sterne.

Bewertung vom 10.11.2024
Alles, was ich geben kann - The Last Letter
Yarros, Rebecca

Alles, was ich geben kann - The Last Letter


ausgezeichnet

Da mir schon der Vorgängerroman von Rebecca Yarros (Titel: Weil ich an Dich glaube-Great and precious things) so gut gefallen hat, war ich gespannt auf diesen Roman und konnte mir kaum vorstellen, dass er es schafft besser zu sein. Was soll ich sagen, ja, er schafft es. Ihr meint das geht nicht, dann lest selbst, er ist umwerfend. Auch hier greift die Autorin auf ähnliche Protagonisten zurück: ein junger, amerikanischer Soldat trifft auf eine junge, amerikanische Frau. Ella ist mit ihren 25 Jahren eine alleinerziehende Mutter von sechsjährigen Zwillingen. Sie hat in ihrem Leben schon viele Verluste erlitten. Ihr älterer Bruder Ryan gibt ihr Halt, doch er ist Soldat im Kriegseinsatz und so muss sie ihr Leben alleine stemmen, was ihr auch gut gelingt. Eines Tages bitte Ryan seine Schwester, seinem Kameraden mit dem Rufnamen Chaos einen Brief zu schreiben, da dieser keine Familie und Freunde in der alten Heimat hat. Zwischen den beiden entsteht ein reger Briefwechsel und eine tiefe Verbundenheit. Obwohl sie sich nicht kennen, entwickeln sie Gefühle und Nähe zueinander. Doch dann kommt Ryan bei einem Einsatz ums Leben und der Briefwechsel endet. Ella ist verzweifelt, sie vermutet, dass auch Chaos ums Leben gekommen ist. Einige Monate später steht der Soldat Beckett vor Ellas Tür. Er gibt sich als Ryans Freund aus und will dessen letzten Wunsch erfüllen: Ella beizustehen. Beckett traut sich nicht, zu gestehen, dass er Chaos ist. Ella und Beckett nähern sich an, vor allen Dingen ist er Ella und den Kindern eine große Stütze als Ellas Tochter an Krebs erkrankt und ein Wettlauf mit dem Tod beginnt.
Ich kann nur sagen: was für ein Roman! Ein wahrer Pageturner, normalerweise bin ich wirklich kein Fan von Liebesromanen und großen Gefühlen, aber hier werde ich schwach. Rebecca Yarros ist eine sagenhafte Autorin. Nichts ist kitschig oder überzeichnet. Sie bildet das Leben so gut ab und kriecht regelrecht in die Charaktere ihrer Protagonisten hinein und als Leserschaft lebt, liebt und leidet man förmlich mit. Immer wieder gibt es Überraschungsmomente und es bleibt spannend bis zum traurigen Ende. Diese Kombination aus Briefen und Gegenwartshandlung ist perfekt, alles fügt sich ineinander und passt zusammen. Ich hätte noch ewig weiterlesen können, so gefangen war ich von der Geschichte und den sympathischen Protagonisten Ella und Beckett. Diesen Roman könnte ich mir sogar sehr gut als Film vorstellen, da bleibt bestimmt kein Auge trocken.
Von mir gibt es 5 Sterne plus, mehr geht wirklich nicht.

Bewertung vom 10.11.2024
Das Kind mit den stummen Augen
Rohn, Lena

Das Kind mit den stummen Augen


ausgezeichnet

Um es gleich vorweg zu nehmen, dieses Buch/Hörbuch verlangt der Leserschaft/Hörerschaft so einiges ab. An sich bin ich recht hart im Nehmen, doch hier machte mich das Gehörte fassungslos, oft war ich den Tränen nah und die Geschichte hat mich tief, wirklich sehr tief berührt. Vor allen Dingen mit dem heutigen Wissen, dass es sich das hier Geschriebene so ereignet haben könnte. Aber worum geht es: Theresa führt zusammen mit ihrer Mutter Inga und ihrer Tante Martha einen Teeladen in Emden. Das Geschäft läuft immer schlechter. Theresa plant Modernisierungen, doch ihre Mutter und ihre Tante sträuben sich. Zunächst soll ein Zeitungsartikel über das Traditionsgeschäft auf den Laden aufmerksam machen und neue Kundschaft anwerben. Der junge Journalist von Bargen soll den Artikel schreiben und Theresa und er beginnen in der Vergangenheit zu graben und decken dabei unfassbare Dinge auf. Im Handlungsstrang der Vergangenheit geht es zurück in die 60er Jahre. Die Schwestern Inga, Martha und Clara werden von ihren Eltern für sechs Wochen in ein Erholungsheim in den Teutoburger Wald geschickt. Dort sollen Sie eine gute Zeit verbringen, so glauben und versprechen es die Eltern den Kindern. Inga ist acht, Martha sechs und Clara erst vier Jahre alt. Schon auf der Busfahrt ins Heim wird klar, dass die sogenannten Tanten und Krankenschwestern fies und garstig sind. Was die Drews-Schwestern und die anderen Kinder dann im Heim erleiden und erdulden müssen ist unbegreiflich. Die schwarze Pädagogik der NS-Zeit ist hier immer noch das Gebot der Stunde und auch als es zu einem Unglück kommt, wird den Kindern kein Gehör verschafft.
Die Autorin Lena Roth hat mit diesem Roman ein wichtiges Kapitel deutscher Geschichte aufgegriffen. Sie tut gut daran, all diesen Kindern von damals eine Stimme zu geben. Viele Jahrzehnte wurden diese Machenschaften totgeschwiegen. Mittlerweile wird aufgeklärt und die Medien berichten darüber. Leider viel zu spät, denn viele Täter und Täterinnen, ja, genauso muss man sie benennen, sind mittlerweile gestorben und können nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden. Aber es kann einfach nicht genug darüber berichtet werden, und auch dieser Roman trägt dazu bei, aufzuklären. Immer wieder frage ich mich, wie konnten Menschen zu so etwas fähig sein, ihnen anvertraute Kinder so zu quälen. Diese Unmenschlichkeit ist einfach nicht zu fassen.
Die Autorin trifft genau den richtigen Ton und Schärfe. Nichts wird beschönigt. Die Zeitebenen wechseln sich ab, so gelang es mir, in der Gegenwartsebene aufzuatmen, denn der Vergangenheitsstrang ist absolut keine leichte Kost und verlangte mir einiges ab.
Auch die Hörbuchsprecherin Christ Nonnast hat den Roman perfekt eingelesen und macht damit das Hörbuch zu etwas ganz Besonderem. Mein großer Dank geht aber an die Autorin, die es geschafft hat, diese schlimmen Erfahrungen von vielen Kindern, uns in Romanform näher zu bringen.
Eine Geschichte, die gelesen werden muss: 5 Sterne.

Bewertung vom 10.11.2024
Lass uns tanzen, Fräulein Lena
Aden, Hanna

Lass uns tanzen, Fräulein Lena


sehr gut

Dies ist die Fortsetzung von „I love you, Fräulein Lea“ und kann auch ohne den ersten Teil zu kennen, gelesen werden. Die Autorin Hanna Aden versteht es, wichtige Fakten aus dem Vorgängerroman einfließen zu lassen, so dass ein Einstieg leicht gemacht wird.
Lena Buth ist mit ihrer Mutter und ihren zwei Schwestern aus den Ostgebieten geflohen. Ihr Vater, ein Pastor, ist bei seiner Gemeinde geblieben, die Brüder als Soldaten in den Krieg gezogen. Von ihnen gibt es keine Lebenszeichen. Lena und ihre jüngere Schwester hat es nach Niebüll in Nordfriesland verschlagen. Ihre Mutter und die ältere Schwester leben in einem dänischen Lager, doch Lena gelingt es, die beiden nach Niebüll zu holen und trotz Wohnungsknappheit schafft sie es, für die vier ein gemeinsames Zimmer zu finden. Als Flüchtlinge haben sie es nicht leicht und Lena muss gegen viele Gerüchte ankämpfen und sich Anerkennung erarbeiten. Zum Glück hat sie Arbeit, am Wochenende hilft sie in vielen Haushalten und in der Woche arbeitet sie im Büro der britischen Besatzer und führt Übersetzungsarbeiten aus. Dort trifft sie auch auf ihre neue Kollegin Doro. Doro kommt aus Berlin und die beiden freunden sich an. Ihr ist es zu verdanken, dass sich Lena auch Vergnügen gönnt und gemeinsam gehen sie tanzen. Eine völlig neue Welt tut sich hier für Lena auf.
Wenn man den Klappentext liest, vermutet man, einen leichten, unterhaltsamen Roman in Händen zu halten. Einerseits ist er das auch so, doch Hanna Aden scheut nicht davor zurück, auch die dunklen Seiten des damaligen Zeitgeistes anzusprechen. Die Nazi-Herrschaft scheint überwunden, doch leider ist die Ideologie noch nicht aus allen Köpfen verbannt. Immer wieder ist das Miteinander innerhalb der Familie ein Thema. Ist Blut immer dicker als Wasser? Auch Lenas Freund Rainer muss sich am Ende diese Frage stellen und auch die Leserschaft kommt ins Grübeln: wie hätte man selbst gehandelt. Der Titel mag suggerieren, dass das Tanzen im Vordergrund steht, dem ist absolut nicht so. Vermutlich sollte eine Wiedererkennung zum ersten Roman hergestellt werden und auch das Cover lässt dieser Vermutung verstärken. Aber das ist ok, mir gefällt, das auch ernstere Themen angeschnitten werden, das Ende jedoch ist zu abrupt. Hier hätten dem Roman noch einige Seiten mehr gutgetan, um den Abschluss glaubwürdiger erscheinen zu lassen. Ein bisschen mehr Tiefe wäre auch schön gewesen, denn Hanna Aden hat hier viele interessante Charaktere erschaffen, die es verdient hätten, an Bedeutung zu gewinnen. Für mich wäre der Roman dann noch runder geworden.
Nichts destotrotz hatte ich eine gute Lesezeit und wer wie ich, gerne historische Unterhaltungsromane liest, wird seine Freunde an diesem Buch haben. Auf alle Fälle eine Leseempfehlung mit 4 Sternen von mir.

Bewertung vom 03.11.2024
Die Familienangelegenheiten der Johanne Johansen
Heldt, Dora

Die Familienangelegenheiten der Johanne Johansen


ausgezeichnet

Der Titel von Dora Heldts neuem Roman klingt vielleicht ein bisschen spröde, aber der Titel täuscht. Wer, so wie ich, ein Fan von Dora Heldts Bücher ist, wird auch diesen Roman lieben und voll auf seine Kosten kommen. Hanseatisch, praktisch, gut eben.
Die Protagonistin Johanne ist mit ihren 65 Jahren in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet worden. Viele Jahrzehnte hat sie in einer Hamburger Spedition gearbeitet und sie hinterlässt dort eine große Lücke. Aber irgendwann muss Schluss ein, beschließt Johanne. Ihre Familie ist im Besitz einer Hamburger Reederei, welche im Barkassengeschäft tätig ist. Gern hätte sie dort ihr Wissen und Können eingebracht, doch Frauen waren in der Chefetage nicht erwünscht. Johanne ist keine Sympathieträgerin. Sie ist ledig, kinderlos und sie lebt mit der ehemaligen Haushälterin ihrer Großeltern, der 80jährigen Edda, in einem Haus. Familie gibt es kaum. Zu ihrem 85jährigen Onkel Friedrich und ihrer 10 Jahre jüngeren Cousine Louise pflegt sie nur sporadisch Kontakt. Die Reederei wird mittlerweile von Louises Ehemann Thilo-Alexander geführt. Doch dann überstürzen sich die Ereignisse und aus Johannes Rentendasein wird vorerst nichts. Die Reederei braucht sie und Johanne muss so über manchen Schatten springen.
Ich bin so froh, dass ich zur Hörbuchfassung dieses wundervollen Romans gegriffen habe. Der Sprecherin Vera Teltz zuzuhören, war mir ein großes Vergnügen. Sie verleiht jeder Person eine besondere Nuance und sie schafft es, die Protagonisten zum Leben zu erwecken und authentisch klingen zu lassen. Ein großer Dank an Dora Heldt, für diesen tollen Roman. Sie schafft es, dass Bilder im Kopf entstehen. Die Beschreibungen von Orten und Personen sind so anschaulich, so dass man alles ganz klar vor sich sieht und vorstellen kann. Okay, einen kleinen Vorteil habe ich, denn ich lebe in der Metropolregion Hamburg. Doch ich bin mir sicher, auch der übrigen Leserschaft ergeht es so. Immer wieder beschlich mich beim Zuhören das Gefühl, dass die Autorin über eine sehr gute Menschenkenntnis verfügen muss, denn anders ist es nicht zu erklären, dass die Charaktereigenschaften der Personen so gut abgebildet werden. Der Handlungsfluss versprüht eine solche Leichtigkeit, so dass keine Langweile aufkommt. Auch wenn das Ende vorhersehbar ist, so fühlte ich mich als Leserin bestätigt und keinesfalls enttäuscht. Nichts wirkt ausgedacht oder überzogen. Genauso kann sich das alles zugetragen haben. Johanne mit ihrer distanzierten und direkten Art und auch die anderen Frauen sind mir sehr ans Herz gewachsen. Viel zu schnell waren die 13 Stunden Hörbuch vorbei. Genau solche Romane braucht es, um eine gute Lesezeit bzw. Hörzeit zu haben. Eine absolute Empfehlung mit 5 Sternen.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.10.2024
Der Brieffreund aus Svealand
Lamberti, Frieda

Der Brieffreund aus Svealand


sehr gut

Ana und Oliver wohnen mit ihrem sechsjährigen Sohn in Berlin. Alles scheint perfekt, doch plötzlich will Oliver die Scheidung. Er versichert zwar, Ana weiterhin zu lieben, doch er könne nicht mehr mit ihr leben und würde sie schützen wollen, da zu viel in der Vergangenheit passiert sei. Ana kann sich darauf keinen Reim machen und ist verzweifelt. Der gemeinsame Freund Tjorben, aus früheren, gemeinsamen WG-Zeiten, hält weiterhin Briefontakt zu ihr. Er lebt seit vielen Jahren in Schweden und ist ein erfolgreicher Autor. Ana vermutet, dass für Olivers Verhalten die Ursache in Schweden liegen könnte. Mehrmals reist sie dorthin und deckt am Ende unglaubliches auf.
Dieses Buch ist ein typsicherer Roman der Autorin. Wer ihre Bücher kennt, weiß, dass sie einen flüssigen und modernen Schreibstil pflegt und man gute Unterhaltung erwarten kann. So auch hier. Ana ist eine sympathische Protagonistin, die nicht lockerlässt und sich auch nicht die Butter vom Brot nehmen lässt. Der Roman ist spannend und die Auflösung am Ende sehr überraschend. Es gibt immer wieder neue Überraschungsmomente und des kommt keine Langeweile auf. Allerdings stört mich die Darstellung vom sechsjährigen Daniel. Sein Verhalten und seine Sprache erscheinen mir nicht altersgerecht. Auch habe ich meine Probleme mit Olivers Rechtsanwalt. Ich glaube nicht, dass seine Arbeit authentisch ist und im wahren Leben eine andere Leistung zu erwarten wäre. Doch alles in allem hatte ich eine gute Lesezeit und habe den Roman zügig gelesen, weil ich wirklich neugierig auf den Ausgang der Geschichte war und ich mit einem nicht zu erwartenden Verlauf belohnt wurde.
Von mir gibt es 4 Sterne zur Leseempfehlung.

Bewertung vom 23.10.2024
Mami braucht 'nen Drink - erst recht an Weihnachten / Tagebuch einer gestressten Mutter Bd.5
Sims, Gill

Mami braucht 'nen Drink - erst recht an Weihnachten / Tagebuch einer gestressten Mutter Bd.5


ausgezeichnet

Dies ist ein Weihnachtsbuch der besonderen Art und ganz nach meinem Geschmack. Es ist weder romantisch noch gaukelt es uns die heile Welt vor. Es zeigt einfach den Alltag. Die Protagonistin Ellen, ich schätze sie auf Mitte/Ende vierzig, ist verheiratet und Mutter von zwei erwachsenen Kindern. Ihre Tochter Jane studiert in Edinburgh und ihr Sohn Peter hat gerade die Schule beendet und nimmt sich momentan eine Auszeit in Thailand. Ende November teilen ihr beide Sprösslinge mit, dass sie Weihnachten nicht Zuhause verbringen werden. Auch andere Familienmitglieder sagen Ellen ab. Sie ist entsetzt und traurig, denn Ellen ist ein absoluter Weihnachtsfan und sie versucht die Feiertage immer wie im Bilderbuch zu gestalten. Nun gerät sie ins Grübeln und dabei erinnert sie sich an die Feste der vergangenen Jahre. Nicht immer lief es harmonisch ab. Oft war es sehr chaotisch und unkonventionell. Der ganz normale Wahnsinn eben, wenn Familien aufeinandertreffen. So wechseln sich die Zeitebenen in diesem Buch ab und wir huschen durch Gegenwart und Vergangenheit. Ich hatte beim Lesen großen Spaß. Natürlich ist einiges übertrieben dargestellt, aber sei es drum, es ist tolle Unterhaltung und ganz ehrlich, es stecken auch viele Wahrheiten in diesem Roman. Wenn man tief in sich hineinhorcht, kann man bestimmt den ein oder anderen persönlichen Bezug herstellen. Soweit entfernt ist die Autorin von der Realität nicht. Sie versteht wirklich ihr Handwerk. Gill Sims hat hier einen lockeren und heitern Roman verfasst. Es gibt noch weitere Bücher aus dieser Reihe, dies ist bereits der fünfte Band. Die anderen Teile kenne ich nicht. Der Kurzbeschreibungen nach, begleitet man Ellen und ihre Kinder von klein bis groß. Für mich passte dieser Weihnachtsband perfekt, sind meine Kinder doch im ähnlichen Alter von Ellens und ich hatte wirklich meinen Spaß bei vielen Deja-vu-Momenten. Auch wenn ich Ellens Alkoholkonsum etwas bedenklich finde. Weihnachten kann kommen und Dank Ellen werde ich cool und relaxt sein.