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Hoelzchen

Bewertungen

Insgesamt 87 Bewertungen
Bewertung vom 20.03.2025
Ein ungezähmtes Tier
Dicker, Joël

Ein ungezähmtes Tier


ausgezeichnet

„Ein ungezähmtes Tier“ von Joel Dicker ist ein Roman vieler Wendungen und mit einem unerwarteten Ende. Von mir als Hörbuch gehört, sind die vielen verschiedenen Zeitebenen eine Herausforderung gewesen. Vermutlich kann man dem beim geschriebenen Roman besser folgen. Aber mit ein bisschen Konzentration funktioniert auch das und der Sprecher Torben Kessler erzählt spannend und fesselnd.
Die Protagonisten sind zwei Ehepaar aus der Schweiz. Sophie und Arpad Braun, sie ist Rechtsanwältin, er Investmentbanker. Mit ihren zwei Kindern leben sie in einem schicken Haus in einem Vorort von Genf. Dort wohnen auch Karine und Greg mit ihren beiden Kindern. Allerdings in einem Reihenhaus. Karine arbeitet in einer Boutique, Greg bei der Polizei. Die beiden Ehepaare freunden sich an. Greg ist von Anfang an von Sophie fasziniert, er spioniert sie sogar aus. Sowohl Greg wie auch Karine bewundern die Brauns, auch Neid kommt auf. Der Lebensstil der Brauns ist beeindruckend. Geld scheint keine Rolle zu spielen. Doch dann läuft alles, aber auch wirklich alles aus dem Ruder. Greg handelt unüberlegt und bringt seinen Job in Gefahr. Dann taucht ein alter Freund von Sophie und Arpad auf und nach und nach erfährt man mehr über das Vorleben der Brauns. Auch Karine merkt, dass da etwas im Busch ist und reimt sich etwas zusammen, doch das ganze Ausmaß von Verwicklungen wird sie nicht ermessen.
Mich hat diese Geschichte von Beginn an fasziniert und ich spreche dem Autor meine Hochachtung aus. Diese vielen Handlungsstränge sind einfach hervorragend miteinander verknüpft. Hier stimmt einfach alles. Sowohl sprachlich, modern und flüssig geschrieben, wie auch das komplexe Gerüst der gesamten Handlung. Das ist wirklich ganz großes Kino.
Das Cover ist toll gewählt und auch der Titel erschließt sich zum Ende. Mehr geht nicht. Von mir gibt es eine 5 Sterne Leseempfehlung.

Bewertung vom 20.03.2025
Vor hundert Sommern
Fuchs, Katharina

Vor hundert Sommern


ausgezeichnet

Der neue Roman von Katharina Fuchs „Vor hundert Sommern“ hat mich, wie erwartet, wieder tief berührt und beschäftigt mich nach Beendigung des Buches immer noch. Die Protagonistinnen sind vier Frauen unterschiedlicher Generationen. Der Roman spielt in zwei Zeitebenen, die sich fortlaufend abwechseln. Ein Handlungsstrang beginnt im Jahr 1925, also vor einhundert Jahren, dem Titel gerecht werdend. Die 19jährige Clara wächst mit vier Geschwistern in ärmlichen Verhältnissen in Berlin auf. Schon als 14jährige muss sie, wie damals in der Arbeiterschicht üblich, arbeiten gehen. Selbstbewusst geht sie durchs Leben, lässt sich nie die Butter vom Brot nehmen und schafft den Sprung in die Selbstständigkeit. Doch der 2. Weltkrieg hinterlässt tiefe Spuren im Leben ihrer Familie. Der zweite Handlungsstrang spielt in der Gegenwart. Elisabeth ist Claras Nichte und mittlerweile 94 Jahre alt. Gerade ist sie aus ihrer Berliner Wohnung nach Hamburg in ein Seniorenheim gezogen, um in der Nähe ihrer Tochter Anja (57) zu sein. Ihre Enkelin Lena (19) studiert in Berlin und unterstützt die Familie beim Ausräumen von Elisabeths Wohnung. Dabei findet Lena viele alte Dinge und Fotos und Fragen kommen auf. Viele Jahrzehnte hat Elisabeth geschwiegen, doch sie erkennt, dass die Zeit gekommen ist, um die Familiengeschichte ans Licht zu bringen. Anja und Lena sind fassungslos, denn das was sie hören, beeinflusst auch ihr Leben.
Aktueller kann ein Roman, der im März 2025 erscheint, nicht sein. Denn endet der Roman doch erst im Dezember 2024. Katharina Fuchs hat mich wieder mit ihrem modernen und flüssigen Schreibstil überzeug. Ihre Bücher zu lesen bereitet mir jedes Mal eine große Freude. Sie schreibt so authentisch, der Funke springt sofort über und auch hier hat mich die Geschichte sofort wieder in den Bann gezogen. Es gelingt ihr sensationell gut, Vergangenheit und Gegenwart miteinander zu verknüpfen. Sehr gut gefallen mir auch die vielen politischen Verweise auf unsere gegenwärtige Situation und die vielen aktuellen Themen, die uns momentan beschäftigen, wie Nachhaltigkeit, Social Media etc. Sie geben dem Roman einen besonderen Impuls. Ferner werden wir daran erinnert, die Zeiten der NS-Diktatur nicht zu vergessen und zeigen uns Parallelen zu damals und jetzt.
Die Protagonistinnen sind mir im Laufe des Romans sehr ans Herz gewachsen. Speziell Anja ist wie eine Freundin für mich geworden, das mag am selben Alter liegen, denn ich kann sämtliche Gedanken und Entscheidungen gut nachvollziehen, auch sind meine Töchter im ähnlichen Alter wie ihre. Das verbindet. Das Nachwort hat mich sehr berührt, denn wie wir erfahren, sind nicht alle Figuren der Fantasie entsprungen. So gab es Clara wirklich. Mit diesem Hintergrund sieht man die Geschichte zusätzlich mit anderen Augen. Das Buchcover gefällt mir auch sehr gut. Ich vermute es zeigt Lena beim Stöbern in alten Dokumenten.
Von mir gibt es ganz klar 5 Sterne Weiterempfehlung.

Bewertung vom 13.03.2025
Middletide - Was die Gezeiten verbergen
Crouch, Sarah

Middletide - Was die Gezeiten verbergen


ausgezeichnet

Der Roman ist das Debüt von Sarah Crouch, einer Profi-Marathonläuferin aus den USA. Der Klappentext, sowie das atmosphärische Buchcover haben mich neugierig auf das Buch gemacht. Der Roman ist in unterschiedlichen Zeitebenen geschrieben und man sollte konzentriert lesen, um der Handlung folgen zu können. Mich hat die Geschichte von Beginn an gefesselt und ich hatte keine Probleme mit den wechselnden Perspektiven, die wunderbar miteinander verknüpft werden.
Elijah und Nakita verbindet eine Jugendliebe. Sie leben in einer Kleinstadt an der amerikanischen Pazifikküste. Doch dann trennen sich ihre Wege für viele Jahre, bis Elijah nach dem Tod seines Vaters zurückkehrt. Er kämpft um Nakitas Liebe, doch diese weist ihn zunächst ab. Zu groß sind die Wunden der Vergangenheit. Dann erschüttert ein Mord die Küstenstadt und Elijah gerät ins Visier der Sheriffs. Die Beweislage ist erdrückend, denn die Vorgehensweise des Mordes erinnert an Elijahs einzig geschriebenen Buch: Middeltide. Die Zeit rennt dahin und Elijah versucht mit Hilfe von Nakita seine Unschuld zu beweisen.
Tatsächlich vermutete ich anfangs eine Liebesgeschichte, doch diese gerät in den Hintergrund und der Roman entwickelte sich zu einem Krimi. Dies Kombination gefällt mir sehr gut, doch sollte man wissen, auf was man sich einlässt. Die Leserschaft von reinen Liebesromanen oder Krimis könnte enttäuscht werden. Sehr gelungen sind die wunderschönen Landschaftsbeschreibungen und sprachlich bewegt sich Sarah Crouch auf hoher Ebene. Kaum zu glauben, dass dies ihr erster Roman ist. Mich hat dieser Roman komplett abgeholt, auch über einige Ermittlungsfehler kann ich hinwegsehen. Der Roman endet im Jahr 1994 und kriminaltechnisch lässt sich diese Zeit nicht mit unserem heutigen Stand vergleichen, zumal das Setting in einer Kleinstadt angedacht ist.
Ich hatte ein Wochenende lang eine hervorragende Lesezeit und vergebe 5 Sterne.

Bewertung vom 07.03.2025
Die Anatomie der Einsamkeit (eBook, ePUB)
Pelt, Louise

Die Anatomie der Einsamkeit (eBook, ePUB)


gut

Nachdem mir das erste Buch von Louise Pelt sehr gut gefallen hat, war ich neugierig auf ihren neuen Roman. Das Konstrukt ist hier ähnlich. Es gibt drei Erzählebenen in unterschiedlichen Jahrzehnten, wobei eine davon lediglich Gedichte sind, die in den 1940er Jahren verfasst wurden. Zu Beginn lässt sich dieser Strang nur schwer einordnen, aber im Laufe des Romans versteht man diesen. In einem weiteren Strang geht es um Claire, einer Amerikanerin. Anfang der 2000er Jahre erreicht sie die Nachricht vom Tod ihrer Zwillingsschwester Iris. Die beiden pflegten schon lange keinen Kontakt mehr zueinander. Iris Tod bringt Claires Leben durcheinander. Sie besucht Iris letzten Wohnort und nutzt diese Reise als Chance, zu sich selbst zu finden und erkennt mit Hilfe von Iris Freunden, was wirklich wichtig ist im Leben. Der dritte Handlungsstrang spielt dann 20 Jahre später. Die Journalistin Olive ist Anfang 30 und Engländerin. Zu ihrer mittlerweile dementen und bettlägerigen Großmutter pflegt sie eine enge Beziehung. Von ihr erhielt sie auch einen alten Kompass, der in diesem Roman eine Schlüsselrolle spielt. Berufliche Erfolge blieben bei Olive bislang aus, doch dies soll sich nun ändern. Zusammen mit einem Kollegen begibt sie sich auf einen Roadtrip durch Europa und stellt Nachforschungen zum Leben ihrer Großmutter an, denn ein identischer Kompass ist bei einer Leiche in Hamburg gefunden worden.
Fazit: Beide Handlungsstränge sind interessant zu lesen. Sie sind flüssig und strukturiert geschrieben. Die Protagonistinnen sind mir sympathisch und die Situationen in denen sie sich befinden, erscheinen glaubwürdig. Während der Lektüre stellte ich die ganze Zeit Überlegungen an, wie diese beiden Handlungen wohl zueinanderfinden werden. Anhaltspunkte gab es so überhaupt nicht. Das es eine Verknüpfung geben muss, war natürlich klar, denn so sind die Romane von Louise Pelt angedacht. Doch von der Umsetzung dieser Verknüpfung war ich sehr enttäuscht. Ich möchte hier nicht spoilern, aber Claire als Protagonistin ergibt für mich keinen Sinn. Olives Geschichte ist einleuchtend und es braucht sie auch, um zur Auflösung zu kommen. Hinzu kommt, dass das Ende zu schnell und unvorbereitet kam und auch nicht wirklich stimmig war. Schade, denn auf über 400 Seiten erfahren wir soviel über Olive und Claire und mit einem rasanten Tempo wird dann das Ende präsentiert. Ich denke, da hätte es mehr Potential gegeben.

Bewertung vom 07.03.2025
Achtzehnter Stock (MP3-Download)
Gmuer, Sara

Achtzehnter Stock (MP3-Download)


ausgezeichnet

Schon der Titel machte mich neugierig auf diesen Roman und nach den ersten Seiten der Leseprobe war klar, dass ich diesen Roman lesen oder hören muss. Ich habe mich dann für die Hörbuchfassung entschieden und die Sprecherin Nina Reithmeier macht ihren Job sehr gut. Sie gibt der Protagonistin Wanda die perfekte Stimme. Das Leben in einer Plattenbausiedlung in Berlin wird hier realistisch abgebildet. Wanda ist eine arbeitslose Schauspielerin und alleinerziehende Mutter der fünfjährigen Karlie. Das Geld ist immer knapp und Karlie ist häufig krank, so wie es bei kleinen Kindern eben oft der Fall ist. Wanda steht vor allem alleine da, zum Glück findet sie Unterstützung bei ihren Nachbarinnen in der Platte. Sie alle sitzen im selben Boot und ihre Schicksale gleichen sich. Eines Tages scheint das Glück nah, ein Jobangebot für Wanda, doch der Traum zerplatzt so schnell wie er gekommen ist. Aber Wanda gibt nicht auf und weiß sich durchzusetzen. Mit Hartnäckigkeit und gesundem Menschenverstand dreht sich das Blatt für sie und erste Erfolge stellen sich ein. Wanda hört auf ihre Tochter und beide vergessen ihre Wurzeln nicht und so gibt es einen Neuanfang im Achtzehnten Stock.
Mein Fazit: auch wenn mein Lebensmittelpunkt sich weder in einer Plattenbausiedlung, noch in der Welt der Schauspieler befindet, so denke ich, dass die Autorin hier ein authentisches Leben abbildet. Die Sprache, der sie sich bedient ist absolut realistisch, auch wenn ziemlich oft verf…darin vorkommt. Die kurzen, klaren Sätze bringen es genau auf den Punkt. Sara Gmuer nimmt kein Blatt vor dem Mund und oft beschlich mich der Gedanke, genauso ist es. Die Überforderung Wandas in der Kindeserziehung, ihre Zweifel eine gute Mutter zu sein, alles ist so realistisch beobachtet und macht diesen Roman zu etwas ganz Besonderem. Für mich ein absolutes Hörbuch Highlight für 2025.

Bewertung vom 07.03.2025
Sommervogelflug
Floris, Eva

Sommervogelflug


ausgezeichnet

Schon das Buchcover ist ein wahrer Eyecatcher. Die bunten Farben suggerieren ein fröhliches Frühlings- oder Sommerbuch und man vermutet einen leichten Unterhaltungsroman in Händen zu halten, aber dieser Roman ist vielschichtig und greift auch ernste Themen auf.
Die Hamburgerin Lilly ist Anfang 30 und hat gerade eine Krebserkrankung überwunden, sie ist dem Tod gerade nochmal von der Schippe gesprungen. Während der Therapie ist ans Licht gekommen, dass sie adoptiert wurde. Der Schock sitzt tief und als ganz normale Reaktion, distanziert sie sich erst einmal von ihren Adoptiveltern. Ihre Mission lautet, ihre wahren Eltern zu finden. Eine Spur führt nach Italien. Auf der Insel Elba lebt Valentina, diese besitzt dort einen Schmetterlingspark und Lilly glaubt, in ihr, ihre leibliche Mutter gefunden zu haben. Kurzerhand beschließt Lilly eine Auszeit zu nehmen, bricht mit ihrem Verlobten und wie es der Zufall so will, findet sie eine Stelle im Schmetterlingspark. So kann sie Valentina kennenlernen. Diese hat keinen einfachen Charakter und immer wieder verpasst Lilly den Moment, Valentina reinen Wein einzuschenken. Auf der Feier zu Valentinas 50. Geburtstag platzt die Bombe und viele Wahrheiten kommen ans Licht.
Was für ein toller Roman. Ich bin immer noch ganz beseelt von der Lektüre. Bislang kannte ich noch keine Romane von Eva Floris, doch ich werde künftig Augen und Ohren offenhalten und Ausschau nach ihren Büchern geben. Der Einstieg in die Geschichte gelingt sofort, der moderne und flüssige Schreibstil machte es mir einfach. Lilly ist eine sympathische Protagonistin und ich konnte ihr Handeln jederzeit absolut nachvollziehen. Die Wendungen, die der Roman zum Ende nimmt, sind überraschend und nicht vorhersehbar. Der Abschluss ist authentisch, denn es gibt kein klassisches Happy End, dafür aber ein realistisches Ende. Das gefällt mir sehr und ist einfach gut gemacht. Dieser Roman ist eine perfekte Mischung zwischen Unterhaltung und ernsten Themen. Auch habe ich einiges an Wissen über Schmetterlinge erworben. Hinzu kommen dann noch die wunderschönen Landschaftsbeschreibungen von Elba. Ich habe große Lust bekommen, diese Insel zu besuchen. Die 330 Seiten waren leider viel zu schnell ausgelesen. Von mir gibt es definitiv eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 27.02.2025
Mandelträume / Die Blütenfreundinnen Bd.2 (eBook, ePUB)
Martin, Ellen

Mandelträume / Die Blütenfreundinnen Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Hier nun also Band 2 der Blütenfreundinnen, die ich im ersten Teil sofort ins Herz geschlossen habe. Die Freundschaft der vier sehr unterschiedlichen Frauen hat sich gefestigt, alle haben irgendwie ihr Päckchen zu tragen, wie das eben so ist, wenn man die 50 überschritten hat. Lena musste ihre Apotheke schließen und ist in ein seelisches Loch gefallen. Nicole hat ein Jobangebot erhalten und wird aufgrund ihrer guten Fremdsprachenkenntnisse eine Reisebegleitung übernehmen. Damit Lena auf andere Gedanken kommt, bittet Nicole um Unterstützung. Antonia ist traurig, dass ihre Schwägerin Nicole nicht sie gefragt hat. Nachdem sie ihren Job gekündigt hat, ist momentan viel Leerlauf in ihrem Leben. Doch dann lädt Kristin sie zu einem Trip nach London ein, denn in ihrer Ehe läuft es mal wieder nicht rund, die Hochs und Tiefs wechseln sich ab. Am Ende treffen sich die vier Freundinnen in Portugal und erkennen wieder einmal, wie wichtig Freundschaften sind.
Die Romane von Ellen Marin lese ich immer wieder gerne und ich wurde wirklich noch nie enttäuscht. Gerade diese Reihe zeichnet sich durch die vielschichtigen Frauen aus. Sie sind absolut authentisch abgebildet und durch den modernen und flüssigen Schreibstil stellt sich schnell ein Lesespaß ein. Tatsächlich gefällt mir dieser zweite Teil sogar noch besser, was auch an den gelungenen Reisebeschreibungen liegen mag. Immer wieder ploppten Bilder vor meinen Augen auf. Einzig unlogisch fand ich, dass die Männer aus den USA eine Reisebegleitung brauchten. Sie waren gut vorbereitet und wussten sich immer zu helfen, warum sind sie nicht alleine mit einem Mietwagen durch Südeuropa gereist? Aber sei es drum. Ich hatte eine gute Lesezeit, vergebe gerne 5 Sterne und freue mich auf den nächsten Band.

Bewertung vom 20.02.2025
Von hier aus weiter
Pásztor, Susann

Von hier aus weiter


ausgezeichnet

Marlene ist nach dreißig Jahren Witwe. Der Roman beginnt mit Rolfs Beerdigung. Die große Familie hat sich versammelt, denn Rolf hatte mit seiner ersten Frau drei Söhne. Diese sind mittlerweile verheiratet und haben insgesamt 14 Kinder. Doch Marlene konnte mit der Familie nie viel anfangen und sie pflegen kein herzliches Verhältnis zueinander. Sie gibt sich weiterhin distanziert und denkt in den darauffolgenden Wochen häufig über einen Suizid nach. Sie ist verbittert, dass Rolf sie alleine zurückgelassen hat. Aber so ganz hat sie mit dem Leben noch nicht abgeschlossen. Sie braucht einen Handwerker fürs Badezimmer und sucht wahllos im Telefonbuch den Klempner Jack Habermann aus. Was sie nicht weiß, Jack ist ein ehemaliger Schüler von ihr und er spürt, dass er Marlene nicht alleine lassen kann. So bleibt er erst einmal bei ihr und sie bilden eine Wohngemeinschaft. Zusammen mit Rolfs Hausärztin Ida wird sich nun im Marlene gekümmert. Marlene nimmt diese Hilfe an und taut langsam auf. Und auch Wally, Marlenes alte Freundin aus Wien, sucht immer wieder den Kontakt zu ihr.
Susann Pasztor gelingt es einfach, den richtigen Ton zu treffen. Ich finde Marlenes Verhalten absolut authentisch und nachvollziehbar. Mit ihr hat die Autorin eine sehr natürliche Person geschaffen und auch die anderen ProtagonistInnen finde ich sehr gelungen. Die Geschichte ist flüssig und humorvoll erzählt. Auch wenn es hier um ein ernstes Thema geht, so hatte ich doch viel Freude beim Lesen. Der Tod erwartet uns alle, warum nicht auch humorvoll darüberschreiben. Die vielen Wahrheiten geben Denkanstöße. Die Personen sind alle so gut beschrieben, dass ich sie förmlich vor mir sehe. Ich werde auf alle Fälle weitere Bücher der Autorin lesen. Dieser Roman ist ein absolutes Lesehighlight für 2025.

Bewertung vom 16.02.2025
Fernwehland (MP3-Download)
Naumann, Kati

Fernwehland (MP3-Download)


ausgezeichnet

Bislang waren mir Kati Nauman und ihre Bücher völlig unbekannt. Doch als Einwohnerin des nördlichsten Bundeslandes und mit einer großen Affinität zu Kreuzfahrschiffen, war nach dem Klappentext klar, dass ich diesen Roman lesen muss. Zumal historische Familiengeschichten zu meinem Beuteschema gehören. 2019: Simone und Henri, ein Paar in den Sechzigern, begeben sich auf eine Kreuzfahrt mit der „Astoria“. Dort lernen sie die Alleinreisende, schwedische Seniorin Frieda kennen. Ziemlich schnell stellen sie fest, dass alle drei eine enge Beziehung zu diesem Schiff haben. Frieda war bei der Schiffstaufe in Schweden dabei, als es als „Stockholm“ vom Stapel lief und hat auf diesem Schiff ihren Ehemann kennengelernt. Sie hat bereits viele Reisen mit diesem Schiff unternommen, dass in all den Jahrzehnten unter vielen Namen und Flaggen fuhr. Simone und Henri stammen aus der DDR und fuhren viele Jahre als Besatzungsmitglieder auf diesem Schiff, als es unter dem Namen „Völerfreundschaft“ für die DDR eingesetzt wurde. In Rückblenden erzählen alle drei aus ihrem bisherigen Leben, wobei Henri der umfangreichste Teil gewidmet wird. Warum erklärt sich am Ende des Romans.
Ich habe diesen wundervollen Roman als Hörbuch geradezu genossen. Die 11 ½ Stunden Spieldauer gingen leider viel zu schnell vorbei. Die Sprecherin Kaja Sesterhenn ist genau die richtige Wahl für diesen vielschichtigen Roman. Die Protagonist:Innen sind mir von Beginn an sympathisch gewesen, lediglich mit der jungen Elli, die im späteren Verlauf der Handlung noch eine Rolle spielen wird, bin ich nicht richtig warm geworden. Ich fand es höchst interessant, über die wechselvolle Geschichte dieses Schiffes zu hören und habe später meine Lücken bei Wikipedia ergänzt. Kati Naumann hat um historische Fakten eine authentische Handlung entwickelt. Hilfreich hierbei sicherlich auch ihr biografischer Hintergrund. Ich durfte durch diesen Roman viel neues erfahren, denn die deutsch-deutsche Geschichte kommt nicht zu kurz. Der chronologische Aufbau und die Verknüpfungen mit der Gegenwart, gepaart mit dem flüssigen und modernen Schreibstil, geben diesem Roman ein perfektes Konstrukt, dass die Fangemeinde von historischen Unterhaltungsromanen ganz bestimmt abholen wird. Für mich steht fest, weitere Bücher von Kati Naumann werden von mir gelesen oder gehört werden. Dies ist genau die Art von Literatur, dich ich mag und die es verdient gelesen zu werden.

Bewertung vom 13.02.2025
Lebensträume. Ärztin einer neuen Zeit
Lenz, Svea

Lebensträume. Ärztin einer neuen Zeit


ausgezeichnet

Endlich ein neuer Roman von Svea Lenz, das Pseudonym der erfolgreichen Autorin Nicole Vosseler. Seit ihrer scharmanten Stewardessen-Sage bin ich ein Fan ihrer Bücher. Nun also ein Roman über eine Ärztin. Aber keine Angst, es ist kein Arztroman, wie man ihn aus Mutters früheren Leseheftchen kennt. Vicky lebt in Ost-Berlin und studiert in West-Berlin Medizin. Das war in den frühen Jahren der DDR noch möglich, Grenzübertritte waren kein Problem. Kurz vor ihrem Abschluss wird die Mauer gebaut. Vickys beruflicher Lebensentwurf steht auf der Kippe. Mit Hilfe von Freunden kann sie zusammen mit ihrem Freund Achim fliehen, doch Achim wird verhaftet. Vicky beendet ihr Studium und geht nach West-Deutschland. Durch Zufall bekommt sie die Möglichkeit in der Arztpraxis am Flughafen Frankfurt zu arbeiten. Es ist zwar nicht ihr beruflicher Traum der sich erfüllt, viel lieber würde sie Chirurgin werden, aber Vicky weiß, dass sie nicht wählerisch sein darf. Der Beginn gestaltet sich als schwierig. Sie ist die einzige Frau dort und begegnet vielen Vorurteilen. Doch mit ihrem Können und ihrer unkomplizierten Art, gewinnt sie schnell Ansehen bei ihren Kollegen. Die Arbeit am Flughafen ist sehr vielseitig und auch außerhalb ihrer Praxistätigkeit hilft sie Menschen in medizinischen Belangen. Für Vicky steht immer der Mensch an erster Stelle, egal welchen Hintergrund er hat. Sei es aus dem Rotlichtmilieu oder aus fremden Ländern. Zu Vickys Glück fehlt lediglich ihr Freund Achim und sie hofft auf ein Wiedersehen. Dabei übersieht sie, dass es einen Mann gibt, der auf ihre Zuneigung hofft. So agil und aufgeschlossen Vicky in beruflichen Dingen auch ist, so steht sie in Liebesdingen oft auf dem Schlauch. Aber mit Hilfe ihrer Kollegen und Freundinnen bekommt sie doch noch die Kurve.
Was für ein toller Roman. Am liebsten hätte ich die 600 Seiten in einem Rutsch durchgelesen, doch ich wollte die Geschichte genießen und deswegen habe ich mir Zeit genommen. Wir begleiten die Protagonistin Vicky über zehn Jahre, in einem Jahrzehnt, in dem wirklich viel passiert ist. Tatsächlich ist mir Vicky sehr ans Herz gewachsen und ich habe es genossen, an ihrem turbulenten Leben teilzuhaben. Nebenbei habe ich viel an meine Mutter gedacht, die auch Vickys Jahrgang war, aber einen ganz anderen Lebensweg eingeschlagen hat. Durch die bildhaften und detaillierten Beschreibungen macht es Svea Lenz möglich, die Szenen vor unseren Augen erscheinen zu lassen. Ich konnte mir alles sehr gut vorstellen. Aber was diesen Roman zu einem ganz besonderen Erlebnis macht, sind die vielen historischen Ereignisse und realen Personen, die im Laufe der Geschichte erwähnt werden. Die umfangreichen Recherchearbeiten zu diesem Buch, werden auf jeder Seite sichtbar. Hier passt einfach alles zusammen. Das Konstrukt ist logisch und realistisch aufgebaut. Mehr geht einfach nicht und der angenehme Nebeneffekt: man lernt das ein oder andere spielerisch dazu. Der flüssige und moderne Schreibstil lässt keine Langeweile aufkommen und, wie schon von den Stewardessen bekannt, tragen auch hier wieder die Kapitel Überschriften von Liedtiteln, die den Zeitgeist widerspiegeln. So wird man von Beginn an auf die Epoche eingestimmt und hat während des Lesens, den ein oder anderen Ohrwurm im Kopf. Dieser Roman ist für mich ein absolutes Lesehighlight des neuen Lesejahres 2025 und erhält von mir natürlich 5 Sterne Leseempfehlung.