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Benutzername: 
Annette
Wohnort: 
Berlin

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Bewertung vom 31.08.2011
Lob der Liebe
Badiou, Alain;Truong, Nicolas

Lob der Liebe


ausgezeichnet

ES IST WAS ES IST ...

Das Gespräch zwischen Alain Badiou und Nicolas Truong im Rahmen des Theaterfestivals Avignon am 14. Juli 2008 trägt im Original den Titel 'Eloge de l'amour' unter Verwendung eines Filmtitels von Jean-Luc Godard.
Badious grundsätzliche Skepsis gegenüber der Stagnation und Trägheit moderner Gesellschaften mit dem politischen Modell der repräsentativen Demokratie ist aus früheren Werken bekannt. Was heute Veränderung bringen könnte gegen das 'Gesetz der Welt' wäre eine echte Emanzipationspolitik u.a. mittels Kunst bzw. der Besinnung auf wahrhaftige Liebe. Badiou zeigt zunächst auf, was diese Liebe heute bedroht, nämlich Sicherheitsdenken ('Vollkaskoversicherung der Liebe') genauso wie ein nur am Genuss ausgerichteter L(i)ebensstil.
Badiou versteht unter Liebe keine romantische Verschmelzung, sondern ein "einzigartiges Abenteuer einer Wahrheit des Unterschieds" mit all den damit verbundenen inneren konfliktgeladenen Dramen, denn "eine Wahrheit ist nichts, das in bonbonrosa Geschenkpapier verpackt geliefert wird."
Den philosophiegeschichtlichen Hintergrund dieser radikalen Liebesauffassung findet Badiou bei Platon und dessen universeller Ideenlehre, ergänzt durch eigene Vorstellungen einer Verwirklichung der Ewigkeit in der Zeit mittels des (Liebes)Ereignisses.
Die Gedanken, die Badiou in diesem Gespräch entwickelt, sind spannend zu lesen, gerade weil sie völlig konträr zum herrschenden Zeitgeist stehen.