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Dr. Rolf Meier

Bewertungen

Bewertung vom 25.11.2014
Systemisch Führen
Orthey, Frank M.

Systemisch Führen


schlecht

In die autopoietisch - selbstreferenzielle Glaubensfalle getappt

Frank Michael Orthey, promovierter und habilitierter Diplom-Pädagoge, hat sich aufgemacht, den Lesern seines Buches Führen zu erklären - und zwar systemisches Führen.

Dies tut er mit seinen Begabungen der Intellektualität und seinem virtuosen und furiosen Sprachvermögen. Sein Buch ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie ein Thema gründlich in Breite und Tiefe exzellent strukturiert sein kann. Nichts wird dem Zufall überlassen: Es gibt prima verständisverfestigende Querverweise, sehr anschauliche Grafiken, die das beschriebene Thema verständlich visualisieren, und eine Menge an pädagogisch-initiierten Redundanzen, damit der Leser auch gar nicht den roten Faden der Betroffenheit, der Erkenntnis und der Katharsis verlässt und verliert.

Die Intensität der inhaltlichen und sprachlichen Angebote ist beeindruckend. Ein Autor, der sich aufgemacht hat, das Thema zu durchdringen, zu erklären, zu begründen und zu legitimieren.

So weit - so gut.

Orthey erklärt Führen als einen systemischen Erklärungs- und Handlungsprozess, der sich an fünf Kernelementen der Führung zu orientieren hat: Aufgabe, Organisation, Kultur, Person und Beziehung. Warum gerade diese fünf, ist aber nicht ersichtlich. Sein Verständnis von „systemisch“ verortet er im Lager der Systemtheorie (Systemtheorien?) und lässt keinen Zweifel, dass nur in der Unterscheidung von System und Umwelt Führung zu verstehen, zu begreifen und zu realisieren ist. Warum dies so ist, wird dem geneigten Leser, der dem Sirenklang der Autorensprache verfallen ist, nicht im Sinne von systemtheoretischen Erkenntnissen der Unterscheidung angeboten.

Orthey legt fest, wie Führung zu begreifen ist und bedient sich dabei Erkenntnissen und Aussagen bekannter üblicher Verdächtigen aus der Wissenschaft: Fritz B. Simon, Niklas Luhmann, Humberto Maturana, Varga von Kibed, Heinz von Foerster, Peter M. Senge und Dirk Becker. Nicht zu vergessen, die vielfältigen textlichen Selbstbezüge des Schaffens des Autors.

Beim Lesen des Textes entsteht der Eindruck, dass der ganze Sinn des Buches darin besteht, die Aussagen der Zitierten zu belegen und zu legitimieren. Es entsteht ein Erklärungsgebäude von Führung durch den Autor, was nur durch sich selbst erklärt wird. Interessant ist, das bei 85 Literaturangaben nur eine einzige, mit viel Wohlwollen, darunter ist, die sich mit Management (Peter Drucker) befasst. Keine betriebswirtschaftliche oder wirtschaftjuristische oder volkswirtschaftliche oder marketingorientierte oder entscheidungsorientierte Literatur wird dem Leser angeboten, um Führung in Unternehmen zu verstehen.
So gewinne ich den Eindruck, dass der Autor gleich einem katholischen Priester sich anmaßt, über Ehe und Sexualität zu schwadronieren.

Aber vielleicht wollte der Autor sich nur im Sinne einer intellektuellen Selbstbefriedigung beweisen, dass er Systhemtheorie verstanden hat und dabei das Thema Führen und Führung als bereitwilliges Opfer gefunden hat.

Wie gesagt, das Buch ist stringent strukturiert. Da fällt beim Lesen der Inhalte zunehmend auf, dass offensichtlich das Denken und Handeln als Führungskraft im System liegt und daraus Anforderungen der Analyse, Bewertung und Entscheidungen resultieren, die in mir als Leser der Zeilen eher das Bild eines sozialistischen Kollektivs vermittelt. Der Einzelne als Diener des Systems.

Führung und Unternehmensführung habe ich bisher immer als thematische Initiative des Einzelnen im Kontext seiner wahrgnommenen Interdependenzen begriffen. Der Ausgangspunkt der Führung ist der einzelne Mensch und nicht das System.

So komme ich als dann doch als enttäuschter Leser der Inhalte zu der Erkenntnis, dass es nicht foccussiert um Kunden, Märkte und Wertschöpfung geht, die der Einze