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Insgesamt 72 Bewertungen
Bewertung vom 22.04.2025
Unter derselben Sonne
Kusanika, Nadège

Unter derselben Sonne


ausgezeichnet

Emotionale Erinnerungen an den Kongo - und ein Perspektivwechsel - Nadège Kusanika erzählt uns „Lisolo“, Geschichten aus ihrer Kindheit, aufgewachsen in der DR Kongo. Von ihrer Mutter und der großen Familie ihres Onkels. Von den Sternen, die auf zauberhafte Weise gegen Hunger helfen und vom Teilen der Lebensmittel mit denen, die noch weniger haben. Von der Regenzeit, die sie so liebt und vom Strom, der immer wieder „Urlaub“ macht. Kleine, freudige Erinnerungen an eine Kindheit, die trotz der entbehrlichen Umstände voller Glück und Zufriedenheit inmitten einer großen Gemeinschaft war.
Nadège ist neun Jahre alt, als dann der Krieg in ihr Leben tritt und 15, als sie nach Deutschland kommt und ihren Vater kennenlernt. Und auch hier reißen die Lisolo nicht ab. Es gibt Pflanzen in Wohnungen, flüssige Milch, unterschiedlich lange Tage. Es gibt neue Freundinnen, ein neues, anderes Leben, das sie nach und nach in Deutschland aufbaut. Und doch ist ein Teil ihres Herzens immer bei der Familie im Kongo.
Die Autorin erzählt sehr berührend, leicht und oftmals auch mit einem kleinen Augenzwinkern von dem, was Heimat, Zuhause und Identität ausmachen. Wie es ist, zwei Kulturen miteinander zu vereinbaren, und das Fremdsein als Chance für die eigene Entwicklung zu sehen. Was hat sie geprägt, was macht sie aus als Mensch? Sie, deren Herz für zwei sehr unterschiedliche Länder schlägt, die Heimat und die Wahlheimat. In ihrem Roman bekommen wir einen kleinen Einblick, was es heißt „unter derselben Sonne“ zu leben und diese beiden Leben zu vereinen.
Mich hat dieser Roman wirklich sehr berührt und das auf ganz vielfältige Art und Weise. Und er hat einmal mehr zum Nachdenken angeregt über das, was uns als Menschen eint aber auch über die Vielfältigkeit der Kulturen, über Geschichte und die Folgen des Kolonialismus. Ein ganz, ganz toller Roman, den ich sehr empfehlen kann.

Bewertung vom 11.04.2025
Wie du mich ansiehst
Lohmann, Eva

Wie du mich ansiehst


ausgezeichnet

Mit dem Alter kommen - Falten und Freuden - Johanna ist Blumenhändlerin, hat eine Teenie-Tochter und einen Ehemann, der als Marinekapitän wochenlang fort ist. In ihrem Laden unterstützt sie die quirlige und kreative Ruby, die mit neuen Ideen frischen Wind bringt und neue Kundinnen anlockt. Als ihr Vater Karl stirbt, nimmt Johanna dies emotional mehr mit, als sie gedacht hätte. Alte Erinnerungen an seinen Garten, den sie von ihm geerbt hat, kommen hoch. Gedanken kreisen um das Älterwerden, um die ersten Falten im Gesicht und ihr Verhältnis zu ihrer Mutter und Tochter. Doch Karl und sein Garten bringen mehr Veränderung mit sich als nur diese Gedanken und die Zornesfalte im Gesicht seiner Tochter.
Johanna ist mit 40 in der Mitte des Lebens und hat auf den ersten Blick eigentlich alles richtig gemacht: Ihr Laden läuft gut. Sie hat einen guten Draht zu ihrer Tochter und auch ihre Ehe ist glücklich. Und doch hadert sie mit sich und ihren unterschiedlichen Rollen. Mit ihrer eigenen Wahrnehmung und dem Bild nach außen. Ist sie noch attraktiv und begehrenswert? Warum ist sie nicht (mehr) so flippig wie die jüngere Kollegin? Wie wirkt sie auf andere? Kurzerhand lässt sie sich die Zornesfalte „wegspritzen“. Aber ist das die „Lösung“?
Johannas Reflektieren über die kleinen und großen Entscheidungen und Veränderungen im Leben, im Beruf, im Aussehen. Das fand ich persönlich sehr erfrischend realistisch und authentisch, wenn ich auch nicht immer jeden Gedanken so mitgehen konnte.
Mir gefiel der Roman sehr gut und auch sprachlich war er herrlich leicht umgesetzt. Eine insgesamt schöne und runde Geschichte, die ich gern gelesen habe.

Bewertung vom 06.04.2025
Hunger und Zorn
Renard, Alice

Hunger und Zorn


ausgezeichnet

Grandiose Geschichte über Freundschaft und Liebe -Isor ist von Geburt an anders als andere Kinder. Sie redet nicht - „Sie will nicht. (…) Aber sie könnte.“ Und sie lebt in ihrer ganz eigenen Welt. Ihre Eltern Maude und Camillio kommen kaum an sie heran. Ihre plötzlichen Wutanfälle und nächtlichen, heimlichen Streifzüge durch die Stadt treiben die Eltern an die Grenzen ihrer Kräfte.
Die Mutter ist hilflos in der Situation gefangen, versucht aber, die Tochter zu verstehen und zu beschützen. Für sie ist klar, dass Isor um ihren Zustand weiß, und „…versucht, uns ihr Unglück nicht aufzubürden, davon bin ich überzeugt,…“. Ganz anders der Vater. Er macht keinen Hehl daraus, dass er den Zustand seiner Tochter nicht versteht. Er selbst sieht sich in der Geiselhaft der Tochter, gefangen in „einer Blase der Aufopferung“, erwartet eher „Anerkennung für die Opfer“, die er erbringen muss.
Und dann tritt eines Tages Lucien in Isors Leben. Der 76-jährige Nachbar, der Isor quasi vom ersten Moment in sein Herz schließt und dem Mädchen eine Welt eröffnet, die sie bis dahin nicht kannte. Aber auch für Lucien verändert sich von einem Moment auf den anderen alles. „Darf man eigentlich ungefragt in das Leben anderer Menschen eindringen? Einfach so „da bin ich“ zu verkünden und sich in einem fremden Herzen niederlassen? Sich einfach so in jemand anderem einnisten und jeden Winkel seines Wesens bewohnen?“
Der alte Mann und die Teenagerin entwickeln eine tiefe Verbundenheit, ja eine Seelenverwandtschaft, die immer intensiver wird. Und gerade, als ich beginne, mich zu fragen, in welche Richtung dies driftet, dreht der Plot komplett und ich bin fasziniert, sprachlos, begeistert. Was für eine grandiose Geschichte!
Es fällt mir schwer zu beschreiben, was dieses Kunstwerk so besonders macht. Die Autorin lässt uns Isor in großartigster Manier kennenlernen: aus der Außenperspektive des Vaters und der Mutter, über Lucien hin zu Isor selbst. Wir erleben die Metamorphose eines jungen Mädchens, das sich aus den Grenzen ihres Daseins befreit. Und das in einer Erzählsprache, die einerseits so brutal ehrlich ist, dass es einem die Sprache verschlägt und dann wieder so poetisch und feinfühlig daherkommt, dass man die Tränen wegblinzelt. Ganz zu schweigen von der bravourösen Leistung, die die beiden Übersetzerinnen Katharina Meyer und Lena Müller durchweg aber ganz besonders im zweiten Teil des Buches an den Tag gelegt haben.

Bewertung vom 30.03.2025
Schwebende Lasten
Gröschner, Annett

Schwebende Lasten


ausgezeichnet

Wunderbarer Jahrhundertroman - In diesem Roman begleiten wir Hanna durch ein Jahrhundert geprägt von Krieg, Teilungen, Entbehrungen. Geboren 1913 in Magdeburg arbeitet sie schon früh als Blumenbinderin in dem Laden ihrer Halbschwester. Sie lernt ihren Mann Karl kennen, bekommt über die Jahre 6 Kinder, zwei davon sterben zu früh, was sie nie ganz verwinden wird. In den Wirren des zweiten Weltkriegs wird sie ausgebombt, verliert alles, flieht aus Madgeburg. Kommt mit ihren Töchtern Elisabeth, Barbara, Selma und Judith zurück in die Stadt, an ihrer Seite noch immer Karl, der nur noch ein Bein hat und sein Leben mehr dem Alkohol als der Familie widmet. Um ihre Lieben zu ernähren wird Hanna Kranführerin in einem Schwermaschinenbaubetrieb. Die Töchter werden älter, heiraten, bekommen ebenfalls Kinder, finden ihren eigenen Weg in der DDR und in den Westen. Längst verwitwet bleibt Hanna stets ein Kind ihrer Heimatstadt Magdeburg.
Annett Gröschner zeichnet das einfache, gewöhnliche Leben einer einzelnen Frau, Hanna, die doch für Unzählige Frauen ihrer Zeit steht. Die sich nie von ihrem Schicksal hat unterkriegen lassen, so hart und entbehrungsreich dieses auch war. Nahezu stoisch blickt sie nach vorn, Schritt für Schritt, Tag für Tag. Das Leben meistern und sich niemals beklagen. – Im Einklang, manches Mal nahezu poetisch dazu Hannas Liebe zu den Blumen, die nicht nur jedes Kapitel zieren. Es sind gerade die kleinen Momente, die Hanna einen Hauch von Glück, Freude, Zuversicht spenden und uns beiden ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Der Auftrag zum Binden eines ungewöhnlichen Straußes, die Blumen im Garten der Schwiegereltern in Kriegszeiten, Blüten auf dem Kran und später unter der Mietswohnung. Wunderschön!
Ich bin sehr schwer angetan von diesem großartigen Roman, der uns nicht nur ein ganzes Leben in allen seinen Höhen und Tiefen aufzeigt, sondern gleichzeitig auch deutsche (Gesellschafts-)Geschichte aus der Perspektive einer starken, gradlinigen Frau abbildet, ein Blickwinkel, der viel zu oft ungesehen blieb. Ein wirklich tolles Buch, das in seiner Sprache trotz der Härte eine Leichtigkeit mit sich bringt, dass die Lasten der Zeit nur so schweben. Wunderbar!

Bewertung vom 03.03.2025
Vermissen auf Japanisch
Tominaga, Yukiko

Vermissen auf Japanisch


ausgezeichnet

Stiller und wunderbarer Roman -„Im Japanischen gab es keine richtige Übersetzung für „Ich vermisse dich.“ Die wörtliche Übersetzung war ausgestorben, nicht länger Bestandteil unserer Kommunikation, sie existierte nur noch in Liebesromanen. Stattdessen benutzten wir die Formulierung: „Ich werde ohne dich einsam sein.““
Die ersten Sätze dieses herzerwärmenden Romans von Yukiko Tominaga deuten schon vage an, was die Leserin erwartet: Eine Geschichte vom Suchen und Finden, eine Geschichte zwischen Vermissen und Einsamkeit, zwischen Liebe und Freundschaft, zwischen Erinnerungen und Gegenwart. Genau dort befindet sich das Leben von Kyoko, die nach dem plötzlichen Unfalltod ihres Mannes Levi allein mit ihrem zweijährigen Sohn Adam dasteht. Vermeintlich allein, denn da ist noch die Familie ihres Mannes, allen voran ihre Schwiegermutter Bubbe, die sie herzlich-schräg „auffangen“, ihre eigene kleine Familie in Japan und Adam, der auf seine wunderbare Art seine Mutter beglückt.
Obgleich die Geschichte selbst oft laut und bunt daherkommt, so ist die Erzählsprache des Romans doch eher still und zurückhaltend – wie ihre Protagonistin selbst. Und die hat es mir sehr angetan. Wut über den Ehemann, der sie ohne finanzielle Absicherung zurückgelassen hat, Zweifel an sich selbst, an der Liebe, an der Zukunft, Einsamkeit obwohl Familie und Freunde um sie sind, Liebe, die sie nicht immer als solche erkennen kann. Über Kyoko brechen zahlreiche, wenn auch eher unkonventionelle Gefühle herein, nachdem Levi von einem auf den anderen Tag aus ihrem Leben verschwunden ist. Und es ist ganz wunderbar zu lesen, wie sie sich immer wieder „berappelt“, wie liebevoll ihre Umwelt ihr begegnet, wie sie sich selbst motiviert, analysiert, sich Trost spendet. „Schritt für Schritt“, das war es, was ich oftmals gedacht habe bei dieser Geschichte, die sich über etliche Jahre zieht und mit einem jugendlichen Adam endet, der seinem Vater so ähnlich scheint.

Bewertung vom 21.02.2025
Der Gott des Waldes
Moore, Liz

Der Gott des Waldes


ausgezeichnet

Absoluter Pageturner -Tief in den Adirondack Mountains befindet sich das private Naturreservat der reichen und gesellschaftlich hoch geachteten Familie Van Laar, zu dem auch ein Freizeitcamp für Kinder und Jugendliche, gehört. Aus diesem Camp verschwindet im Sommer 1975 die 13-jährige Barbara spurlos. Das allein ist schon schlimm genug, schlimmer aber noch die Tatsache, dass Barbara die Tochter der Van Laars ist – und ihr jüngerer Bruder Bear hier ebenfalls vor 14 Jahren verschwand. Ein Zufall?
Die Suche nach dem jungen Mädchen entwickelt sich zur Schnitzeljagd für die Polizei, allen voran die junge Ermittlerin Judy. Denn nahezu alle Beteiligten haben ihre Geheimnisse und verschweigen wertvolle Informationen. Warum haben die beiden Betreuerinnen Louise und Annabel nichts bemerkt? Welche Rolle spielt T.J., die die Leitung über das Camp von ihrem Vater übernommen hat und früher sehr eng mit Bear befreundet war? Was hat die Familie Van Laar zu verbergen – die Männer der Familie hüllen sich in Schweigen, Alice, die Mutter, ständig betrunken oder betäubt? Oder ist Barbara gar dem entflohenen Sträfling Sluiter zum Opfer gefallen?
In zeitlichen Rückblenden und aus unterschiedlichen Perspektiven kommt nach und nach Licht ins Dunkel. Und genau hier liegt für mich die unglaubliche Sogwirkung dieses Romans. Jedes Kapitel deckt ein neues Puzzleteil auf und wann immer Du denkst – ah, jetzt erkenne ich es – kommt ein neuer Twist dazu. Superspannend!
Dazu hat Liz Moore eine wirklich tolle und emotionale Erzählsprache, die einen direkt in diese Wälder versetzt: Du riechst den Waldboden, hörst das Knarzen der Bäume und die Naturgeräusche in der Nacht. Und wenn dann auch noch im Roman wichtige gesellschaftliche Themen wie soziale Ungleichheit und Ungerechtigkeit, patriarchaler Machtmissbrauch oder Vernachlässigung gekonnt eingebunden werden: Dann ist das für mich ein wirklich perfekter Roman

Bewertung vom 18.02.2025
The Bright Side
Paul-Choudhury, Sumit

The Bright Side


ausgezeichnet

„Optimismus ist der natürliche Zustand der Menschheit.“
Der Autor liefert in seinem Werk einen umfangreichen, detaillierten Überblick über den Stand der Optimismus-„Forschung“. Historische, philosophische, neurowissenschaftliche, gesellschaftliche und soziokulturelle Betrachtungen, die ein sehr umfassendes Bild liefern. Dabei legt er den Fokus sowohl auf die Innenbetrachtung des einzelnen Individuums als auch auf die Betrachtung von Außen, auf die Gemeinschaft.
In ausführlichen Darstellungen von Studienergebnisssen, detaillierten historischen Diskursen und zahlreichen philosophischen Betrachtungen gelingt es dem Autor, die damaligen und heutigen unterschiedlichen Facetten von Optimismus in unsere Gegenwart zu übertragen und anhand zahlreicher Beispiele eingängig darzulegen. Leibnitz, Voltaire, Adam Smith, Rosling, ja, selbst Odysseus und das große Beben von Lissabon fließen in seine Betrachtungen ein. All diese Menschen, Figuren, Ereignisse haben eins gemeinsam: Einen optimistischen Glauben, eine Überzeugung, an sich selbst, an die Menschheit und an die Zukunft, so düster die Gegenwart gerade auch scheinen mag.
Vereinzelt mag das Buch zwar sehr theoretisch anmuten und sicherlich kann man die immerhin gut 370 Seiten nicht einfach „wegsnacken“. Eins aber ist sehr gewiss: Nach der Lektüre dieses Buchs wird man überzeugt sein, dass uns ein innerer und äußerer Optimismus als Individuum und als Menschheit einen Weg in die Zukunft zeigen wird und wir die Herausforderungen, die uns begegnen, meistern können.

Bewertung vom 03.02.2025
Portrait meiner Mutter mit Geistern
Edel, Rabea

Portrait meiner Mutter mit Geistern


ausgezeichnet

Ein wunderbarer Mehrgenerationenroman -„Martha packte einen Koffer und schob ihn unter das Bett, ohne zu wissen, dass alle Frauen in der Familie das vor ihr getan hatten.“
Kaum ist ihre Tochter Raisa 1982 geboren, da beginnen für Martha die Wanderjahre. Nie kann sie lange an einem Ort bleiben, immer wieder zieht es sie in die Ferne. Und doch verdichtet sich der Kreis, zieht seine Bahnen enger und enger um die Heimat aus Kindheitstagen. Und dort, in einer kleinen, einfachen Siedlung in Bremerhaven folgen die Jahre des Schweigens, eine offene Stille zwischen Mutter und Tochter, voller Liebe und Zugewandtheit aber auch voller Leerstellen und Ungesagtem.
Raisa begibt sich auf Spurensuche. Sie füllt den Raum mit der eigenen Familiengeschichte, die nahezu ein Jahrhundert überblickt. Zurück zur Großmutter Selma und deren Mutter Dina, zu den Männern und Frauen, die eng mit diesen verknüpft sind und bis heute das Schicksal Raisas und Marthas beieinflussen. Spuren, die durch die Zeit und über den Erdball führen.
Rabea Edels Mehrgenerationenroman erzählt von Liebe und Leid, von Lügen, die schützen sollten und von Wahrheiten, die schmerzen und verletzen. Von den harten Entbehrungen der (Nach)Kriegsjahre, die besonders die Frauen trafen. Und er erzählt von Selbstbehauptung, Hoffnung und Mut. Ihre Figuren sind wie ein Netz miteinander verknüpft, zieht man hier, bewegt es sich dort; und erst das Muster macht diese Geschichte so einzigartig.
Edels Roman, von der eigenen Geschichte geprägt, ist sehr ergreifend, bildgewaltig und emotional. Ich persönlich war immer wieder überwältigt, wie die Autorin es schafft, trotz der in Teilen harten Schicksale so viel Wärme, Hoffnung und Herzlichkeit in die Figuren und Situationen zu geben. Ein Roman mit Sogwirkung, der noch sehr lange nachhallt.

Bewertung vom 03.02.2025
Zwischen Reben und Rüben
Wagner, Andreas

Zwischen Reben und Rüben


sehr gut

Familiendokumentation über 5 Generationen -Andreas Wagner kann für sein Sachbuch auf einen immensen Fundus an alten Dokumenten und Unterlagen zurückgreifen, der immerhin fünf Generationen umfasst. Und so zeichnet er ein sehr detailgetreues und präzises Leben auf dem Wagner-Hof nach. Er berichtet von Investitionen und Ernten, von Traditionen und Umbruch, von Wein, Weizen und Viehwirtschaft. Und gleichzeitig gibt er einen tollen historischen, dennoch persönlichen Einblick in die gesellschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen eines ganzen Jahrhunderts. Angefangen bei der Rolle der Landwirtschaft und der Bedeutung von Grund und Boden, Eigentum, über Eheanbahnungen, kalkulierte Eheschließungen und Standesdünken, über die Entwicklung des Weinanbaus und seiner Vermarktung, über Erbfolge und Teilungserklärungen bis hin zur Rolle der Frau in diesen Zeiten, zu Bildung und Ausbildung und den politischen und technischen Umwälzungen der letzten gut 150 Jahre. Sein Wissen und Fundus scheinen schier unerschöpflich zu sein.

Und so hat man beim Lesen immer wieder das Gefühl, nicht allein über die Familie Wagner, sondern über einen ganzen Bereich der Gesellschaft des 19. und 20. Jahrhunderts sehr viel zu erfahren und zu lernen. Die ein oder anderen Details waren zugegebenermaßen für mich ein bisschen zu sachlich und kleinteilig dargestellt; gleichwohl fand ich persönlich gerade die Ausführungen zum Thema Weinanbau sowie zur Rolle der Frau in den verschiedenen Jahrzehnten spannend und aufschlussreich.

Bewertung vom 26.11.2024
Die Geschichte der Erde
Grataloup, Christian

Die Geschichte der Erde


ausgezeichnet

Faszinierende Karten über die Erde und den Menschen auf ihr -Wenn wir die Entstehung unseres Universums in einem Tag messen müssten und dieser Tag mit dem Urknall beginnt, so würde der Mensch erst um 23:59:59 Uhr geboren werden. Und doch haben wir diesen Planeten verändert wie kein anderes Lebewesen vor uns. In wirklich allen nur denkbaren Bereichen.
Zugegeben: Einen Atlas Seite für Seite zu lesen, das passiert eher selten. – Ein Geschichtsbuch vielleicht schon eher. - Geschichte zum Anfassen mit viel, viel Relevanz in und für die Gegenwart, und das in großartige Karten gepackt? Passt.
Christian Grataloups Atlas gibt in über 300 Karten und Grafiken einen großartigen Überblick über die Erde, genauer, über die Entstehung der Erde und den Menschen auf ihr. Über 30 Expertinnen und Experten aus Bereichen wie Ozeanographie, Astrophysik, Klimawissenschaft oder auch Geschichte hat er hinzugezogen um ihr enormes Wissen in anschaulichen Grafiken zu bündeln.
Herausgekommen ist ein faszinierendes Buch mit tollen Karten über nahezu jedes Thema dieses Planeten und der Menschheit. Klimazonen und Erdatmosphäre, Vulkane und tektonische Platten, Wasservorkommen, Bevölkerungsentwicklungen, Sklaverei, das Alte Rom, politische Entwicklungen, Kriege, Naturkatastrophen, Klimawandel und Migration. Kaum ein Thema, das in diesem Buche nicht grafisch erläutert und aus der Vogelperspektive über den ganzen Planeten betrachtet wird. Die erklärenden kurzen Texte dazu sind einfach verständlich; über Querverweise zu anderen Karten werden die großen Zusammenhänge deutlich.
Ja, ich habe den Atlas von vorn bis hinten „durchgesehen“ und gelesen und so viele spannende und faszinierende Karten und Zusammenhänge markiert, von denen ich bis dazu eine eher rudimentäre Vorstellung hatte. Das ist zweifelsohne ein Atlas, den ich mir in der Schule sehr, sehr gewünscht hätte – und in den ich sicherlich noch häufiger schauen werde.