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Internetmaus
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Dörentrup

Bewertungen

Insgesamt 76 Bewertungen
Bewertung vom 20.12.2024
Zeit des Vertrauens / Die Töchter der Ärztin Bd.3
Sommerfeld, Helene

Zeit des Vertrauens / Die Töchter der Ärztin Bd.3


sehr gut

Schicksalsjahre

Was in der Kaiserzeit 1876 mit der 13-jährigen Gärtnerstochter Ricarda begann, findet seinen Abschluss im Jahre 1932.
Eine spannende Buchreihe, die nun leider nicht mehr fortgesetzt werden kann, da der Tod das Autorenpaar trennte. Ich hatte in diesem Teil manchmal das Gefühl, das die Zeit, die Serie zu Ende zu bringen, drängte.
Die Schauplätze sind Berlin und Kalifornien. Dort haben sich Toni und Henny, Ricardas Töchter, ihr Leben eingerichtet. Auch auf das brandenburgische Gut Freystetten, wo alles seinen Anfang nahm, kehren wir zurück.
Im letzten Band sind diese beharrlichen Frauen, wieder Mittelpunkt. Sie müssen Entscheidungen treffen, die ihren Lebensweg ändern. Kritisch und konstruktiv zu denken hat Ricarda Thomasius ihren Töchtern vorgelebt. Sie selbst hat eine harte Schule als Mündel der Komtess Dr. Henriette von Freystetten, die auch ihre Mentorin war, durchlaufen.
Krankheit, Tod, Kinderwunsch, Vergewaltigung. Die Stellung einer verheirateten Frau. Wichtige Themen, mit der sich diese Buchreihe befasst.
Der herrschende Zeitgeist ist gut erkennbar. Victor und Henny werden vor schwierige Entscheidungen gestellt. Für Antonia geht ein Wunsch in Erfüllung. Bildhaft und flüssig geschrieben, bin ich durch die Seiten geflogen. Historische Persönlichkeiten wurden in die Handlung mit eingeflochten. Es ist spürbar, wie die NSDAP ihren Einfluss stärkt und wohin sie das Volk führen will. Durch die hohe Arbeitslosenzahl hat die Nazipartei ein einfaches Spiel.
Das Cover ist passend zu den Vorgängern gestaltet. Stadtpläne von Berlin und Los Angeles sowie der Routenplan des exklusiven Riviera Express sind sehr dienlich. In der hinteren Buchklappe hilft der Stammbaum der weit verzweigten Familien Thomasius und Freystetten dem Leser.
Schade, dass wir die Protagonisten nicht mehr durch die kommenden Zeiten begleiten können.
Sehr gern las ich diese komplette Reihe, die ich absolut empfehlen kann.

Bewertung vom 16.11.2024
Die Himmelsstürmer / Herrliche Zeiten Bd.1
Prange, Peter

Die Himmelsstürmer / Herrliche Zeiten Bd.1


sehr gut

Endlich halte ich wieder ein Buch von Peter Prange in den Händen. Der Schriftsteller hat mich mit seinen Werken immer wieder begeistert. Er hat einen flüssigen und anschaulichen Schreibstil.
Es ist das Jahr 1870. Der deutsch-französische Krieg ist vorbei. Aber, wie immer schon, in den Köpfen der Menschen wirken die Ereignisse nach. Vicky erlebt einen lautstarken Streit. Ein französischer Koch und ein deutscher Bauleiter schreien sich an. Beide sind im Hotel tätig und ein paar Jahre älter als sie, die sich einmischt.
Durch diesen Zufall lernen sich die drei jungen Menschen im böhmischen Kurort Karlsbad kennen. Sie können unterschiedlicher nicht sein. Vicky, die 17-jährige Tochter einer angesehenen Londoner Familie. Diese möchte gern einen Tunnel unter den Ärmelkanal bauen. Gemeinsam mit ihrer Mutter, deren Bruder und standesgemäß, ihrer Gouvernante, ist sie auf Europareise. Es ist ihr Geburtstagsgeschenk. In einen Grandhotel des Kurortes lassen sie sich verwöhnen.
Auguste Escoffier, der französische Koch möchte das die Gäste sein Essen genießen und ein Geschmackserlebnis haben. Kleine Gänge und keine Völlerei, sind seine Vision. Der dritte im Bunde ist der große blonde Paul Biermann. Ein junger Berliner Architekt. Alle haben Träume für ihre Zukunft. Sie sind der Überzeugung, das herrliche Zeiten auf sie zukommen.
In historische Ereignisse verwoben begleiten wir diese drei auf ihrem weiteren Weg. Für ihre Visionen müssen sie viele Kompromisse eingehen. Die beiden jungen Männer haben es auf Grund ihrer Herkunft nicht einfach. Doch auch bei Vicky gibt es Turbulenzen.
Das Buch mit den alten Fotografien auf den Innenseiten ist sehr schön gestaltet.
Der Handlungsaufbau in drei Teile hat mir gut gefallen. Die Kapitel sind kurz gehalten. Einige Beschreibungen aber langatmig. Normalerweise fesseln mich die Bücher von Peter Prange ab der ersten Seite. Hier hatte ich anfangs meine Schwierigkeiten. Trotz seiner guten Ausdrucksweise überzeugte mich dieser Roman nicht sofort.
Ab dem zweiten Teil, der im Jahr 1876 beginnt, wurde es dann lehrreich und spannender. Jetzt war ich von der Handlung gefesselt. Der Autor versteht es wieder historisches und fiktives miteinander zu verbinden. Er zeichnet ein wunderbares Bild der damaligen Zeit. Auf die Fortsetzung bin ich gespannt.

Bewertung vom 23.06.2024
Zeit zu verzeihen
Lind, Hera

Zeit zu verzeihen


gut

Schicksalsschläge
Hera Lind erzählt eine unheilvolle Familiengeschichte von Flucht, Vertreibung Kindesentzug und Adoption. Es ist ein Roman der auf wahren Tatsachen beruht. Das macht das Buch zu einem zeitgeschichtlichen mahnenden Werk. Es ist kaum auszuhalten was Menschen, insbesondere Frauen, Frauen antun können. Erdrückend sind die Schilderungen vom Frauengefängnis.
Mit ihrem Schreibstil konnte mich die Autorin in diesem Buch nicht überzeugen obwohl es voller Emotionen ist. Es wird aus unterschiedlichen Sichtweisen erzählt. Genau diese erschwerten es mir, der Handlung zu folgen. Hera Lind schildert auf der einen Seite von einer Mutter die mit ihren drei Jungen aus Ostpreußen fliehen muss und auf der anderen von missglückten Fluchtversuchen ehemaliger DDR Bürger. Diese wahren Geschichten verknüpft sie miteinander zu einer Handlung. Dadurch ist diese von Anfang an sehr erdrückend. Wobei mir in diesem Buch noch auffällt, das es nur gute und böse Protagonisten gibt. Das zeiht sich durch die unterschiedlichen Handlungsstränge. Da ich selbst mehr als drei Jahrzehnte in der DDR lebte, fiel mir das besonders negativ auf.
Ich las schon einige Tatsachenromane von Hera Lind, da war dieses Schubladen Denken nicht so ausgeprägt.

Im Nachwort erläutert die Autorin, das dieser Roman aus vier unterschiedlichen privaten Einsendungen zusammengefügt wurde. Erlebnisse, die ehemalige DDR Bürger und aus Ostpreußen Vertriebene Deutsche bewältigen mussten. Einen Teil nehmen die Erinnerungen zweier Frauen, Mutter und Tochter ein, deren Schicksale sich scheinbar wiederholen. Genau dieser Punkt, wie auch das Ende, mit einem großen Geste des Verzeihens war für mich nicht realistisch. Wenn mir soviel Lebenszeit genommen wird und ich soviel Leid ertragen muss, ist das nicht zu verzeihen. Diese Wunden kann keine Zeit heilen.

Ich hatte ein Buch erwartet ähnlich, wie die Hölle war ihr Preis oder über alle Grenzen. Bücher, die mich fesselten dass ich sie kaum aus den Händen legen konnte. Dieser Roman ist leider weit davon entfernt.

Bewertung vom 18.05.2024
Schwere Entscheidungen / Blankenese - Zwei Familien Bd.2
Grünig, Michaela

Schwere Entscheidungen / Blankenese - Zwei Familien Bd.2


ausgezeichnet

Ein Wechselbad der Gefühle

Der zweite Teil der Serie knüpft unmittelbar an das vorherige Geschehen an. Man sollte ihn gelesen haben, damit man die Zusammenhänge kennt. Das Personenregister, der doch recht umfangreichen Familienmitglieder ist dabei recht hilfreich.
Dieser Band spielt in der Zeit von 1939 bis 1949. Gleich auf den ersten Seiten lesen wir von der Gestapo und den politischen Meinungen im Kinderhospital. Dort beginnt Fanny ihre Ausbildung im Februar 1929 zur Kinderkrankenschwester. Dieses Haus wird streng nach den Maßstäben der Nationalsozialisten geführt.

Es hat mich sehr beeindruckt, wie blind doch ein gestandener Reeder sein kann. Viele Seiten warnen John Casparius. Aber er, wie auch einige andere, können sich nicht vorstellen, was die Nationalsozialisten mit den Juden vorhaben. Alle, egal ob Halb- oder Volljude sind unerwünscht. Verständlich, dass er seine Firma weiter führen will. Doch wie der Buchtitel schon ankündigt, es sind wirklich schwere Entscheidungen zu treffen und das nicht nur für die Reederei. Die politische Lage bietet den Menschen kaum Alternativen.
Es übernimmt Leni, Johns Ehefrau, gemeinsam mit ihre Tochter Sonja die Geschäfte. Sie werden oft vor fast unüberwindbare Hürden gestellt. Felix Mansfeld, ein ehemaliger Freund wurde zum ärgsten Feind. Er will das einträgliche Schifffahrtsunternehmen der Familie Casparius besitzen. Jedes Mittel ist ihm dazu recht.

Die oft sehr tragische Handlung wird aus mehreren Perspektiven der ehemaligen Kinder erzählt. Max und Charlotte Casparius sowie Kurt Jacobson wurden auf Grund ihrer jüdischen Herkunft nach England verschickt. So wurden die Familien auseinandergerissen. Flüssig und sehr gut recherchiert erlebte ich diese furchtbare Zeit.
Michaela Grünig stellt die Jahre 1939 bis 1949 sehr realistisch dar . Es ist nicht einfach zu lesen, da die Autorin nichts beschönigt. Hautnah erlebte ich die Bombardierungen Hamburgs und das daraus entstehende Leid der Bewohner. Eine schöne und stolze Stadt liegt zum großen Teil in Schutt und Asche. Es ist eine grausame Zeit, voller Leid und Elend.
Entbehrungsreich geht es auch nach Kriegsende weiter. Kurt, der auf abenteuerliche Art und Weise Pilot bei der Royal Air Force wurde, fliegt Dauereinsätze um die Berliner Bevölkerung mit dem Nötigsten zu versorgen.

Ein Buch das unter die Haut geht. Protagonisten wie Kurt, der Entscheidungen treffen muss, die ihm alles abverlangen. Sehr akribisch hat Michaela Grünig recherchiert. Die Judenverfolgung mit all ihren Konsequenzen, die schrecklichen Bombardierungen Hamburgs, die Berliner Luftbrücke. All dies ist sehr gut in die Handlung integriert.
Der Roman sollte gerade in der aktuellen Situation gelesen werden und zum denken anstoßen damit sich diese grausame Geschichte der Rassenhetze nicht wiederholt.

Von mir erhält die Autorin für diesen spannend und emotional erzählten Band das Prädikat ausgezeichnet.

Bewertung vom 21.04.2024
Die Zeit der Kinder
Riess, Lena

Die Zeit der Kinder


sehr gut

Spielerisch lernen
Das Buch mit seinen glücklich in freier Natur spielenden Kindern viel mir sofort auf. Das Cover ist sehr passend gewählt und fällt ins Auge.
Die Handlung spielt in verschiedene Zeiten und Orten. Aber immer stehen die Kinder im Mittelpunkt. Diese einzelnen Handlungsstränge gefallen mir sehr gut. So bekommt man einen Überblick über das Leben und geforderte Gehorchen der Kinder in den unterschiedlichen Gesellschaftsschichten. Fast überall werden sie als Störfaktor angesehen. Man soll sie nicht bemerken. Sie haben sich unterzuordnen

Der Roman von Lena Ries hat Luise Levin als Protagonistin. Sie konnte schon als junge Frau die strengen Erziehungsmethoden der damaligen Zeit nicht gut heißen. Die Prügelstrafe wurde bei arm und reich angewandt. Die Kinder hatten absolut gehorsam zu sein. Jeder noch so kleine Fehler gab dem Vater das Recht, seine Kinder zu misshandeln. Sie selbst hatte es erlebt.
Der Pädagoge Friedrich Fröbel hat sich mit der Entwicklung von Kindern beschäftigt. Sehr viel Zeit hat er investiert und sich mit den kleinen Wesen beschäftigt. Das Buch lässt uns an seinen Gedanken teilhaben. Er sieht jedes Kind als eine kleine Persönlichkeit. Von ihm werden die Kinder in den Mittelpunkt gestellt. Sie sind die Zukunft und sollen eine reale Wertschätzung erhalten. So gründete er den ersten Kindergarten, wo seine Schützlinge spielend und im Einklang mit der Natur, lernen.
Luise Levin ist von seinen Lehrmethoden begeistert. Sie geht als Haushälterin zu Fröbel nach Keilhau und lässt sich dort an seiner allgemeinen deutschen Erziehungsanstalt als Kindergärtnerin ausbilden. Aber auch die Liebe, die sich zwischen Lehrer und Schülerin entwickelt zeigt, wie wichtig gemeinsame Ziele sind.
Eine berührende Geschichte von gegenseitiger Achtung und Toleranz. Der Samen dazu wird in der frühen Kindheit gesät.
Ein wunderbares Buch, was mir sehr gefiel. Es zeigt, Erziehung und Liebe können Hand in Hand gehen.
Gern empfehle ich diesen historischen Roman weiter.leri

Bewertung vom 26.03.2024
Das Opernhaus: Rot das Feuer / Die Dresden Reihe Bd.2
Stern, Anne

Das Opernhaus: Rot das Feuer / Die Dresden Reihe Bd.2


ausgezeichnet

Maiaufstand in Elbflorenz

Im zweiten Teil der Dresden-Reihe „Das Opernhaus: Rot das Feuer“ von Anne Stern erleben wir Dresden Anno 1849 - im Jahr des Maiaufstands.
Elise ist die arrangierte Ehe mit Anton Jacob eingegangen. Sie darf sich glücklich schätzen, dass er ihr erlaubt weiter Violine zu spielen und mit ihm gemeinsam aufzutreten.Sie wird zu einer gefeierten Künstlerin. Aber ihr Herz ruft noch immer nach Christian. Ihr viel älterer Mann konnte es nicht gewinnen.
Der zweite Teil ist auf die damalige Zeit zugeschnitten. In Dresden brodelt es. Das Volk will mehr Gerechtigkeit. Die Kluft zwischen arm und reich, zwischen Mann und Frau, wird gut in die Handlung eingebunden. Das Theater ist eine Welt für sich. Aber auch hier hat sich jeder, der dort arbeitet, anzupassen. Christian, die große Liebe Elises hat sich zwar hoch gearbeitet und sogar die Meisterprüfung bestanden aber er gehört als Waisenkind keiner Schicht an, die die Menschen unterteilt. Er steht hinter anderen zurück. So kommt es, dass er sich mit einigen Kollegen für die Revolution engagiert. Die Semperoper nimmt wieder einen wichtigen Platz in der Handlung ein. In ihr scheint die Zeit still zu stehen. Doch in der Bevölkerung wächst die Unzufriedenheit und es kommt zu Unruhen. Frauen, Arbeiter und viele arme Menschen, deren Kinder verhungern, wollen ein besseres Leben und mehr Rechte.

Anne Stern hat diese politischen Kämpfe sehr gut mit der Geschichte des Musiktheaters verwoben. So ist es einerseits eine Familien- und Lovestory, andererseits eine gut recherchierte zeitliche Epoche. Der Dresdner Maiaufstand wurde niedergeschlagen und die Revolution wurde rasch beendet. Aber auch die Liebe und deren Freud und Leid nehmen einen breiten Raum ein. Nachdem sich Elise und Christian immer wieder begegnen, bin ich sehr neugierig auf den dritten Teil der Serie. Das Buch ist spannend und lehrreich zugleich in einem unterhaltsamen Schreibstil verfasst. Gern wird es von mir weiter empfohlen.
Ich freue mich auf die Fortsetzung und vergebe die volle Anzahl an Sternen.

Bewertung vom 11.03.2024
Töchter des Aufbruchs / Das Pensionat an der Mosel Bd.1
Pierre, Marie

Töchter des Aufbruchs / Das Pensionat an der Mosel Bd.1


ausgezeichnet

Historisch bedeutsamer Reihenbeginn

Der neue Roman einer bekannten Schriftstellerin entführt den Leser nach Lothringen in das Jahr 1910. Zu diesem Zeitpunkt sind der Elsaß und Lothringen Teile des deutschen Kaiserreiches.
Schauplatz ist das Städtchen Diedenhofen an der lothringischen Mosel. Es ist preußische und bayrische Garnisonsstadt und ein aufstrebender Industriestandort. Ein bunter Reigen aus Franzosen und Deutschen trifft dort aufeinander.
In der Stadt gibt es ein Mädchenpensionat für höhere Töchter. Dieses wird von Pauline Martin geführt. Ein zweiunddreißigjähriges Fräulein aus Metz. Sie übernahm das Pensionat von ihrer Tante und ist hoch motiviert. Ihr ist es sehr wichtig, das sich die Backfische zu selbstständigen, gebildeten Persönlichkeiten entwickeln.
Pauline kämpft gegen Unwissenheit, Unfreiheit und Ungerechtigkeit. Kein einfaches Unterfangen. Kommen doch ihre Schülerinnen auch aus Deutschland, Frankreich, dem Saarland. Eine Mischung verschiedener Charaktere und Mentalitäten. Es gibt Einwohner denen das Pensionat ein Dorn im Auge ist. Auch die örtliche Polizei stellt sich gegen diese Einrichtung. Zehn Schülerinnen sind es zur Zeit. Einige sehr selbstbewusst andere ängstlich und mit Geheimnissen. Paulines Institut genießt einen hervorragenden Ruf. Töchter hochgestellter Offiziere und Beamter wohnen und lernen dort. Die Ausbildung ist allumfassend. Körperliche und seelische Maßregelungen duldet die Leiterin nicht. So ist es nicht einfach Lehrkräfte zu finden. Als Vincent Lehmann, ein junger Mann aus der preußischen Rheinprovinz bei ihr um Arbeit bittet, stellt sie ihn als Gärtner und Hausmeister ein. Er ist eine große Hilfe. Aber auch ihn umgibt ein Geheimnis.

In unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich die preußische Garnison in Diedenhofen. Erich von Pliesnitz ist dort Hauptmann. Bekannt als sehr diszipliniert, gnadenlos und frauenfeindlich. Die stationierten Besatzer sind Fluch und Seegen zugleich für die Mädchenschule. Doch bald stellt sich dieser Umstand als Glücksfall für Pauline dar. Eine Schülerin schlägt gewaltig über die Stränge. Mit ihren gerade 16 Jahren lässt sie sich auf ein amouröses Abenteuer mit einem Soldaten ein. Eines nachts ist sie verschwunden.

Ein Buch voller Emotionen. Aufgeteilt in mehrere Erzählstränge hat es einen großen Spannungsbogen. Ich kann mir vorstellen, das der persönliche Bezug der Autorin zu diesem geschichtsträchtigen Gebieten viel dazu beiträgt, das mich das Buch so berührte und gefangen nahm. Es ist authentisch von der ersten bis zur letzten Seite und mit viel Herzblut geschrieben.

Sehr hilfreich sich der Übersichtsplan von Diedenhofen sowie das Personenregister am Buchanfang. Komplettiert hat Marie Pierre ihr Werk mit einem umfangreichen Nachwort und Glossar.
Es ist ein Buch, das ich nicht einfach so runter lesen konnte. Gerade in der heutigen Zeit, wo ein diktatorischer Präsident Krieg gegen die Ukraine führt und vielleicht noch weitreichendere Ambitionen hegt, zeigt dieses Buch, wie die Menschen noch über hundert Jahre später die Auswirkungen des deutsch-französischen Krieges von 1870/1871, spüren.

Der Auftakt dieser Trilogie ist in einer bildreichen Sprache verfasst Super recherchiert und absolut gelungen.
Gern empfehle ich diesen brillanten Roman weiter und vergebe fünf wohlverdiente Sterne. Ich bin gespannt auf den zweiten Teil.

Bewertung vom 14.02.2024
Geteilte Träume / Kinderklinik Weißensee Bd. 4
Blum, Antonia

Geteilte Träume / Kinderklinik Weißensee Bd. 4


sehr gut

Berliner Schicksalsjahre

Der finale Abschlussband über die Kinderklinik Weißensee hat wieder ein schönes Cover. Es ähnelt den ersten drei Folgen. Der Titel, geteilte Träume, trifft den Kern der Handlung in der geteilten Stadt Berlin. Eine Insel im sowjetischen Sektor, in der die vier Siegermächte richtungsweisend sind.
Er beginnt im Frühjahr 1948 und beschreibt die schwere Zeit nach dem zweiten Weltkrieg. Die beiden Schwestern Marlene und Emma stehen anfangs wieder im Mittelpunkt des Buches. Das ändert sich bald. Emmas Tochter Lissi, will den Fußstapfen ihrer Tante folgen und beginnt als Assistenzärztin in der Klinik. Auch hier bestimmen die Besatzer. Dann schlägt das Schicksal zu. Marlene, in den Westteil der Stadt geflohen, ist psychisch am Ende und igelt sich ein. Mit Emma hat sie sich zerstritten, da sie deren politische Ansichten nicht gutheißen kann. In einer sehr turbulenten Zeit, mit Mangelwirtschaft, die auch in der Klinik im Ostteil präsent ist, und Währungsreform und Neuanfang im Westteil, gibt es für alle ständig neue Herausforderungen. Der Teil hat mich sehr gefangen genommen. Er war spannend bis zum Schluss. Berlin Blockade, Luftbrücke, hungernde Menschen und dann auch noch in ganz Berlin eine Polio Epidemie. Besonders für Lissi, die an Kinderlähmung erkrankt war, und Emma, ihrer Mutter, ist dies eine Herausforderung. Sehr viel wird unseren Protagonisten abverlangt. Die Reihe ist nun leider beendet. Auch dieser Teil gefiel mir wieder sehr. Der Schreibstil der Autorin ist einfach anschaulich und gut. Das Buch empfehle ich gern weiter. Es erhält von mir 4 Sterne.

Bewertung vom 04.02.2024
Sturmmädchen
Bernstein, Lilly

Sturmmädchen


ausgezeichnet

Feuerwerk der Gefühle
Das Cover zeigt ein junges Mädchen. Es blickt zurück. Und wirkt gehetzt.
Die Handlung spielt in den Jahren 1938 bis 1940 in einem kleinen Eifeldorf, nahe der Stadt Monschau. Eine Zeit, die ich nie erleben möchte.

Das Buch beginnt mit dem Prolog im Mai 1933. Im Perlenbachtal treffen sich die drei Freundinnen Elli, Käthe und Margot. Als die grölende Hitlerjugend sie provoziert schwören sie sich: „Eine für alle und alle für eine“.
Käthe wohnt mit Ihren Eltern und Brüdern im Dorf. Elli kommt aus ärmlichen Verhältnissen, hatte Kinderlähmung. Ein verkrüppeltes Bein blieb zurück. Sie lebt mit ihrer Mutter auf dem Grundstück eines reichen Bauern. Margot, die Tochter wohlhabender jüdischer Eltern, kommt nur in den Ferien und an Sommerwochenenden in die Eifel.

Fünf Jahre später haben sich die Zeiten dramatisch verändert. Die Nazis sind an der Macht. Angst und Schrecken hat sich unter den Menschen verbreitet. Margot, die Jüdin will heiraten und hat ihre Freundinnen eingeladen. Doch die Politik hat einen tiefen Riss in die Freundschaft gezogen. Käthe, ihre Eltern, ihre Brüder sind von der Ideologie der braunen Partei begeistert und haben sich ihnen zugewandt. Eine düstere, menschenfeindliche Zeit beginnt. Margot, das jüdische Mädchen bekommt mit ihrer Familie das ganze verbrecherische Handeln der Nazis zu spüren. Einschüchterung, Verleumdung und Repression. Elli, die im Dorf nur Hinkemädchen genannt wird steht zwischen ihnen. Sie wuchs behütet auf und will es allen recht tun und ist immer hilfsbereit. Aber auch naiv. Kann sie Margot helfen?

Lilly Bernstein erzählt in einer bildlichen Sprache, die mich sofort gefangen nahm. Sehr sachlich aber doch so, dass sie Emotionen bei mir weckte und ich öfter den Tränen nahe war. Es war das erste Buch, das ich von der Autorin las. Es wird bestimmt nicht das Letzte sein. Gern empfehle ich dieses wunderbare Buch weiter.

Bewertung vom 29.01.2024
Was die Dünen verheißen / Die St.-Peter-Ording-Saga Bd.2
Janz, Tanja

Was die Dünen verheißen / Die St.-Peter-Ording-Saga Bd.2


sehr gut

Nordseeflair und Ruhrpott-Feeling

Wieder darf ich nach St. Peter-Ording reisen. Diese wunderschöne Ortschaft, die ich auch kenne, nimmt mich stets gefangen. Die unendliche Weite dieses Nordseebades mit den Salzwiesen und Dünen muss man erleben. Das Cover ist wieder passend zu Zeit und Ort gestaltet. Der weitläufige Sandstrand mit dem Pfahlbauten. Bereits Band eins zeigte diese Häuser auf Stelzen. Das junge Pärchen rennt seinem Glück entgegen. Das Mädchen mit Minirock und Stiefeln. Alles stimmt. Aufgeregt und erwartungsvoll blickten sie in die Zukunft.
In diesem Band stehen die Hansen Zwillinge, Julia und Achim, im Mittelpunkt. Sie werden im nächsten Jahr achtzehn und damit volljährig. Achim ist bodenständig und bringt sich in das Hotel ein. Julia ist wie ihr Vater, Tom, ein Sturkopf. Sie will die Schule verlassen. Die Eltern wünschen sich, dass die Kinder Hotel und Strandcafe weiter führen. Doch Julia hat andere Pläne und kämpft mit allen Mitteln dafür. Aber wenn Liebe ins Spiel kommt, kann sich vielerlei ändern. Im quirligen Ruhrgebiet macht sie bei ihrer Tante ein Praktikum im Reisebüro. Björn Hegerland kommt aus der Nähe. Julia sucht und findet ihn. Die Schmetterlinge sind wieder im Bauch. Dann schlägt das Schicksal bei den Hansens zu und Julia hält nichts mehr im Ruhrgebiet. Sie merkt wie wichtig, der Zusammenhalt der Familie ist. Das Buch hat einen schönen Spannungsbogen.
Der Schreibstil ist gewohnt flüssig und gut lesbar. Das Lebensgefühl der Jugend im Jahre 1978 ist authentisch geschildert. Die Beschreibungen der Örtlichkeiten wie immer, sehr präzise. Man merkt die Liebe der Autorin zum Handlungsort. Ich empfehle es gern weiter und vergebe 4 Sterne.