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Hamburg

Bewertungen

Insgesamt 62 Bewertungen
Bewertung vom 02.12.2024
Antichristie
Sanyal, Mithu

Antichristie


sehr gut

Ein vielschichtiger Roman, auf den man sich einlassen muss


‚Antichristie‘ ist ein Buch, auf das man sich einlassen muss und das sicher nicht jedermanns Sache ist. Das liegt zum einen an der ungewöhnlichen Erzählweise, zum anderen an der intensiven Auseinandersetzung mit den behandelten Themen.

Die 50-jährige Protagonistin Durga fährt nach London, um im Rahmen eines Writer’s Room an dem Drehbuch für eine Neuverfilmung von Agatha Christie zu arbeiten. Diese soll dem heutigen „politisch korrekten“ Zeitgeist angepasst werden. Unfreiwillig reist Durga plötzlich durch die Zeit ins Jahr 1906 und wird im Körper eines jungen Mannes Teil des indischen Widerstands gegen die britische Kolonialherrschaft.

Die Handlung des Romans springt fortwährend zwischen diesen beiden Zeitebenen hin und her. Dabei betrachtet die Autorin die britische Kolonialgeschichte und die Geschichte des indischen Widerstandes (der gar nicht so friedlich war, wie gemeinhin angenommen) aus heutiger Sicht, gespickt mit einer gehörigen Portion Feminismus.
Parallel dazu werden im Erzählstrang um den Writer’s Room die Themen Kolonialismus und Rassismus vertieft und die Frage aufgeworfen, ob alte Werke verändert werden sollten (Stichwort: cancle culture).

Die Erzählweise ist anspruchsvoll. Nicht nur, weil die Zeitebenen teilweise sehr eng miteinander verknüpft sind, sondern auch, weil es durch die Vielzahl der Personen nicht immer einfach war, der Handlung zu folgen. Bemerkenswert ist, dass fast alle Figuren, die in der Vergangenheitszeitlinie auftauchen, auf realen historischen Personen beruhen. Eine begleitende Wikipedia-Recherche hilft hier ungemein ;-)
Nichtsdestotrotz erzählt die Autorin ihre Geschichte auch mit einem feinen Humor, der immer wieder die Absurdität der Situation ihrer Protagonist*in zum Ausdruck bringt. In diesem Zusammenhang haben mir auch die vielen Anspielungen und Zitate auf Doctor Who sehr gut gefallen.

Ich gebe zu, dass ich selten das Nachwort eines Buches lese. Dieses hier fand ich jedoch sehr interessant, da die Autorin die Entstehung des Buches beschreibt, was die Geschichte für mich abgerundet hat. Außerdem gibt es am Ende noch ein Personenverzeichnis mit allen im Buch vorkommenden Personen (realen und fiktiven).

Fazit. ‚Antichristie‘ hat mir trotz der herausfordernden Erzählweise gefallen. Ich habe viel über die britische Kolonialgeschichte gelernt und mir hat die moderne Perspektive darauf und das Aufzeigen von Parallelen zur heutigen Zeit gefallen. Die Idee der Zeitreise, bei der die Protagonistin zwar ihr Alter und ihr Geschlecht, nicht aber ihre Hautfarbe ändert, war originell und die vielen Anspielungen auf Doctor Who haben Spaß gemacht. Ein anspruchsvoller Roman, den ich jedem empfehlen kann, der bereit ist, sich darauf einzulassen.

Bewertung vom 20.11.2024
Five Broken Blades / The Broken Blades Bd.1
Corland, Mai

Five Broken Blades / The Broken Blades Bd.1


ausgezeichnet

Six Broken Blades

Das Buch punktet bereits mit seiner Optik. Unter dem Schutzumschlag ist der Einband mit einer Goldprägung versehen, eine tolle Illustration zieren Vor- und Nachsatz. Außerdem ist eine Karte im Buch - ein Detail, das ich bei Fantasy-Romanen immer sehr schätze.

Die Handlung wird aus der Ich-Perspektive der sechs Hauptfiguren erzählt, wobei es der Autorin gut gelingt, die individuellen „Erzählstimmen“ herauszuarbeiten. Die Figuren sind sehr unterschiedlich. Jeder hat seine Beweggründe für die Mission und nach und nach erfahren wir als Leser von der Vergangenheit und den Geheimnissen der einzelnen Figuren. Dadurch entsteht eine permanente Grundspannung in der Geschichte, da die Motive teilweise gegensätzlich sind.
In diesem Zusammenhang ist es mir allerdings ein Rätsel, warum das Buch FIVE Broken Blades heißt. Schließlich sind alle sechs an der Mission beteiligt und jede Figur hat ihre „Bruchstellen“ in der Biografie.

Die Autorin nimmt sich viel Zeit, um die Charaktere einzuführen und zu positionieren. Das geht zwar anfangs etwas zu Lasten des Pacings, hat mir aber gut gefallen, da ich zu jeder Figur eine Beziehung aufbauen konnte (auch wenn mir nicht alle gleich sympathisch waren).

Nach etwa einem Drittel des Buches treffen die sechs Figuren schließlich aufeinander und ab da zieht das Tempo an. Ich lese sehr gerne Geschichten mit „Found Family“-Trope und es hat mir Freude gemacht, zu verfolgen, wie die sechs zu einer Gemeinschaft zusammenwachsen, aber auch immer wieder Vertrauen zueinander fassen müssen. Die sich entwickelnden Liebesbeziehungen haben für mich erstaunlich gut funktioniert und auch nicht zu viel Raum in der Geschichte eingenommen.

Richtig begeistert hat mich das Ende der Handlung mit einem Plottwist und Cliffhanger ganz nach meinem Geschmack!

Insgesamt hat für mich die Mischung aus packender Fantasystory und Romance gestimmt. Das Worldbuilding hätte allerdings noch etwas ausführlicher sein können. Hier hoffe ich, dass die Fortsetzungen mehr ins Detail gehen. Ich freue mich auf jeden Fall schon sehr auf den nächsten Band.

Fazit. ‚Five Broken Blades‘ hat mir, bis auf den m.M.n. nicht ganz passenden Titel, sehr gefallen. Die Charaktere sind interessant, vielschichtig und moralisch eher in der Grauzone anzusiedeln. Die Handlung ist spannend und gipfelt in einem tollen Showdown. Obwohl der Roman als Romantasy eingestuft wird, ist dieser Teil nicht zu präsent und fügt sich gut in die Gesamthandlung ein. Ein toller Reihenauftakt, der Lust auf die Fortsetzung macht.

Bewertung vom 15.11.2024
Die Lösung für alle deine Probleme: Gibt's nicht
Fiebiger, Verena;Haghiri, Sina

Die Lösung für alle deine Probleme: Gibt's nicht


gut

Gute Impulse, schwerer Schreibstil


Psychologie Ratgeber gibt es mittlerweile wie Sand am Meer und keiner erfindet das Rad neu. Dennoch lese ich diese Art von Büchern sehr gerne, da sie mir immer wieder neue Impulse geben, denn jeder Autor / jede Autorin hat eine eigene Herangehensweise und setzt andere Schwerpunkte.

So ist das vorliegende Buch kein klassischer Ratgeber mit Übungen und To-do-Listen. Vielmehr werden die verschiedenen Themen, die unsere psychische Gesundheit positiv oder negativ beeinflussen, aus wissenschaftlicher Sicht beleuchtet und ausführlich, aber nicht ausschweifend erläutert. Dabei lässt die Autorin immer wieder ihre eigenen Erfahrungen einfließen und gibt Denkanstöße, das eigene Verhalten zu reflektieren und vielleicht an der einen oder anderen Stellschraube zu drehen.

Die grundsätzliche inhaltliche Ausrichtung hat mir gefallen. Leider bin ich mit dem Schreibstil nicht gut zurechtgekommen. Ich fand das Buch schwer zu lesen, da es viele verschachtelte Sätze und indirekte Zitate gab. Die vielen Fußnoten fand ich teilweise irritierend. Außerdem hat mir innerhalb der Themenkapitel häufig der rote Faden gefehlt.
Das finde ich insofern schade, als dass mir das Buch „Mit Nachsicht“ von Co-Autor Sina Haghiri sehr gut gefallen hatte.

Fazit. ‚Die Lösung für all deine Probleme: Gibt’s nicht‘ war für mich ein Buch mit Licht und Schatten. Einerseits mochte ich die inhaltliche Ausrichtung. Andererseits hat mir die Umsetzung, insbesondere der Schreibstil, nicht so zugesagt. Einige Denkanstöße konnte ich trotzdem mitnehmen Insgesamt hatte ich mir aber mehr von dem Buch erhofft.

Bewertung vom 24.10.2024
Das Verhalten ziemlich normaler Menschen
Reilly, K. J.

Das Verhalten ziemlich normaler Menschen


sehr gut

Roadtrip zurück ins Leben

Der Roman wird aus der Ich-Perspektive des 17-jährigen Asher erzählt, dessen Leben durch den Unfalltod seiner Mutter vor einem Jahr völlig aus den Fugen geraten ist. Er ist so von Trauer, Wut und Schmerz erfüllt, dass es für ihn kaum einen anderen Lebensinhalt gibt.
Der Autorin gelingt es, die verwirrende Gefühls- und Gedankenwelt des Jugendlichen authentisch zu vermitteln. Der Schreibstil ist locker und umgangssprachlich, aber zum Glück ohne übertriebenen Jugendslang.

Das Setting der Selbsthilfegruppe hat mir gut gefallen, hier scheint Asher zum ersten Mal auf andere Menschen zu treffen, die ihn verstehen und seinen Schmerz teilen. Sehr berührend fand ich die Szenen, in denen Asher von außen betrachtet irrational handelt, aber von Will oder Sloane sofort verstanden wird.
Neben Asher sind auch die anderen Charaktere einfühlsam und nachvollziehbar gezeichnet und ich habe sehr mit ihnen gelitten. Besonders der 80-jährige Henry und „seine Evelyn“ haben es mir angetan. Die Szenen mit ihm hatten oft etwas tragikomisches und waren sehr berührend. Überhaupt zieht sich trotz des ernsten Themas ein feiner Humor durch die ganze Geschichte.

Der Roadtrip an sich, für den jeder der vier seine eigene Motivation hat, wird unaufgeregt und schön erzählt. Vor allem, wie die vier als Freunde immer mehr zusammenwachsen und die Reise schließlich zu einem Weg der Heilung wird, hat mir sehr gut gefallen.

Fazit. ‚Das Verhalten ziemlich normaler Menschen‘ ist eine traurig-schöne Geschichte mit wunderbar gezeichneten Figuren und einer ruhigen und zugleich aufwühlenden Handlung. Das Buch handelt von Tod und Trauer und ist gleichzeitig lebensbejahend und hoffnungsvoll. Mich hat die Geschichte sehr berührt.

Bewertung vom 24.10.2024
Was ist ein Mensch?
Göhlich, Susanne

Was ist ein Mensch?


sehr gut

Wissen in niedlich

Sowohl das Cover als auch die Illustrationen im Inneren verdienen für mich das Prädikat "zum Knuddeln". Die Zeichnungen - allen voran Hamster Poldi - sind nicht nur niedlich, sondern auch sehr informativ und helfen, die komplexen Vorgänge im menschlichen Körper anschaulich und für Kinder verständlich zu erklären.

Leider geht dabei für meinen Geschmack ein bisschen die Struktur verloren. So sind die Seiten „wimmelbildartig“ gestaltet und etwas überladen. Weniger wäre hier mehr gewesen. Die Geschichte, die „nebenbei“ über den Alltag von Poldi und Maya erzählt wird, geht leider etwas unter.

Inhaltlich konzentriert sich das Buch auf Wissensbereiche, die für Kinder interessant sind und auch die Illustrationen greifen hier gut die Lebenswirklichkeit der Kinder auf, z.B. wenn es um das Thema Gefühle geht.

Insgesamt hat mir dieses Buch bzw. diese Art der Wissensvermittlung sehr gut gefallen! Eine Einschränkung muss ich aber leider machen: Meiner Meinung nach passt die Altersempfehlung (ab 6 Jahren) hier nicht. Durch die langen Texte, die unstrukturierten, dafür aber sehr vollen Seiten und die Verwendung zahlreicher Fachbegriffe finde ich das Buch für ein 6-jähriges Kind noch zu schwierig. Ich würde hier eher eine Empfehlung ab 8 Jahren aussprechen.

Bewertung vom 16.10.2024
Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland
Brooks, Sarah

Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland


sehr gut

Eine besondere Geschichte, die in kein Genre passt

Der Roman spielt im Jahr 1899. Der Transsibirien-Express nimmt nach mehrmonatiger Pause seine Fahrt von Peking nach Moskau wieder auf. Dabei muss der Zug das kaum erforschte und gefährliche Ödland durchqueren, eine unbesiedelte Landschaft zwischen China und Russland. Die Reise steht unter besonderer Spannung, denn auf der vorherigen Fahrt ist etwas passiert, worüber Crew und Betreiber des Zuges beharrlich schweigen.

Die Autorin hat einen ganz eigenen Erzählstil. Das Buch lässt sich gut lesen, aber es ist keine Geschichte „für zwischendurch“. Vor allem das Schaffen einer Atmosphäre ist der Autorin sehr gut gelungen. Von Anfang an ist Spannung vorhanden, mal geheimnisvoll, mal bedrohlich, mal poetisch. Da die Handlung des Romans hauptsächlich im Zug spielt, trägt dieses kammerspielartige Setting zusätzlich zur allgegenwärtigen Spannung bei. Denn die mysteriösen Ereignisse der letzten Fahrt lasten schwer auf der Zugbesatzung und den Passagieren.

Zu Beginn werden zahlreiche Charaktere - Besatzung und Reisende - eingeführt. Hier wäre ein Personenregister hilfreich gewesen. Da sich die Handlung im weiteren Verlauf aber auf wenige Figuren konzentriert, bin ich auch ohne gut zurechtgekommen. Die Figuren waren interessant und nachvollziehbar charakterisiert und ich fand es toll, wie sich ihre individuellen Geschichten immer mehr miteinander, mit dem Zug und dem Ödland verknüpften.

Überhaupt ist das Ödland mit seiner wilden und unwirtlichen Landschaft fantastisch beschrieben! Geschickt hat die Autorin hier mit meiner Erwartungshaltung gespielt. Zu Beginn fragte ich mich, ob das, was über das Ödland erzählt wird, der Wahrheit entspricht oder ins Reich der Mythen gehört. Diese Frage wird im Laufe der Handlung beantwortet und auch hier änderte sich meine Wahrnehmung immer wieder. Es war surreal, beängstigend und wunderschön.

Mir hat gefallen, wie die Geschichte aufgebaut war. Es gibt insgesamt sieben Teile, in denen jeweils zwei bis drei Tage der Reise erzählt werden. In den letzten beiden Teilen überschlagen sich die Ereignisse und hier ging es mir fast ein bisschen zu schnell, da es kaum Momente zum Durchatmen gab. Wobei ich das Ende des Romans wirklich fantastisch (im wahrsten Sinne des Wortes) fand.

Ein paar Worte noch zur Ausstattung des Buches: Nicht nur das Cover mit seiner Farbgebung und der Goldfolierung fand ich sehr schön gestaltet. Auch der Vor- und Nachsatz, in dem die Wagenreihung des Zuges abgebildet ist, hat mir gut gefallen. Ich habe ihn oft aufgeklappt, um nachzuschauen, an welcher Stelle des Zuges ich mich beim Lesen gerade befinde.

Fazit. Insgesamt ist ‚Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland‘ für mich ein Roman, der Genregrenzen sprengt und sich nirgendwo eindeutig einordnen lässt. Es ist eine historische Geschichte, eine Abenteuergeschichte, eine Gruselgeschichte, eine Fantasygeschichte, die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft und auch eine zarte Liebesgeschichte. Gerade das hat den Roman für mich zu etwas ganz Besonderem gemacht.

Bewertung vom 11.10.2024
WAS IST WAS Comic - Dinosaurier
Zapf

WAS IST WAS Comic - Dinosaurier


sehr gut

Spannender Wissenschaftscomic

Ich kenne die ‚Was ist Was‘-Sachbücher noch aus meiner Kindheit und ich muss zugeben, dass ich nie ein Buch von Anfang bis Ende gelesen habe. Sie waren mir einfach zu trocken. Deshalb finde ich die Idee, Wissen über eine spannende Comic-Geschichte zu vermitteln, sehr gelungen.

Im ersten Band der neuen Comicreihe geht es um die drei Freunde Iris, Will und Wenko, die „dank“ einer Verwechslung 80 Millionen Jahre in die Vergangenheit teleportiert werden, um dem chaotischen Professor Quecksilber bei der Suche nach dem „besten“ Haustier der Kreidezeit zu helfen.
Die Geschichte beginnt rasant, die Figuren wirken sympathisch (vor allem der kleine Roboter) und der Humor kommt nicht zu kurz. Bereits in der laufenden Handlung wird viel Wissenswertes über die damalige Flora und Fauna erzählt, zusätzlich wird die Geschichte durch kurze Infoboxen angereichert, in denen auch Begriffe oder Arten, die den Jugendlichen begegnen, erklärt werden. Die Erklärungen sind gut verständlich, lediglich die Namen der Dinosaurier dürften gerade für jüngere Kinder schwer zu lesen sein. Dennoch halte ich die Altersempfehlung ab 8 Jahren grundsätzlich für angemessen.

Der "Zeichenstil" des Comics hat zwar nicht meinen Geschmack getroffen - mir ist er etwas zu modern, ich bevorzuge eher "klassische" Comics - aber ich denke, den Kindern von heute wird er gefallen. Insgesamt ist der Comic aber schön und detailreich illustriert.
Allerdings fand ich den Comic etwas kurz, gerade das Kennenlernen des Professors war sehr kurz, so dass man nicht viel über diese Figur erfährt. Daher finde ich auch das Preis-Leistungs-Verhältnis - 45 Seiten Comic für knapp 15,00 Euro - eher mäßig.

Fazit. Der erste Band der ‚Was ist Was‘ Comicreihe ist ein gelungener Mix aus Sachbuch und Comic. Es wird eine spannende Geschichte erzählt und gleichzeitig Wissen über Dinosaurier und ihre Zeit vermittelt. Die Geschichte hätte aber gerne noch ein paar Seiten länger sein können, um die Figuren noch besser kennenzulernen.

Bewertung vom 11.10.2024
Wir treffen uns im nächsten Kapitel
Bickers, Tessa

Wir treffen uns im nächsten Kapitel


sehr gut

Romancegeschichte mit Tiefgang

Sowohl das schön gestaltete Cover als auch der Klappentext lassen eine romantische Liebesgeschichte vermuten (natürlich mit der „üblichen“ Portion Drama). Das ist ‚Wir treffen uns im nächsten Kapitel‘ aber nicht nur. Tatsächlich ist die Geschichte für einen Liebesroman relativ tiefgründig, denn es werden einige ernste Themen angesprochen: schweres Mobbing, der Verlust eines geliebten Menschen, psychische Krankheiten.

Und so lernen wir die beiden Protagonisten Erin und James kennen, beide mit einer entsprechenden Hypothek an Themen belastet. Erin hat es mir nicht immer leicht gemacht. Einerseits konnte ich ihre Verletztheit nachvollziehen, andererseits fand ich sie teilweise sehr unreflektiert und naiv für eine 30-Jährige. Auch James war mir in einigem Punkten etwas zu verbissen. Aber letztlich waren beide sympathische Protagonisten, deren Entwicklung ich gerne verfolgt habe.

Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht von Erin und James erzählt. Das hat mir gut gefallen, weil es viel Dynamik und Spannung in die Handlung gebracht hat. Zeitweise hatte ich richtig Angst vor dem Moment, in dem die Verbindung zwischen den beiden aufgedeckt wird.

Die Handlung erstreckt sich über mehr als ein Jahr, was die Entwicklung der Charaktere glaubwürdig macht. Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass diese zeitliche Komponente etwas besser herausgearbeitet worden wäre. Oft konnte ich nicht einschätzen, wie viel Zeit zwischen den einzelnen Kapiteln vergangen war.

Was mir nicht gefallen hat: Aufgrund der vielen schwierigen Themen hätte ich eine Content Note angemessen gefunden. Bei bestimmten Themen, wie z.B. Mobbing halte ich es einfach für zeitgemäß, hier auf entsprechend vorbelastete Menschen Rücksicht zu nehmen.

Fazit. ‚Wir treffen uns im nächsten Kapitel‘ hatte eine schöne Grundidee und sympathische Figuren, deren Verhalten ich zwar nicht immer gut fand, die aber eine nachvollziehbare Entwicklung durchmachen. Der fortwährende Perspektivwechsel hat den Spannungsbogen oben gehalten und die Geschichte hatte ein zwar leicht kitschiges, aber doch berührendes Ende.

Bewertung vom 30.09.2024
Agency for Scandal
Wood, Laura

Agency for Scandal


sehr gut

Erfrischende cozy-crime-romance Geschichte

Schon das Cover des Buches ist ein echter Hingucker und auf den ersten Seiten wird man sofort in die Geschichte hineingezogen. Die Autorin hat einen tollen Schreibstil, leicht und doch bildhaft.
Wir lernen die Protagonistin Isobel „Izzy“ Stanehope kennen, ein auf den ersten Blick unscheinbares Mauerblümchen. Doch das ist nur Tarnung. Izzy arbeitet für eine Geheimorganisation, die Frauen zu ihrem Recht verhilft - denn im Jahr 1897 sind die Gesetze von Männern für Männer gemacht.

Die feministische Stimmung, die das ganze Buch durchzieht, hat mir sehr gut gefallen. Izzy und die anderen Frauen im „Finkennest“ sind tolle, starke Charaktere - ihre Anführerin Mrs Finch hat mich direkt an James Bonds M erinnert - und es war spannend, die Pläne und Abenteuer der Frauen zu verfolgen. Dass das Ganze ein wenig auf Kosten der Plausibilität geht... geschenkt. Bei einem Jugendbuch kann ich gut darüber hinwegsehen. Es hat einfach Spaß gemacht.
Die Liebesgeschichte fand ich auch schön, natürlich etwas vorhersehbar, aber trotzdem waren Izzy und Max ein süßes Paar. Mir hat gefallen, wie Max sich entwickelt hat und seine eigene, von der Gesellschaft geprägte Einstellung überdacht hat.

Schön fand ich im übrigen auch, dass die Geschichte abgeschlossen ist. Zwar erscheint im kommenden Frühjahr ein zweiter Band, in diesem steht aber eine andere Agentin im Mittelpunkt. Ich finde es angenehm, hier mal ein abgeschlossene Geschichte zu haben und mich gleichzeitig auf neue Abenteuer dieser Buchwelt freuen zu können.

Fazit. ‚Agency for Scandal‘ ist eine wunderbare Mischung aus Cozy-Crime und Romance, gespickt mit einer feministischen Grundstimmung, divers gezeichneten Figuren und einer Protagonistin, die man sofort ins Herz schließt. Auch wenn die Geschichte, im Sommer spielt, war es doch für mich eine perfekte Herbstlektüre.

Bewertung vom 22.09.2024
Ich fürchte, Ihr habt Drachen
Beagle, Peter S.

Ich fürchte, Ihr habt Drachen


gut

Wenn der Klappentext nicht zur Geschichte passt

Drachen gehören zu meinen liebsten Fabelwesen und so machten mich Titel und Klappentext sofort neugierig. Beides versprach einen märchenhaften, cozy Fantasyroman.

Der Prolog ließ zwar schon erahnen, dass die Geschichte düster werden könnte, aber zu Beginn dominierte noch eine humorvoll-lockere Atmosphäre die Szenerie: Eine heiratsunwillige Prinzessin trifft schließlich ihren „Traumprinzen“. Der aber möchte am liebsten gar kein Prinz sein. Und dann ist da noch Robert, der widerwillig den Beruf des Drachenjägers von seinem Vater übernommen hat, obwohl ihm die kleinen Tierchen eigentlich am Herzen liegen. Drachen = kleine Tierchen? Ja, die Drachen, denen man zu Beginn der Geschichte begegnet, sind tatsächlich klein und gelten in der Welt des Buches als lästiges Ungeziefer. Aber es gibt auch größere Exemplare... diese lernt man ab etwa der Hälfte des Romans kennen, und von da an ist die Geschichte gar nicht mehr cozy, sondern düster, blutig und bedrückend.

Hier liegt für mich das größte Manko des Buches: Sowohl der Titel als auch der Klappentext suggerieren eine ganz andere Geschichte, als sie am Ende ist. Die Handlung geht durchaus interessant weiter, aber es wird einfach eine andere Erwartungshaltung aufgebaut. Und das finde ich schade, hier werden sich sicher einige Leser erschreckt haben. Auch die Charakterentwicklung war mir für diese Art von düsterer Fantasy-Geschichte nicht tiefgründig genug. Außerdem blieben die Hintergründe teilweise vage oder wurden nur angedeutet. Das letzte Drittel empfand ich als recht verworren. Das Buch hätte meiner Meinung nach noch ein paar Seiten mehr vertragen können.

Gefallen habe mir der Schreibstil des Autors, der zwar etwas altertümlich wirkte, aber gut zur Geschichte passte. Auch das Cover und die schöne Gestaltung von Vor- und Nachsatz fand ich sehr gelungen.

Fazit. ‚Ich fürchte, Ihr habt Drachen‘ hätte eigentlich ein guter Fantasyroman werden können bzw. war auch nicht wirklich schlecht. Dass Titel und Klappentext aber eine andere Art von Geschichte suggerieren, habe ich dem Buch dann doch angekreidet. Außerdem hat hier für meinen Geschmack auch die Tiefe in der Erzählung und der Charakterentwicklung gefehlt.