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Lesehummel
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Aschaffenburg

Bewertungen

Insgesamt 13 Bewertungen
12
Bewertung vom 08.03.2022
Tell
Schmidt, Joachim B.

Tell


ausgezeichnet

Getunte Sage
Wären alle Klassiker so geschrieben, hätte ich sie vermutlich schon alle gelesen - super!
Unter dem Titel "Tell" ist dem Autor Joachim B. Schmidt eine gelungene Neuausrichtung der Sage um Wilhelm Tell gelungen. Das Drama von Schiller kannte ich bis jetzt nicht und habe das Werk ohne Erwartungen und Vorkenntnisse gelesen. Ein Apfel spielt in der Geschichte eine prekäre Rolle, wie ich nach einer Suche im Internet herausgefunden habe und somit passt das Cover perfekt dazu. Die Bewohner der Schweizer Alpen werden von Gefolgsleuten der Habsburger Dynastie drangsaliert. Als Wilhelm dem Landvogt Gessler ein zweites Mal im Dorf begegnet, zwingt dieser ihn, einen Apfel vom Kopf seines Sohns zu schießen, als Bestrafung für fehlenden Respekt gegenüber dem König. Dabei wollte er in dem Dorf lediglich eine Kuh verkaufen um die Familie über den Winter zu bringen.

In 10 Kapiteln und fast 100 Episoden erhalten wir einen Einblick in das Leben der 20 verschiedenen Protagonisten und ihre Sicht auf die Geschehnisse. Mir gefällt die Darstellung von Wilhelm als mürrischen Antihelden. Das man ihn jedoch als Helden bezeichnen kann, steht nach dem Lesen außer Frage. Den Protagonisten hat es so nicht gegeben, aber es ist schön wie die Schweizer diesen Mythos am Leben halten. Die erwähnten Orte können alle besucht werden und es werden Touren angeboten die durch Altdorf, Bürglen und Brunnen führen. Dieses Buch macht Lust mehr Informationen einzuholen. Es ist toll geschrieben und könnte glatt als Drehbuch für einen Spielfilm durchgehen. Klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 02.03.2022
Keine Aufstiegsgeschichte
David, Olivier

Keine Aufstiegsgeschichte


gut

Reden wir vielleicht deshalb die ganze Zeit über Aufstieg, weil er in der Realität immer seltener anzutreffen ist? - Oliver Nachtwey, Die Abstiegsgesellschaft

Eine passende Frage, die sich auf der ersten Seite des Buchs findet und die Situation gut zusammenfasst. Allerdings muss man dann auch erklären was man unter Aufstieg und Abstieg versteht. Ich denke in diesem Fall geht es über das Wegkommen von der Sozialhilfe, also insgesamt ein besseres Leben als die Eltern zu leben. Hier hätte ich mir mehr Beispiele vom Autor gewünscht, damit ich die Situation besser einschätzen kann auch Geldtechnisch. Er bezeichnet seine Armut als ein fehlen von Möglichkeiten. Welche Möglichkeiten hätte er sich gewünscht? In den Geschichten treten nämlich Widersprüche auf. Was sich für mich klar herausliest ist eine Depression, die nicht rechtzeitig erkannt wurde und nun umso heftiger zuschlägt. Das alleine ist aber schon ein wichtiges Thema und schwierig anzugehen.

Ein Bonuspunkt habe ich für das Thema und den Mut vergeben, diesen Elefanten im Raum anzusprechen. Eigentlich sind es gleich zwei Elefanten im Raum, einmal die Armut und zweitens psychische Erkrankungen. Hätte mir dabei aber mehr Reflektion gewünscht.

Es sind sehr persönliche und subjektive Einblicke die der Autor in sein Leben gewährt. Dabei wird zwischen Gegenwart und Vergangenheit gewechselt. Die Tagebucheinträge beschreiben seine heutige Auseinandersetzung mit seiner angestauten Wut, die er in einer Therapie verarbeitet. In 19 Episoden wird erzählt wie und wo er aufgewachsen ist, bis er keine Kraft mehr hatte weiterzumachen und beschlossen hat sich Hilfe zu suchen. Es ist ein Buch, das viel Gesprächsstoff bietet, aber vielleicht nochmal überarbeitet bzw. aktualisiert werden sollte. Gerade wenn es als Gesellschaftskritik durchgehen soll.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.02.2022
Wer nicht alle Tassen im Schrank hat, sollte mal in der Spülmaschine nachschauen.
Gehr, Martin

Wer nicht alle Tassen im Schrank hat, sollte mal in der Spülmaschine nachschauen.


ausgezeichnet

Eine lustige Reise in unsere heutige Kommunikation, die ich jedem empfehlen kann!

Sind auch Rezepte drin? Jaaa ;) ein Rezept ist tatsächlich drin, allerdings eignet es sich, wenn man es genau so befolgt, nicht zum Essen! Das Buch besteht aus 88 Einzelepisoden und nicht ganz ernst gemeinten Buchempfehlungen. Man kann sie alle einzeln lesen, manche bauen aber aufeinander auf, oder wiederholen sich in der Form. Der Autor schafft es gekonnt, wenn auch manchmal überspitzt (darüber lässt sich streiten), die Dinge einzufangen, die uns nicht nur heute beschäftigen. Themen sind u. A. Essen, Liebe, Promis, Quizshows etc. Dabei werden nicht nur die Sachen, sondern wie wir über sie sprechen und uns gegenseitig mitteilen, gründlich aufs Korn genommen. Die Handlungen sind bis auf ein paar Ausnahmen erfunden, leiten sich aber aus der Realität ab. Manchmal erkennt man sich in ein paar Erzählungen selbst wieder, hat so eine ähnliche Situation erlebt, oder von ihr gehört.

Das Cover mit seiner gelben Farbe hat mich gleich angelockt, da es einen gleich fröhlich stimmt. Das Design erinnert an die Clip-Arts aus Word, die man in den 90ern vor allem in der Schule verwendet hat und löste einen kleinen Nostalgieschub aus. :)

Nach vielen Krimis und Thrillern war es genau das Richtige um mal eine Pause einzulegen. Freue mich schon auf die Fortsetzung, in der es ein Kapitel über Influencer geben wird!

Bewertung vom 14.02.2022
Die Gezeiten gehören uns
Vida, Vendela

Die Gezeiten gehören uns


ausgezeichnet

Plötzlich Außenseiter
Eine sehr schöne und auch tragische Geschichte, die in dem nicht mehr so wilden San Francisco der 80er spielt. Es fängt die Magie der Stadt ein, bevor sie von Spekulanten und Neureichen übernommen wurde, die ihr schnelles Geld im Cyberbusiness verdient haben.

Das Cover finde ich schlicht, aber schön. Abstrakt stellt es den Strand aus dem Buch dar.

Sea Cliff (San Francisco)
Die Hauptpersonen sind die Freundinnen Eulabee und ihre beste Freundin Maria-Fabiola und ihre Freundinnen Julia und Faith, die auf die private Mädchenschule Spragg gehen. Alle sind 13 Jahre alt und stecken mitten in der Pubertät. Morgens besuchen sie in Uniform die Schule und danach machen sie die Gegend rund um Sea Cliff unsicher. Sie stürzen sich in Mutproben und beweisen sich gegenseitig ihre Kraft, indem sie über Klippen klettern und das Meer bei Ebbe von Strand zu Strand überqueren. Eines Tages werden sie von einem Mann in einem weißen Auto angesprochen. Er fragt nach der Uhrzeit und Eulabee schaut auf ihre Swatch-Uhr. Doch was danach passiert, darüber sind sich die Mädchen uneinig. Maria-Fabiola behauptet, der Mann habe sich unsittlich angefasst und die anderen Mädchen stimmen ihr zu. Nur Eulabee stellt sich gegen die Behauptung und wird plötzlich zur Ausgestoßenen der Mädchenclique.

Es ist in sehr leichter und angenehmer Schreibweise verfasst, die das Buch zum absoluten Lesevergnügen macht. Alle Charaktere haben mir gefallen und ihre Geschichten haben mich berührt. Erzählt wird aus der Perspektive der 13-jährigen Eulabee, die sich gerade im Umbruch befindet und dann plötzlich im Abseits steht. Die Verzweiflung und ihre Gefühle wurden sehr realitätsnah beschrieben. Sehr gelungene Beschreibung mit Wiedererkennungswert, so habe ich mich als Teenager in manchen Passagen wiedergefunden. Ich frage mich wie dieser Blickwinkel der Autorin so gut gelingen konnte? Das Buch stellt die Themen Freundschaft, Verrat und die verheerende Wirkung von Lügen gut dar. Die Handlung lässt sich wahrscheinlich an jeden anderen Ort der Erde übertragen, aber gerade die Bucht von San Francisco rundet es zusätzlich noch ab. Es lässt einen romantischen Blick auf die Stadt zu, von der man heute leider nur viel negatives hört. Es wird bestimmt nicht das letzte Buch der Autorin bleiben und macht mich neugierig, ihre anderen Werke näher zu betrachten.

Bewertung vom 14.02.2022
Dschinns
Aydemir, Fatma

Dschinns


sehr gut

Kurdische Identität
Der Name des Romans "Dschinns" beschreibt Geistwesen aus der islamischen Mythologie. Sie sind weder gut noch böse. Ich habe die Vermutung, dass es auf unser Gewissen anspielen könnte. Wir sehen es nicht und trotzdem ist es da. So fängt auch die Geschichte von Hüseyin mit einer Beschreibung von außen an, als ob sein Gewissen mit ihm spricht.

"Vielleicht sind Dschinns wie Wahrheiten, die man nicht ausspricht, in der Hoffnung, dass sie einen dann in Ruhe lassen."

Dieses Gespräch findet in der Wohnung in Istanbul statt, auf die Hüseyin 30 Jahre lang gespart hat und sich nun am Ziel seiner Träume wähnt. Die Wohnung wurde von ihm fertig eingerichtet und er wartet auf seine Familie, die in ein paar Wochen nachkommen soll. Als die letzten Möbelstücke geliefert werden und fertig aufgebaut sind fühlt er einen stechenden Schmerz in seiner Brust. Seine Frau Emine erhält kurz darauf den Anruf, dass ihr Mann an einem Herzinfarkt gestorben ist. So macht sich seine Familie sofort auf den Weg, um rauszufinden was passiert ist.

Nach und nach tauchen wir in die Welt von Familie Yilmaz ein. Dabei kommen zuerst die 4 Kinder Ümit, Sevda, Peri und Hakan zu Wort. Im letzten Abschnitt vervollständigt Ehefrau und Mutter Emine dass Puzzle. Wir erfahren von den Problemen und dem Kummer jedes Einzelnen. Jeder hat dabei seine eigene Sicht auf die Dinge und Geschehnisse die sie umgeben. Die Frage nach der Herkunft und Heimat scheint dabei aber alle gleich zu beschäftigen.

Ein wahnsinnig interessantes Buch, das einen Einblick in das Leben einer kurdische Arbeiterfamilie in Deutschland liefert, die ihre Identität am liebsten verschweigen würde und sich selber als Türken bezeichnen. Die eigentliche Herkunft scheint dabei wie eine offene Wunde über der Familie zu schweben. Die Thematik erinnert an China und Taiwan. Anscheinend hält es die Türkei mit den Kurden genauso und will eine Unabhängigkeit Kurdistans verhindern.

Ich habe aber Zweifel, ob die Personen wirklich so frei leben würden, wie im Buch beschrieben bzw. dass es nicht so einfach wäre. Im Bezug auf Ehrenmorde gesehen, weil Sevda sich von ihrem Mann trennen will. Ansonsten super geschrieben mit viel Einfühlungsvermögen und Witz. Sehr ernst, aber nicht langweilig. Lesenswert!

Bewertung vom 07.02.2022
Die Schule der Redner
Seeger, Johann

Die Schule der Redner


ausgezeichnet

Ein Abenteuerroman mit historischem Hintergrund. Die Schule der Redner, wie sie im Roman beschrieben wurde, gab es damals so nicht. Viele Kinder aus wohlhabenden Familien wurden zu Hause von Privatlehrern unterrichtet. Das es das Debüt von Johann Seeger ist, hat mich absolut überrascht, denn es ist einwandfrei geschrieben. Das Wissen rund um die Rhetorik wurde geschickt in die Geschichte integriert. Das der Autor Trainer im Bereich der Kunst der Sprache ist, war dabei bestimmt von Vorteil und man merkt die dahinterstehende Leidenschaft. Ich freue mich bereits auf die Fortsetzung, die angekündigt wurde. Kann nur hoffen, dass dort meine Lieblingscharaktere, die ich in diesem Abenteuer ins Herz geschlossen habe, wieder auftauchen.

Mitteleuropa 1246
In fast 800 Seiten (genau 767) folgen wir dem Neffen Rudolfs von Habsburger. Der Junge Leon erhält den Auftrag ein geheimnisvolles Buch an die Schule der Redner in St. Gallen zu bringen. Die Reise ist gefährlich, denn nicht nur er weiß von dem Buch, das einem große Macht über die Menschen verleihen soll. An der Schule angekommen, wird Leon als Schüler aufgenommen und versucht mit seinen neugewonnenen Freunden, die Schrift zu entschlüsseln. Doch auch dort befinden sie sich in großer Gefahr, denn um an das Wissen zu kommen, sind viele breit auch zu töten.

Die Atmosphäre des Mittelalters wurde bildhaft beschrieben. Viele Szenen stellen auch die Grausamkeit dar, die damals vorherrschte und lässt einen oft fassungslos zurück, deswegen würde ich es nicht als Jugendbuch bezeichnen! Die Charaktere sind gut ausgearbeitet und da sie nicht von geringer Anzahl sind, werden sie in einem Personenregister vorgestellt. Man wird vor ein Rätsel gestellt, wer welche Absichten verfolgt und es bleibt bis zum Schluss spannend, der in einem richtigen Showdown endet. Es ist beeindruckend wie Menschen mit Sprache beeinflusst und manipuliert werden können und das Thema nach wie vor immer noch aktuell ist. Von mir eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 07.02.2022
Henry
Gottschick, Florian

Henry


gut

Im Mittelpunkt steht die 12 jährige Henriette, die von allen Henry genannt wird. Als sie auf der Rückbank des Familienautos einschläft, wird dieses von Sven zu einer Probefahrt "ausgeliehen". Er düst unter den verzweifelten Blicken der Mutter davon. Er bemerkt die schlafende Jugendliche auf den Rücksitzen nicht. Als ihm auffällt, dass sich im Auto noch eine Person befindet, ahnt er, was er sich da eingebrockt hat. Doch Henry überredet ihn den Roadtrip fortzusetzen, da die Entführung für sie wie ein großes Abenteuer erscheint. Sven willigt ein und entschließt sich auch noch seine Ex-Freundin Nadja mitzunehmen.

Zur selben Zeit befinden sich Henrys Eltern bei der Polizei, um alle Möglichkeiten bei der Suche nach ihrer Tochter auszuschöpfen.

Nach und nach erfahren wir mehr über die Familiendynamik, die das Handeln der Hauptfigur erklärt. Jedoch bleiben zum Schluss sehr viele Fragen zu den Charakteren und der Handlung offen. Das Ende habe ich persönlich nicht als Happy-End wahrgenommen, sondern nur als Fortsetzung der bereits vorhandenen Muster, die die Personen antreiben. Für zwischendurch ist es ganz ok, da es sich locker liest. Fast wie ein Jugendbuch, jedoch wird das Thema Sex für meinen Geschmack zu häufig und unpassend aufgegriffen. Es wird als Suche nach sich selbst beschrieben, aber leider scheinen sich die Figuren dabei immer mehr zu verrennen. Es lässt mich traurig zurück.

Bewertung vom 06.02.2022
Der Flug des Nachtfalters
Couillez, Gabrielle C. J.

Der Flug des Nachtfalters


sehr gut

Es handelt sich um eine wahre Geschichte, die der Protagonist unter dem Pseudonym Ricardo Rojas Correa erlebt hat. Zu seiner Jugendzeit fanden weitreichende Veränderungen in seinem Heimatland Kolumbien statt, die bis heute immer noch anhalten. Durch Korruption an höchsten Stellen wurde das Land mit Drogen überschwemmt. Die Thematik der Drogenkartelle, die 1980 bis 1990 das Land beherrschten, wurde in der Netflix-Serie Narcos verfilmt. Das Augenmerk lag dabei auf dem Drogenboss Pablo Escobar, ein Mitglied des Medellin-Kartells, von dem sicherlich jeder schon mal gehört hat. Diese Kartelle tauchen auch in der Erzählung auf.

In knapp 60 Seiten erzählt Ricardo dabei über sein Leben zu dieser Zeit und wie er in die Welt der Drogen reingezogen wurde. Die Sprache die er benutzt ist sehr poetisch und man merkt ihm seine Lebenslust an, die durch diese Geschehnisse getrübt wird und ihn bis heute zu beschäftigen scheinen. Viele Dinge werden nur oberflächlich angedeutet und über manche Dinge kann Ricardo auch noch nicht sprechen, diese fehlenden Sachen wären gerade für die Jugend ein abschreckendes Beispiel gewesen. Ich hätte liebend gerne noch mehr erfahren und so war das Leseerlebnis nur von kurzer Dauer. Es ist als Warnung für Jugendliche gedacht, also kann ich verstehen, dass es kurz gehalten wurde.

Bewertung vom 04.02.2022
Ich bin der Abgrund
Carrisi, Donato

Ich bin der Abgrund


sehr gut

Das ist mein erstes Buch des italienischen Autors Donato Carrisi und bestimmt wird es nicht das Einzige bleiben. Wo erlebt man sonst, dass man sich teilweise auf die Seite des Täters stellt und mitfiebert, er möge nicht gefasst werden? Eine Geschichte die einen sofort in den Bann zieht und menschliche Abgründe an die Oberfläche bringt. Aus psychologischer Sicht sehr interessant! Man merkt worauf der Autor, der Kriminologie und Verhaltungsforschung studiert hat, den Fokus legt.

Im Mittelpunkt steht ein Müllmann. Er kann durch den Abfall einer Person sehr viel über ihr Leben sagen. Häufig verbergen sich die größten Geheimnisse des Menschen in dessen Müll.
Sein Beruf und die dazugehörige Eintönigkeit des Ablaufs gefallen ihm. Wen alles geregelt und gründlich ist, ist er zufrieden. Nur an einem Abend bricht er aus seiner Routine aus und geht einer sehr speziellen Tätigkeit nach.
Sein Leben wird aufgewirbelt, als er ein Mädchen mit lilafarbener Haarsträhne aus dem See rettet. Danach ist nichts mehr wie vorher. Widerwillig wird er in das Leben des Mädchens mit hineingezogen.
Zur selben Zeit wird er von der Fliegenjägerin gesucht, die seinem Geheimnis auf der Spur ist. Was ist ihr Motiv?

Das Cover zieht einen magisch an, obwohl es düster und schlicht gehalten ist. Die Haptik der Lektüre ist aufgrund der Papiermischung besonders angenehm und weich. Ein Kompliment an den Verlag! Die Charaktere sind sehr realitätsnah beschrieben, aber von manchen erfahren wir die richtigen Namen leider nicht. Vielleicht wird dadurch eine Distanz zwischen Leser und Handlung geschaffen, die stellenweise richtig unter die Haut geht, obwohl sie nur schemenhaft angedeutet wird. Es kommt eine unglaubliche Wut auf, die noch lange nach dem Lesen bleibt. Als Überschrift könnte man "Missbrauch und seine Folgen" setzen. Die Lokation Comer See für die Handlung fand ich sehr schön und passend.
4,5 Sterne und eine klare Leseempfehlung! Ein Sternchen ziehe ich ab, da es einige Lücken gibt und somit offene Fragen bleiben.

Bewertung vom 30.01.2022
Gott aus Stroh
Dommel, Frank

Gott aus Stroh


sehr gut

"Dieser abgelegene, zerklüftete Teil der Welt weigerte sich einfach, näher als unbedingt nötig an den irre gewordenen Rest heranzurücken. "

Der Ermittler Falk Sebastiani wird nach einem Terroranschlag in Münchens Einkaufszentrum zwangsbeurlaubt. Bei dem Anschlag tötete Falk alle drei Attentäter um weitere Opfer zu verhindern. Sein Handeln wird vor allem aus der rechten Ecke bejubelt und dies stößt bei seinen Vorgesetzten an. So beschließt er seine erzwungene Auszeit in seinem Ferienhaus in Norwegen zu verbringen und seine Tochter Hannah in Oslo zu besuchen, die er seit der Scheidung von seiner Ex-Frau nicht mehr gesehen hat. Dort angekommen stellt er fest, dass seine Tochter verschwunden ist. Eine Leiche taucht auf seinem Anwesen auf, in dessen Handy Falk gemeinsame Fotos des Opfers mit Hannah findet. Er beschließt erstmal auf eigene Faust zu ermitteln.

In Syrien macht sich die Familie von Haider zur Flucht bereit. Sie wollen über die "Arktisroute" nach Norwegen fliehen. Beide Schicksale treffen am Ende aufeinander.

Ein clever konstruierter Krimi, der sich mit der Frage der Schuld auseinandersetzt und vor einer wunderschönen Kulisse spielt. Die Beschreibung der Finnmark hat mir sehr gefallen. Am Ende bleibt man verblüfft zurück, da die Grenzen von Gut und Böse hier systematisch aufgelöst werden. Ein schwarz-weiß Denken ist somit nicht möglich. Sehr spannend zu lesen, verliert sich aber manchmal in Details und unwichtigen Handlungen.

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