BenutzerTop-Rezensenten Übersicht
Bewertungen
Insgesamt 35 BewertungenBewertung vom 15.12.2024 | ||
Gescheiterter Musiker in der midlife crisis verliebt sich in eine wesentlich jüngere erfolglose Schauspielerin und wird ihr sugardaddy. Eine nicht sonderlich originelle Ausgangslage mit erwartbarem Ausgang. Strunk zeichnet sein Personal als Karikaturen in Schwarzweiß, wobei das Schwarz überwiegt. Strunk zelebriert eine Ästhetik des Hässlichen und ist der George Grosz des Unterhaltungsromans. Dem Feuilleton gefällt's. |
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Bewertung vom 06.12.2024 | ||
Muna oder Die Hälfte des Lebens Wie in Jenny Erpenbecks Roman "Kairos" verliebt sich ein junges Mädchen in Terezia Moras "Muna oder die Hälfte des Lebens" zur Zeit des Mauerfalls in einen wesentlich älteren Mann. In beiden Fällen entsteht eine amour fou, die für die Frauen toxisch ist. Während Erpenbecks Hans sich nicht von seiner Frau trennt, aber krankhaft eifersüchtig reagiert, wird Moras Magnus zunehmend gewalttätig. Beiden Frauen, klug und emanzipiert, gelingt es nicht, sich von dieser Beziehung zu lösen. Moras Ich-Erzählerin Muna schildert schonungslos, wie sie sich bis zum Rande der Selbstaufgabe bei Magnus anbiedert, bis er sie schließlich buchstäblich mit einem Fußtritt auf die Straße setzt. Sie schreibt assoziativ, spontan, so dass manchmal bestimmte Formulierungen durchgestrichen werden, nicht Gesagtes in Klammern steht, was den Roman authentisch und glaubwürdig erscheinen lässt. Das Ende ist ein wenig rätselhaft, aber es scheint, dass Muna zur Hälfte ihres Lebens, sich von dieser Beziehung lösen kann, wenn auch nicht freiwillig. |
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Bewertung vom 28.11.2024 | ||
Die erste große Liebe vergisst man nicht. Navid Kermani ist seiner ersten Liebe auf der Spur und beschreibt sie in 100 Kapiteln, jeden Tag, wie er behauptet, eine Seite, um dem Gedächtnis Gelegenheit zu geben, sich genau an den 15-Jährigen zu erinnern, der ihm so fremd erscheint, dass von ihm nur in der dritten Person die Rede ist. Unterfüttert sind seine Erinnerungen mit Zitaten persischer und arabischer Mystiker, "wobei die Religionen die Hingabe an Gott am Beispiel der körperlichen Vereinigung anschaulich machen", er dagegen sich auf die religiöse Erfahrung bezieht, "um eine ganz weltliche Liebe zu verstehen." Also eine nicht ganz einfache Kost und der Leser sollte sich Zeit lassen (nicht unbedingt nur eine Seite pro Tag) den schmalen Band zu lesen, denn unwillkürlich beginnt in seinem Kopf der Film seiner ersten Liebe zu laufen. |
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Bewertung vom 24.11.2024 | ||
Faszinierend wie Powers im ersten Teil seines Romans neun ganz unterschiedliche Personen entwickelt, die später alle miteinander im Kampf um den Erhalt der Bäume verflochten sind. Faszinierend auch, was er alles über das geheime Leben der Bäume weiß. Man wir danach ganz anders durch den Wald gehen. Doch mit zunehmender Dauer wiederholt sich die Botschaft, dass der Mensch das gefährlichste Raubtier ist und die Welt nur ein Chance hat, wenn er verschwindet, doch zu oft. Am Ende lässt er aber offen, ob seine Baumprophetin selbst diesen Schritt als letzte Konsequenz vollzieht. |
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Bewertung vom 15.11.2024 | ||
Wer Corinna Harfouch als Magda Goebbels in "Der Untergang" gesehen hat, wird die gnadenlose Kälte der ersten Frau im Dritten Reich nicht so schnell vergessen. Bei Nora Bossong ist sie eine unglückliche Ehefrau des Unternehmers Günther Quandt und danach von Joseph Goebbels, die am Ende ihrem Liebhaber im Sanatorium ihr Leid klagt. Dieser Hans Kesselbach hat Magda benutzt, um seine homosexuellen Neigungen zu kaschieren und aus Angst vor der Entdeckung wird er zum unauffälligen Mitläufer im diplomatischen Dienst. Erst als er vor den Greuel der SS nicht mehr die Augen verschließen kann, versucht er sich in die Schweiz abzusetzen. Aber der Zug kommt nur bis Gotha. Am Ende besucht Hans den Friedhof seines Jugendfreunds Hellmut und der Schluss bleibt so vage, wie vieles in diesem Buch. Aber vielleicht soll diese Vagheit ein bewusstes Stilmittel in diesem Roman sein, der vieles anreißt, aber nicht zu Ende führt. |
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Bewertung vom 11.11.2024 | ||
Selbstreferentielle Aussagen des Autors, die die Künstlichkeit des Fiktionalen betonen, können beim Leser oft eine gewisse Ent-Täuschung bewirken, was den Plot und die Figuren betrifft. Für den Autor und Naturwissenschaftler Richard Powers gehören solche Überlegungen jedoch zur Wahrheit fiktiven Schreibens. Trotzdem oder vielleicht gerade darum zieht der Roman über das Mädchen mit dem Glücks-Gen, das für eine schöne neue Welt missbraucht werden soll, den Leser in seinen Bann. Schonungslos zeigt Powers, wie ein Medienhype und ein heißlaufendes Internet einen glücklichen Menschen fast zerstören können. Auch wer noch nichts von Allelen gehört hat und nicht alle Details einer Gen-Sequenzierung versteht, wird diesen Roman so schnell nicht vergessen. |
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Bewertung vom 04.11.2024 | ||
Monika Helfers erster Roman aus ihrer Familientrilogie über ihre schöne Großmutter Maria ist ein ergreifendes Zeitdokument über eine Familie, die am Rande eines Bergdorfes lebt und dort nur die Bagage genannt wird. Der Vater wird zu Beginn des 1. Weltkrieges eingezogen und seine Frau ist mit vier Kindern auf sich alleingestellt. Der Bürgermeister stellt ihr nach, die Frauen im Dorf verreißen sich das Maul als Maria schwanger ist und der Pfarrer exkommuniziert die vermeintliche Sünderin. Monika Helfer erzählt diese Geschichte lakonisch und in Sprüngen, immer wieder die Frage reflektierend, wie lange eine solche Familientradition nachwirkt. |
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Bewertung vom 31.10.2024 | ||
Monika Helfer schreibt in " Löwenherz" über ihren Bruder Richard, Glückskind, Liebling des Vaters, Schriftsetzer, Maler, Träumer und "Schmähtandler", einer "der zwanghaft Geschichten erfindet und so tut, als seien sie wahr". Die Geschichte über ihn und das bei ihm "abgestellte" Mädchen namens Putzi und den Hund Schamasch ist so ergreifend, dass man diesen schmalen Band nicht mehr aus der Hand legt. Immer wieder reflektiert die Autorin ihr Schreiben kritisch, was im Spannungsverhältnis dazu steht, dass sie sich sehr wohl auch als Schmähtandlerin charakterisiert. |
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Bewertung vom 29.10.2024 | ||
Da, wo heute Millionen Islandtouristen landen, auf dem Flughafen Keflavik, sollte 1946 zu Beginn des kalten Krieges ein Militärstützpunkt der Amerikaner errichtet werden. Laxness schildert in diesem Roman, der zwischen Surrealismus und Island- Sage changiert, den Kampf um den Verkauf des Landes aus der Sicht des ungebildeten, aber selbstbewussten Dienstmädchens Ugla. Problematisch an einer solchen Ich- Erzählerin ist es, wenn sie Sätze äußerst, die weit über die immer wieder betonte Unbildung hinausgehen. So heißt es über ein ihr anvertrautes Mädchen: "Manchmal schien mir, als ob in ihren Augen alles vegetative Leben kämpfte, vom kleinsten Geschöpf.... bis dorthin, wo dich der Gott mit seinen brennenden, lüsternen Mörderaugen aus der Tiefe ansieht." Trotz dieser Kritik ist dieser Roman, für den Laxness 1955 den Literaturnobelpreis erhielt, heute so aktuell wie zu seiner Entstehungszeit. |
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Bewertung vom 23.10.2024 | ||
Es ist das typische Mosebach Personal: Ein Kotzbrocken namens Rotzoff, ein Schöngeist namens Wereschnikow, ein ätherisches Wesen namens Winnie, diverse Damen aus der Frankfurter High Society und ein blasser, namenloser Ich-Erzähler. Nur die bosnische Putzfrau Ivana, tough und unbestechlich, fällt aus dem Rahmen. Sie putzt bei allen Protagonisten und ist somit die Klammer in diesem Roman, der zu Beginn der 1990er Jahre spielt und unaufhaltsam zu seinem Höhepunkt zusteuert, als parallel ein aus dem Ruder laufendes Fest und der Beginn des Krieges in Bosnien erzählt wird. Mosebach ist wie immer ein begnadeter Erzähler, der die verschiedenen Charaktere auf das genaueste analysiert. Dass er es liebt, altertümliche Fremdwörter einzubauen, sich nicht an die neue Rechtschreibung hält - die Gattinnen der Entrepreneure sitzen auf dem Sopha - er mittels Parenthesen immer wieder den Erzählfluss unterbricht, sei ihm verziehen. Kurzum man genießt diese kluge Buch, das sich wohltuend von der Betroffenheitsprosa zeitgenössischer Literat*innen abhebt. |
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