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Quincyliest

Bewertungen

Insgesamt 106 Bewertungen
Bewertung vom 19.03.2025
Was ich von ihr weiß
Andrea, Jean-Baptiste

Was ich von ihr weiß


ausgezeichnet

Jean - Baptiste Andreas bewegender Roman erzählt eindrucksvoll die Geschichte des Bildhauers Michelangelo Vitaliani - genannt Mimo - und Viola Orsini vor dem historischen Hintergrund zweier Weltkriege in Italien. Die Beziehung der beiden Protagonisten ist die Geschichte einer Freundschaft über alle Höhen, Tiefen und Standesunterschiede hinweg. Sie lernen sich bei seinen Auftragsarbeiten kennen. Viola reicht ihm die Hand, sie ist klug, gebildet, mutig und unkonventionell. Mimo dagegen stammt aus ärmlichen und einfachsten Verhältnissen. In Frankreich geboren, wird er von der Mutter nach Italien geschickt, er soll Bildhauer werden. Er kämpft sich durch sein Leben, sein unglaubliches Talent verhelfen ihm später zu Ansehen und Erfolg.
Der Roman ist in einer wunderbaren Sprache geschrieben, atmosphärisch dicht und absolut authentisch. Er wurde mit dem Prix Gouncourt ausgezeichnet. Große Leseempfehlung.

Bewertung vom 10.03.2025
Die Summe unserer Teile
Lopez, Paola

Die Summe unserer Teile


sehr gut

Paola Lopez erzählt die Geschichte dreier Generationen starker Frauen. Die Großmutter Lyudmila wurde in Polen geboren, sie flüchtet während des zweiten Weltkrieges in den Libanon, studiert dort Chemie. Das Verhältnis zu ihrer Tochter Daria ist schwierig. Daria geht nach München und wird Ärztin. Auch die Beziehung zu ihrer Tochter Lucy ist angespannt. Lucy geht ohne ein Wort des Abschieds nach Berlin, der Kontakt bricht vorerst ganz ab.
Als sich Lucy auf den Spuren ihrer Familie in Polen befindet, trifft sie dort auf ihre Mutter. So manches dunkle Familiengeheimnis wird gelüftet.
Der Roman hatte mich sehr angesprochen, er besitzt viel Potenzial, das meiner Meinung nach nicht ganz genutzt wurde. Eine echte Nähe zu einer der drei Hauptfiguren konnte ich nicht aufbauen.
Insgesamt ein interessantes und lesenswertes Buch, das meine Erwartungen nicht ganz erfüllen konnte.

Bewertung vom 25.02.2025
Heimweh im Paradies
Mittelmeier, Martin

Heimweh im Paradies


sehr gut

Martin Mittelmeier schreibt über die Zeit von Thomas Mann im Exil. Die Familie Mann lebte ab 1938 in den USA, zunächst in Princeton und ab 1941 in Los Angeles. Es ist ein Traumort, die Sonne, das Licht, die Wärme, doch Thomas Mann ist innerlich ein zerrissenener Mensch, trägt viele schwere Gedanken in sich. Er kommentiert die Ereignisse des Krieges, er hält Vorträge, schreibt an neuen Werken. Auch gesellschaftlich ist er engagiert, trifft sich mit vielen anderen Künstlern, feiert, debattiert, streitet mit ihnen. Auch Feuchtwanger, Döblin, Horkheimer und Adorno befinden sich im Exil, einige leben in unmittelbarer Umgebung der Manns. Die meisten von ihnen verfügen über genügend Einnahmen und können ihren Lebensstandard aufrechterhalten.
1947 ist Thomas Mann das 1. Mal nach 9 Jahren wieder in Europa. Er hält Lesungen und ist froh, dass die Vernunft über die Barberei gewonnen hat. Doch Mann hat nicht nur Bewunderer, er ist auch Anfeindungen ausgesetzt.
Über all diese Ereignisse im Leben des Nobelpreisträgers erzählt Mittelmeier, leicht, lebensnah und atmosphärisch. Ein interessanter Einblick.

Bewertung vom 17.02.2025
Middletide - Was die Gezeiten verbergen
Crouch, Sarah

Middletide - Was die Gezeiten verbergen


sehr gut

Das Debüt von Sarah Crouch wurde hochgelobt. Ihr Roman ist eine Mischung aus Liebesgeschichte und Krimi. Im Mittelpunkt der Handlung steht Elijah Leith, er verlässt als junger Erwachsener seine Heimat, er möchte studieren und ein erfolgreicher Schriftsteller werden. Für diesen großen Traum verlässt er nicht nur seine Jugendliebe Nakita, auch sein Vater bleibt allein zurück. Elijah kommt auch wieder an den Ort seiner Kindheit zurück, allerdings erst 15 Jahre später. Er ist beruflich als Autor gescheitert. Sein Vater ist inzwischen verstorben. Elijah lernt eine andere Frau kennen, Erin. Nach dem (Selbst-)Mord von Erin gerät Elijah selbst in den Fokus der Ermittlungen....
Die fesselnde Geschichte mit einigen Wendungen wird in verschiedenen Zeitebenen erzählt. Der Spannungsbogen wird fast bis ganz zum Schluss aufrechterhalten. Der Roman lässt sich zügig lesen, die Handlung selbst wirkte jedoch an der ein oder anderen Stelle etwas konstruiert.

Bewertung vom 28.01.2025
In einem Zug
Glattauer, Daniel

In einem Zug


sehr gut

Daniel Glattauer hat einen unterhaltsamen Roman geschrieben, auf den sicherlich viele Leser mit Spannung gewartet haben.
Die Handlung spielt - wie der Titel vermuten lässt - in einem Zug. Der ehemals gefeierte Autor Eduard Brünhofer befindet sich auf einer Fahrt von Wien nach München. Er möchte unerkannt und ganz entspannt reisen, doch es kommt alles anders. Eine Frau im mittleren Alter verwickelt ihn gekonnt in ein Gespräch, das harmlos beginnt, dann langsam aber sicher Fahrt aufnimmt und sehr persönlich wird. Hauptsächlich geht es um Beziehungen, verflossene oder aktuelle. Die Dialoge sind kurzweilig, mitunter auch amüsant. Die Rückblenden und Erinnerungen von Eduard werden lebendig und erfrischend erzählt. Cathrin lässt nicht locker, ist schonungslos neugierig und wie sich später herausstellt, gibt es dafür Gründe.
Der Roman lässt sich gut lesen und ist eine angenehme Lektüre für zwischendurch, aber kein Buch, das in Erinnerung bleiben wird.

Bewertung vom 16.01.2025
Für immer
Lunde, Maja

Für immer


sehr gut

Die Norwegerin Maja Lunde hat einen ungewöhnlichen und interessanten Roman geschrieben, der sich mit der Thematik der Vergänglichkeit auseinandersetzt. Sie beschreibt ein spannendes Gedankenexperiment aus der Perspektive verschiedener Menschen in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen. Was bedeutet es für jeden Einzelnen konkret, wenn die Zeit stehenbleibt? Krankheiten würden sich nicht verschlimmern, Menschen sterben nicht mehr, Kinder werden nicht geboren. Die Protagonisten des Romans haben entsprechend ihrer Lebensumstände unterschiedliche Meinungen dazu.
Maja Lunde beschreibt nur ein fiktives Gedankenexperiment und doch erscheint das Erzählte realistisch. Sie erzählt flüssig und gekonnt, dennoch bin ich mit keiner Figur des Romans so richtig warm geworden. Deswegen konnte das Buch nicht vollständig überzeugen, obwohl es durchaus interessant ist und zum Nachdenken anregt.

Bewertung vom 06.12.2024
Über allen Bergen
Goby , Valentine

Über allen Bergen


ausgezeichnet

Valentine Goby hat einen beeindruckenden Roman geschrieben, der malerisch und ganz leise die Schönheit der Natur beschreibt und doch am Rande Gedanken zu einem dunklen Kapitel unserer Geschichte andeutet.
Protagonist der Handlung ist Vadim, ein zwölfjähriger Junge mit jüdischen Wurzeln aus Paris. Aufgrund der Judenverfolgung durch die Deutschen flieht er aus der Stadt in ein kleines Berdorf - fernab der Zivilisation. Dort lebt er in einer Bauernfamilie, geborgen und behütet. Er lernt Menschen kennen, die ihn akzeptieren und mögen. Vadim, der sich fortan Vincent nennt, ist von der Natur und Bergwelt überwältigt. Er lernt die langen Winter kennen und ein Leben im Einklang mit der Natur. Doch die Idylle trügt, auch hier ist er auf Dauer nicht sicher.
Valentine Goby erzählt die Geschichte in leisen Tönen auf eine besondere Art, bildhaft und atmosphärisch. Eine poetische Sprache und mitunter auch philosophische Gedanken lassen diesen Roman zu einem kleinen Juwel werden.

Bewertung vom 23.09.2024
Das Wesen des Lebens
Turpeinen, Iida

Das Wesen des Lebens


ausgezeichnet

Die finnische Autorin Iida Turpeinen hat ein spannendes Buch, das die Beziehung des Menschen zu den Tieren anhand der Stellerschen Seekuh beleuchtet, geschrieben. Sie verbindet Wissenschaft bzw. Wissenschaftsgeschichte mit Literatur zu einem außergewöhnlichem Roman, deren Inhalt zeitlich drei Jahrhunderte umspannt und das traurige Schicksal der Stellerschen Seekuh aufzeigt.
1741: Georg Wilhelm Steller entdeckt während der Großen Nordischen Expedition die nach ihm benannte Seekuh. Diese wird entdeckt, erforscht, gejagt und schließdlich ausgerottet. Im folgenden Jahrhundert begeben Forscher sich auf die Suche nach ihrem Skelett. Der dritte und letzte Teil führt uns nach Finnland, es geht um die Restaurierung des Skeletts.
Turpeinen lässt Geschichte lebendig werden und fängt den jeweiligen Zeitgeist hervorragend ein. Sie zeigt die Lebenswege der beteiligten Forscher und Wissenschaftler auf, die gleichzeitig vom Wissensdrang Getriebene und Zerstörende sind. Das Buch stimmt nachdenklich und wirft kein gutes Licht auf die menschliche Spezies.
Absolute Leseempfehlung.

Bewertung vom 16.09.2024
Die Kunst des InnSæi
Gunnsteinsdóttir, Hrund

Die Kunst des InnSæi


sehr gut

Die Isländerin Hrund Gunnsteinsdottir hat ein informatives und inspirierendes Sachbuch geschrieben, das sich mit der Thematik der inneren Balance und Ausgeglichenheit beschäftigt.
Täglich richten wir unsere Aufmerksamkeit auf viele Dinge, wie kann es gelingen, unseren inneren Kompass zu stärken? Genau darauf versucht die Autorin, Antworten zu finden. Sie gibt Anleitungen wie etwa Achtsamkeits- oder Atemübungen und rät dazu, Tagebuch zu führen.
InnSaei ist in uns allen vorhanden und lässt sich durch Übung und Selbstreflexion stärken. In das Buch fließen persönliche Lebenserfahrungen und Erlebnisse der Autorin mit ein. Veränderungen und auch schmerzliche Phasen können uns stärker werden lassen.
Der Ratgeber ist gut verständlich und locker geschrieben. Vermisst habe ich den angepriesenen isländischen Weg zu mehr Intuition und Balance. Es sind bereits bekannte Methoden, die hier beschrieben wurden. Für Einsteiger empfehlenswert.

Bewertung vom 10.09.2024
Am Himmel die Flüsse
Shafak, Elif

Am Himmel die Flüsse


sehr gut

Elif Shafak gehört zu den bedeutendsten Autoren der Gegenwart, ihre Bücher haben zahlreiche Preise gewonnen. Ihr neuester Roman "Am Himmel die Flüsse" ist ein beeindruckendes Werk, in dem historische Fakten mit Legenden und Fiktivem miteinander verwoben werden. Sie erzählt die Geschichten dreier Figuren. Arthur, der "König der Abwasserkanäle und Elendsquartiere" stammt aus ärmlichsten Verhältnissen, besitzt jedoch besondere Talente. Bei der Arbeit an den Tontafeln in einem Museum entdeckt er Fragmente des Gilgamesch-Epos. Er kann die assyrische Keilschrift entziffern. Er reist zu den Ausgrabungen.
Narin ist ein jesidisches Mädchen, die bei ihrer Großmutter aufwächst. Sie muss ihre Heimat wegen eines Dammbauprojektes der türkischen Regierung verlassen. Ihr Schicksal nimmt einem den Atem.
Die dritte Protagonistin Zaleekhah ist Hydrologin, sie lebt in einem Hausboot auf der Themse und ist den Rätseln des Wassers auf der Spur. Alle drei Geschichten sind miteinander verwoben und das Element Wasser spielt eine besondere Rolle. Gekonnt werden verschiedene Zeitebenen und Orte miteinander verwoben. Die Figuren wirken authentisch. Der Roman wurde sehr gut recherchiert. Er enthält viele Informationen und spricht sehr viele Themen an. Es ist "Kritik" auf hohem Niveau, mir war es ein bisschen zu viel.