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Readaholic

Bewertungen

Insgesamt 384 Bewertungen
Bewertung vom 28.02.2025
Coast Road
Murrin, Alan

Coast Road


ausgezeichnet

Argwöhnisch beobachtet
In der Kleinstadt Ardglas an der irischen Küste wird jeder Fremde misstrauisch beäugt. Als der erfolgreiche Geschäftsmann Shaun Crowley vor Jahren Colette, eine auffällig große und gutaussehende Frau, heiratete, die zudem Dichterin war, gab es lange Zeit kein anderes Gesprächsthema. Doch die Ehe ging in die Brüche, Colette zog nach Dublin und mit einem anderen Mann zusammen. Die gemeinsamen Söhne musste sie bei Shaun zurücklassen. Nachdem auch diese Beziehung nicht gutging, ist sie wieder da und lebt zur Miete in einem heruntergekommenen Feriencottage an der Coast Road. Sie hält sich mehr schlecht als recht durch Schreibwerkstätten finanziell über Wasser. Shaun verbietet ihr den Kontakt zu ihren Söhnen, worunter der Jüngste, Niall, sehr leidet. Der mittlere will von seiner Mutter nichts mehr wissen, der älteste studiert und lebt nicht mehr in Ardglas. Colette versucht verzweifelt, Niall zu sehen und bekommt dabei Hilfe von Izzy, der Frau eines Lokalpolitikers, die heimliche Treffen arrangiert. Doch sie werden beobachtet und Izzys Mann verbietet ihr den Umgang mit Colette, nachdem Shaun ihm offen damit gedroht hat, seine politische Karriere zu sabotieren. Colette ist verzweifelt, trinkt zu viel und lässt sich auf eine Affaire ein, die ihr zum Verhängnis wird.
„Coast Road“ spielt in Irland Mitte der 1990er Jahre. Es ist erschreckend zu lesen, wie wenig Rechte die Frauen damals in Irland hatten. Scheidung war nicht möglich, Frauen, die abtreiben wollten, mussten heimlich nach England fahren. Ohne Einwilligung des Ehemanns konnte eine Frau noch nicht mal ein Geschäft eröffnen, dazu war die Unterschrift ihres Ehemanns erforderlich.
Ich fand die Atmosphäre in diesem Buch bedrückend und sehr eindrücklich beschrieben. Obwohl ich manche von Colettes Entscheidungen nicht nachvollziehen konnte, hatte ich Verständnis für ihre Fehlentscheidungen und sie tat mir sehr leid in ihrer Einsamkeit und Sehnsucht nach ihren Kindern. Man macht es sich zu leicht zu sagen, sie hätte ihre Familie ja nicht zu verlassen brauchen. Das Buch hat mich sehr beeindruckt und beschäftigt mich immer noch. Ein äußerst gelungener Debütroman mit einem ausgefallenen Cover, das mir im Buchladen sofort aufgefallen wäre.

Bewertung vom 18.02.2025
Bis die Sonne scheint
Schünemann, Christian

Bis die Sonne scheint


sehr gut

Alles in Ordnung. Wirklich!
Der Teenager Daniel wächst in den 1980er Jahren als jüngster von vier Geschwistern in behüteten Verhältnissen auf. Der Vater ist Architekt, den Bungalow, in dem Familie Hormann wohnt, hat er selbst entworfen und gebaut. Als Eigentümer einer Massivhausfirma verdiente er bestens, bis die Geschäfte einbrachen. Jetzt ist er insolvent und das Haus steht kurz vor der Zwangsversteigerung. Trotzdem tun die Eltern so, als ob alles in bester Ordnung wäre. Die Konten sind gesperrt, das Geld, das Daniel zur Konfirmation bekommen hat, soll er den Eltern „vorstrecken“, die zur Ablenkung von der ganzen Misere erst einmal ins Möbelhaus fahren und planen, welche Möbel sie als nächstes kaufen. Der Höhepunkt an Absurdität ist erreicht, als sie Brokatuntersetzer für einen auf dem Klavier stehenden Kerzenleuchter erwerben, obwohl auf dem Klavier bereits der Kuckuck klebt. Für mich war es sehr frustrierend zu lesen, mit welcher Vogel-Strauß-Einstellung die Eltern durchs Leben gehen und welche Fehlentscheidungen sie treffen und die Kinder darunter leiden. Daniel kommt mir manchmal erwachsener vor als seine Eltern.
Abwechselnd mit den Kapiteln, die in der Jetztzeit spielen und aus Daniels Sicht erzählt werden, wird das Leben und der Werdegang der Großeltern geschildert. Diese Ausflüge in die Vergangenheit waren interessant, aber für meine Begriffe etwas zu ausführlich, weil sie von der eigentlichen Geschichte ablenkten. Was mir zu diesem Zeitpunkt allerdings auch nicht klar war, ist, dass der Autor hier autobiographisch seine eigene Geschichte verarbeitet hat und es ihm wichtig war aufzuzeigen, wie die Großeltern ihre Nachkommen geprägt haben.
Die Sprache des Autors fand ich genial, wenn er beispielsweise die Mimik des Vaters vor dem Fernseher beschreibt: „Alles konnte mein Vater darstellen, während er … mit dem souveränen Lächeln eines Lebemanns dem Star zwischen den federngeschmückten Tänzerinnen die Showtreppe hinunterfolgte…“. Auch die Atmosphäre der 80er Jahre ist sehr gut beschrieben und hat bei mir viele Erinnerungen wachgerufen.
Ein lesenswertes Buch, ein Stern Abzug, weil ich gegen Ende ein wenig das Interesse verloren habe.

Bewertung vom 14.02.2025
Middletide - Was die Gezeiten verbergen
Crouch, Sarah

Middletide - Was die Gezeiten verbergen


gut

Etwas langatmig
Mit 17 will Elijah vor allem eines: weg aus Point Orchards, wo er mit seinem alkoholkranken Vater in einer Blockhütte im Wald lebt. Er möchte nach San Francisco ziehen und seinen Traum, Schriftsteller zu werden, verwirklichen. Seine Jugendliebe Nakita lässt er zurück mit dem Versprechen, nach genau 5 Jahren wieder zurückzukommen.
Er löst sein Versprechen nicht ein und Nakita heiratet einen anderen. Als Elijah fünfzehn Jahre später in seinen Heimatort zurückkehrt, muss er sich eingestehen, dass sein Plan gescheitert ist und er wie sein inzwischen verstorbener Vater in einer Werkstatt arbeiten muss, um Geld zu verdienen. Er hofft, Nakita eines Tages zu begegnen und hat gleichzeitig Angst davor. Sie ist inzwischen verwitwet und Elijah hofft, dass es wieder zu einer Annäherung kommt. Gerade als es so aussieht, als ob sie wieder eine Beziehung zueinander aufbauen könnten, wird in Point Orchards die Leiche der beliebten Ärztin des Ortes gefunden. Die Polizei geht zunächst von einem Selbstmord aus, doch dann erhält sie einen anonymen Tipp, der auf Elijah als Täter hinweist…
Bis zu diesem Punkt in der Geschichte fand ich das Buch spannend. Doch dann war mir schnell klar, was passiert sein muss, und die Geschichte fängt an, langatmig zu werden. Die blumige, teilweise kitschige Sprache hat mich auch manchmal gestört. Als Kind hatte sich Elijah in den Flur geschlichen, um seine Eltern zu beobachten, „den Rocksaum seiner Mutter, der sich wiegte wie hohes Gras, und die Liebe in den Augen seines Vaters, der auf sie hinabschaute und ihr Kinn mit dem Zeigefinger anhob, damit sie ihm in die Augen sah“ (S. 108). Als Elijah 1988 aus San Francisco zurückkehrt, kommt er mir wie aus der Zeit gefallen vor. Da er sein letztes Geld für die Heimreise ausgegeben hat, baut er Gemüse im Garten an, das er auf dem Markt verkauft, und freut sich, wenn er 4 Dollar dafür bekommt. Es ist sehr unrealistisch zu glauben, dass Elijah zunächst über Wochen ganz allein von den Früchten seines Gartens leben konnte. Wie er als erfolgloser Schriftsteller so lange in San Francisco leben konnte, wird auch offengelassen.
„Was die Gezeiten verbergen“ ist ein Buch, das mich mit seinem wunderschönen Cover geködert hat. Inhalt und Schreibstil haben mich nicht ganz überzeugt.

Bewertung vom 29.01.2025
Von hier aus weiter
Pásztor, Susann

Von hier aus weiter


ausgezeichnet

Schritt für Schritt zurück ins Leben
Nach dem Tod ihres Mannes ist Marlene vor allem eines: wütend. Wie konnte er sie ganz allein zurücklassen? Um ihre Wut zu betäuben, schluckt sie Tabletten. Am liebsten hätte sie überhaupt keinen Kontakt zu der Außenwelt, doch zu Rolfs Beisetzung muss sie wohl oder übel gehen. Obwohl es ein trauriger Anlass ist, beschreibt Ann Pasztor die Situation dermaßen komisch, dass ich ein paarmal laut lachen musste. Zum Beispiel als die in schwarzen Kitteln steckenden Enkelkinder inbrünstig „O-o-p-a Rolf“ zur Melodie von George Harrisons „My sweet Lord“ singen.
Da ihre Dusche kaputt ist, ruft Marlene kurz darauf einen Installateur, der sich als früherer Schüler der pensionierten Grundschullehrerin herausstellt. Jack erzählt ihr, dass er im Moment in seinem Bus schläft, woraufhin Marlene ihm ihr Gästezimmer anbietet. Was als Lösung für eine Nacht gedacht war, entpuppt sich als gutes Arrangement für beide Seiten, zumal Jack sich als hervorragender Koch herausstellt. Dass Marlene außerdem Gesellschaft hat, ist ein weiterer positiver Nebeneffekt, der sie peu à peu aus ihrer Passivität reißt. Als Wally, eine frühere Freundin, zu der sie seit vielen Jahren den Kontakt verloren hatte, anruft, um ihr mitzuteilen, Rolf habe einen Brief für Marlene bei ihr hinterlegt, beschließt Marlene, zu Wally nach Wien zu fahren und den Brief abzuholen.
Ich habe „Von hier aus weiter“ von der ersten bis zur letzten Seite gern gelesen. Es war mein erstes Buch der Autorin, deren Schreibstil und Humor mir ausgezeichnet gefallen. 5 Sterne und Leseempfehlung!

Bewertung vom 23.01.2025
Für Polina
Würger, Takis

Für Polina


ausgezeichnet

Die Macht der Musik
Die junge Fritzi Prager wird während eines Italienaufenthalts bei einem One-Night-Stand ungewollt schwanger. Es steht für sie außer Frage, dass sie das Kind bekommt. Bei der Entbindung lernt sie Günes kennen, die beinahe zeitgleich die kleine Polina zur Welt bringt. Die Frauen werden Freundinnen und auch die Kinder verbindet bald trotz ihrer vollkommen unterschiedlichen Wesensarten eine enge Freundschaft. Hannes Prager ist ein stiller, verträumter Junge, während Günes‘ Tochter Polina voller Energie und Wagemut steckt.
Schon bald stellt sich heraus, dass Hannes ein ungewöhnliches musikalisches Talent besitzt. Ohne jemals Klavierunterricht bekommen zu haben, setzt er sich an den alten Flügel in der Villa des Landschaftspflegers Heinrich, wo Fritzi eine Unterkunft gefunden hat, und beginnt, zuvor gehörte Musikstücke zu spielen. Schon als Kind komponiert Hannes. So schreibt er beispielsweise ein Stück, das Polinas Wesen ausdrückt und seine Art ist, ihr seine Zuneigung zu zeigen.
Mit vierzehn verliebt sich Hannes in Polina, die in ihm allerdings nur einen guten Freund sieht, doch durch tragische Umstände werden die beiden getrennt und verlieren den Kontakt zueinander. Anstatt sein musikalisches Talent zu pflegen, arbeitet Hannes als Klavierträger und lernt dabei den Kollegen Bosch kennen, der zu seiner engsten Bezugsperson wird. Obwohl er versucht, Polina zu vergessen, gelingt es ihm nicht. Als sein Talent zufällig entdeckt wird, beschließt Hannes, Polina mit Hilfe seines eigens für sie komponierten Werks wiederzufinden.
„Für Polina“ ist ein wunderschönes, bewegendes Buch über Liebe, Abschied, Kummer, Glück und Freundschaft und vor allem die Macht der Musik, Menschen zu berühren und Dinge in Gang zu setzen. Ich habe Hannes‘ Hochs und Tiefs mit ihm durchlebt und gemeinsam mit ihm auf ein Wiedersehen mit Polina gehofft. Eine wunderschöne Liebesgeschichte, die alle Emotionen anspricht. Absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 15.01.2025
In einem Zug
Glattauer, Daniel

In einem Zug


gut

Treffen sich zwei Menschen in einem Zug...
Eduard Brünhofer, ein alternder Schriftsteller mit seit Jahren andauernder Schreibblockade, sitzt im Zug von Wien nach München, ihm schräg gegenüber eine Frau frühen mittleren Alters, was auch immer das heißen soll. Er hofft inständig, dass sie ihm kein Gespräch aufdrängt, doch dieser Wunsch wird ihm nicht erfüllt. Allerdings merkt er nach einer Weile, dass er sich eigentlich ganz gern mit der Frau „mit den moosgrünen Augen“ unterhält, wobei das Gespräch schnell eine Richtung einschlägt, die ihm nicht behagt. Da er in der Vergangenheit mit Liebesromanen bekannt wurde, meint sein Gegenüber Catrin Meyr, in ihm einen Experten in Liebesdingen gefunden zu haben und will alles über seine Einstellung zu Liebe, Ehe, Sex wissen. Der Dialog beginnt sehr amüsant, doch je penetranter Catrins Fragen werden, desto weniger hat mich die Unterhaltung der beiden interessiert, zumal Brünhofer zunächst seine Antworten im Kopf durchgeht, so dass der Leser immer seinem gesamten Denkprozess folgen muss. Teils ist dies kurzweilig, teils einfach nur langatmig und enervierend. Zwischendurch holen sich die beiden etwas im Bordbistro oder gehen auf die Toilette, viel mehr passiert nicht an Handlung. Gegen Ende nimmt die Geschichte eine unerwartete Wendung.
Nachdem ich von Glattauers letztem Roman „Die siehst du nicht“ begeistert war, war „In einem Zug“ trotz der sprachlichen Finesse für mich eher enttäuschend. Ich vergebe 3,5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 10.01.2025
Eisiges Glas / Leo Asker Bd.2
Motte, Anders de la

Eisiges Glas / Leo Asker Bd.2


sehr gut

Krimi mit Gruselfaktor
Kriminalinspektorin Leonore Asker hat gerade erst einen äußerst traumatischen Fall abgeschlossen, als sie einen Anruf von ihrem Vater erhält, zu dem sie jahrelang keinen Kontakt hatte: Prepper-Per, der sich in einem Bunker verschanzt und im ersten Band der Reihe versucht hat, seine eigene Tochter umzubringen, braucht ihre Hilfe. In der Nähe seiner Farm wurde eine Leiche gefunden und die Polizei hält ihn für den Mörder. Um ein Blutbad zu verhindern, denn Per würde eine Stürmung seines Grundstücks mit Sicherheit mit Gewalt erwidern, erklärt sich Leo bereit, den wahren Mörder zu finden. Hilfe erhält sie dabei von ihren Mitarbeitern in der Abteilung für hoffnungslose Cold Cases.
Zeitgleich erhält Martin Hill, Leos Jugendfreund, das Angebot, ein Buch über die Medizintechnikfirma Alfacent und deren Gründer Gunnar Irving zu schreiben, der in der Vergangenheit vor allem durch Ufo-Sichtungen Berühmtheit erlangte. Dazu wird er auf das Privatanwesen der Familie eingeladen, um dort Recherchen zur Firmengeschichte zu betreiben. Doch Martin stößt auf allerlei unheimliche Vorkommnisse und wird von einer unbekannten Person gewarnt. Er erfährt von allerlei ungeklärten Todesfällen im Zusammenhang mit der Familie und gerät bald selbst in Gefahr, da er sich für Dinge interessiert, die die Familie lieber für sich behalten möchte. Leo entdeckt in der Zwischenzeit, dass der Tote Tord Korpi auch Verbindungen zu Stjärneholm hatte, dem Anwesen der Familie Irving.
„Eisiges Glas“ ist ein ausgesprochen spannender und teilweise auch sehr gruseliger Krimi. Der Schreibstil ist fesselnd und man fliegt nur so durch die kurzen Kapitel. Obwohl das Buch in einem fulminanten Showdown endet, habe ich gegen Ende ein wenig das Interesse verloren, zu unrealistisch sind manche Szenen. Ich hatte den Eindruck, der Autor hatte bereits eine künftige Verfilmung des Buchs mit möglichst actionreichen Szenen im Hinterkopf.

Bewertung vom 04.01.2025
Wieso? Weshalb? Warum? Meine Vorlesegeschichten, Band 2 - Was passiert in Wald und Wiese?
Pooch, Anna

Wieso? Weshalb? Warum? Meine Vorlesegeschichten, Band 2 - Was passiert in Wald und Wiese?


ausgezeichnet

Gute Ideen
Wenn man „Was passiert in Wald und Wiese?“ aus der Reihe Wieso/Weshalb/Warum aufschlägt, findet man zuerst eine Auflistung der Familien, um die es in diesem Buch geht. Dabei fällt auf, dass die Autoren Wert darauf gelegt haben, viele verschiedene Arten von Familien zu berücksichtigen. Da ist die klassische Mutter-Vater-Kind-Familie, aber auch der alleinerziehende Vater, die Patchworkfamilie und die Großeltern, die sich um den Enkel kümmern, solange die Eltern im Ausland arbeiten. Auf diese Art werden sich die meisten Kinder in diesem Buch wiederfinden. Die Familien haben verschiedene ethnische Hintergründe, auch das finde ich eine sehr gute Idee, denn selbst hier auf dem Dorf kommen die Kinder, die mit unserem Enkel den Kindergarten besuchen, bzw. deren Eltern und Großeltern, aus aller Herren Länder. Ebenfalls lobenswert ist es, dass die Großmutter des siebenjährigen Luca im Rollstuhl sitzt und als äußerst aktiv dargestellt wird. Leute mit Handicap kommen meiner Erfahrung nach doch eher selten in Kinderbüchern vor.
Wir begleiten in diesem Buch die Kinder Mara, Nesrin, Emil, Sofia und Luca auf ihren Abenteuern, bei denen sie allein oder mit ihren Familien die Natur erkunden. Dabei wird spielerisch Wissen vermittelt, beispielsweise dass Krähen in der Lage sind, Werkzeuge zu benutzen oder warum Tiere Winterschlaf halten. Das Buch hält auch praktische Tipps bereit. So habe ich zum Beispiel meine Rose von Jericho aus der Schublade geholt und gemeinsam mit meinem Enkel wieder zum Leben erweckt. Mit Sicherheit werden wir auch, sobald das Wetter es wieder zulässt, mal im Garten Stockbrot machen und im Sommer Wassereis mit Himbeeren, wie im Buch vorgeschlagen.
Die Illustrationen sind ebenfalls nett gemacht, wenn man von den Glubschaugen der Personen absieht. Alles in allem ist „Was passiert in Wald und Wiese?“ ein schönes Vorlesebuch mit guten Anregungen.

Bewertung vom 29.12.2024
To Die For
Gray, Lisa

To Die For


gut

Jeder ist sich selbst der Nächste
Andi Hart arbeitet erfolgreich als Maklerin in Los Angeles. Als das Maklerbüro den Auftrag erhält, einen Käufer für ein 50 Millionen-Projekt in Malibu zu finden, herrscht große Aufregung unter den Maklern, denn die Provision soll eine Million Dollar betragen! Natürlich will jeder von ihnen die Provision kassieren, koste es, was es wolle. Sie haben alle ihre Gründe, weshalb sie das Geld dringend benötigen. Und sie schrecken nicht davor zurück, mit unlauteren Mitteln zu kämpfen, um die Rivalen aus dem Rennen zu werfen. Von Sachbeschädigung bis Körperverletzung ist alles dabei.
Ausgerechnet an dem Tag, an dem das Millionen-Dollar-Haus den Maklern vorgestellt wird und die Schönheit des Anwesens und die Lage am Strand von Malibu alle Erwartungen übertrifft, wird eine Leiche im Swimming Pool entdeckt. Bald stellt sich heraus, dass einige der Anwesenden als Mörder in Frage kommen und Andi Hart das Opfer sogar aus der Vergangenheit kennt.
Den Anfang des Buchs habe ich sehr gern gelesen. Gegen Ende hat es sich jedoch sehr gezogen, so dass ich froh war, zum Ende zu kommen. Im Großen und Ganzen ist die Übersetzung von „To Die For“ ganz gut, aber einige Stellen sind mir doch negativ aufgefallen. So ist ein „yard sale“ keineswegs ein Hinterhofverkauf, sondern ganz einfach ein privater Flohmarkt. Und die wortwörtliche Übersetzung „Ich konnte nicht mehr geradeaus denken“ für „I couldn’t think straight any more“ ist auch keine Glanzleistung.
Das Buch wird im übrigen als Thriller vermarktet, Kriminalroman hätte es eher getroffen, denn über weite Strecken fehlt die Spannung. Von mir 3,5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 05.12.2024
Wohnverwandtschaften
Bogdan, Isabel

Wohnverwandtschaften


ausgezeichnet

Ein passender Titel
Als ich den Titel dieses Buchs zum ersten Mal gelesen habe, war ich etwas ratlos, was mit „Wohnverwandtschaften“ gemeint ist. Nach der Lektüre finde ich, es ist ein äußerst passender Titel.
Das Buch handelt von einer Wohngemeinschaft in Hamburg. Keine Studenten-WG, die Bewohner sind alle schon mitten im Berufsleben bzw. pensioniert. Da ist zunächst Jörg, dem die Wohnung gehört. Nach dem Tod seiner Frau traf er den Entschluss, die überzähligen Zimmer zu vermieten. Jörg ist 68 und sein großer Traum ist es, mit dem Bulli nach Georgien zu fahren. Murat, sein Mitbewohner, ist immer gut gelaunt, spielt Fußball, liebt seinen Schrebergarten und bekocht mit Leidenschaft die WG. Anke ist Schauspielerin, doch mit Anfang 50 sind die Rollenangebote dünn gesät, was ihrem Selbstwertgefühl sehr zusetzt. Als Letzte ist die Zahnärztin Constanze nach der Trennung von ihrem Freund in die WG gezogen. Übergangsweise, wie sie sagt, doch dann wachsen ihr die anderen mehr und mehr ans Herz und es sieht nicht so aus, als ob sie nach etwas anderem sucht.
Überhaupt ist der Zusammenhalt zwischen den vier Personen sehr eng. Als Jörg nach einer Operation nicht mehr der Alte ist und sehr vergesslich wird, kümmern sich die anderen rührend um ihn, sie fühlen sich wie eine Familie. Jörgs Sohn lebt in Frankreich und bekommt überhaupt nicht mit, wie es um seinen Vater steht.
Die Geschichte wird aus dem Blickwinkel der einzelnen WG-Bewohner erzählt. Der Leser hat daher einen Wissensvorsprung vor den anderen. Das Thema fortschreitende Demenz wird sehr einfühlsam behandelt. Ein Buch über Freundschaft, die oft enger sein kann als Familienbande. Uneingeschränkte Leseempfehlung von mir.