Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
AmaraSummer

Bewertungen

Insgesamt 73 Bewertungen
Bewertung vom 22.03.2025
Die Kammer
Dean, Will

Die Kammer


weniger gut

Locked Room Thriller ohne Locked Room

„Die Kammer“ erzählt die Geschichte von Ellen Brooke. Sie ist die einzige Sättigungstaucherin, die auf einem Schiff in der Nordsee 28 Tage lang unter Drucken leben soll, um Arbeiten an einer Ölpipeline durchzuführen, doch dann stirbt einer ihrer Kammeraden und die Welt innerhalb der Kammer stürzt ins Chaos. Das Buch wurde von dem britischen Autor Will Dean geschrieben und ist 2025 als eBook und Taschenbuch im Hoffmann und Campe Verlag (Ganske Verlagsgruppe) erschienen. „Die Kammer“ ist ein Einzelband. Das englische Original ist unter dem Titel „The Chamber“ erschienen.

Ich wollte „Die Kammer“ lesen, weil das Locked Room Setting auf Anhieb meine Neugierde wecken konnte, leider musste ich sehr schnell feststellen, dass das Locked Room Setting alles andere als „Locked“ ist und so hat die Geschichte innerhalb von einer Seite einen Großteil ihrer Spannung verloren. Rückblickend betrachtet kann ich nachvollziehen, warum sich der Autor gegen das Locked Room Setting entschieden hat, retten konnte es die Geschichte für mich aber nicht.

Die komplette Geschichte wird aus der Sicht von Ellen Brooke erzählt. Einem Hauptcharakter, mit dem ich von Anfang an meine Schwierigkeiten hatte. Leider waren diese am Ende so groß, dass sie Auswirkungen auf meinen Lesegenuss hatten. Zu keinem Zeitpunkt der Geschichte ist es mir gelungen eine Bindung zu Ellen aufzubauen, was in erster Linie wohl daran lag, dass ich einen Großteil ihrer Gedanken nur schwer oder gar nicht nachvollziehen konnte. Ja ihr Verhalten hat Sinn ergeben und in den meisten Fällen zur jeweiligen Situation gepasst, das konnte aber nichts daran ändern, dass sie mir zunehmend unsympathischer wurde. Die anderen Charaktere lernt man nicht wirklich kennen, was hauptsächlich daran liegt, dass man als Leser, die meiste Zeit über in ihrem ewigen Gedankenkarussell festgesteckt hat. Vielleicht hätte das der Geschichte Spannung verliehen, wenn die Gedanken zum jeweiligen Geschehen gepasst hätten, in den meisten Fällen begleitet der Leser Ellen aber in ihren Alltag und der hat leider gar nichts mit ihrem Leben als Sättigungstaucherin zutun. Der Autor schweift also immer wieder von der eigentlichen Handlung ab, was der Geschichte sehr schnell die Spannung genommen hat.

Im krassen Gegensatz zu Ellens Gedankenkarussell steht, die Szenen, in der Ellens Kollege stirbt. Plötzlich wurde die Geschichte immer spannender und Will Dean gelang es innerhalb weniger Sätze eine so packende Atmosphäre aufzubauen, dass ich das Buch keine Sekunde mehr aus der Hand legen wollte, doch dann endete das Kapitel und die Spannung war so abrupt verschwunden, wie sie gekommen war. Der Spannungsbogen war somit leider kein stetig ansteigender Bogen, sondern eine Berg- und Talfahrt mit langsam ansteigenden Momenten, die wenige Seiten später rasant abstürzten. Das ist nicht die Art von Spannungsbogen, die ich mir bei einem Thriller wünsche. Ehrlich gesagt wünsche ich mir diese Art von Spannung überhaupt nicht, weil sie für Längen voller Langeweile sorgt.

Die Längen bestanden größtenteils aus Momenten, in denen Ellen ihre Arbeit als Sättigungstaucherin beschreibt. Was mich daran am meisten gestört hat war die Wortwahl von Will Dean. Das Ganze las sich wie ein wissenschaftlicher Text. Zwar gibt es am Ende des Buches ein Glossar mit den wichtigsten Fachbegriffen, das hat den Beschreibungen aber leider nicht den wissenschaftlichen Ton genommen. In einem Thriller möchte ich keine Kapitel lesen, bei denen ich vor Langweile fast einschlafe, weil sie so trocken geschrieben sind wie ein Fachbuch.

„Die Kammer“ konnte meine Erwartungen leider nicht erfüllen und ich habe mehrmals darüber nach gedacht das Buch einfach abzubrechen aber meine Neugierde bezüglich Täter war am Ende jedes Mal stärker. Umso enttäuschter bin ich von der Auflösung. Mal abgesehen davon, dass sie für mich überhaupt keinen Sinn ergeben hat, war sie für meinen Geschmack einfach viel zu kurz. Die Geschichte endet viel zu schnell und das letzte Kapitel kann all die offenen Fragen nur dürftig beantworten.

Die deutsche Übersetzung von Will Deans Schreibstil ließ sich halbwegs flüssig lesen. Das Buch besteht aus vielen kurzen Kapitel und wurde in der ersten Person geschrieben.

Fazit
„Die Kammer“ ist ein Thriller, dessen Grundidee meine Neugierde auf Anhieb wecken konnte, leider konnte mich die Umsetzung nicht von sich überzeugen.

Bewertung vom 01.03.2025
Der zweite Verdächtige / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.5
Schwiecker, Florian;Tsokos, Michael

Der zweite Verdächtige / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.5


ausgezeichnet

Machtmissbrauch

„Der zweite Verdächtige“ ist der fünfte Fall für Strafverteidiger Rocco Eberhardt und Rechtsmediziner Dr. Justus Jarmer. Das Buch wurde von Florian Schwiecker und Prof. Dr. Michael Tsokos geschrieben und ist 2025 als eBook und Taschenbuch im Knaur Verlag (Verlagsgruppe Droemer Knaur) erschienen. „Der zweite Verdächtige“ ist der fünfte und finale Band der „Eberhardt & Jarmer ermitteln“ Reihe.

Der fünfte Fall für Eberhardt und Jarmer ist ein schockierender Blick auf unser Justizsystem, der mich als Leserin sprachlos zurückgelassen hat. Das Justizsystem, das normalerweise frei von Subjektivität sein Urteil fällen sollte, gerät ins Fadenkreuz der Ermittlungen als Rocco Eberhardt mehreren Vertreten des Rechtssystems Machtmissbrauch nachweisen kann. Damit haben sich Schwiecker und Tsokos auch in ihrem letzten gemeinsamen Buch für ein brisantes Thema entschieden, das wahrscheinlich genauso aktuell ist, wie die vorherigen Themen und bei dem ich dieses Mal gar nicht so genau wissen möchte, wie realistisch es umgesetzt wurde.

Rocco Eberhardts neuer Mandant Jan Staiger, soll zwei Menschen mit Liquid Ecstasy vergiftet haben und die Spuren, die die Polizei im Laufe der Ermittlungen sicher kann, liefern eindeutige Beweise für seine Schuld, doch der junge Mann behauptet steif und fest er sei unschuldig. Rocco gerät an seine moralischen Grenzen, als er sich immer wieder fragen muss, ob sein Mandant die Wahrheit erzählt und als die Boulevardpresse ihm Mitschuld an einem der Morde gibt, steht nicht nur seine Reputation als Strafverteidiger auf dem Spiel.

Dr. Justus Jarmer spielt von Beginn an eine entscheidende Rolle im Fall Jan Staiger. Anfänglich ist er nur der zuständige Rechtsmediziner, doch im Laufe des Prozesses lieferte Jarmer immer mehr Hinweise, die die Beweise der Staatsanwaltschaft entkräften und so die mögliche Unschuld von Jan Staiger beweisen. Zum Schluss findet er den entscheidenden Hinweis und hilft Rocco so ein scheinbar unabwendbares Unglück zu verhindern.

Das Einzige, was mich an der Geschichte stört, ist das Ende. Der fünfte Band soll der letzte Band der Reihe sein. Ich finde da kann man erwarten, dass die Geschichte nicht mit einem Cliffhanger aufhört, sondern einen Abschluss bekommt, der keine Fragen offenlässt. Ja theoretisch kann man sich die offenen Fragen selbst beantworten, wenn man die Geschichte aufmerksam genug gelesen hat. Praktisch möchte ich die offenen Fragen aber vom Autor beantwortete haben und sie mir nicht selbst beantworten müssen.

Florian Schwiecker, der viele Jahre als Strafverteidiger gearbeitet hat und Prof. Dr. Michael Tsokos, der als Rechtsmediziner von 2007 bis 2023 das Institut für Rechtsmedizin der Charité leitete, geben dem Leser auch in „Der zweite Verdächtige“ detaillierte Einblicke in die Arbeit eines Strafverteidigers und eines Rechtsmediziners. Dabei gelingt es den beiden stets das Fachwissen so in die Geschichte einfließen zu lassen, dass es nicht nur spannend, sondern auch für einen Laien verständlich ist.

„Der zweite Verdächtige“ ist ein Justiz Krimi, den ich keine Sekunde aus der Hand legen wollte und den ich innerhalb eines Tages verschlungen habe. Schwiecker und Tsokos ist es gelungen die Geschichte so zu schreiben, dass die Spannung mit jedem weiteren Kapitel packender wurde und immer dann, wenn ich dachte, jetzt hab ich’s kam sie mit der nächsten unvorhersehbaren Wendung um die Ecke. Für mich ist der finale Band ein Meisterwerk, dass ich jede Sekunde genossen habe.

Kurze Kapitel sorgen für einen flüssigen Lesegenuss und Ort- und Datumsangaben zum Beginn der Kapitel für eine gute Orientierung innerhalb der Handlung. Der Schreibstil von Schwiecker und Tsokos ließ sich auch dieses Mal angenehm flüssig lesen. Erzählt wird die Geschichte aus vielen unterschiedlichen Sichten. Das Buch wurde in der dritten Person geschrieben.

Fazit
Trotz einem eher unbefriedigenden Ende hat mir die Geschichte ein spannendes Leseerlebnis geschenkt.

Bewertung vom 18.01.2025
Die Schanze
Menz, Lars

Die Schanze


weniger gut

Mehr Spannungsroman als Thriller

„Die Schanze“ erzählt die Geschichte von Dr. Ellen Roth. Als sie in das Dorf ihrer Kindheit zurückkehrt, um die Stelle als Allgemeinmedizinerin in der örtlichen Hausarztpraxis zu übernehmen, wird sie mit einem Todesfall konfrontiert, der mit ihrer Vergangenheit zu tun hat. Das Buch wurde von dem deutschen Autor Lars Menz geschrieben und ist 2025 als eBook und Taschenbuch im Ullstein Taschenbuch Verlag (Ullstein Buchverlage) erschienen. „Die Schanze“ ist ein Einzelband.

Bevor ich näher auf die Geschichte eingehe, möchte ich eine Sache anmerken, die mich gestört hat. Ich habe „Die Schanze“ als Taschenbuch gelesen und musste dabei leider feststellen, dass der Farbschnitt nicht in Form eines Digitaldrucks erstellt wurde, sondern in dem der Farbschnitt mit Farbe angemalt wurde. Diese Methode hat unangenehmerweise zur Folge, dass die Farbe die Seiten zusammenklebt und man, wenn man beim Umblättern nicht aufpasst, die Seiten einreißt. Ich werde dafür jetzt keine Sterne von meiner Bewertung abziehen aber in meinen Augen sollte ein so großer Verlag wie der Ullstein Buchverlage genug Geld zur Verfügung haben, um den Farbschnitt mittels Digitaldruck erstellen zu lassen.

Laut Verlag handelt es sich bei „Die Schanze“ um einen Thriller. Keine Ahnung, ob man sich dafür aus Marketinggründe entschieden hat oder ob man einfach keine Ahnung von Genres hat. „Die Schanze“ ist sicherlich kein normaler Roman ein Thriller ist es aber genauso wenig. Ich würde das Buch unter dem Genre „Spannungsroman“ einsortieren. Der Kriminalfall spielt nur eine Nebenrolle und die Katastrophe auf, die der Hauptcharakter in einem Thriller normalerweise zusteuert, muss man in „Die Schanze“ suchen. Beides sind aber Dinge, die erfüllt sein müssen, wenn man einen Krimi oder einen Thriller schreibt. Lars Menz hat kein schlechtes Buch geschrieben, aber er hat eben keinen Thriller geschrieben. Da die Genre Zuordnung aber wahrscheinlich eher vom Verlag getroffen wird und weniger vom Autor werde ich das Lars Menz an dieser Stelle nicht negativ anlasten.

Ich habe mich dazu entschieden „Die Schanze“ zu lesen, weil mich der Prolog auf Anhieb fesseln konnte und ich unbedingt wissen wollte, wie die Geschichte weitergeht. Leider ist der Prolog das Einzige Kapitel, dass mich wirklich fesseln konnte. Diese ersten Seiten sind so detailliert geschrieben, dass ich das Gefühl hatte live dabei zu sein. Meine Neugierde war also auf Anhieb geweckt, weil das genau die Art und Weise ist wie ein Thriller geschrieben sein muss, damit er mich fesselt. Leider ist es dem Autor nicht gelungen diesen lebendigen Schreibstil beizubehalten.

Das restliche Buch erzählt eine Geschichte, die von unterschiedlichen menschlichen Schicksalen handelt. Insgesamt sind es drei und sie alle stehen irgendwie mit dem Toten in Verbindung. Da gibt es Dr. Ellen Roth, die Ärztin ist und die dank einem traumatischen Erlebnis in ihrer Jugend ein besorgniserregendes Maß an selbstverletzendem Verhalten an den Tag legt. Dann gibt es noch Merab Alieva, er ist Journalist, träumt vom großen Durchbruch und trauert die gesamte Geschichte über seiner Ex-Freundin hinterher. Die letzte Person ist Karl Haußer, ein ehemaliger Polizist, der seine schwer kranke Frau pflegt und ansonsten seinen speziellen Sexuellen Neigungen nachgibt. Alle drei Charaktere haben deutlich erkennbare Ecken und Kanten und irgendwie waren sie auch authentisch. Mir ist es aber auch wichtig, dass sie irgendetwas haben, dass sie mir sympathisch macht. Leider habe ich auf dieses „Etwas“ vergeblich gewartet.

Mich konnten also weder die Geschichte noch die Charaktere fesseln. Das Buch wurde für mich somit immer langweiliger und bei einem Thriller, der eigentlich spannend sein soll, ist das ein massiver Dämpfer für meinen Lesegenuss. Mich macht das ehrlich gesagt ein bisschen traurig, weil der Prolog so gut war, dass man problemlos ein Thriller daraus hätte entwickeln können, der das Potenzial gehabt hätte, um mich an die Seiten zu fesseln. Stattdessen habe ich eine Geschichte gelesen, die mich nicht packen konnte und deren Ende für mich unbefriedigend war.

Fazit
„Die Schanze“ ist eine Geschichte die sich mehr auf die Schicksale, der einzelnen Charaktere konzentriert als auf den Kriminalfall. Ich, die gerne Krimis und Thriller liest, weil ich es liebe Kriminalfälle zu lösen, wurde von der Geschichte leider nicht so abgeholt, wie ich es mir erhofft hatte.

Bewertung vom 09.10.2024
Everything We Never Said - Liebe lässt uns böse Dinge tun
Harlow, Sloan

Everything We Never Said - Liebe lässt uns böse Dinge tun


sehr gut

Der erste Eindruck täuscht

„Everything We Never Said - Liebe lässt uns böse Dinge tun“ erzählt die Geschichte von Ella Graham. Sie ist 17 Jahre alt und hat ihre beste Freundin bei einem Autounfall verloren. Das Buch wurde von der US-amerikanisch Autorin Sloan Harlow geschrieben und ist 2024 als eBook und Hardcover im Fischer Sauerländer Verlag (S. Fischer Verlage) erschienen. „Everything We Never Said - Liebe lässt uns böse Dinge tun“ ist ein Einzelband. Das englische Original ist unter dem Titel „Everything We Never Said“ erschienen.

Es spielt keine Rolle, ob es sich um Haupt- oder Nebencharaktere handelt, Sloan Harlow hat ein Händchen für vielschichtige Charaktere, die alle auf ihre Art und Weise authentisch sind. Besonders gefallen hat mir Ella, die mir auf Anhieb sympathisch war und die ich für ihre Stärke bewundert habe. Der Autorin ist es hervorragend gelungen Ellas Gedanken und Gefühle so detailliert zu beschreiben, dass man sowohl ihr Verhalten als auch ihre Entscheidungen nachvollziehen kann, ohne dass man Erfahrungen gemacht haben muss, wie Ella sie gemacht hat. Aus diesem Grund konnte ich mich problemlos in Ella hineinversetzen.

„Everything We Never Said“ ist eine Mischung aus Thriller und Jugendbuch. Wobei das Buch für mich mehr Triller als Jugendbuch ist und das trotz der Tatsache, dass es ganz anders ist als die typischen Thriller. Ja, es gibt auch eine Liebesgeschichte, aber die spielt eher eine Nebenrolle, denn hauptsächlich geht es um die Nacht in der Hayley gestorben ist und deren Folgen für Ella. Sloan Harlow hat eine Geschichte geschrieben, die zwar voller unvorhersehbarer Wendungen war, die für mich aber nicht immer spannend war.

Sloan Harlow schreibt in „Everything We Never Said“ über ein sehr schweres Thema, dass meiner Meinung nach nicht in einem Jugendbuch behandelt werden sollte. Es ist definitiv ein wichtiges Thema über das viel zu wenig gesprochen wird und für mich hat die Autorin das Thema auch mit der nötigen Menge an Ernsthaftigkeit beschrieben, trotzdem hatte ich meine Probleme mit diesem Teil der Geschichte. Vielleicht lag es an den anderen heiklen Themen, mit denen sie das Thema verbunden hat. Für Geschmack war das zu viel des Guten. Ich hatte das Gefühl, dass sie eine besonders dramatische Geschichte schreiben wollte und dabei leider übers Ziel hinausgeschossen ist.

Die deutsche Übersetzung von Sloan Harlows Schreibstil ließ sich flüssig lesen. Die Geschichte wird größtenteils aus der Sicht von Ella erzählt. Die restlichen Kapitel werden aus der Sicht von Sawyer erzählt. Das Buch wurde in der ersten Person geschrieben.

Fazit
„Everything We Never Said“ fühlt sich wie eine Achterbahnfahrt in Überschallgeschwindigkeit an. Eine Geschichte die dich seelische komplett auseinander nimmt.

Bewertung vom 28.09.2024
Mit kaltem Kalkül / Die Sabine Yao-Reihe Bd.2
Tsokos, Michael

Mit kaltem Kalkül / Die Sabine Yao-Reihe Bd.2


sehr gut

Das schwächste Glied der Gesellschaft

In „Mit kaltem Kalkül“ ermittelt Rechtsmedizinerin Dr. Sabine Yao in einem Fall, der tief in die Abgründe der menschlichen Psyche blicken lässt. Das Buch wurde von dem deutschen Autor Prof. Dr. Michael Tsokos geschrieben und ist 2024 als Taschenbuch und eBook im Knaur Verlag (Verlagsgruppe Droemer Knaur) erschienen. „Mit kaltem Kalkül“ ist der zweite Band der „Sabine Yao“ Reihe.

„Mit kaltem Kalkül“ spielt acht Monate nach den Ereignissen aus „Mit kalter Präzision“. Michael Tsokos schreibt seine Bücher zwar so, dass man die Reihe nicht zwingend in chronologischer Reihenfolge lesen muss. Trotzdem ist es natürlich interessant und manchmal vielleicht sogar hilfreich, wenn man den Vorgängerband gelesen hat.

Der zweite Fall für Dr. Sabine Yao lässt sich grob in zwei Handlungsstränge aufteilen, die parallel zueinander erzählt werden. Am Schluss gelingt es Michael Tsokos zwar die beiden Handlungsstränge zu einem logischen Ende zusammenzufügen, ich hätte es aber deutlich besser gefunden, wenn die beiden Handlungsstränge ein paar Berührungspunkte gehabt hätten. So hat es sich nämlich angefühlt, als hätte ich zwei Geschichten in einem Buch gelesen. Diese Erzählweise nimmt der Geschichte leider auch ein bisschen die Spannung. Damit war „Mit kaltem Kalkül“ leider nicht ganz so fesselnd wie der Vorgängerband.

In „Mit kaltem Kalkül“ steht Dr. Sabine Yao nicht länger allein im Fokus der Erzählung. Diesmal bekommt sie Unterstützung von Kriminalhauptkommissarin Monica Monti. Die Leiterin der vierten Mordkommission des Berliner LKA ist ähnlich wie Dr. Yao eine Frau für die Aufgeben ein Fremdwort ist und die sich von Steinen, die man ihr in den Weg legt, nicht aufhalten lässt. Genauso wie Yao war auch Monti mir auf Anhieb sympathisch und für die Tatsache, dass sie, ohne lange darüber nachzudenken, tatkräftig mit anpackt habe ich sie bewundert. Der zweite Band ist also voller Frauenpower und ich muss sagen, dass die beiden für mich ein sehr unterhaltsames Ermittlerduo abgeben, dass sich meiner Meinung nach perfekt ergänzt.

Neben den beiden Frauen gibt es in diesem Buch auch noch einen dritten Charakter, der ein größere Rolle spielt. Hassan Khalaf hat viele Jahre lang für den jordanischen Geheimdienst gearbeitet, bevor er nach Berlin gekommen ist. Mit ihm hat Michael Tsokos einen Charakter erschaffen, der einen spannenden Gegenpart zu den beiden Frauen bildet. Auf den ersten Blick würde man ihn wahrscheinlich zu den „Guten“ zählen, wenn man aber einen genaueren Blick hinter seine Maske wirft, erkennt man, dass er über reichlich Ecken und Kanten verfügt. Dieser Mann hat definitiv keine weiße Weste und trotzdem war er mir irgendwann sympathisch, weil er eben nicht dem typischen Klischee des „Bösen“ entspricht.

Genauso wie auch schon in „Mit kalter Präzision“ gewährt Michael Tsokos seinen Lesern in „Mit kaltem Kalkül“ detaillierte Einblicke in die Arbeit eines Rechtsmediziners. Dabei gelingt es ihm die medizinischen Abläufe so zu beschreiben, dass sie nicht nur spannend, sondern auch für einen Laien verständlich sind. So hatte ich neben der Tatsache, dass ich eine unterhaltsame Geschichte lesen dürfte, auch die Chance etwas Neues zu lernen.

Die Kapitel beginnen jeweils mit einem Datum, einer Uhrzeit und einer Ortsangabe. Der Schreibstil von Michael Tsokos ließ sich angenehm lesen. Die Geschichte wird aus unterschiedlichen Sichten erzählt. Das Buch wurde in der dritten Person geschrieben.

Fazit
Trotz der Tatsache, dass „Mit kaltem Kalkül“ nicht ganz so packend war wie der erste Band, konnte mich die Geschichte gut unterhalten.

Bewertung vom 25.09.2024
Stalker - Er will dein Leben.
Strobel, Arno

Stalker - Er will dein Leben.


sehr gut

Die Rolle seines Lebens

„Stalker - Er will dein Leben.“ erzählt die Geschichte von Eric Sanders, der nach einer Rolle im Tatort kurz vor seinem großen Durchbruch als Schauspieler steht, doch dann taucht ein Unbekannter auf, der sich für ihn ausgibt und sein bisheriges Leben ins Chaos stürzt. Das Buch wurde von dem deutschen Autor Arno Strobel geschrieben und ist 2024 als eBook und Taschenbuch im FISCHER Taschenbuch Verlag (S. Fischer Verlage) erschienen. „Stalker - Er will dein Leben.“ ist ein Einzelband.

Mit „Stalker - Er will dein Leben.“ hat Arno Strobel ein weiteres Mal bewiesen, dass er ein Händchen für unvorhersehbare Wendungen hat. Nachdem ich den Klappentext und die ersten Kapitel gelesen hatte, hatte ich eine wage Idee in welche Richtung sich die Geschichte entwickeln könnte und dann kam Herr Strobel mit einer Wendung um die Ecke, die alle meine Ideen über den Haufen geworfen hat. Am Ende hat sich die Geschichte in eine Richtung entwickelt, auf die ich niemals gekommen wäre. Arno Strobel ist es auf unvergleichliche Art und Weise gelungen eine Spannung aufzubauen, die mich so sehr an die Seiten gefesselt hat, dass ich das Buch keine Sekunde aus der Hand legen konnte.

Eric Sanders begibt sich auf eine Reise in seine Vergangenheit, die ab einem bestimmten Punkt sehr psychologisch wird. Ich vermute Mal, dass Arno Strobel intensive Recherche betreibt, bevor er über ein fachfremdes Thema schreibt. Daher gehe ich davon aus, dass die unterschiedlichen Behandlungsmethoden, die von den verschiedenen Psychiatern und Psychotherapeuten im Laufe der Geschichte angewandt werden, tatsächlich existieren. Ich als Laie hätte mir eine detailliertere Beschreibung ebendieser Behandlungsmethoden gewünscht, weil ich stellenweise Probleme hatte der Handlung in diesen Momenten zu folgen.

Mit Eric Sanders hat Arno Strobel einen Hauptcharakter erschaffen, der für mich perfekt zum Genre gepasst hat. Mal abgesehen von seinem Beruf ist Eric ein Mensch, der ein relativ durchschnittliches Leben führt und der im ersten Moment ganz normale Probleme hat. Das ändert sich als ein Unbekannter Erics Identität stielt. Innerhalb weniger Tage ertrinkt sein bisher eher ruhiges Leben im Chaos und ich finde das Arno Strobel die Beschreibungen des emotionalen Ausnahmezustandes, in dem Eric sich plötzlich befindet, hervorragend gelungen ist. Zusammen mit Eric schickt er seine Leser auf eine hochemotionale Reise, die mich stellenweise sprachlos gemacht hat. Was ich ganz besonders gelungen finde, ist die Art und Weise wie Arno Strobel Erics Beruf als Schauspieler in die Geschichte eingebaut hat. Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass sein Beruf nur eine kleine Nebenrolle spielt, doch dieser Eindruck täuscht.

Arno Strobels Schreibstil ließ sich gewohnt flüssig lesen. Die Geschichte wird aus der Sicht von Eric erzählt. Das Buch wurde in der dritten Person geschrieben.

Fazit
„Stalker - Er will dein Leben.“ ist ein packender Psychothriller, der in die Abgründe der menschlichen Seele blickt. Ich vergebe 4,5 von 5 Sterne.

Bewertung vom 15.09.2024
This could be love / Hawaii Love Bd.1
Lucas, Lilly

This could be love / Hawaii Love Bd.1


gut

Liebe überwindet alle Hürden

„This could be love“ erzählt die Geschichte von Louisa Herzog-Riggs und Vince Greenfield. Sie ist Deutschlands Tennis-Shootingstar und seit einer schweren Verletzung auf dem Weg zu ihrem Comeback. Er führt ein ganz normales Leben auf Hawaii und träumt davon ein geerbtes Hostel wieder zum Leben zu erwecken. Das Buch wurde von der deutschen Autorin Lilly Lucas geschrieben und ist 2024 als eBook und Taschenbuch im Knaur Verlag (Verlagsgruppe Droemer Knaur) erschienen. „This could be love“ ist der erste Band der „Hawaii Love“ Reihe.

Louisa steht mit ihren 22 Jahren noch am Anfang ihrer Profitenniskarriere und trotzdem weiß sie bereits ganz genau, was sie erreichen möchte. Trotz ihrer schweren Verletzung und dem damit verbundenen Rückschlag denkt sie keine Sekunde ans Aufgeben. Es ist ihre enorme innere Stärke und ihr eiserner Wille für dich ich sie von der ersten Seite an bewundert habe. Bis sie mir sympathisch war hat es allerdings fast die Hälfte des Buches gebraucht. Was in erster Linie wahrscheinlich daran lag, dass ich mich nur schwer in sie hineinversetzen konnte. Ich konnte zwar ohne Probleme ihre Entscheidungen und ihr Verhalten nachvollziehen, aber es hat eine Weile gebraucht, bis ich Zugang zu ihren Gedanken und Gefühle gefunden habe. Am Ende habe ich Louisa dann sogar ein Stückweit in mein Herz geschlossen und das trotz der Tatsache, dass sie im letzten Drittel eine Entscheidung trifft, die mir zu unüberlegt war und die ich eher von einem Kleinkind als von einer fast erwachsenen Frau erwartet hätte.

Zu Vince konnte ich leider zu keinem Zeitpunkt eine richtige Bindung aufbauen, was in erster Linie an seiner fehlenden Sicht liegt. So habe ich nie die Chance bekommen mir einen eigenen Eindruck seiner Gedanken zu machen und auch seine Gefühle sind bis zum Schluss ein Rätsel für mich geblieben. Ja Vince war mir sympathisch, aber ich konnte mich nicht in ihn hineinversetzen.

„This could be love“ ist ein Romance Buch. Im Mittelpunkt der Geschichte steht die Liebesgeschichte von Louisa und Vince. Danke der fehlenden Sicht von Vince hatte ich aber das gesamte Buch über das Gefühl, dass ich ausschließlich die Geschichte von Louisa lese und Vince darin nur eine kleine Nebenrolle spielt. Zu einer Liebesgeschichte gehören meiner Meinung nach aber immer zwei Charaktere, nämlich die, die sich im Laufe der Handlung ineinander verlieben. In „This could be love“ sind das theoretisch Louisa und Vince. Praktisch blieb Vince für mich aber so ungreifbar, dass ich die Liebe, die nach und nach zwischen den beiden entstanden ist, nur sehr schwer nachempfinden konnte. Es gibt Autoren, die schaffen es mit ihren Beschreibungen eine Geschichte so zu erzählen, dass es die zweite Sicht nicht braucht, weil ich durch die Augen des einen Charakters genug über den anderen Charakter erfahre, dass ich eine Bindung zu ihm aufbauen kann. Lilly Lucas gehört definitiv nicht zu diesen Autoren. Bei einem Romance Buch ist es für mich essenziell, dass ich zu beiden Charakteren eine Bindung aufbauen kann, denn nur so kann ich das Buch vollständig genießen. Für mich ist die Geschichte daher unvollständig.

Mein größter Kritikpunkt ist die kaum vorhandene Beschreibung der Sportart. Von Anfang an wird erzählt, wie wichtig Tennis für Louisa ist und was für einen großen Stellenwert dieser Sport in ihrem Leben hat. Dementsprechend hatte ich erwartet, dass ich tiefgehende Einblicke in ihr Training bekomme, stattdessen wurde ihr Training jedes Mal in wenigen kurzen Sätzen beschrieben. Bereits nach wenigen Kapitel war ich mir sicher, dass das so bleibt und spätestens nach der Hälfte der Geschichte war die Sportart für mich zu einem unbedeutenden Statisten verblasst. In den letzten Kapiteln beschreibt die Autorin einen Moment in Louisas Leben, aus dem sie so viel mehr hätte machen können, aber sie bleibt ihren oberflächlichen Beschreibungen treu und so ist Tennis für mich zu einem austauschbaren Faktor in dieser Geschichte geworden.

Glücklich bin ich dafür über das Ende. Lilly Lucas hat sich zwar für ein Happy End entschieden lässt am Ende aber ein paar Fragen offen, was meiner Meinung nach perfekt zu der Liebesgeschichte von Louisa und Vince passt. So vermeidet sie die Situation, in der einer der beiden eine Entscheidung hätte treffen müssen, die die Geschichte für mich kaputte gemacht hätte.

Der Schreibstil von Lilly Lucas ließ flüssig lesen. Das Buch wurde in der ersten Person geschrieben.

Fazit
Der Klappentext konnte meine Neugierde auf Anhieb wecken, leider konnte mich die Umsetzung nur stellenweise von sich überzeugen.

Bewertung vom 14.09.2024
Unlock My Heart / Golden Heights Bd.1
Louis, Saskia

Unlock My Heart / Golden Heights Bd.1


sehr gut

Gegensätze ziehen sich an

„Unlock My Heart“ erzählt die Geschichte von Lexie Shaw und Logan Maxx. Sie kommt aus einfachen Verhältnissen und ist zusammen mit ihrem großen Bruder auf der Flucht vor ihrem Vater. Er ist der Erbe eines milliardenschweren Medienimperiums und wünscht sich nichts sehnlicher als ein normales Leben. Das Buch wurde von der deutschen Autorin Saskia Louis geschrieben und ist 2024 als eBook und Taschenbuch im Ravensburger Verlag (Ravensburger Gruppe) erschienen. „Unlock My Heart“ ist der erste Band der „Golden Heights“ Reihe.

Lexie Shaw ist eine Protagonistin, die ich von der ersten Seite an bewundert habe und das nicht nur, weil sie über ein erstaunliches Rückgrat verfügt, sondern auch über eine enorme Stärke. Sie ist eine junge Frau die definitiv nicht auf den Mund gefallen ist und für die Aufgeben ein Fremdwort ist. Mit Lexie hat Saskia Louis eine Protagonistin erschaffen, die ich auf Anhieb in mein Herz geschlossen habe und die ich am Ende nicht mehr gehen lassen wollte. Damit ist Lexie etwas besonders, denn in den meisten Fällen geht mir die Protagonistin spätestens nach der Hälfte der Geschichte extrem auf die Nerven und am Ende ist sie mir in der Regel unsympathisch. Mit Lexie hatte ich dieses Problem kein einziges Mal. Vielmehr stieg meine Sympathie für sie mit jedem weiteren Kapitel.

Logan Maxx erfüllt definitiv nicht die Kriterien, die ich normalerweise an den Protagonisten einer Liebesgeschichte stelle. Ich bin ein großer Fan des Typs „Bad Boy“ und Logan ist das absolute Gegenteil. Trotzdem konnte er mich innerhalb weniger Seiten in seinen Bann ziehen und ähnlich wie bei Lexie wurde er mir mit jedem weiteren Kapitel sympathischer. Logan mag auf den ersten Blick wie ein reicher, versnobter Schnösel rüberkommen, der nur mit dem Finger zu schnipsen braucht, um sich jeden seiner Wünsche erfüllen zu lassen. Doch dieser Eindruck täuscht gewaltig, denn ja Logan ist reich, aber er ist alles andere als ein versnobter Schnösel. Vielmehr ist er ein junger Mann, der so sehr nach Anerkennung sucht, dass er sich dabei selbst verloren hat. Ich habe mir für Logan gewünscht, dass er sein Glück findet.

Ich gebe zu ich habe mich in erster Linie für „Unlock My Heart“ entschieden, weil ich wissen wollte, ob ein Jugendbuch von Saskia Louis genauso lustig ist wie all ihre Romance Bücher. Saskia Louis ist mit dieser Geschichte ein Buch gelungen, dass mich stellenweise so sehr zum Lachen gebracht hat, dass ich Tränen in den Augen hatte. Ihr Humor ist der Wahnsinn und trifft zu 100% meinen Geschmack. Was ich an „Unlock My Heart“ ganz besonders geliebt habe, ist die Tatsache, dass der Humor bis zum Schluss anhält und nicht wie in manchen ihrer Romance Bücher im letzten Drittel der Liebe der beiden Protagonisten zum Opfer fällt.

Der Schreibstil von Saskia Louis war wie immer ein Hochgenuss. Das Buch wird aus der Sicht von Lexie und Logan erzählt, wobei ich mich über eine gleichmäßigere Verteilung gefreut hätte, den es werden deutlich mehr Kapitel aus Lexies Sicht erzählt. Das Buch wurde in der ersten Person geschrieben.

Fazit
Logen und Lexie sind wie Feuer und Eis. Eine explosive Mischung voller Emotionen, die einen nicht mehr loslässt.

Bewertung vom 01.09.2024
Hast du Zeit?
Winkelmann, Andreas

Hast du Zeit?


sehr gut

Die Wand der Todessanduhren

In „Hast du Zeit?“ ermitteln der pensionierte Polizist Lars Erik Grotheer und die Fotografin Lilly Costanzo in einem Fall, der eine traurige Vergangenheit offenbart. Das Buch wurde von dem deutschen Autor Andreas Winkelmann geschrieben und ist 2024 als eBook und Taschenbuch im Rowohlt Taschenbuch Verlag (Rowohlt Verlag) erschienen. „Hast du Zeit?“ ist ein Einzelband.

Lars Erik Grotheer ist ein pensionierter Polizist, der für die Bundestagspolizei gearbeitet hat und der nun als Frührentner zusammen mit seinem Hund Jemand sein Einzelgänger Dasein genießt. Mit Grotheer hat Andreas Winkelmann einen Charakter erschaffen, der deutlich erkennbare Ecken und Kanten hat, die ihn nicht nur authentisch gemacht haben, sondern mir auch auf Anhieb sympathisch. Ja, er ist ein Charakter, der keine leichte Vergangenheit hatte, aber im Gegensatz zu den meisten Ermittlern in Krimis suhlt er sich nicht in Selbstmitleid. Im Laufe der Geschichte erkennt er sogar, dass er Fehler gemacht hat und arbeitet aktiv daran diese wieder gutzumachen. Er ist also ein Charakter, der sich erkennbar in eine positive Richtung weiterentwickelt hat.

Lilly Costanzo arbeitet als selbstständige Fotografin und führte bis zu einem tragischen Vorfall, eine glückliche Beziehung mit ihrer Lebensgefährtin. Lilly war für mich im ersten Moment der typische weibliche Hauptcharakter, mit dem ich nicht warm geworden bin. Erst im Laufe der Geschichte konnte ich eine Bindung zu ihr aufbauen und das auch nur, weil sie für mich erkennbar beweisen konnte, dass sie ein Rückgrat besitzt. Zwar ist Lilly ein Charakter, der sich weiterentwickelt, für mich war diese Entwicklung aber leider nicht deutlich genug erkennbar. So war Lilly für mich bis zum Schluss der schwächere Part in diesem Er­mitt­ler­duo.

„Hast du Zeit?“ ist ein Thriller, der Spannung mit ganz verschiedenen Elementen aufbaut. Andreas Winkelmann hat sowohl die klassischen Elemente wie unvorhersehbare Wendungen und kleinere Cliffhanger am Ende eines Kapitels verwendet als auch eine spezielle Erzählweise, bei der er einen Charakter erschaffen hat, der den Leser direkt anspricht. Mit diesen Elementen ist es ihm gelungen eine stetig steigende Spannung aufzubauen, die am Ende der Geschichte in einem fesselnden Finale gipfelt.

Positiv finde ich, dass Andreas Winkelmann mir durch viele kleine Hinweise im Laufe der Geschichte die theoretische Chance gegeben hat, aktiv mitzuraten. Leider wurde am Ende klar, dass er sich für einen Täter entschieden hat, den ich praktisch zu keinem Zeitpunkt hätte erraten können, weil der Charakter erst im letzten Viertel der Geschichte eingeführt wurde. Ich liebe das Genre Krimi und Thriller so sehr, weil ich ein Fan von Rätseln bin. Ein Thriller, bei dem ich aktiv mit raten kann, ist für mich daher immer ein Lesegenuss. Dieser Lesegenuss bekommt aber natürlich einen gehörigen Dämpfer verpasst, wenn der Täter erst zum Schluss eingeführt wird, denn so nimmt mir der Autor ein Stückweit meine Chance aufs Mitraten.

„Hast du Zeit?“ ist für mich ein gelungener Thriller, den ich gerne gelesen habe und der mich definitiv gut unterhalten konnte. Trotzdem habe ich einen Kritikpunkt. Ich verstehe nicht warum aber Andreas Winkelmann hat sich dazu entschieden seine beiden ermittelnden Charaktere erst im letzten Viertel der Geschichte aufeinandertreffen zu lassen. 76% der Geschichte werden in zwei parallel zueinander verlaufenden Handlungssträngen erzählt. Ich hätte mir gewünscht, dass die beiden bereits im ersten Drittel der Geschichte aufeinandertreffen.

Der Schreibstil von Andreas Winkelmann ließ sich angenehm flüssig lesen. Die Geschichte wird aus vielen unterschiedlichen Sichten erzählt. Das Buch wurde in der dritten Person geschrieben.

Fazit
„Hast du Zeit?“ ist ein packender Thriller, der mich trotz kleiner Makle von sich überzeugen konnte.

Bewertung vom 24.08.2024
Der 1. Patient / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.4
Schwiecker, Florian;Tsokos, Michael

Der 1. Patient / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.4


sehr gut

Künstliche Intelligenz in der Medizin

„Der 1. Patient“ ist der vierte Fall für Strafverteidiger Rocco Eberhardt und Rechtsmediziner Dr. Justus Jarmer. Das Buch wurde von Florian Schwiecker und Prof. Dr. Michael Tsokos geschrieben und ist 2024 als eBook und Taschenbuch im Knaur Verlag (Verlagsgruppe Droemer Knaur) erschienen. „Der 1. Patient“ ist der vierte Band der „Eberhardt & Jarmer ermitteln“ Reihe.

Bei ihrem vierten gemeinsamen Buch haben sich Florian Schwiecker und Prof. Dr. Michael Tsokos für ein hochbrisantes Thema entschieden, das aktueller nicht sein könnte. Die beiden konfrontieren Eberhardt und Jarmer mit Künstlicher Intelligenz und auch den Schauplatz ihres Kriminalfalls hätte sie nicht besser wählen können. Der Tatort ist dieses Mal ein Operationssaal und das Opfer ein Patient, der auf den ersten Blick sterben musste, weil die Künstliche Intelligenz einen verheerenden Fehler begangen hat. Das Autoren Duo bedient sich also einer allgegenwärtigen Skepsis, die wahrscheinlich ein erheblicher Teil unserer Gesellschaft dem Thema Künstlicher Intelligenz gegenüber hegt.

Rocco Eberhardt übernimmt im Fall „Dr. Sasha Müller“ schon nach wenigen Kapiteln eine tragende Rolle. Dabei stößt er im Laufe der Gerichtsverhandlung immer wieder auf ungeahnte Herausforderungen, die ihn stellenweise zu fragwürdigen Entscheidungen verleiten. Diese verhelfen ihm zwar zu wichtigen Informationen, am Ende findet den Entscheidenden Hinweis aber eine andere Person.

Dr. Justus Jarmer spielt im Fall „Dr. Sasha Müller“ für lange Zeit nur eine Nebenrolle. Ein Ereignis ganz zum Beginn der Geschichte sorgt dafür, dass die Obduktion am verstorbenen Patienten nicht von Jarmer durchgeführt wird, sondern von einer Kollegin. Erst im letzten Drittel der Geschichte spielt dann auch er eine größere Rolle und trotzdem verschwindet er im Schatten von Eberhardt.

Ich muss sagen in diesem Buch stört mich die ungleiche Rollenverteilung von Justiz und Rechtsmedizin. Ich liebe diese Reihe, weil sie mir verpackt in eine spannende Geschichte Einblicke in eine sonst verschlossene Welt gibt. Aber im vierten Buch hat sich die Geschichte für meinen Geschmack zu sehr auf das Gerichtsverfahren konzentriert und zu wenig auf die Rechtsmedizin. Die hat meiner Meinung nach kaum eine Rolle gespielt, was ich sehr schade finde. Ich fand das Gerichtsverfahren nicht langweilig, aber die Geschichte hätte mir besser gefallen, wenn dieser Handlungsstrang nicht so viel Raum eingenommen hätte.

Florian Schwiecker, der viele Jahre als Strafverteidiger gearbeitet hat, gewährt den Lesern auch in „Der 1. Patient“ detaillierte Einblicke in die Arbeit eines Strafverteidigers, die für mich als Laien stets verständlich beschrieben wurden. Die Einblicke von Prof. Dr. Michael Tsokos in seine Arbeit als Rechtsmediziner habe ich sehr vermisst.

Dem Autorenduo ist es auch dieses Mal hervorragend gelungen von der ersten Seite an Spannung aufzubauen und diese bis zum Schluss zu steigern. Etliche unvorhersehbare Wendungen haben dazu beigetragen, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte.

Kurze Kapitel sorgen für einen flüssigen Lesegenuss und Ort- und Datumsangaben zum Beginn der Kapitel für eine gute Orientierung innerhalb der Handlung. Der Schreibstil von Schwiecker und Tsokos ließ sich sehr angenehm und flüssig lesen. Erzählt wird die Geschichte aus vielen unterschiedlichen Sichten. Das Buch wurde in der dritten Person geschrieben.

Fazit
Der vierte Fall für Eberhardt und Jarmer fängt sehr vielversprechend an, entwickelt sich dann aber leider zunehmend in eine Richtung, mit der ich nicht glücklich bin.