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Benutzername: 
Amke
Wohnort: 
Erfurt

Bewertungen

Insgesamt 25 Bewertungen
Bewertung vom 26.06.2024
Der Club der Bücherfreundinnen
Green, Amy Lynn

Der Club der Bücherfreundinnen


ausgezeichnet

Ein Buchclub wie in meinen Träumen
Gleich vorweg: Der Klappentext trifft es nicht. Das Buch ist so viel mehr, als darin angerissen. Es gibt einen Einblick ins Amerika von 1942, das nur scheinbar weit vom Kriegsgeschehen entfernt ist, denn auch hier an der Küste von Maine – in der fiktiven Kleinstadt Derby – hat es Auswirkungen auf viele Lebensbereiche. Da ist Ginny, Tochter eines Hummerfischers, die mit ihrer Familie aus Long Island vertrieben wurde, da die Marine die Insel für sich beansprucht. Avis, die eine gute Ehe- und Hausfrau sein möchte und deshalb alle Ratgeber für Frauen verschlingt, die es gibt, mit Büchern aber nichts am Hut hat. Ergänzt wird das sehr unterschiedliche Quartett durch die verschreckte Martina, die ein dunkles Geheimnis mit sich herumträgt und Louise eine geradlinige, disziplinierte, etwas schrullige Frau in den Fünfzigern, die nicht nur ihr Scheckbuch immer dabei hat, wenn es gilt, Wohltätigkeit zu zeigen, sondern auch tatkräftig anpackt, wenn es um Hilfs- und Arbeitskreise geht, egal, ob Kinder, Soldaten oder Kranke ihre Unterstützung brauchen. Ihr Bedürfnis, anderen zu helfen, wirkt schon wie eine Manie. Hat sie einmal ein Ziel, verfolgt sie es unerbittlich. Beispielsweise einen Kindergarten für die Frauen in der Rüstungsproduktion. Dafür soll die private Bücherei, die ihr Vater einst ins Leben gerufen hat, weichen. Avis, die von ihrem Bruder, der in den Krieg zog, den Job als Bibliothekarin übernommen hat, weiß sich nicht anders zu helfen: Sie gründet spontan einen Buchclub, um die Bücherei zu retten, der anfangs mehr schlecht als recht läuft, sodass sie zu einigen Tricks greift, um die Menschen in die Bibliothek zu bringen – denn Louise, für die Bücher immer eine Konkurrenz in der Liebe ihres Vaters darstellten – ist immer dabei und beobachtet all das mit Argusaugen.

Amy Lynn Green hat ein sehr warmherziges Buch geschrieben, das nicht nur Bücherfreunde begeistern dürfte. Sehr genau schildert sie die Atmosphäre der 1940er-Jahre in Amerika, weit weg vom Krieg, aber immer in der Angst, dass deutsche U-Boote vor den Küsten auftauchen. Der Stil ist flüssig, die Figuren sind gut gezeichnet, die Gruppe, die sich schließlich immer öfter in der Bücherei trifft, geradezu köstlich, vor allem die Kommentare während der Sitzungen. Hier versammelt sich ein Sammelsurium an Menschen, das unterschiedlicher nicht sein könnte. Besonders faszinierend: Die Kinder sind nicht nur im Club dabei, sondern dürfen auch selbst mitbestimmen, welches Buch als nächstes gelesen wird. Es ist schön zu sehen, wie ernsthaft die Gruppe sich den verschiedenen Lektüren, angefangen vom Kinderbuch „Das Samtkaninchen“ über Shakespeares Hamlet bis hin zu „Pygmalion“ von George Bernard Shaw, widmet und dabei immer mehr zusammenwächst.

Bewertung vom 26.06.2024
Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland
Brooks, Sarah

Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland


sehr gut

Sehr guter Start, spannendes Mittel, enttäuschendes Ende
Ein eigenartiges, faszinierendes Buch, das auf langsame Erkenntnis setzt – man muss es achtsam genießen - wie einen guten Whisky, bei dem es sträflich wäre, ihn einfach hinunterzukippen. Die Grenzen zwischen Realität und Fantasie verschmelzen in dem Buch, das Reisende von Peking nach Moskau begleitet – auf einer sehr, sehr langen Fahrt mit der Transsib. Zwischen den beiden Metropolen liegt das Ödland, eine gefährliche einsame Gegend, vor der sich alle fürchten – nicht nur die Reisenden, sondern auch das Personal im Zug. Hier verbergen sich dunkle Geheimnisse, die Stewards, Ingenieure und Heizer genauso zum Zittern bringen, wie die Reisenden, die ein Dreivierteljahr darauf gewartet haben, dass der Zug, der – zumindest in der 1. Klasse – alle nur erdenklichen Annehmlichkeiten bietet – endlich wieder fährt. Etwas ist damals geschehen. Doch was genau, das weiß niemand. Niemand erinnert sich, weder die Reisenden noch das Personal. Die Scheiben sind geborsten, aber was geschah danach? Anna, die Tochter des Glasmachers, will es genau wissen. Unter falscher Identität steigt sie in den Zug, um die Ehre ihres Vaters, der an der Schmach zerbrach, wiederherzustellen.

Der Roman spielt am Übergang des 19. zum 20. Jahrhundert. Die Autorin taucht tief in den Zeitgeist ein, an der Schwelle der Moderne, an der Aberglaube und Wissenschaft aufeinanderprallen. Ich habe vor langer Zeit mal einen Roman gelesen, der zur Zeit der Aufklärung spielt, es geht um Kant, die Selbstverständlichkeit des eigenen Willens, was mit einer schrecklichen Krankheit gleichgesetzt wird, die sich wie eine Seuche ausbreitet. Das war sehr faszinierend - dieses Buch erinnert mich daran. Allerdings bietet Sarah Brooks anders als Wolfram Fleischhauer in seinem Roman „Das Buch, in dem die Welt verschwand“, keine logische Erklärung, sondern gleitet immer mehr in die Welt der Fantasie ab, eine Vorgehensweise, die der Handlung meiner Meinung nach nicht gutgetan hat. Ich habe das Buch über weite Strecken sehr gern gelesen, es hat etwas Entschleunigendes und gibt einen guten Einblick in die Welt des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Das letzte Viertel allerdings enttäuschte mich schwer. Die Grundidee hatte so viel Potenzial, so viele Wendungen wären möglich gewesen - und auch ein anderes, glaubhafteres, weniger schwülstiges Ende.

Bewertung vom 27.05.2024
Das Baumhaus
Buck, Vera

Das Baumhaus


ausgezeichnet

Verstörend, magisch
Vera Bucks Schreibstil gefällt mir sehr gut. Sehr schnell habe ich mich in die Story um Nora, Henrik und ihren kleinen Sohn Finn hineingelesen. Verstörend sind die Wechsel, in denen es um Marla geht, ein kleines Mädchen, das 20 Jahre zuvor in einem Baumhaus mitten im schwedischen tiefsten Wald festgehalten wird. Ihr Entführer: ein Mann, der es auf ungeliebte Kinder abgesehen hat und sein ganz eigenes Spiel mit ihnen spielt, das einem immer wieder Gänsehaut verursacht. Dazwischen Nora und Henrik, die ihre ganz eigenen Geheimnisse und Dämonen hüten und in dem kleinen Ferienhaus in Schweden Ruhe suchen - hätten sie das doch nur nicht getan. Denn hier passiert Schreckliches, nicht nur vor langer Zeit, sondern auch in der Gegenwart. Denn ihr kleiner Sohn Finn verschwindet. Henrik erinnert sich an seine Kindheit, die er zu gern bei seinem Opa verbrachte, aber was hat es mit Marla auf sich. Ist er schuld an ihrem Tod? Und wenn ja, muss die Folgen der fünfjährige Finn tragen? Verschiedene Personen kreuzen die schwedische Einöde, jede hat ihr eigenes schweres Schicksal zu tragen. Ein Ort, an dem ich niemals sein möchte. Egal, wie schön die Natur ist. Die Gegend ist mörderisch.

Bewertung vom 22.05.2024
A Tempest of Tea / Blood and Tea Bd.1
Faizal, Hafsah

A Tempest of Tea / Blood and Tea Bd.1


ausgezeichnet

Was für ein verrücktes Buch: geheimnisvoll, magisch
»A Tempest of Tea – Ein Hauch von Tee und Blut« von Hafsah Faizal hält, was es verspricht. Die Story um Hauptfigur Arthie Casimir ist fesselnd, fantasievoll und ein bisschen verrückt. Die New-York-Times-Bestseller-Autorin versteht es schon auf den ersten Seiten, den Leser zu verblüffen. Zu ungewöhnlich ist die Welt, die sie beschreibt. Schon das luxuriöse Teehaus, das Arthie Casimir betreibt und dessen dunkles Geheimnis sie vor Spionen sicher zu schützen weiß, gibt Rätsel auf. Es braucht ein Weilchen, um die Zusammenhänge zu verstehen, aber diese Art zu schreiben, hält auch bei der Stange, will man doch unbedingt verstehen, wie das Buch tickt. Ich liebe den Sprachstil, die scharfen Sätze, die Figuren, die durch ihre Verlorenheit in der Welt nicht weniger sympathisch werden. Leigh Bardugo mit ihrem „Krähennest“ hätte ihre Freude an dem Roman. Irgendwie erinnern die verlorenen Seelen vom Spindraft mich an Bardugos Ketterdam, ohne, dass die Story um Arthie kopiert wirkt. Es ist vielmehr eine ganz eigene Welt, die Hafsah Faizal entwickelt, mystisch und düster, deren Geheimnisse man unbedingt ergründen will. Das Cover greift das auf und macht neugierig. Das Buch ist magisch, rätselhaft und ungemein fesselnd. Das Setting ist traumhaft, erinnert an die Goldenen Zwanziger, hat aber dennoch viel von einer fantastischen Parallelwelt, die immer wieder die Grenzen zur Realität kostet. Dass es der erste Teil einer Dilogie ist, macht es einfacher, es nach dem Ende zur Seite zu legen und sich nach der Fortsetzung zu verzehren.

Bewertung vom 08.05.2024
Happy Hour
Granados, Marlowe

Happy Hour


gut

Auf Dauer ermüdender Blick hinter die Kulissen der New Yorker Partyszene
Es könnte so schön sein – das Leben eine einzige Happy Hour – kostenlose Drinks, angesagte Partys, coole Leute. Das zumindest lässt das Cover des Romans „Happy Hour“ von Marlowe Granados vermuten: frisch, fröhlich, sorgenfrei. Doch happy hours haben auch eine andere Seite, wenn man es übertreibt: dröhnender Kopfschmerz, Übelkeit, leere Geldbörsen. Letzteres ist das, was Isa und Gala in New York die verrücktesten Jobs annehmen lässt. Die beiden verbringen einen Sommer in der City und lassen sich treiben. Unweigerlich fragt man sich, was sie da tun und wie lange sie das noch zelebrieren wollen – Jugendjahre hin oder her. Denn eine Perspektive scheinen beide nicht zu haben. Was an ihnen nagt, zumindest an Isa, die für ihre 21 Jahre erstaunlich weise ist und ihre ironischen Beobachtungen der New Yorker Partyszene in Notizbücher kritzelt. Freundschaft scheint es nicht zu sein, was die beiden verbindet – vielmehr die Erinnerung daran. Sie kennen sich, seitdem sie Kinder waren. Aber mehr und mehr hat man den Eindruck, dass Gala Isas Gutmütigkeit ausnutzt, und damit ist sie nicht die Einzige. Isa ist auf Partys gern gesehen – zum einen, weil sie so anders aussieht und alle sich unwillkürlich fragen, woher sie stammt, wo ihre Wurzeln liegen, was ihr zunehmend auf die Nerven geht. Doch sie kommt nicht nur sehr exotisch rüber, sondern ist auch witzig und kann durchaus für Stimmung sorgen. Zwischen den Seiten, auf denen sehr frisch das seichte Dasein des Nichtstuns beschrieben wird, kommt immer wieder Alltagsrassismus auf, den Isa zwar gewohnt ist, der ihr aber sehr zu schaffen macht. Wird es ihr gelingen, sich aus den Fängen der reichen Partymacher zu befreien, die sie gern für einen lockeren Abend einladen, wohl wissend, dass sie sich die Rückfahrt nicht leisten kann und zwangsläufig stranden muss? Wird sie ihren eigenen Weg finden? Die Partybeschreibungen und Erlebnisse sind auf Dauer anstrengend und langweilen, die Personen sind beliebig und zwangsläufig fragt man sich, was die Autorin mit dem Buch bezweckt. Beschreibt es einfach nur eine einzige Party oder geht es um die Einsamkeit, die die Protagonisten auf die Straßen und in die Bars treibt, die sie tapfer Bilder von sich zeichnen lässt, die sie sofort abstreifen, sowie sie wieder in ihren vier Wänden sind? Was will Granados zeigen? Das Leben als einzige Party oder nur eine Illusion davon?

Bewertung vom 16.04.2024
The Hike
Clarke, Lucy

The Hike


sehr gut

Spannung vor norwegischer Kulisse
Sind die vier jungen Frauen, die sich von Jugend an kennen, wirklich so gute Freundinnen wie es scheint? Daran habe ich meine Zweifel. Lucy Clarke lässt die vier, die unterschiedlicher nicht sein könnten, in ihrem Roman „The Hike“ einen Wandertrip nach Norwegen unternehmen. Die Tour ist sehr ambitioniert und damit ganz anders als ihre normalen Urlaube, die sie einmal im Jahr gemeinsam an einem Strand mit vielen Cocktails verbringen. Konflikte sind vorprogrammiert. Da ist Liz, die mit Anfang 30 schon alles erreicht hat. Sie ist Ärztin, Mutter von Zwillingen und Ehefrau, die einen Selbstfindungstrip und eine Auszeit von ihrem Mann braucht und ihre Jugendfreundinnen mitschleppt, obwohl sie davon nicht wirklich begeistert sind. Maggie ist liebenswert, total untrainiert und hat eine kleine Tochter, von der sie sich kaum trennen kann. Helena eine taffe Geschäftsfrau und Joni – Joni ist ein Fall für sich. Die Sängerin ist weltweit bekannt, führt ein aufregendes Leben, fühlt sich aber zunehmend ausgebrannt. Und so starten die vier zu einer Wanderung, deren Equipment Maggie sich eigentlich nicht leisten könnte, würde Helena ihr nicht finanziell unter die Arme greifen. Keine von den vieren weiß wirklich, was sie in den norwegischen Bergen erwartet. Lediglich Liz, für die Wandern eine Offenbarung ist, hat eine Ahnung davon, peitscht ihre – in meinen Augen – egoistischen Wünsche aber durch, denn sie nimmt keine Rücksicht, auch nicht, als sich das Wetter verschlechtert und Einheimische Liz davor warnen, weiterzugehen. Für mich ist sie neben Joni die unsympathischste Figur des Quartetts. Vier Tage lang wollen sie durch einsame Wälder, kalte Bergbäche und über schroffe Felsen klettern, im September in der Wildnis zelten und ihre Freundschaft zelebrieren, die über die Jahre mehr als einige Risse bekommen hat. Die vier Hauptfiguren erinnern mich in Ansätzen an die Protagonistinnen aus „One of the girls“. Die Ähnlichkeiten sind mehr als zufällig, hier hätte ich mir bei der Charakterzeichnung etwas mehr Kreativität der Autorin gewünscht. Dennoch schafft Lucy Clarke es, den Leser das ganze Buch über bei der Stange zu halten. Seltsame Begegnungen mehren sich, die Gefahr ist fast körperlich zu spüren, auch übersinnliche Komponenten machen das Buch zu einer spannenden Lektüre. Und schon von Anfang an ist klar: Eine kommt nicht zurück. Das Cover ist frisch und erinnert an den Vorgänger, der in Griechenland spielt, sodass mindestens mit einer Trilogie zum Thema Thrill auf Reisen zu rechnen ist.

Bewertung vom 16.04.2024
Der Vertraute
Bardugo, Leigh

Der Vertraute


ausgezeichnet

Dunkle Geheimnisse, gefährliche Intrigen
Eine junge Küchenhilfe, die kleine Wunder wirkt, um ihre schwere Arbeit etwas zu erleichtern. Eine verarmte Adlige, die mit der Gabe ihrer Dienerin in höhere Kreise aufsteigen will. Ein vom Glück verfolgter erfolgreicher Kaufmann, der sich Vorteile beim spanischen König erhofft. Und die Inquisition, die unter dem Deckmantel der Katholischen Kirche hinter jeder Straßenecke Ketzer, Dämonen und Teufelsanbeter vermutet. Das kann kein gutes Ende nehmen für Luzia, die plötzlich inmitten dieser ganzen Intrigen steht. Oder vielleicht doch? Ein Torneo wird geplant, in dem sie gegen andere ungewöhnliche Menschen antreten soll, um am Ende als Kämpferin für den spanischen König hervorzugehen, der nicht akzeptieren kann, dass die spanische Armada ihre besten Zeiten hinter sich hat und England nach der Krone der Weltherrschaft greift. Leigh Bardugo schafft es auf wunderbare Weise, den Leser zu fesseln und mit Luzia, dem armen Küchenmädchen, das mehr ist, als sie auf den ersten Blick scheint, zu bangen. Kann sie ihrem drohenden Untergang überhaupt entgehen? Sich der Intrigen erwehren und daraus hervorgehen, um ein glückliches Leben zu führen? Dunkle Mächte greifen nach Luzia, was sich auch sehr gut im Cover und im dunklen Farbschnitt des Romans widerspiegelt.
Leigh Bardugo versteht es, die Geschichte um Luzia, eine Conversa ist, so spannend zu erzählen, dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann. Dabei rückt sie die Begehrlichkeiten der Mächtigen, die aus Luzia ihren Nutzen ziehen wollen, ebenso in den Mittelpunkt des Romans wie das sture Mädchen, das sich nicht unterkriegen lässt und dafür kämpft, ihren eigenen Weg zu gehen. An ihrer Seite Santangel, ein seltsamer Mensch, unsterblich und mit allen Wassern gewaschen, der sein eigenes Spiel spielt, um seine Freiheit zu erlangen, denn seit vielen Generationen ist er an die Familie des Kaufmanns gefesselt….
Neben aller Spannung vermag es Leigh Bardugo, ein interessantes, vielschichtiges Sittenbild des ausgehenden 16. Jahrhunderts zu zeichnen.

Bewertung vom 31.03.2024
Mit den Jahren
Steenfatt, Janna

Mit den Jahren


gut

Jeder trägt seine eigene Last
Das Cover ist kunstvoll gestaltet, wirkt interessant. Der Roman um diese drei Menschen in ihrer Lebensmitte indes hat sich ganz anders entwickelt, als ich es erwartet hatte. Ich hab mich nicht gut gefühlt beim Lesen, so viel Resignation und verdeckte Verzweiflung, das war einfach zu viel für mich. Das kann auch der Schreibstil nicht wettmachen, der schon angenehm ist. Ich habe mich durchgewühlt und hätte die Protagonisten die ganze Zeit über durchschütteln können, so sehr hat mich das Ganze angestrengt. Vielleicht ist es aber auch eine Allegorie, die sich der Mitte des Lebens widmet, sich aus alten, verkrusteten Strukturen zu befreien, denen man sich im Laufe der Zeit zu gern ergeben hat - bequem, ohne Risiken einzugehen und auf das vertrauend, was man hat, egal, was einen noch erwarten kann - trotz der Mitfünfziger. Die Frage ist, ob man das Risiko eingehen will….

Bewertung vom 29.03.2024
Das Waldhaus
Webb, Liz

Das Waldhaus


ausgezeichnet

Alles über die Abgründe einer Familie
Ein traumhaft schönes Cover - sehr gelungen, mit dem Farbschnitt ein echter Hingucker. Der Roman um Hannah, die endlich das Geheimnis um den Tod ihrer wunderschönen, faszinierenden Mutter ergründen möchte, als ihr Dad in einem Anfall von Demenz etwas zu ihr sagt, dass sie befürchten lässt, dass er sie vor 23 Jahren ermordet hat, hat mich von Anfang an sehr eingenommen. Ich mag den Schreibstil, den feinsinnigen Humor der Autorin, den sie auch auf ihre Hauptfigur Hannah überträgt, die - gelinde gesagt - ziemlich kaputt ist, eine Säuferin, die mit der Tragödie ihrer Jugend überfordert ist. Die Autorin zeichnet interessante Figuren. Nichts ist, wie es scheint, auch nicht die Erinnerungen von Hannah und ihrem Bruder, der ein bekannter Schauspieler ist, der schon lange mit seiner Familie abgeschlossen hat und sein eigenes Leben führt. Ich habe das Buch sehr gern gelesen. Es wird mit Sicherheit nicht das Letzte von Liz Webb sein.l

Bewertung vom 29.03.2024
Die Auszeit
Rudolf, Emily

Die Auszeit


sehr gut

Das Cover zog mich gleich in seinen Bann, die farbliche Gestaltung gefällt mir sehr gut. Nicht anders ging es mir mit der Story um die Influencerin Victoria und ihre Freunde, die den Millionsten Follower in einem Luxusretreat feiern wollen - in dem man für ein Wochenende so viel zahlt, wie andere im Monat verdienen. Victorias Crew natürlich kriegt das Ganze umsonst, denn sie haben sich dem Commerz verschrieben. Eine schöne Welt des Scheins voller egoistischer Menschen und Motive. Denn bald ist jemand tot - wer genau, bleibt eine Weile im Dunkeln. Geschickt gemacht, gut geschrieben, spannend aufgebaut. Das Buch zeigt recht deutlich, wie Influencer ihr Geld verdienen, wenn man es denn verdienen nennen kann. Für mich ist nach wie vor unbegreiflich, wie man darauf hereinfallen kann, geht es doch nur um den schnöden Mammon, auch der auf dem ersten Blick so sympathischen Victoria.