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Lesefee23.05
Wohnort: 
Stepenitztal

Bewertungen

Insgesamt 289 Bewertungen
Bewertung vom 11.05.2024
Blind Date mit Möwe
Struck, Yvonne

Blind Date mit Möwe


ausgezeichnet

Stimme der Liebe

Ich hab mich wirklich verliebt, in eine Frau, die ich noch nie gesehen hatte. Und über die ich fast nichts wusste. Verrückt, oder?“

„Blind Date mit Möwe“ ist ein Liebesroman von Yvonne Struck. Er erschien im April 2024 im Bastei Lübbe Verlag.
Nach einem vollkommen verpatzten Tinder-Date beschließt Lisa, sich auf einer Dating-Plattform anzumelden, bei der es um die „inneren Werte“ geht. Kennenlernen ohne Fotos, Namen oder Berufe - das Blind-Date der anderen Art, eigentlich perfekt, oder?
Jonas wird auf der Onlineplattform von seinem Freund Timo angemeldet, er soll beweisen, dass es beim Kennenlernen nicht auf das Aussehen ankommt. Laut Fragebogen sind Lisa und Jonas ein perfektes Match, doch wie sieht es im wahren Leben aus?

Yvonne Strucks Roman spielt in Lübeck und tatsächlich wird die Stadt der sieben Türme im Roman immer wieder authentisch und bildlich beschrieben. Für mich war das Lesen daher quasi ein Heimspiel und nicht selten hatte ich beim Lesen ganz konkrete Bilder vor Augen. Doch auch jemandem, der die Stadt nicht kennt, wird durch die realistischen Beschreibungen sicherlich eine perfekte Romankulisse geboten. Mit dabei sind Strand und Stadt sowie malerische Natur in all ihrer Vielfalt. An manchen Stellen sind die Erläuterungen vielleicht sogar etwas zu detailliert, mir hat es aber insgesamt sehr gefallen, welchen Stellenwert der jeweilige Handlungsort bekommt.
Die Autorin hatte mich jedoch nicht nur durch den Handlungsort sofort gefesselt, sondern auch durch den insgesamt sehr bildhaften, leichten und humorvollen Schreibstil sowie die sympathischen Protagonisten. Schon nach den ersten Seiten war ich vollkommen in die Geschichte eingetaucht und fühlte mich an Romane von Petra Hülsmann oder Meike Werkmeister erinnert.
Das Buchsetting, eine Onlineplattform, die Menschen unabhängig von Aussehen und finanziellen Aspekten zusammenbringt, gefällt mir sehr gut. Yvonne Struck schildert das Kennenlernen von Lisa und Jonas sehr charmant und amüsant, bringt einem so manches Lächeln auf die Lippen und ist dabei keinesfalls albern oder überzogen.
Insgesamt ist die Geschichte, wie auch die beiden Protagonisten, absolut authentisch.
Lisa ist eine fröhliche junge Frau, die für ihren Beruf brennt. Sie leitet eine Naturstation auf dem Priwall und kann sich nichts schöneres vorstellen, als die Natur zu hegen und sie Kindern und Erwachsenen näher zu bringen. Lisas Leidenschaft war für mich durch die Zeilen spürbar und als Figur ist sie mir sofort sympathisch gewesen. Sie ist auf keinen Fall perfekt, lebt oft im Moment und ist manchmal ein bisschen verplant. Gleichzeitig ist sie darauf bedacht, dass es den Menschen in ihrer Umgebung gut geht und setzt ihre eigenen Bedürfnisse dadurch oft zurück. Dies wird ihr im Laufe des Romans klar und mir gefiel gut, wie sie sich hier entwickelt hat. Gerade die Reflektion ihrer eigenen Handlungen mochte ich sehr!
Ebenso sympathisch ist mir Jonas, der ein ganz normaler Typ ist. Er ist Architekt und hat gerade den ersten großen Auftrag auf dem Schreibtisch liegen. Entsprechend viel Druck lastet auf seinen Schultern, weitere Probleme kann er eigentlich nicht gebrauchen. Dennoch jongliert er parallel mit seiner dreizehnjährigen Tochter und dem Onlinedating, was nicht immer ganz leicht ist.
Auch die Nebenfiguren, gerade die aus der Naturstation, haben mir sehr gefallen. Weniger mochte ich Jonas Freund Timo, welcher irgendwie eher wie ein egoistischer und selbstverliebter Mann als wie ein echter Kumpel auftritt. Irgendwie verkörpert er damit ein typisches Klischee…
Gefallen hat mir zudem, dass viele der betrachteten Themen im Roman tatsächlich so oder so ähnlich existieren oder passiert sind. Lisas Naturstation gibt es ihn ähnlicher Form zum Beispiel tatsächlich und Vorbeischauen lohnt sich garantiert - eine entsprechende Erläuterung gibts im Nachwort!

Mein Fazit: Yvonne Struck hat einen humorvollen und wunderschönen Liebesroman geschrieben. Ich bin nur so durch die Seiten geflogen und hatte unglaublich viel Freude am Lesen. Im Roman passte für mich einfach alles, weshalb es 5 von 5 Sternen von mir gibt! Außerdem dazu natürlich eine klare Leseempfehlung, gerade für Leser*innen von Autorinnen wie Petra Hülsmann oder Meike Werkmeister!

Bewertung vom 11.05.2024
Einfach lieben / Glückstöchter Bd.2
Schuster, Stephanie

Einfach lieben / Glückstöchter Bd.2


sehr gut

Leben und lieben

„Jeder Mensch erschuf und erfand sich seine eigene Welt, war frei und gebunden zugleich. Die Kunst bestand darin zu lernen, mit dieser Verantwortung umzugehen.“

Der Roman spielt, wie schon Band 1, in zwei Zeitebenen. Zum einen begleiten wir Anna von Quast (Bayern, ab 1911), welche nach Jahren auf die Alm ihrer Eltern zurückkehrt. Alleine will sie hoch oben auf dem Berg ihr Glück versuchen, sich selbst versorgen und ein unabhängiges Leben führen. Doch die Bedingungen auf der Alm sind schwierig und zum Teil sogar lebensgefährlich. Dennoch kämpft Anna sich durch und arbeitet täglich fast bis zum Umfallen. Unterstützung erhält sie von den Menschen der benachbarten Alm, denn alleine ist man in den Bergen am Ende doch aufgeschmissen.
Der Zweite Erzählstrang (München, ab 1977) handelt von Eva, welche auf der Suche nach ihrer leiblichen Mutter und Großmutter ist. Immer wieder liest sie im Tagebuch von Anna und fragt sich, warum sie wohl abgegeben wurde. Gleichzeitig geht aber auch ihr eigenes Leben weiter und gemeinsam mit ihren Freunden plant sie einen Laden, in dem natürliche Lebensmittel angeboten werden sollen.
Die Erzählperspektive wechselt dabei Kapitelweise zwischen den beiden Protagonistinnen, wobei die Handlungen weitestgehend unabhängig voneinander sind. Die Übergänge sind jedoch oft sehr geschickt und passend gewählt, sodass sich die zwei Zeiten gut ergänzen. Gerade Anna gefällt mir als Figur sehr. Entgegen der Zeit in der sie lebt, ist sie eine unabhängige und moderne Frau. Ihr ist es wichtig, sich selbst zu versorgen und ohne eine Ehe zurechtzukommen. Dabei hat sie sich auf der Tonkaalm die wohl schwierigsten Bedingungen ausgesucht…
Auch Eva ist eine interessante Frau, jedoch konnte ihre Geschichte mich nicht so gut erreichen. Dabei lebt auch sie in einer interessanten Zeit, mit großartigen Ideen und Möglichkeiten. Leider wird jedoch Evas interessanteste Eigenschaft, der besondere Geruchssinn, im Roman nur sehr wenig betrachtet. Im Grunde spielt er nur eine sehr untergeordnete Rolle.
Auch insgesamt muss ich leider sagen, dass ich mich mit Band 2 der Glückstöchter-Reihe sehr schwer getan habe. Ich hatte große Schwierigkeiten, in die Handlung hineinzufinden und dachte zunächst, dies liegt daran, dass das Lesen von Band 1 schon ein Jahr her ist. Leider empfand ich die Handlung dann aber fast 2/3 des Buches als zäh und eher sanft dahinplätschernd - irgendwie langweilig. Es geschieht nicht viel und wirkliche Spannung kommt zunächst auch nicht auf. Dabei hat die Geschichte eigentlich viel Potential und die behandelten Themen - u.a. die Suche nach der wirklichen Familie durch Eva, der Aufbau eines Naturkostladens bzw. die natürliche Landwirtschaft, die Entnazifizierung, die Zeit der RAF, Frauenrechte - sind grundsätzlich interessant, in den meisten Fällen aber leider nur sehr knapp beschrieben und werden dann schnell fallengelassen. Gerade die historischen Begebenheiten werden aber in beiden Zeitebenen gut eingeflochten, ohne zu sehr im Fokus zu stehen. Gefallen hat mir hier das Nachwort der Autorin, in dem es noch einmal Hintergrundinformationen zu finden gibt.
Die Handlung hatte mich dann tatsächlich erst im letzten Buchdrittel gefesselt, endlich kam Spannung auf! Ich konnte nun deutlich flüssiger lesen und empfand ab hier auch den Schreibstil als mitreißender. Leider endete der Roman dann wiederum sehr abrupt, wo ich mir noch weitere Details, gerade zum Leben von Anna, gewünscht hätte. Hier wäre ich deutlich begeisterter gewesen, wenn am Anfang weniger detailliert beschrieben worden wäre, dafür aber am Ende mehr.
Der Schreibstil von Stephanie Schuster ist präzise und geradlinig. Man merkt, dass sie sich gut in die behandelten Themen eingearbeitet hat und sie sich sehr mit der biologischen Landwirtschaft auseinandergesetzt hat. Ihr Roman ist damit auch ein Plädoyer für natürliche Lebensmittel und Kosmetik. Der historische Zeitgeist wurde in beiden Handlungssträngen gut eingefangen und dargestellt.
Gefallen hat mir auch die wunderschöne Buchgestaltung, bei der die Geschichte durch wunderschöne Illustrationen ergänzt wird. Auch die Nummerierung der Bände auf dem Buchrücken gefällt mir sehr, da ich es manchmal schwierig finde, Buchreihen nach der richtigen Reihenfolge zu sortieren.

Mein Fazit: Lieder konnte mich der Roman von Stephanie Schuster diesmal nicht ganz überzeugen. Ich konnte mich insgesamt nicht gut in die Handlung einfinden und habe mich dadurch mit dem Lesen sehr schwergetan. Erst im letzten Drittel, mit zunehmender Spannung, habe ich begonnen den Roman zu mögen. Insgesamt ist es aber ein solider Unterhaltungsroman, der historisch sehr gut recherchiert ist und mit starken Protagonistinnen aufwartet. Von mir gibt es aber leider nur 3,5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 07.05.2024
Wenn die Sonne glüht / Die Himmelsschwestern Bd.2
Bichon, Sophie

Wenn die Sonne glüht / Die Himmelsschwestern Bd.2


ausgezeichnet

Glühsonne

„Frauen bildeten die Minderheit und hatten sich keine Gedanken über die wirklich wichtigen Dinge zu machen.“

„Wenn die Sonne glüht“ ist der zweite Band der Himmelsschwestern-Reihe von Sophie Bichon. Er erschien im Dezember 2023 im Heyne Verlag. Er kann theoretisch unabhängig gelesen werden, empfehlen würde ich es aber nicht.
Hamburg, 1978 - Klio bekommt eine Assistentenstelle bei einem großen Fernsehsender. Sie darf bei ihrem Idol Anni Winter arbeiten - welch ein Glück! Der vermeintliche Traumjob entpuppt sich jedoch als schwierig, denn die im Fernsehen so charmant und freundlich wirkende Anni ist in der Realität unnahbar und abweisend. Klio muss also die Zähne zusammenbeißen und zwischen dem Terror der RAF, den Vorurteilen der Gesellschaft sowie dem Fluch ihrer Familie ihren eigenen Weg finden.

Tja, was soll ich zu dem Roman von Sophie Bichon sagen. Mir fallen im Grunde nur drei Worte ein: einzigartig, brillant, emotional! Für eine Rezension ist das aber wohl zu wenig, daher versuche ich, meine Begeisterung mal in Worte zu fassen…
Schon Band 1 der Buchreihe mochte ich sehr, hatte aber leichte Schwierigkeiten beim Einstieg in die Handlung. Dies war nun, bei Klios Geschichte, ganz anders. Die Handlung zog mich sofort in ihren Bann und obwohl ich hier ein wenig außerhalb meine Lesekomfortzone unterwegs bin, konnte ich das Buch kaum aus der Hand legen.
Die Stimmung im Roman ist insgesamt eher düster, dabei aber unglaublich atmosphärisch und emotional. Sophie Bichon fängt den Zeitgeist der 80er-Jahre sehr realistisch ein und gibt einem das Gefühl, live dabei zu sein. Dargestellt wird, wie viel Angst tatsächlich während des RAF-Terrors in der Gesellschaft bestand und welche Maßnahmen ergriffen wurden. Tatsächlich habe ich davon bisher kaum etwas gelesen und auch in der Schule nichts davon gelernt, umso wichtiger finde ich es, auch diese Zeit zu beleuchten und darzustellen!
Sie vermischt Realität und Fiktion, bringt Fantasyelemente in historische Begebenheiten ein und stellt gleichzeitig die Schwierigkeiten und die Kämpfe der LSBTI sowie der Frauenbewegung zu dieser Zeit dar. Es wird deutlich, wie schwer es Frauen in dieser Zeit hatten, verantwortungsvolle Positionen zu bekommen, in denen es nicht um das häusliche Leben ging. Annis und Klios Job beim Fernsehsender zeigt diese Widrigkeiten und Vorurteile gut auf und verdeutlicht, wie sehr sie kämpfen mussten, nur weil sie weiblich gelesen werden!
Nebenbei kommen aber auch die Gefühle nicht zu kurz, denn obwohl Anni gegenüber Klio so abweisend ist, knistert es zwischen ihnen. Und zwar nicht wenig… Die Gefühle „dürfen“ aber nicht sein und so kämpfen beide mit ihren Emotionen, ihren Gefühlen und ihren Handlungen; nähern sich dabei aneinander an, entfernen sich aber ebenso wieder voneinander…
Nicht selten hatte ich Gänsehaut beim Lesen. Leid und Glück liegen so dicht beieinander und die Liebe hat viele Gesichter…
Die Autorin zeichnet starke Protagonistinnen und starke Nebenfiguren. Die Spannung ist durchgehend hoch und wird zum Ende mit einem unglaublichen Spannungsbogen garniert. Das Ende war für mich dann auch tatsächlich absolut unerwartet!
Auch die Beziehung der drei Himmelsschwestern kommt natürlich nicht zu kurz und ich hoffe sehr, dass wir erfahren werden, wie diese buchübergreifende Handlung zu Ende geht!

Mein Fazit: Ich bin absolut begeistert von Sophie Bichons Roman. Er ist meines Erachtens unglaublich gut gelungen und verbindet Liebesroman, historischen Roman und Fantasyroman auf eine einzigartige Weise! Von mir gibt es eine klare und begeisterte Leseempfehlung und natürlich 5 von 5 Sternen, wobei ich auch mehr vergeben hätte!

Bewertung vom 02.05.2024
Die Weite des Horizonts
Walker, Noa C.

Die Weite des Horizonts


sehr gut

Durchhalten

„Vielleicht konnte man das Böse in der Welt nur durch sich verschenkende Liebe besiegen. Und diese Liebe hatte viele Gesichter.“

„Die Weite des Horizonts“ ist ein historischer Liebesroman von Noa C. Walker. Er erschien im November 2023 im Tinte und Feder Verlag von Amazon Publishing.

Anhand des Klappentextes und der Beschreibung „historischer Liebesroman“, war ich davon ausgegangen, dass es in der Geschichte hauptsächlich um Cara und Nic sowie um ihr Wiedersehen gehen würde. Tatsächlich macht dies aber nur einen sehr kleinen Teil der Handlung aus.
Die Geschichte besteht aus wechselnden personalen Erzählperspektiven und mehreren Handlungssträngen, die jeweils nur indirekt miteinander zusammenhängen. Ein Teil der Handlung spielt also in der Normandie, wo Cara stationiert ist und auf ihre Jugendfreundin sowie im Verlauf auch auf Nic trifft. Der Fokus liegt hier klar auf den historischen Begebenheiten, der Résistance sowie auf Caras persönlicher Entwicklung. Diese ist als Wehrmachtshelferin zwar den Nationalsozialisten unterstellt, agieren tut sie aber eher gegen diese, wenn auch nicht bewusst im Widerstand. Sie unterstützt jedoch ihre alte Freundin und deckt deren Handlungen, wodurch auch Cara selbst in Gefahr gerät.
Die Handlung ist dabei spannend und an vielen Stellen überraschend. Nic und Cara treffen aber erst spät aufeinander, wobei ihr Wiedersehen dann sehr schnell, sehr emotional ist. Vorher wird immer wieder deutlich, dass die beiden viel aneinander denken. Wirklich realistisch ist das Szenario für mich aber nicht, da es letztendlich mit ihrer Liebe für mich zu schnell ging.
Der zweite große Erzählstrang spielt in Deutschland, genauer im Schwarzwald, wo Caras Familie lebt. Ihr Bruder setzt sich aktiv gegen die Nationalsozialisten ein und auch ihre Eltern helfen aktiv Menschen, die vor dem Regime fliehen müssen. Durch ihre Handlungen bringen sie jedoch auch sich selbst massiv in Gefahr und Emmi, Caras Schwägerin, die bisher aus allem herausgehalten wurde, muss plötzlich alle Probleme lösen. Mir persönlich hat Emmi als Figur im Roman am besten gefallen. Sie wirkt zunächst unsicher und naiv, entwickelt sich dann aber zu einer entschlossenen und tatkräftigen Frau.
Für meinen Geschmack hätten beide Geschichten ein eigenes Buch verdient, da sie insgesamt nahezu gleich viel Raum einnehmen, aber miteinander nur bedingt in Kontakt stehen und ein roter Faden durch den ständigen Wechsel fehlt. Natürlich gibt es gewisse Verbindungen, aber aufeinander angewiesen sind die beiden Handlungen eigentlich nicht. So wirken sie für mich nebeneinander etwas auseinandergerissen und als ob der Roman künstlich länger werden sollte. Natürlich bleibt die Spannung durch die wechselnde Handlung höher, aber auch die Konzentration beim Lesen wird mehr gefordert, sodass ich sehr lange für das Lesen gebraucht habe.
Insgesamt lag dies aber auch daran, dass es gerade am Anfang einige Längen im Roman gibt und es eine Weile dauert, bis die Handlung wirklich in Fahrt kommt. Zudem konnte ich mit Cara nicht wirklich warm werden, da ich ihre Gefühle und und Gedanken nicht gut nachempfinden konnte.
Gefallen hat mir sehr, dass historische Fakten in die fiktive Geschichte eingearbeitet werden und auch historische Figuren auftreten. Die Autorin legt den Fokus der Handlung auf ein Manöver an der deutschen Küste, welches als eine Art Himmelfahrtskommando beschrieben werden kann und welches tausende Menschen das Leben kostete. Die Aktion war schlecht geplant und militärisch unnötig, lieferte aber dennoch wichtige Erkenntnisse für den weiteren Kriegsverlauf. Entsprechende Hintergründe werden am Ende des Romans aufgegriffen und erläutert, was ich ebenfalls sehr mochte.

Mein Fazit: Ich hatte Schwierigkeiten, in den Roman hineinzufinden und habe wirklich sehr lange für das Lesen benötigt. Dies lag vor allem daran, dass die wechselnden Handlungsstränge nur bedingt miteinander zusammenhängen und es gerade am Anfang lange dauert, bis man alle Figuren und ihre Rolle zuordnen kann. Später ließ sich der Roman deutlich flüssiger lesen, wirklich erreichen konnte mich aber nur der Handlungsstrang aus dem Schwarzwald. Bei einem historischen Liebesroman erwarte ich zudem einen Fokus auf der Liebesgeschichte, was hier absolut nicht erfüllt war. Der Fokus lag auf den historischen Ereignissen, welche dann auch sehr im Detail und zum Teil langatmig beschrieben wurden. Die Darstellung ist dabei sicher konkret und präzise, gleichzeitig aber eben auch kompliziert und für mich wenig mitreißend.
Letztlich kann ich daher nur 3,5 von 5 Sternen für den Roman vergeben.

Bewertung vom 01.05.2024
Die Liebe der Lady River / Celtic Dreams Bd.2
MacIver, Kristin

Die Liebe der Lady River / Celtic Dreams Bd.2


ausgezeichnet

Blau wie das Meer

„Sie roch nach Minze und Meer und sah in ihrem dunkelblauen Kleid und mit den geflochtenen Haaren aus wie das Wasser, wie die Wellen, wie der Wind.“

Der Roman von Kristin MacIver ist ein historischer Liebesroman, der im malerischen Schottland spielt. River ist eine fröhliche und freundliche junge Frau, die schon immer von der Handelsstadt Brügge geträumt hat. Fortwährend lässt sie sich die Stadt von ihrem Hauslehrer Jan beschreiben und die Hochzeit mit Morgan scheint sie endlich ein Stück dichter an die Traumstadt zu bringen. Obwohl River schon lange von ihrem Hauslehrer unterrichtet wird, gelingt es ihr kaum, korrekt zu schreiben. Offenbar hat sie eine Rechtschreibschwäche, wodurch sie immer wieder große Selbstzweifel überkommen - nichtmal den Namen ihres zukünftigen Ehemanns kann sie richtig schreiben...
Morgan hat vor Kurzem seine erste Ehefrau verloren und kämpft noch immer mit dem Schmerz über ihren Verlust. Dennoch will er River ehelichen, immerhin war dies der letzte Wunsch seiner Frau und sein Sohn benötigt dringend eine Ersatzmutter. Vollkommen sicher ist er mit der Entscheidung jedoch nicht und obwohl er River durchaus anziehend findend, stößt er sie immer wieder von sich.
Die Beziehung von Morgan und River steht insgesamt unter keinem guten Stern. Eigentlich freut sich nur River richtig auf die Hochzeit, ihre Familie ist zwiegespalten angesichts Rivers Ehemann und auch Morgan sowie seine engsten Vertrauten sind eher skeptisch. River tat mir dabei an vielen Stellen der Geschichte leid. Sie kämpft sehr für ihre Ehe und versucht alles, um Morgan von sich zu überzeugen. Dabei wird ihr ständig unterstellt, böse Absichten zu hegen und tatsächlich geschehen Dinge, die mysteriös wirken.
Morgan und River sind im Grunde wie zwei Magneten, die immer wieder aufeinander zu gehen, dann aber wieder abgestoßen werden. Gepflastert ist ihr Weg mit Missverständnissen und Intrigen, durch welche eine große Spannung im Roman entsteht. Lange war mir nicht klar, wer ein falsches Spiel mit den beiden spielt und hatte auch tatsächlich die falschen Personen in Verdacht…
Die Nebenfiguren im Roman konnten mich nämlich diesmal gar nicht erreichen, ich mochte niemanden! Nicht Jan, nicht Rivers beste Freundin Isla, nicht Hewie, den Freund von Morgan und auch mit Niamh, Morgans Schwester und dessen Mann Logan habe ich mich schwergetan.So fiel es mir sehr leicht, jeden von ihnen zu verdächtigen. Lediglich Morgans Sohn habe ich sehr in mein Herz geschlossen. Es war schön, wie schnell er und River einen Zugang zueinander fanden und wie er Vertrauen zu der eigentlich Fremden fasst.
Kristin MacIver verwebt also die Liebesgeschichte sehr geschickt mit einem Geheimnis, durch das keine Romanseite langweilig wird. An manchen Stellen war mir das ständige hin und her von Morgan und River aber etwas zu viel, wohl auch, weil ich Morgans Haltung nur bedingt verstehen konnte. Ich hätte mir ein wenig mehr Einblicke in seine Gefühlswelt und ein bisschen mehr eigene Meinung von ihm gewünscht. Zwischendurch wirkte er auf mich nämlich eher wie ein Spielball, als wie ein Clanführer.
Auffällig war erneut, wie modern die Figuren und ihre Ansichten gestaltet waren. Für ein Schottland im Jahr 1486 sind die Handlungen doch sehr wenig konservativ und eher tolerant weltoffen. Wie schon in Band 1 der Reihe entsteht dadurch eine insgesamt entspannte Atmosphäre, für mich ist aber eher nicht vorstellbar, dass die Menschen damals tatsächlich so gehandelt oder gedacht haben.
So oder so habe ich Morgans und Rivers Geschichte aber sehr gern gelesen. Hauptsächlich überzeugt hat mich die spannende und mitreißende Schreibweise sowie die Spannung insgesamt, die den Liebesroman von vergleichbaren Geschichten abhebt. Gefallen hat mir auch Rivers Entwicklung. Zunächst ist sie sehr unsicher und versucht irgendwie zu Morgan durchzudringen, später handelt sie dann aber sehr entschlossen und durchsetzungsstark.
Im Roman bekommt außerdem Leaf, die Protagonistin des nächsten Bandes, schon eine etwas größere Rolle. Leaf gefällt mir dabei bisher unglaublich gut und ich freue mich wahnsinnig auf ihre Geschichte!

Mein Fazit: Auch der zweite Band der Celtic-Dreams-Reihe von Kristin MacIver konnte mich also fesseln und mitreißen. Ich habe die Geschichte von River und Morgan sehr gerne gelesen und bin nur so durch die Seiten geflogen! Von mir gibt es daher eine klare Leseempfehlung und 5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 01.04.2024
Deutschland mit Hund
Schattauer, Julia

Deutschland mit Hund


ausgezeichnet

Reisen mit Hund

„Doch Urlaub mit Hund braucht ein wenig Planung, damit die Reise nicht in Stress ausartet.“

„Deutschland mit Hund“ ist ein Reiseführer für Menschen und ihre Vierbeiner von Julia Schattauer. Er erschien im Juni 2023 im Bruckmann Verlag.

…welcher Hundehalter kennt es nicht? Endlich Urlaubszeit, doch welches Ziel soll man ansteuern, wenn der liebe Vierbeiner mitkommen soll? Welche Urlaubsorte eignen sich, wo soll man übernachten, was kann unternehmen…?
Fragen über Fragen, die nicht immer einfach zu beantworten sind und definitiv Vorausplanung erfordern. Der Reiseführer aus dem Bruckmann Verlag beschäftigt sich mit genau diesen Fragen und hilft so bei der Reiseplanung ungemein.
Anders als bei anderen Reiseführer ist er dabei nicht kleinteilig in einzelne Orte aufgebaut, sondern gröber in Himmelsrichtungen unterteilt. Nach dieser Aufteilung geht es dann feiner um Regionen und Tipps, aber nicht im kleinsten Detail um Städte. Einen Gesamtüberblick über die beschriebenen Reiseziele gibt eine Übersichtskarte zum Buchanfang.
Mir hat diese Einteilung sehr gut gefallen, da man so einen wunderschönen Einblick in ganze Reiseregionen bekommt. Wenn man dann weiter ins Detail gehen möchte, kann man sich spezifischere Reiseführer anschauen, muss sich aber nicht sofort kleinteilig entscheiden und kann sich gröber orientieren und fokussieren.
Bei der Vorstellung der jeweiligen Regionen wird auf Hauptattraktionen gesetzt, dabei aber immer der Hund im Blick behalten. So gibt es zum Beispiel bei Schlössern Hinweise, ob Hunde erlaubt sind oder nicht und wenn ja, ob eventuell ein Maulkorb getragen werden muss oder Anbindemöglichkeiten vorhanden sind. Von entsprechenden Anbindemöglichkeiten halte ich aus diversen Gründen nichts, finde es aber gut, dass im Buch erwähnt werden.
Diese Anmerkungen gibt es auch in Bezug auf Seilbahnen oder Brücken. Der Besuch der Hängebrücke im Harz ist etwa nur bedingt angeraten, da diese aus einem Gitterrost besteht und Hunde auf diesem schlecht laufen können. Diese Betrachtungen haben mir sehr gefallen, denn sie zeigen, dass viel über den treuen Begleiter nachgedacht wurde und helfen sehr!
Gewisse Unternehmungen können so direkt aus der Planung gestrichen, bewusst eingeschlossen oder ohne Hund geplant werden.
Die Unternehmungstipps sind dabei insgesamt vielfältig und umfassen sowohl Wanderungen als auch Städte- oder Museumstipps.
Die unglaublich schönen Bilder laden auf jeder Seite zum sofortigen Reiseantritt ein und machen gemeinsam mit den Beschreibungen wirklich Lust auf das Erkunden Deutschlands.
Auf der Strecke bleiben dabei auch diverse Übernachtungsempfehlungen nicht und sowohl Hotel als auch Campingplätze sind bedacht worden. Außerdem werden auch einige ungewöhnliche Schlafmöglichkeiten genannt, die den Hund nicht ausschließen.
Abgerundet wird der Reiseführer durch allgemeine praktische Tipps fürs Reisen mit Hund - zum Beispiel „Autofahren mit Hund“ oder „die schönsten Hundestrände“. Diese befinden sich immer wieder zwischendurch als „Gut zu Wissen“-Parts. Die allgemeinen Hinweise gefallen mir an sich sehr gut, die Anordnung im Buch dagegen gefiel mir weniger. So sind in diesen Parts auch Tipps für Campingplätze oder Skiferien, welche dann aber nicht in die jeweilige Region passen, die eigentlich grade im Fokus steht. Mich hat die Anordnung dieser Tipps daher etwas irritiert und ich hätte sie mir eher zwischen den einzelnen Regionen oder eben passend zu den Regionen gewünscht.
Darüber hinaus habe ich am Reiseführer aber absolut nichts auszusetzen und kann ihn wirklich von ganzem Herzen empfehlen. Einige der genannten Orte habe ich schon selber besucht und weitere werden nach der tollen Beschreibung mit Sicherheit folgen!

Mein Fazit: „Deutschland mit Hund“ ist ein sehr gelungener Reiseführer, der einem einen schönen Überblick für die Reise mit Hund verschafft und dabei so manchen Geheimtipp bereithält. Er überzeugt durch die Hundeliebe, die aus jeder Zeile herausspricht und durch Hinweise, die deutlich machen, dass die Autorin sich wirklich Gedanken gemacht und umsichtig recherchiert hat. Von mir gibt es daher 4,5 von 5 Sternen und eine klare Empfehlung!

Bewertung vom 20.03.2024
Du, ich und das glitzernde Meer
Römer, Lotte

Du, ich und das glitzernde Meer


sehr gut

Lebensweg

„Ich persönlich glaube, das Leben ist dafür da, um gelebt zu werden, auch wenn es wehtut.“

„Du, Ich und das glitzernde Meer“ ist der erste Band der „Liebe auf Rhodos“-Buchreihe von Lotte Römer. Er erschien im Januar 2024 im Montlake Verlag und ist unabhängig lesbar.
Nele ist Single, wünscht sich aber von ganzem Herzen ein Kind. Aus diesem Grund entschließt sie sich für eine Samenspende. Nach der künstlichen Befruchtung reist sie mit ihrem Bruder Marcos nach Rhodos, um dort die Seele baumeln zu lassen und auf das Ergebnis der Befruchtung zu warten. Auf der wunderschönen Insel lernt sie dann aber auch den Animateur Rio kennen, der ihr Herz ungeahnt höher schlagen lässt…

Die Protagonisten im neuen Roman von Lotte Römer sind bereits Ende 30 und haben in ihrem Leben schon einiges hinter sich. Nele ist dabei zufrieden mit sich, wünscht sich jedoch sehnlichst ein Kind. Sie befürchtet, dass es zu spät sein könnte, sollte sie irgendwann noch einen passenden Mann kennenlernen und entscheidet sich so für eine künstliche Befruchtung. Obwohl sie dabei in ihrem Umfeld nicht nur auf positive Resonanz trifft, ist sie fest entschlossen und zählt auf die Unterstützung ihres Bruders sowie ihrer besten Freundin. Sie ist eine fröhliche und herzliche Person, die offen auf Menschen zugeht.
Mit dieser Art nimmt sie auch Rio, den Animateur im Hotel, schnell für sich ein. Er selbst flieht seit einigen Jahren vor seinem Leben und hat auf Rhodos einen Weg gefunden, seine Vergangenheit zu verdrängen. Lockere Urlaubsflirts sind für ihn keine Seltenheit, doch Nele ist irgendwie anders. Schnell merkt Rio, dass Nele mehr für ihn bedeutet, doch obwohl zwischen ihnen alles gut zu laufen scheint, wendet sie sich plötzlich von ihm ab…
Der Roman ist aus wechselnder Erzählperspektive von Rio und Nele geschrieben, sodass Gefühle, Gedanken und Emotionen deutlich und gut transportiert werden. Die Annäherung der beiden ist authentisch und liebevoll gestaltet. Die wunderschöne Inselkulisse gibt der Handlung dazu eine gewisse Leichtigkeit und Romantik.
Obwohl ich mich mit Nele nicht vollständig identifizieren kann, finde ich den Kinderwunsch einer alleinstehenden Frau ein sehr gutes Romanthema. Bisher ist mir hierzu keine Geschichte untergekommen, ich denke aber, dass dieser Wunsch normalisiert und enttabuisiert gehört. Daher finde ich den Roman mit seinen Konflikten sehr wichtig und auch wenn final alles in einem Happy End abschließt, sind die aufgebauten Konflikte authentisch, brillant gewählt und umgesetzt.
Gefallen hat mir auch Neles Bruder Marco, der ein weiteres wichtiges Thema in den Roman hineinbringt. Auch dieser Nebenkonflikt ist meines Erachtens gut dargestellt und umgesetzt.
Eingearbeitet werden natürlich auch typische Liebesromankonflikte und Missverständnisse, bei denen man oft nur den Kopf schütteln kann. Nichtsdestotrotz hebt sich Lotte Römers Roman für mich aber vom typischen Liebesroman ab, da das Setting und der Hauptkonflikt ungewöhnlich gewählt sind. Mir gefällt, dass Nele nicht den perfekten Mann für eine Familie sucht, sondern selbstständig ihr Glück sucht. Die damit verbundenen Schwierigkeiten und Zweifel werden gut eingearbeitet und umgesetzt.
Der Schreibstil ist durchgehend leicht und unkompliziert. An manchen Stellen hat mich die gewählt Umgangssprache etwas irritiert, aber im gesamten Lesefluss nicht gestört.

Ein ungewöhnlicher Liebesroman mit einem gut gewählten Thema. Ich habe ihn sehr gerne gelesen, konnte mich aber nicht vollständig mit den Figuren identifizieren und wurde daher nicht vollkommen „von den Socken gerissen“. Es gibt aber klare 4 von 5 Sternen für den Roman und eine Leseempfehlung, wenn ihr auf der Suche nach älteren Protagonisten und einer außergewöhnlichen Handlung seid.

Bewertung vom 17.03.2024
Wir greifen nach den Sternen / Himmelsstürmerinnen Bd.1
Lark, Sarah

Wir greifen nach den Sternen / Himmelsstürmerinnen Bd.1


ausgezeichnet

Fliegen

„Sie haben uns glauben lassen, wir könnten etwas erreichen, studieren, etwas verändern, obwohl wir Frauen sind. Aber so ist es nicht.“

„Himmelsstürmerinnen - Wir greifen nach den Sternen“ ist der erste Band der „Himmelsstürmerinnen-Saga“ von Sarah Lark. Er erschien im Januar 2024 im Bastei Lübbe Verlag.

Zunächst einmal muss ich eine Content Note zum Roman anbringen, es kommt zu Gewalt und zum Tod von Tieren. Passt also auf, wenn ihr darüber nicht lesen mögt!

Der neue Roman von Sarah Lark war für mich als treue Leserin natürlich ein Muss. Trotzdem habe ich mich am Romananfang sehr schwer getan, das Buch weiterzulesen. Aufgrund der vier Protagonistinnen dauert die Einführung in die Haupthandlung sehr lange und ist zudem ein wenig kompliziert durch die vielen verschiedenen Figuren. Zusätzlich ist der Schreibstil zu Beginn eher sachlich und Emotionen werden noch nicht gut transportiert. Schließlich kommt es noch zum gewaltsamen Tod und zuvor schon zu Quälerei an Tieren, wodurch ich mich zusätzlich sehr schwer getan habe!
Glücklicherweise ist es aber so, dass die Geschichte spätestens nach dem ersten Drittel an Fahrt aufnimmt. Die Protagonistinnen sind zu diesem Zeitpunkt gut eingeführt und Sympathien und Antipathien klar. Zunächst begleitet man Ailis, welche sehr unvorhergesehen verheiratet wird und in die USA auswandert. Auch die anderen Cousinen verlassen schließlich Schottland und im Laufe der Zeit greift jede auf ihre Weise nach den Sternen.
Während Ailis sich dabei tatsächlich der Astronomie widmet, beschäftigt sich Donella mit dem Fliegen und Haily entdeckt die Theaterbühnen für sich. Auch Emily bricht schließlich ihre Ketten, worüber ich mich wohl am meisten gefreut habe. Ihre Entwicklung ist für mich daher auch am beachtlichsten, denn sie wirkte zunächst eher wie eine graue und stille Maus, die ihre Wünsche niemals durchsetzen wird. Schließlich beweist sie aber allen das Gegenteil und widmet sich der Zoologie und Psychologie.
Der Roman endet dann mit einem großen Knall, den ich so absolut nicht erwartet hätte. Typisch Sarah Lark wird also am Ende abgerechnet und obwohl ich doch überrascht war, war ich nicht unbedingt traurig…
Der Schreibstil ist nach dem holperigen Anfang dann ebenfalls flüssig und mitreißend. Die personale Erzählperspektive wechselt zwischen den Cousinen und Emotionen werden gut transportiert.
Die Autorin greift in ihrem Roman verschiedenste historische und soziale Themen auf und bindet sie brillant in die Handlung ein. So stellt sie anhand der Protagonistinnen deutlich die Rolle der Frau zum Ende des 19. Jahrhunderts dar. Die Rolle als Ehefrau und Mutter war noch sehr etabliert, die jungen Frauen hatten kaum eine Chance aus diesem Konstrukt auszubrechen. Dennoch war Bildung auch für Frauen schon möglich und manche Universitäten ließen sogar schon ein Studium zu. Dennoch war es auch mit entsprechender Ausbildung schwer einen Beruf zu finden und auch noch gut bezahlt zu werden. Weiterhin bestanden große Vorbehalte den Frauen gegenüber, mit denen sich die Protagonistinnen auseinandersetzen müssen. Darüber hinaus geht es auch um Sklaverei und Rassismus in den Staaten sowie um Homosexualität und damalige gesellschaftliche Tabubrüche wie Abtreibung und ungewollte Schwangerschaft. Darüber hinaus werden auch technische Entwicklungen wie das Automobil und Luftschiffe beschrieben und wissenschaftliche Erkenntnisse in Bezug auf die Ornithologie und die Astronomie eingearbeitet. Historische Fakten werden dabei ebenfalls in die fiktive Handlung aufgenommen.
Was in der Tat sehr gewaltig und fast schon überladen klingt, ist allerdings mühelos in die Handlung eingeflochten und keinesfalls kompliziert lesbar. Der Roman lebt von seinen verschiedenen Handlungssträngen, die zunächst auseinander driften, schließlich aber wieder zusammenfließen.

Mein Fazit: Obwohl ich mich beim Lesen zunächst schwergetan habe, muss ich final sagen, dass Sarah Lark wieder ein großartiger historischer Roman gelungen ist. Der Auftakt ihrer neuen Familiensaga stellt starke und mutige Frauen am Ende des 19. Jahrhunderts dar und zeigt, welche Schwierigkeiten und Hindernisse es für sie gab. Nachdem ich mich in die Handlung eingefunden hatte, konnte ich den Roman kaum aus der Hand legen, weshalb ich 4,5 von 5 Sternen vergebe und eine klare Leseempfehlung ausspreche.

Bewertung vom 03.03.2024
Die Melodie der Freiheit / Sturmjahre Bd.3
Scott, Lia

Die Melodie der Freiheit / Sturmjahre Bd.3


ausgezeichnet

Scheidepunkt

„Es ist nicht mehr das vergangene Jahrhundert, wir Frauen dürfen uns nicht für Geld verheiraten lassen. Wir sollten stattdessen allesamt wählen dürfen und studieren.“

„Die Melodie der Freiheit“ ist der dritte Band der historischen Romanreihe „Sturmjahre“ von Lia Scott. Er kann auch unabhängig von den anderen Teilen der Reihe gelesen werden. Erschienen ist der Roman im Februar 2024 im Fischerverlag.
Isabella ist recht behütet bei ihrer Familie aufgewachsen, doch als sie gezwungen werden soll einen englischen Viscount zu heiraten, ist für sie das Maß voll. Sie muss die Heirat verhindern und als letzter Ausweg bleibt ihr nur die Flucht. Dabei trifft sie auf Keillan, welcher ihr übereilt sein Ehrenwort zur Hilfe gibt. Gemeinsam müssen sie sich jetzt in Sicherheit bringen und stellen fest, dass sie einander gar nicht so uninteressant finden…

Isabella und Keillan - Feuer und Wasser. Ja, tatsächlich - unterschiedlicher können die beiden eigentlich kaum sein. Sie, theoretisch wohlerzogen und aus gutem Hause, wobei das eher relativ ist. So ist ihr Vater nämlich der Anführer der Edinburgher Lads, einer mächtigen Untergrundbande. Trotzdem lebt sie aber das gebildete Leben wohlhabender Leute und hatte eine brillante Schulbildung. Sie liest gern, ist politisch interessiert und gerade die Sufragettenbewegung liegt ihr am Herzen. Am liebsten würde sie studieren, doch das ist aufgrund ihres Familiennamens unmöglich. Sie ist temperamentvoll, klug und wissbegierig, eine Hochzeit ist für sie ausgeschlossen. Sie möchte kein klassisches Familienleben oder sich den Wünschen eines Mannes beugen. So bleibt ihr schließlich nur noch eine überstürzte Flucht, die sie auf den Hof von Keillans Familie bringt…
Keillan ist gerade aus dem Krieg zurückgekehrt und fragt sich, was er eigentlich mit seinem Leben anstellen möchte. Er ist ein überaus korrekter und geradliniger Mensch, die leicht kriminellen Machenschaften seiner Geschwister will er nicht unterstützen, die kriminellen Machenschaften von Isabellas Dad lehnt er ab. Was er aber stattdessen will, weiß er eigentlich auch nicht. Als Isabella plötzlich vor ihm steht und ihn um Hilfe anfleht, gebietet ihm sein Anstand, ihr diese zuzusagen. Die Konsequenzen sind ihm in diesem Moment nicht klar und als später feststellt, wem er seine Hilfe zugesagt hat, bereut er seine Entscheidung ganz sicher. Keillan aber steht zu seinem Wort und so beginnt für die beiden eine abenteuerliche Flucht. Auf dieser müssen sie sich als Ehepaar ausgeben und das enge Zusammenleben führt dazu, dass langsam Gefühle zwischen den beiden entstehen…
Ich habe mich schon auf den ersten Seiten wieder unglaublich gut in die Geschichte einfinden können. Dabei fiel es mir zunächst schwer, Isabella als Protagonistin zu mögen. Sie ist zwar klug und gebildet, gleichzeitig aber auch so realitätsfern und anstrengend. Arbeit ist für sie ein Fremdwort und das einfache Leben von Keillans Familie unvorstellbar. Im Laufe des Romans muss sie allerdings erkennen, dass einem im Leben nicht alles geschenkt wird. Sie entdeckt, dass körperliche Arbeit sogar Spaß machen kann und legt so eine enorme Entwicklung hin. Das unbedarfte und altkluge junge Mädchen vom Romananfang wird zu einer lebensfrohen und engagierten jungen Frau, die im Zweifel dort mit anpackt, wo es benötigt wird. Ich bewundere Isabellas Entschlossenheit und ihren Mut und habe sie letztlich sehr in mein Herz geschlossen.
Keillan ist insgesamt eher unscheinbar, dies passt aber vollständig zu seinem ruhigen und besonnenen Auftreten.
Von der Familie Dennon lesen wir in diesem Roman nicht allzu viel, da die Haupthandlung außerhalb von Foxgirth spielt. Nichtsdestotrotz gewinnt man einen guten Eindruck von den Protagonisten der vorherigen Bände und so manche Szene mit der untypischen Familie hat mich doch sehr zum Schmunzeln gebracht!
Langeweile kommt im gesamten Roman nicht auf, spannende und humorvolle sowie ernste, aber auch emotionale Szenen werden geschickt miteinander verwoben. Der Schreibstil von Lia Scott ist unglaublich gefühlvoll und schön, die Seiten fliegen nur so dahin. Für mich war der Handlungsverlauf zudem nicht wirklich vorhersehbar und auch, ob es wirklich ein Happy End geben würde, konnte ich kaum einschätzen.
Die historischen Hintergründe sind ebenfalls gut in die Handlung eingearbeitet, man bekommt einen weiteren Eindruck davon, wie schwer es die Menschen in dieser Zeit nach dem ersten Weltkrieg hatten. Dieser wird erneut durch einen entsprechend atmosphärischen Prolog verdeutlich.

Mein Fazit: Auch der dritte Band der Sturmjahre-Reihe war für mich ein absoluter Wohlfühlroman. Ich habe Keillans und Isabellas Geschichte sehr gerne gelesen und freue mich nun auf den nächsten Band der Reihe. Es gibt daher wieder 5 von 5 Sternen und eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 01.03.2024
Der Traum der Lady Flower / Celtic Dreams Bd.1
MacIver, Kristin

Der Traum der Lady Flower / Celtic Dreams Bd.1


ausgezeichnet

Lebenstraum

„Es war nicht unnatürlich, mehr vom Leben zu wollen, als Mutter zu sein. Rhona mochte es nicht verstehen, Cailan mochte es nicht verstehen, doch das war egal.“

„Der Traum der Lady Flower“ ist der erste Band der Celtic-Dreams-Reihe von Kristin MacIver. Er erschien im März 2024 im Droemer Knaur Verlag.
Schottland, 1485: Flower liebt Tiere und wünscht sich seit dem Tod ihres Hundes Bhaic, diese heilen zu können. Zu ihrer Zeit ist das Leben der Frauen allerdings nur selten selbstbestimmt und so soll auch für Flower ein passender Ehemann gesucht werden. Zu Flowers Leidwesen soll ihr Ehemann ausgerechnet von ihrer Jugendliebe Cailan Sinclair ausgewählt werden. Als Flower schließlich eine Idee hat, wie sie einen Ehemann bekommen und ihren Traum erfüllen kann, ruiniert ein ungeplanter Kuss alles…

Zunächst einmal möchte ich eine Triggerwarnung für das Buch aussprechen, die mir persönlich sehr wichtig ist. In „Der Traum der Lady Flower“ stirbt ein Haustier, wobei die Szene selber nicht explizit dargestellt wird. Für mich ist dieses Thema schwierig und wenn es euch ähnlich geht, überlest am besten den Prolog! Darüber hinaus gibt es weitere Content Notes, die ihr aber am Ende des Romans finden könnt.

Der Roman von Kristin MacIver ist ein historischer Liebesroman, der im malerischen Schottland spielt. Flower ist dabei eine außergewöhnliche Protagonistin. Dem typischen Frauenbild ihrer Zeit entspricht sie absolut nicht. Sie liebt Tiere und ihr größter Wunsch ist es, diese heilen zu können. Dabei kennt sie eine Heilerin in einem anderen Ort, die sich mit Tieren auskennt und möchte bei dieser lernen. Dies ist für Frauen aber eben nicht üblich und obwohl Flower insgesamt ein gutes Verhältnis zu ihren Eltern hat, möchte sie diese nicht enttäuschen. Aus diesem Grund traut sie sich auch nicht, ihnen von ihrem Herzenswunsch zu erzählen. Als dann entschieden wird, dass sie endlich heiraten soll und Cailan Sinclair ihren Ehemann auswählen soll, akzeptiert sie diese Entscheidung entsprechend klaglos.
Die Funken zwischen Flower und Cailan sprühen schon zu Beginn des Romans, ihre Positionen innerhalb ihrer Clans schließen eine Verbindung zwischen ihnen aber eigentlich aus. Zudem ist Cailan zwar Flowers Jugendliebe und ein Teil von ihr schwärmt auch immer noch für ihn, andererseits ist er aber auch ein absoluter Frauenheld und eingebildet dazu…
Cailans wahre Gefühlswelt sieht in dabei in Wirklichkeit aber anders aus. Ja, er hat seinen Spaß, geht aber mit den Frauen immer respektvoll um und fällt damit ebenfalls eher aus dem Männerbild der damaligen Zeit heraus. Er tut nichts, was die Frauen nicht wollen und hat hauptsächlich Affären mit verwitweten Frauen. Zudem trägt er ein Trauma mit sich herum, das ihn nahezu täglich verfolgt und ihm seine Position als angehender Clanführer massiv erschwert.
Durch die wechselnde personale Erzählperspektive werden die Gefühle beider Protagonisten gut verständlich und nachvollziehbar dargstellt. Der Schreibstil ist insgesamt sehr flüssig und mitreißend.
Die Anziehung zwischen Flower und Cailan ist von Anfang an spürbar, eine Beziehung scheint aber aus mehreren Gesichtspunkten unmöglich. Ich persönlich konnte sehr schnell in die Handlung eintauchen und gerade die Gefühle von Flower sehr gut nachvollziehen. Beide Figuren sind gut und authentisch charakterisiert und auch die Nebenfiguren mochte ich sehr. Allen voran habe ich dabei Hailey, die Küchenmagd und Freundin von Flower, in mein Herz geschlossen. Sie ist charmant, witzig und entschlossen und hat mich so manches Mal zum Schmunzeln gebracht.
Die Entwicklung der Handlung sowie der Konflikt, dem Flower ausgeliefert ist, haben mich absolut gefesselt und überrascht. Der Ablauf der Story war dabei für mich nicht vorhersehbar, weshalb eine große Spannung aufrecht erhalten wurde.
Teilweise war ich überrascht von den eher unzeitgemäß wirkenden Ansichten der Figuren. So ist es zum Beispiel für viele Figuren selbstverständlich, dass Frauen zu nichts gedrängt und ihre Worte akzeptiert werden. Dies gefällt mir grundsätzlich natürlich gut, jedoch bin ich unsicher, ob diese Ansichten tatsächlich zeitgemäß sind.
Dass Flower Tierheilkunde lernen möchte, finde ich ebenfalls großartig und ich hätte mir in dieser Richtung ein wenig mehr Hintergrund gewünscht. Zwar ist das Thema an sich sehr präsent, da es eben Flowers Herzenswunsch ist, richtige Anwendung findet die Tierheilkunde aber nur an sehr wenigen Stellen. Der Fokus des Romans liegt klar auf der Liebesgeschichte.


Mein Fazit: „Der Traum der Lady Flower“ ist ein ungewöhnlicher, leicht lesbarer und mitreißender historischer Roman. Obwohl ich mir ein wenig mehr historischen Kontext und Hintergründe zur Tierheilkunde gewünscht hätte, habe ich die Geschichte sehr gerne gelesen und empfehle sie absolut. Von mir gibt es entsprechend 4,5 von 5 Sternen und eine Leseempfehlung.