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stina23

Bewertungen

Insgesamt 54 Bewertungen
Bewertung vom 31.03.2025
Schwimmen im Glas
Lugbauer, Eva

Schwimmen im Glas


ausgezeichnet

Eva Lugbauer erzählt in ihrem Roman von Lore und ihrer Familie. Hauptsächlich behandelt sie darin die Kindheit des Mädchens, die ungefähr in den 1980er und 1990er Jahren in einem Dorf in Österreich stattfindet. In kürzeren Sequenzen springt sie auch zur erwachsenen Lore, die von ihrer Kindheit geprägt, nicht von ihr losgelassen wird.
Viel Unausgesprochenes gibt es in der Familie. Besonders all das, was der Großvater nicht sagt, bleibt Lore in Erinnerung. Das, wofür der alte Mann keine Worte findet, handelt meist vom Krieg. Mit patriarchalischem Gehabe und starren Strukturen und Werten will er den Ton in der Familie angeben. Die Frauen gehen je nach Generation und Lebensumfeld unterschiedlich damit um. Die Großmutter fügt sich, Tante Ursula akzeptiert es nicht und kämpft dagegen an und Lore wächst heran, indem sie sehr genau beobachtet und kluge Fragen stellt, auf die sie leider oft keine oder keine befriedigende Antwort erhält und deshalb sehr oft in sich selbst zu ihren Antworten finden muss.
Mir sagt der Schreibstil der Autorin sehr zu. Die oft kurzen Sätze und Gedankensprünge machen die in der dritten Person geschriebene Geschichte zu einer interessanten Reise in den Alltag und besonders in die Gefühls- und Gedankenwelt von Lore und einigen ihrer Familienmitglieder.
Mich hat dieser Roman sehr berührt. An vielen Stellen konnte ich in meiner Erinnerung ähnliche Szenen wiederfinden. Das Unverständnis gegenüber den patriarchalischen Strukturen, das „Das-Ist-Halt-So“ und das unaufhaltsame Gefühl, dass das so aber überhaupt nicht sein sollte, kamen mir nur allzu bekannt vor. Der Text transportiert für mich eine etwas düstere und eingeengte Stimmung, der ich mich kaum entziehen konnte, und die ich als tragend für das gesamte Buch empfand.
Ein Buch voller Erkenntnisse einer Heranwachsenden, die aus der Beobachtung der Generationen vor ihr entstehen und die sie nie ganz loslassen. Für mich ein Volltreffer.

Bewertung vom 17.03.2025
Vor hundert Sommern
Fuchs, Katharina

Vor hundert Sommern


sehr gut

Diese Familiengeschichte erstreckt sich über mehrere Generationen von 1924 bis 2025, also über hundert Sommer. Sie handelt von Frauen, die alle mit den verschiedenen Herausforderungen, die ihre Generation und ihre Lebenswelt mit sich bringen, umgehen müssen. Elisabeth ist über 90 und beginnt von der bisher totgeschwiegenen Vergangenheit ihrer Eltern und ihrer Tante zu erzählen. Anja und ihre Tochter Lena sind zuerst geduldige, später leidenschaftliche Zuhörerinnen. Die Erzählungen lösen bei den drei Frauen viele Gefühle aus, es bringt sie näher zusammen und lässt sie die aktuellen weltpolitischen Geschehnisse differenzierter betrachten. Durch das Wissen um die Stärke und den Mut, den die Frauen ihn ihrer Ahnenreihe bewiesen haben, bleibt es nicht nur bei der inneren Veränderung. Sie sehen sich und ihre Vergangenheit in einem neuen Licht und gehen mutig neue Wege.
Die Autorin Katharina Fuchs hat einen schönen Weg gefunden, die Geschichte der Familie aufzurollen. Die Großmutter Elisabeth hat fast ihr ganzes Leben ein Geheimnis aus vielen Fakten der Familiengeschichte gemacht. Als sie jedoch aus gesundheitlichen Gründen umziehen muss und ihre alte Wohnung von ihrer Tochter und Enkelin entrümpelt wird, kommen mit den Erinnerungsstücken auch die Worte ans Tageslicht. Während Elisabeth über das Leben ihrer Tante Clara in den 1920er und 1930er Jahren in Berlin berichtet, sehen und erleben Anja und Lena die Umwälzungen und auch Parallelen im Jahr 2024. Anfangs wirkten die Sprünge zum aktuellen Zeitgeschehen abrupt auf mich, in Laufe des Buches werden sie mehr Teil der Geschichte und ich fühlte mich nicht mehr aus dem Lesefluss gerissen. Katharina Fuchs lässt ihre Protagonistinnen real wirken und gibt ihnen nachvollziehbare Gefühle. Stellenweise aber sind sie und das Geschehen etwas klischeehaft. Auch der Schreibstil ist den Großteil des Buches über angenehm zu lesen.
Die Autorin nahm mich mit auf eine Reise durch eine Familiengeschichte, verband sie gut mit der Gegenwart, ließ die Protagonistinnen Stellung beziehen und zeigte auf, das gern aus der Geschichte gelernt werden darf.

Bewertung vom 26.02.2025
Impossible Creatures - Das Geheimnis der unglaublichen Wesen
Rundell, Katherine

Impossible Creatures - Das Geheimnis der unglaublichen Wesen


ausgezeichnet

Als Christopher seinen Großvater, den er seit vielen Jahren nicht gesehen hat, in Schottland besucht, verändert sich sein Leben, seine Welt und einfach alles wovon er bisher dachte, dass es Realität sei. Er findet heraus, dass er aus einer langen Linie von Hütern stammt, die den Durchgang zu einem magischen Reich beschützen. In dieses gelangt der Junge, um mit dem Mädchen Mal herauszufinden, was die Magie nach und nach zerstört und mit ihr die magischen Wesen.
Schon der Aufbau des Buches vermittelt Spannung. Gleich am Anfang ist eine Aufzeichnung von den unterschiedlichen mythischen Wesen und ihren Eigenschaften angeführt, das sogenannte „Bestiarium“. Es wird von schönen Zeichnungen begleitet. Die zu Beginn sehr kurzen Kapitel gewähren Einblicke und Vorschauen in die Geschehnisse. Sie enden meist offen, womit das Interesse aufrecht bleibt und man einfach gerne weiterlesen möchte.
Die Welt, die sich die Autorin Katherine Rundell erdacht hat, ist voller mehr oder weniger bekannter Fabelwesen und wunderbarer Abenteuer, in denen aber auch viele Gefahren lauern. Ihr Erzählstil ist passend für Jugendliche und Erwachsene, wobei ich mir nicht sicher bin, ob das Buch auch wirklich schon für 10-Jährige geeignet ist. Es werden einige Kämpfe und Verwundungen recht genau beschrieben, auch der Tod wird nicht ausgespart. Immer wieder werden Parallelen zwischen dem drohenden Untergang des Archipels und den realen Bedrohungen für unsere Erde gezogen, was der Geschichte eine moderne Relevanz gibt. Zwischendurch wird es auch mal düster. Es ist auf jeden Fall keine „Sonnenschein-Fantasy“-Lektüre. Die ProtagonistInnen sind gut ausgearbeitet, ein bisschen klischeehaft, aber das passt für die Entwicklung der Geschichte gut. Diese verläuft nicht ganz geradlinig, es geschieht Überraschendes und somit bleibt sie spannend.
Dieses Buch hat mir außerordentlich gut gefallen. Ich als Erwachsene wurde richtiggehend in den Bann der Geschichte gezogen, war fasziniert von den Wundern und Gefahren, denen sich die ProtagonistInnen gegenübersahen und ich hatte Spaß am Lesen. Die ProtagonistInnen wuchsen mir ans Herz und ich freue mich schon sehr auf die Fortsetzung.
Meine volle Empfehlung!

Bewertung vom 14.02.2025
Wackelkontakt
Haas, Wolf

Wackelkontakt


ausgezeichnet

Was haben das Leben eines Trauerredners und das eines Kronzeugen gemeinsam? Ganz schön viel, wenn es nach Wolf Haas geht. Der Wiener Franz Escher liest in einem Buch über Elio, einen jungen Mann, der gegen die Mafia ausgesagt hat und in Italien im Gefängnis sitzt. Elio wiederum liest in der Haft ein Buch über Franz Eschers Warten auf einen Elektriker. Durch den Griff zum Buch lassen uns die Protagonisten immer wieder und im Wechsel am Leben des jeweils anderen teilhaben. So entwickeln sie sich und mit ihnen eine fesselnde Geschichte.
Zum wiederholten Male merke ich, dass ich Wolf Haas‘ Schreibstil so richtig gerne mag. Er bringt scheinbar mit Leichtigkeit die einfachsten und auch grandiosesten Gedanken zu Papier, lässt dabei immer etwas Humor mitschwingen und drückt sich so aus, dass ich mich ohne die geringste Schwierigkeit darauf einlassen kann. Die beiden Hauptprotagonisten sind vielschichtig, trotz oder gerade wegen ihrer Fehlbarkeiten sympathisch und menschlich. Die Geschichten der beiden fügen sich nach und nach immer mehr zusammen und der Ausdruck Zeitschleife wird nicht ohne Grund im Laufe der Geschichte erwähnt, da sie ganz im Stil von M. C. Eschers Bildern von optischen Täuschungen gedreht, gedehnt und verkürzt wird, um schlussendlich ein Ganzes zu ergeben, das ja eigentlich so gar nicht sein kann, oder doch?
Ich hatte nach einigen Seiten die Befürchtung, das Ende des Buches schon erahnt zu haben und hoffte, dass es noch eine Überraschung im Plot geben würde. Das ist zu meiner Erleichterung auch wirklich passiert. Sie entwickelt sich zu einer runden G’schicht bei der um die Ecke gedacht werden darf.
Der Roman ist auf vielen Ebenen genial. Es war mir eine absolute Freude ihn zu lesen und kann ihn von Herzen weiterempfehlen.

Bewertung vom 03.02.2025
FREI - Bester Sommer (FREI 1)
Welk, Sarah

FREI - Bester Sommer (FREI 1)


ausgezeichnet

Joshua ist mit seinen 14 Jahren schon ziemlich viel herumgekommen. Berlin, Wien, Neapel, Köln,… neue Schule, neue Wohnung – neue Freunde? Mit dem Finden von neuen Freunden tut sich der Junge schwer. Da er so gewohnt ist, immer wieder umzuziehen, lässt er sich auf andere Jugendliche nicht mehr wirklich ein. Mit seiner Mutter, die Künstlerin ist und ihren Sohn auf der Suche nach Inspiration immer wieder vor die Tatsache stellt, einen neuen Lebensmittelpunkt zu finden, versteht sich der Teenager gerade nicht so hervorragend. Und jetzt muss er auch noch in einen kleinen Ort in Deutschland ziehen, von dem er noch nie zuvor gehört hat. Dort beginnt jedoch ein Abenteuer für Joshua, das in einer sehr modern geführten Schule beginnt und den Jungen wieder näher an Gleichaltrige heranrücken lässt.
Die Autorin erzählt die Geschichte aus dem Blickwinkel des Teenagers Joshua. Dafür wählt sie eine Sprache, die, zumindest für mich als Erwachsene, dem aktuellen Wortgebrauch von Jugendlichen entspricht. Sie schafft es auch hervorragend, sich auf deren Perspektive einzulassen und somit entsteht eine schön abgerundete, moderne Geschichte.
Ein wunderbarer Beitrag zu dieser Modernität ist auch die Schule, in die Joshua in Rottloch kommt. Sie ist die Traumschule für diejenigen, für die Schule ja da ist – die SchülerInnen selbst, denn sie dürfen demokratisch mitbestimmen, was im Schulalltag umgesetzt wird und wie diese Umsetzung aussieht. In diesem Setting können auch die außergewöhnlichen Projekttage stattfinden, die Joshua und vier seiner neuen MitschülerInnen für mehrere Tage in den Wald führen. Dort finden die jungen Menschen nicht nur neue Freundschaften, sondern auch ein besonderes Abenteuer, das etwas Spannung in die Geschichte bringt. Hauptsächlich geht es jedoch ums Zwischenmenschliche, ums Heranwachsen und um Zugehörigkeit und darum, seinen Platz zu finden.
Das Buch ist angenehm zu lesen und besticht durch Leichtigkeit und gleichzeitig durch Tiefe. Mich hat es emotional schnell in meine Teenagerzeit zurückkatapultiert, da die Autorin es sehr gut schafft, die Vielschichtigkeit des Jugendalters zu transportieren.

Bewertung vom 01.01.2025
Only Margo
Thorpe, Rufi

Only Margo


sehr gut

Als Margo ungewollt schwanger wird, ist sich noch ein Teenager. Der Vater des Kindes, ihr Professor am College, der verheiratet ist und schon zwei Kinder hat, lässt sie im Stich. Margo beschließt, das Kind trotz aller Widrigkeiten zu bekommen, obwohl ihr ihr gesamtes Umfeld davon abrät. Nach der Geburt ihres Sohnes Bodhi steht sie allein da und auch vor großen finanziellen Problemen, da sie gekündigt wird, zwei ihrer Mitbewohnerinnen ausziehen und kein Job in Sicht ist, den sie mit einem Baby bewältigen könnte. Margo stößt auf eine Internetseite, wo Geld durch Veröffentlichung von sexuellen Inhalten verdient werden kann. Nach anfänglichem Zögern und Schwierigkeiten, wird Margo erfolgreicher, nicht zuletzt deshalb, weil sie sehr innovativ und zielstrebig ist. Obwohl sie sich jetzt finanziell erholt hat, wird sie durch ihren Job als Sexarbeiterin mit vielen neuen Problemen und Vorurteilen konfrontiert.
Was an diesem Buch besonders hervorsticht, ist der häufige Wechsel der Erzählperspektive (hüpft zwischen dem Ich-Erzähler und dem Personalen-Erzähler). Da Margo auch an ihrem College einen Literaturkurs besucht, in dem unter anderem genau das thematisiert wird, wird hier von der Autorin eine interessante stilistische Schleife gezogen. Der Schreibstil von Rufi Thorpe ist angenehm zu lesen, die Geschichte kurzweilig und sie geht stellenweise in die Tiefe. Die Protagonistin ist eine sensible, kluge Frau, die aber auch mit viel Kampfgeist, ihren herausfordernden Lebensumständen geschuldet, ausgestattet ist. An einigen Stellen im Buch wirkt sie mir mit knapp 20 Jahren etwas zu überlegen. Insgesamt hat mir das Buch gefallen und ich habe gut Zugang zu den Charakteren gefunden. Aspekte der Sexarbeit wurden von mehreren Seiten beleuchtet, wobei ich nicht beurteilen kann, ob das gut gelungen ist. Mich hat Margos Geschichte angesprochen und ich würde das Buch weiterempfehlen.

Bewertung vom 19.12.2024
Ordnung für immer
Borgeest, Gunda;Thorbrietz, Dr. Petra

Ordnung für immer


sehr gut

Hier handelt es sich um ein Sachbuch, mit dem man das Ordnungmachen und besonders auch das Ordnunghalten erlernen bzw. verbessern soll. Das hat mich angesprochen, denn in einer größeren Familie gibt es da immer etwas zu tun. Obwohl ich mir mit Sachbüchern immer schwer tue, wollte ich mir dieses nicht entgehen lassen.
Der Aufbau dieses Buches ist gut gemacht. Die Einleitung ist motivierend formuliert und klärt auf, dass das Ziel nicht sofort, aber sicher erreichbar ist. Die Autorin hat dazu sehr wertschätzende Worte gefunden und erläutert, dass Ordnung nicht für jeden Menschen das Gleiche bedeutet. Es geht vor allem um das Wohlfühlen im eigenen Zuhause.
Auf farblich gekennzeichneten Seiten werden Tipps zusammengefasst, Checklisten, Tages-, Wochenpläne usw. zum Ausfüllen bereitgestellt. Diese Arbeitsblätter, die über einen Link auch heruntergeladen werden können, liefern etwas Handfestes, womit man schnell ins Handeln gelangen kann.
Die psychologischen Hintergründe, die dafür verantwortlich sind, dass Ordnung zu halten oft nicht ganz so leicht ist, waren für mich sehr interessant. Ich denke, wenn man weiß, wie man tickt, kann man damit auch arbeiten. Vieles davon ist natürlich schon bekannt, es wird aber gut erklärt und zusammengefasst. Ich hätte mir noch mehr Tipps erwartet, wie man die Familien in den Prozess des Ausmistens und Ordnungbewahrens miteinbeziehen kann. Darüber zu reden und Pläne zu machen, ist etwas wenig und auch nur mäßig erfolgreich, wie ich erfahren durfte.
Insgesamt ein gut strukturiertes, motivierendes Buch, aus dem man sich einiges mitnehmen kann und nicht alles muss.
Ich habe mir auf jeden Fall schon kleine Projekte vorgenommen, einige schon umgesetzt und kann das Gefühl bestätigen, dass es befreiend wirkt. Jetzt heißt es, am Ball bleiben und immer wieder das Buch zur Hand nehmen.

Bewertung vom 28.11.2024
Das kleine Café der zweiten Chancen
Ota, Shiori

Das kleine Café der zweiten Chancen


sehr gut

Himari hatte eine Zukunft als großartige Pianistin vor sich. Als kleines Kind wurde ihr Talent entdeckt, trotz aller Schwierigkeiten und lebensverändernder Entscheidungen, gefördert und das alles, ohne dass das Mädchen damit glücklich war. Nach einem Unfall, bei dem sie sich ihre Hand so verletzte, dass das Klavierspielen unmöglich wurde, kommt sie nach Sapporo. Für die Teenagerin eine große Veränderung mit neuer Schule, unbekannten MitschülerInnen und vielen Unsicherheiten und Fragen. Durch die Begegnung mit einer alten Frau, wird Himari auf ein Café aufmerksam, dessen Besitzerin und Besitzer dem Mädchen Unglaubliches offenbaren. Sie besitzt, so wie die beiden Erwachsenen, die Gabe, Menschen zu einem Punkt in ihren Leben zurückzubegleiten, um dort eine Veränderung zu bewirken. Dem Mädchen steht eine aufregende Zeit bevor.
Die Autorin, Shiori Ota, erzählt Himaris Geschichte mit einer angenehmen Ruhe. Die Story liest sich flüssig und schafft es, genug Spannung aufzubauen, dass man die Geschichte neugierig immer weiterliest. Die Mischung aus teilweise harter Realität und dem Fantasy-Aspekt der Zeitreisen hat einen besonderen Reiz. Die Autorin schenkt auch den kleinen Dingen des Lebens Aufmerksamkeit, wenn sie zum Beispiel den Geschmack einer Tasse Kaffee detailliert beschreibt oder die Zuneigung, die Menschen verspüren, genau beleuchtet. Der Roman hat eine gewisse Feinheit an sich, die ich als recht erfrischend empfand.
Von der Übersetzerin wurden einige Anmerkungen, zum Beispiel zur Bedeutung von japanischen Namen, eingefügt, die bereichernd zum Verständnis beitrugen.
Ich bin gespannt, ob es einen zweiten Teil zu diesem Roman geben wird, denn das Ende lädt geradezu dazu ein, noch weitere Zeitreisen mit Himari unternehmen zu wollen. Für mich war dieses Buch ein angenehmes Leseerlebnis.

Bewertung vom 12.11.2024
Das Buch der neuen Anfänge
Page, Sally

Das Buch der neuen Anfänge


gut

Joanne, Ende dreißig, übernimmt das Geschäft ihres Onkels, der erkrankt ist. Sie hat eine Trennung hinter sich, den Kontakt zu ihrer besten Freundin verloren und ihren Job gekündigt. Also kommt ihr dieser Tapetenwechsel gerade recht. Sie verändert nach und nach das Sortiment des Schraubenladens und lebt sich auch langsam in London ein. Besonders der Optiker vom Laden nebenan lässt ihr Herz höherschlagen und mit der Vikarin Ruth und dem Pensionisten Malcom verbindet sie bald eine tiefe Zuneigung. Joanne beginnt vieles zu hinterfragen, stellt sich ihrer Vergangenheit und muss die Frage klären, wie und wohin sich ihr Leben entwickeln soll.
In ihrem zweiten Buch schreibt Sally Page über die Freundschaft, ihren Wert, ihren Wandel und über die verschiedenen Arten von Freundschaft, der man im Laufe des Lebens begegnen kann. Jo, aus deren Perspektive die Geschichte erzählt wird, kommt in London, weit weg von ihrem bisherigen Alltag viel zum Nachdenken. In den Gesprächen mit sehr unterschiedlichen Menschen, von denen sie einige bald Freunde nennen darf, entdeckt sie viel von sich selbst, lernt neue Perspektiven einzunehmen und kommt zu Erkenntnissen über ihr bisheriges Leben und darüber, wie sie ihre Zukunft gestalten möchte. Auch das Thema Glauben wird von mehreren Seiten beleuchtet. Die Vikarin Ruth, der Atheist Malcolm und Jo, die zwar glaubt, aber nicht religiös ist, haben natürlich unterschiedliche Meinungen dazu und lernen voneinander.
Es gibt einige Passagen im Buch, die mich ansprachen. Die Gedanken, die man sich in der Lebensmitte über Freundschaften macht, brachten mich zum Nachdenken. Leider kam ich nie in einen richtigen Lesefluss. Mir kam die Geschichte stellenweise sehr langatmig vor und ich musste mich zum Weiterlesen zwingen. Auch waren die ProtagonistInnen nicht richtig greifbar für mich. Sie wurden zwar punktuell tiefgründig beschrieben, ich konnte aber ansonsten keinen Zugang zu ihnen finden. Ganz zum Schluss nimmt die Story etwas an Fahrt auf, wird dabei jedoch kitschig.
Leider konnte das zweite Buch der Autorin nicht mit ihrem ersten Buch „Das Glück der Geschichtensammlerin“ mithalten.

Bewertung vom 20.10.2024
Skye In Our Hearts
Fletcher, Elliot

Skye In Our Hearts


sehr gut

April flüchtet zurück in ihre Heimat Schottland, nachdem sie als Schauspielerin in den USA nicht mehr die erwünschten Erfolge hat. Auf der Insel Skye will sie im Haus ihres verstorbenen Großvaters zur Ruhe kommen und neue Pläne für ihre Zukunft schmieden.
Mal führt die Whiskybrennerei von Aprils Großvater Keir nach dessen Tod weiter. Der introvertierte Mann fühlt sich von Aprils Ankunft bedroht, weil Keir versprochen hatte, ihm das Geschäft zu überlassen, davon aber nichts im Testament steht. Die beiden, die sich schon seit der Schulzeit kennen, treffen also nicht unter den besten Voraussetzungen aufeinander. Es entwickelt sich zwischen ihnen jedoch sehr bald nicht nur eine geschäftliche Beziehung.
Mir hat der Schreibstil der Autorin sehr zugesagt. Ich konnte mich auch mit den ProtagonistInnen schnell anfreunden. Sie sind sehr unterschiedliche Charaktere, im Herzen vereint sie aber die Liebe zu Schottland, das Vermächtnis von Aprils Großvater und die Fähigkeit, auch die verborgenen Seiten des anderen sehen zu können. Dadurch werden im Buch auch ernstere Themen, wie sexuelle Nötigung und Kindheitstraumata, behandelt und wie die beiden damit umgehen.
Es passieren in diesem Buch keine großartigen Plots und die Handlung ist eher vorhersehbar. Eine „sunshine meets grumpy“-Story, wie man sie kennt, aber gut umgesetzt. Mich haben die Sexszenen überrascht, ich hatte sich dem Klappentext nach, nicht erwartet. Ich finde, sie brachten Würze ins Buch und haben ihm nicht geschadet. Gegen Ende wurde die Geschichte für mich leider etwas schwächer, was den Gesamteindruck nur geringfügig geschmälert hat.
Interessant finde ich, dass das Cover der deutschen Übersetzung sich vom Original recht unterscheidet. Zarte Blätter im Gegensatz zu lasziv in der Wiese liegenden Menschen – da ändert sich schon auch die Erwartungshaltung. Da ich nicht nur April und Mals Geschichte interessant fand, sondern auch die von Aprils Freundinnen und Mals Geschwistern, freue ich mich über die geplanten bzw. schon geschriebenen weiteren Bücher.
Alles in allem eine schöne Liebesgeschichte, mit ein bisschen Spice.