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Benutzername: 
Gwendolina
Wohnort: 
München

Bewertungen

Bewertung vom 26.01.2016
Der goldene Sohn
Gowda, Shilpi Somaya

Der goldene Sohn


gut

Das Buch der Goldene Sohn beginnt mit einer Schiedsversammlung, einer wichtigen streitschlichtenden und richtenden Tradition/Institution in den Dörfern und Gemeinden Indiens. Der zehnjährige Anil ist Beobachter, sein Vater, der angesehene und geschätzte Kopf der wohlhabenden Familie, der Schiedsmann. Nach einem weiten Zeitsprung, als Anil in die USA aufbricht um an einem der größten Krankenhäuser sein praktisches Jahr zu absolvieren, erfährt man in Rückblenden ein wenig über die Beziehung der zwei Hauptprotagonisten Anil und Leena. Als Kinder unzertrennlich, haben sich die Wege getrennt als die beiden 12 waren. Der schüchterne und zurückhaltende Anil hat sich völlig dem Lernen und den Büchern gewidmet und am College ein Medizinstudium absolviert. Währenddessen hat sich die wilde und selbstbewusste Leena ausgetobt und mit ach und krach die Schule beendet und freut sich auf die bevorstehende Hochzeit. In den USA angekommen, wird Anil damit konfrontiert, dass nichts so ist wie er es sich vorgestellt hat. Er lebt sich aber langsam ein und versucht das erste schwere Jahr am Krankenhaus zu überleben und sich eine Zukunft aufzubauen. In Indien sieht sich Leena, die mit ihrem lieblosen Ehemann in sein Elternhaus zieht, Anfeindungen, Demütigungen und körperlichen Übergriffen ausgesetzt. Die Geschichte spannt einen Bogen über mehrere Jahre in denen der Leser immer wieder zwischen Indien und den USA hin und herpendelt. Bindeglied sind die Schiedsversammlungen, deren Vorsitz Anil, so wie es Brauch ist, nach dem Tod des Vaters übernommen hat. Zwei Lebenswege, die nicht unterschiedlicher sein können…

Die Autorin, deren Eltern aus Indien ausgewandert sind, ist in Kanada geboren, aufgewachsen und lebt mittlerweile mit ihrer Familie in Kalifornien. Sie kennt beide Kulturen. Gerade deshalb hätte ich mir an der einen oder anderen Stelle einen differenzierten Blick gewünscht und weniger Klischees und Stereotypen. Die Idee hinter der Geschichte, diese verschiedenen Welten miteinander zu verbinden und zwei völlig unterschiedliche Lebenswege aufzuzeigen, hat mir gut gefallen. Die Umsetzung fand ich leider nicht so gelungen. Der Schwerpunkt liegt auf Anils Ausbildung zum Arzt und sein innerer Konflikt seine Familie und keine der beiden Kulturen zu enttäuschen, da das Buch den Titel Der Goldene Sohn, trägt, ist das nicht weiter verwunderlich. Zum Ende hin verschiebt sich der Schwerpunkt nach Indien. Mich hat Leenas Geschichte, rund um die arrangierte Mitgiftheirat, Gesellschaft und Kultur Indiens viel mehr beschäftig, hier hätte ich mir durchaus einen höhreren Anteil (und eben weitblickender) gewünscht, dafür kann aber das Buch nichts. Der Schreibstil ist locker/leicht, dadurch liest sich der Roman sehr flüssig und die Autorin erzeugt durch die Orts- und Perspektivenwechsel und die vielen Themen, die sie abdeckt, durchaus Spannung. Die bildhafte Sprache regt das Kopfkino an, so dass ich während des Lesens immer das Gefühl hatte einen Film zu sehen.

Ein Unterhaltungsroman, der auch ernste Themen, wie unter anderem die verbotene arrangierte Mitgiftheirat in Indien, Rassismus in den USA, das soziale Ungleichgewicht in Indien an der Oberfläche ankrazt, leider zu klischeehaft und das harte Leben als angehender Mediziner näher betrachtet. Mir persönlich haben der Aufbau & die Schwerpunkte, die die Autorin gesetzt hat, nicht immer gut gefallen und unterm Strich waren es zu viele Themen, dadurch blieb den wirklich interessanten zu wenig Raum, aus meiner Sicht.