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m.curie

Bewertungen

Insgesamt 23 Bewertungen
Bewertung vom 07.11.2023
Die Erfindung des Lächelns
Hillenbrand, Tom

Die Erfindung des Lächelns


sehr gut

Im August 1911 ereignete sich ein dreistes Verbrechen - Diebe marschierten in den Louvre und stahlen La Jaconde, das Gemälde, das heute als Mona Lisa bekannt ist. Commissaire Lenoir soll den Fall aufklären.

Tom Hillenbrandt hat mit "Die Erfindung des Lächelns" einen sehr gut recherchierten, atmosphärischen Roman vorgelegt, der auch ein Kriminalroman ist. Er entführt darin seine Leserinnen und Leser ins Paris des beginnenden 20. Jahrhunderts und macht sie mit berühmten Persönlichkeiten wie Pablo Picasso oder Guillaume Apollinaire bekannt.

Die Aufklärungsarbeit der Polizei ist eingewoben in das Porträt einer geheimnisvollen Zeit und ungewöhnlicher Menschen. Der Roman ist auf eine ganz besondere Art fesselnd. Das mag an der überzeugenden Darstellung der Belle Epoque liegen, aber auch an der detaillierten Beschreibung der Charaktere.

"Die Erfindung des Lächelns" ist ein vielschichtiger Roman, der auf ruhige und dezente Weise spannend ist und viel mehr als ein Krimi.

Bewertung vom 09.05.2023
Das Bücherschiff des Monsieur Perdu (eBook, ePUB)
George, Nina

Das Bücherschiff des Monsieur Perdu (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Nachdem ich "Das Lavendelzimmer" begeistert verschlungen hatte, habe ich mich sehr auf "Das Bücherschiff des Monsieur Perdu" gefreut. Die ersten Seiten hatte ich etwas Mühe, Zugang zu finden, aber als mir dieser dann gewährt war, konnte ich das Buch kaum mehr aus der Hand legen.

Monsieur Perdu kehrt auf das Bücherschiff, seine "Pharmacie Littéraire", zurück und macht sich wieder auf den Weg nach Paris. Dabei begegnet er ganz unterschiedlichen Menschen, die seiner Dienste bedürfen.

Allen, die sich darauf einlassen können und wollen, erzählt Nina George eine zauberhafte Geschichte über Menschen und Bücher und wie wichtig sie füreinander sein können. Ihr Sprache ist wortgewaltig, poetisch, romantisch, manche würden es vielleicht sogar kitschig nennen. "Und winzige Blüten knospten rund um ihr Herz auf, winzig klein, ganz helle Sternchen, die zu Besuch gekommen waren." Besonders charakteristisch für ihren Erzählstil sind fantasievolle Wortkreationen und das Stilmittel der Personifikation: "Sie [die Liebe] hat sich nichts zu schulden kommen lassen." So zeichnet sie auch die Protagonisten liebevoll und detailreich, selbst Tiere kommen nicht zu kurz.

Der Plot ist durchaus realistisch, aber auch märchenhaft, ein Buch, das ein wohliges Gefühl hinterlässt, ätherisch und einfach großartig! Eine literarische Apotheke, Bücher als Medizin und ein Bücherapotheker, der sie mit untrüglichem Instinkt anwendet - was für eine wunderbare Vorstellung!

Bewertung vom 17.10.2022
Blanche Monet und das Leuchten der Seerosen / Ikonen ihrer Zeit Bd.7
Paulin, Claire

Blanche Monet und das Leuchten der Seerosen / Ikonen ihrer Zeit Bd.7


sehr gut

Wer kennt ihn nicht, Claude Monet und seinen Seerosenteich? Blanche Monet, ebenfalls eine begnadete Malerin und gleichzeitig seine Schwiegertochter, dürfte hingegen eher unbekannt sein. Ihre Geschichte erzählt Claire Paulin in "Blanche Monet und das Leuchten der Seerosen".

Blanche Hoschedé wächst zusammen mit ihren Geschwistern bei ihrer verwitweten Mutter auf. Da das Geld immer knapp ist, kommen sie bei Claude Monet unter. Blanche ist schon als Elfjährige begeistert von seinen Bildern und wünscht sich sehnlichst, von ihm gemalt zu werden. Er ermuntert sie, selbst zum Pinsel zu greifen und erkennt schnell ihr Talent.

Die Autorin verwebt Fakten und Fiktion zu einer lesenswerten Biographie Blanche Monets und gibt auch Einblicke in das Leben ihres berühmten Schwiegervaters, der später auch ihr Stiefvater wird. Sie beschreibt die Charaktere liebevoll und detailreich. Mit ihrem flüssigen, leichten Erzählstil zieht sie die Leser*innen sehr schnell in ihren Bann. Es macht einfach Spaß, an Blanches Leben teilzuhaben, auch wenn sie manchen Widrigkeiten begegnet.

Leseempfehlung für alle, die sich für Geschichten von starken, leider oft zu unrecht unbekannten Frauen interessieren!

Bewertung vom 17.10.2022
Zwischen Brüdern (eBook, ePUB)
Böhm, Wolfgang

Zwischen Brüdern (eBook, ePUB)


sehr gut

In "Zwischen Brüdern" erzählt Wolfgang Böhm die Geschichte der zwei ungleichen Brüder Viktor und Hans. Viktor, der ältere der beiden kommt aus dem Ersten Weltkrieg nach Wien zurück, wohin es beide verschlagen hat und wo Hans davon träumt, Künstler zu werden. Er lebt sein Leben mit Leichtigkeit und gerät immer wieder in Schwierigkeiten - meist finanzieller Art -, aus denen ihm Viktor unermüdlich und selbstlos heraus hilft.

In seinem atmosphärischen Roman hat der Autor die 20er und 30er Jahre des 20. Jahrhunderts wunderbar eingefangen. Bilderreich beschreibt er die Menschen, Kaffeehäuser und das Leben in der österreichischen Metropole, die sich vom Krieg erholt und ein Eldorado für Künstler und Lebenskünstler wie Hans ist.

Böhm beschreibt seine Charaktere detail- und facettenreich. Die Handlung ist an manchen Stellen etwas langatmig, nichtsdestotrotz macht es Spaß, ins Wien des frühen 20. Jahrhunderts einzutauchen.

Bewertung vom 17.10.2022
Kerl aus Koks
Brandner, Michael

Kerl aus Koks


sehr gut

Ich kenne Michael Brandner natürlich von diversen Filmen. Dass er aus dem Ruhrgebiet nach Bayern kam, war mir unbekannt. Das hat mich neugierig gemacht, auf das Buch - habe ich doch den umgekehrten Weg hinter mir, allerdings als Erwachsene.

Brandner erzählt von Paul, einem sympathischen Jungen, der in Bayern, in Pöttmes, geboren wird und von dort von seiner Mutter nach Dortmund geholt wird. Dort lernt er Helmut kennen, der zukünftig und sein Leben lang sein Vater sein wird. Wir begleiten Paul bis zu seiner Karriere als Schauspieler und erfahren von seiner Freiheitsliebe und von seinen Liebschaften.

Der Roman hat autobiographische Züge. Ich frage mich die ganze Zeit, was Brandner wirklich selbst erlebt hat und was er nur erfindet. Die Antwort werde ich wohl leider nie erfahren.

Kerl aus Koks ist mitreißend geschrieben und ein richtiger Pageturner. Ich stelle mir vor, dass Brandner viel von sich erzählt und freue mich, das Leben eines sehr sympathischen Schauspielers kennenzulernen.

Bewertung vom 14.06.2022
Das Zeitalter der Unschärfe (eBook, ePUB)
Hürter, Tobias

Das Zeitalter der Unschärfe (eBook, ePUB)


sehr gut

Wer kennt sie nicht, Albert Einstein, Marie Curie, Niels Bohr, usw., Pioniere einer Wissenschaft, die Anfang des 20. Jahrhunderts noch in den Kinderschuhen steckt und sehr viel zu erforschen und entdecken bietet. All diese Wissenschaftler und deren Forschung beschreibt Tobias Hürter in seinem Roman - und die Verbindungen, die sie zueinander haben, ihre Diskussionen und unterschiedlichen Meinungen.

Als Physikerin werde ich beim Lesen sehr schnell an mein Studium erinnert und freue mich, dass diese faszinierende Welt und insbesondere ihre Akteure auch einem breiten Publikum vorgestellt werden. Vielleicht liegt es aber genau an diesem Hintergrund und Vorwissen, dass ich das Buch an manchen Stellen etwas langatmig finde. Trotzdem habe ich es mit Begeisterung gelesen und kann es jedem empfehlen, der gerne mehr über eine große Zeit der Naturwissenschaften und ihre bekannten Größen, die uns bis heute begleiten und dies sicher noch lange tun werden, erfahren möchte.

Bewertung vom 24.08.2021
Das schräge Haus
Bohne, Susanne

Das schräge Haus


sehr gut

Ella verbringt ihre Sommer in einer Ruhrpott-Schrebergartensiedlung bei Mina, die gut und gerne sechzig ist – also ziemlich alt, wie Ella findet. Mina kann die inneren Häuser der Menschen sehen, das von Ella ist klein, blau mit ein bisschen rosa, weiß und grün – und sehr windschief, sagt Mina. An einem Sonntag im Juni 1986, als Ella acht Jahre ist, wird ihr Haus noch schräger – ein Tag, der sie nicht wieder loslassen wird.

Auch Ella versucht, die Häuser zu sehen, doch so sehr sie sich bemüht und so genau sie auch hinschaut, sie kann es selbst 26 Jahre später noch nicht. Also stellt sie sich diese vor. In Herrn Holdschicks steht nur ein großer Ohrensessel, doch setzt er sich nie. Herr Oebing lebt in seinem zusammen mit Frau Traurigkeit. Und auch die anderen Patienten ihrer psychologischen Praxis sind Bewohner von ähnlich sonderbaren, aber trotzdem ansprechenden Häusern.

Die Autorin lässt Ella in einer sehr stimmigen, stellenweise fast schon kindlichen Sprache – beinahe so als wäre sie immer noch acht Jahre alt – von schrulligen Charakteren und schrägen Beziehungen erzählen.

Ein Roman, der die Leserin immer wieder schmunzeln lässt und zeigt, dass man mit seinen Fehlern und seltsamen Begegnungen nicht alleine ist. Gerade die Unzulänglichkeiten und Schwächen jedes Einzelnen sind es, die ihn liebenswert und zu etwas ganz Besonderem machen – und das Leben schön.

Bewertung vom 24.08.2021
Miss Maxwells kurioses Zeitarchiv / Die Chroniken von St. Mary's Bd.1 (eBook, ePUB)
Taylor, Jodi

Miss Maxwells kurioses Zeitarchiv / Die Chroniken von St. Mary's Bd.1 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Jeder weiß, Zeitreisen sind nicht möglich. Aber wäre es nicht toll, wenn doch? Wenn man ins Alte Ägypten reisen und mal schauen könnte wie die Pyramiden gebaut werden? Oder das Viktorianische England hautnah erleben? Genau solch ein Job wird der Archäologin Madeleine „Max“ Maxwell beim St. Mary's Institut angeboten.

Vor der Untersuchung „großer historischer Ereignisse im zeitgenössischen Umfeld“ steht allerdings eine harte Ausbildung, die nur die Besten bestehen. Dabei kommt Max ihre nerdige, unkonventionelle und pragmatische Art zugute.

Schließlich ist es so weit, sie startet gemeinsam mit ihrem Partner zur ersten großen Mission. Die wichtigsten Regeln für Zeitreisen – überlegen und auf keinen Fall in Geschehnisse eingreifen! - werden zur echten Herausforderung, denn von nun an läuft alles schief und nichts ist mehr so wie es war. Menschen tauchen auf, die so gar nicht indie Zeit passen und nichts Gutes im Schilde führen. Dann überschlagen sich die Ereignisse. Aber Max will nicht klein beigeben, sie mobilisiert alle verbliebenen Kräfte und setzt zum Gegenschlag an.

Jodi Taylor gelingt es, den fiktiven Stoff in einer Mischung aus Humor, Abenteuer und Romantik in nüchterner, lakonischer Sprache sehr realistisch zu erzählen. Fast möchte man glauben, dass sich doch alles genau so zutragen könnte – und freut sich auf eine Fortsetzung. Ein Roman mit Suchtcharakter!

Bewertung vom 24.08.2021
Die Einsamkeit der Seevögel
Gabrielsen, Gøhril

Die Einsamkeit der Seevögel


sehr gut

Mitten im Winter reist eine Wissenschaftlerin allein nach Finnmark, dem äußersten Zipfel Norwegens, um die Auswirkungen der Klimaveränderungen auf die Zugvögel zu beobachten – und vor ihrem bisherigen Leben zu fliehen.

Die Autorin wuchs selbst in Finnmark auf. Sehr genau und anschaulich lässt sie die Ich-Erzählerin die Umstände dort beschreiben. Fast hat der Leser das Gefühl, die vorherrschende Kälte, Ruhe und Einsamkeit zu spüren; eine Einsamkeit die die Protagonistin mit meteorologischen Beobachtungen und ihren Gedanken füllt. Da sie ihre gescheiterte Ehe mit S. und ihre Tochter Lina, die sie bei ihm, dem Vater, zurückgelassen hat; Jo, ihr Geliebter, der sich um seine Tochter kümmert, anstatt ihr am Ende der Welt zur Seite zu stehen. Da sind aber auch Olaf, Borghild und ihre sechs Kinder, die im 19. Jahrhundert in der Gegend gelebt haben, wie sie aus einer heimatgeschichtlichen Broschüre weiß.

Die harten Bedingungen und die Einsamkeit fordern ihren Tribut. Immer mehr zeigen sich die Auswirkungen des Alleinseins. Bilder aus der Vergangenheit werden lebendig und verschwimmen mit der Gegenwart. Was ist Traum oder Einbildung? Was ist Wirklichkeit? Der Schluss ist überraschend und lässt den Leser zunächst ratlos, vielleicht auch enttäuscht, zurück. Letztendlich erscheint er logisch und einzig passend.

Das Buch ist mit 174 Seiten eher dünn, dafür aber sehr inhaltsstark – auch und besonders zwischen den Zeilen. Wenn man sich darauf einlässt, kann man sich über viel Raum und Anregung für die eigene Phantasie und Interpretation freuen.

Bewertung vom 23.08.2021
Junge mit schwarzem Hahn
vor Schulte, Stefanie

Junge mit schwarzem Hahn


ausgezeichnet

Mit "Der Junge mit schwarzem Hahn" ist Stefanie vor Schulte ein ganz besonderes Büchlein gelungen. Der Titel liest sich wie der Name eines Gemäldes, dazu passend zeigt das Cover Picassos "Junge mit Pfeife".
Die Autorin erzählt die Geschichte von Martin, einem ungewöhnlichen elfjährigen Jungen. Zu einer Zeit als die Menschen noch relativ unzivilisiert waren, lebt er alleine mit seinem einzigen Freund, einem schwarzen Hahn, in einem Dorf. Als ein Maler dort auftaucht und wieder weiterzieht, nutzt er die Gelegenheit, mit ihm zu gehen.
Martin ist ein sehr empfindsamer, intelligenter Junge mit einem völlig unverdorbenem Charakter, fast als wäre jegliche Begegnung mit bösen Menschen - und davon gab es zu der Zeit viele - spurlos an ihm vorübergegangen. Er hat sich seine Menschlichkeit und Empathie bewahrt, egal was ihm widerfuhr. Sein erklärtes Ziel ist es, die Kinder zu finden, die im ganzen Land von einem Ritter entführt wurden und diese vor ihrem Schicksal zu bewahren.
Stefanie vor Schulte schafft eine düstere Atmosphäre, die die Leser unweigerlich in die damalige Zeit versetzt. Sie stellt die Dorfbewohner als sehr einfältig dar - ganz so wie man sich das im Mittelalter vorstellt. All dies bildet einen großen Gegensatz und trotzdem - oder gerade deshalb - den perfekten Rahmen für Martins Menschlichkeit und Güte, die er sich auch in einer finsteren Zeit bewahrt hat. Sein Beispiel lässt einen an das Gute im Menschen glauben.
Inhaltlich ist die Geschichte durchaus schwere Kost, trotzdem ist sie leicht zu lesen und entwickelt eine Sogwirkung, die einen das Buch kaum aus der Hand legen lässt. Ein sehr gelungenes Debüt!