Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
natimaus
Wohnort: 
Solingen

Bewertungen

Insgesamt 14 Bewertungen
12
Bewertung vom 09.05.2023
Kathmandu & ich
Jähnel, Sven

Kathmandu & ich


sehr gut

Nepal, ja oder nein?
Erik ist seit vier Jahren in Jule verliebt, die mit Tine, Alex, Theo und Flo zu seinem Freundeskreis gehört. Doch Jule ist bereits vergeben. Weil Jule ständig von Nepal schwärmt, versucht Erik auf einer Party seinen Freunden Nepal als Reiseziel schmackhaft zu machen. Ausgerechnet Erik, der zurückhaltende, immer sorgenvolle, etwas tollpatschige junge Mann, der nicht gerne etwas Neues ausprobiert. Tatsächlich findet diese Urlaubsreise statt - mit Jule als Single. Locker, flockig werden die Reise und die Beziehungen der Freunde einmal aus Eriks Perspektive dargestellt, einmal beschreibt Jule ihre Beobachtungen und Gefühle. Es wird ein Kopfkino gestartet, das sehr anschaulich und eindringlich sowohl ein Bild von Nepal als auch von den Geschehnissen der Urlaubsreise zeichnet. Witzig und spannend werden Eriks tollpatschige Flucht vor einem Nashorn geschildert und jede Menge herrlicher Selbstironie steckt in Eriks Erinnerungen an seinen beherzten Sprung ins Dornengebüsch. Die Eindrücke der Wanderung sind sehr plastisch und überzeugten mich, Nepal nicht als Reiseziel zu wählen.
Erik erscheint als prägnantester Charakter der sechs Freunde, der auf dieser Reise eine große Entwicklung durchläuft und letztendlich zu der Erkenntnis kommt: "Das bestätigte mich (...), einfach mal an sich zu glauben und etwas Neues zu starten." (S.76) Die übrigen Charaktere und auch die Liebesgeschichte bleiben leider blass bis sehr blass. Aber dennoch ein lesenswertes Buch.

Bewertung vom 25.02.2023
Das Haus an der Herengracht / Die Magie der kleinen Dinge Bd.2
Burton, Jessie

Das Haus an der Herengracht / Die Magie der kleinen Dinge Bd.2


ausgezeichnet

Eine Familie mit vielen Geheimnissen

Thea ist gerade 18 geworden und lebt in Amsterdam in dem auf dem Cover als Puppenhaus dargestellten Haus. Die Kleidung der Miniaturen verweist auf das 18. Jh, das sogenannte Goldene Zeitalter in den Niederlanden. Amsterdam strotzte aufgrund der Geschicke vieler Kaufleute vor Reichtum. Auch Theas Familie ist einmal reich gewesen, versucht aber nun verzweifelt den Schein zu wahren und verkauft deshalb nach und nach alle wertvollen Gegenstände des Hauses. Eines der vielen Geheimnisse der Familie.
Thea hat ein Geheimnis: sie ist unsterblich verliebt in Walter und gedenkt ihn zu heiraten. Sehr zum Leidwesen ihrer Tante Nella ist sie ein sehr freiheitlich denkendes Mädchen - manchmal hatte ich den Eindruck, sie stecke immer noch in der Pubertät. Nella führt auch ein Leben voller Geheimnisse - was ist in ihrer Jugend in ihrem Elternhaus vorgefallen, warum ist sie so früh Witwe geworden? Sie setzt alles daran, Thea reich zu verheiraten, um die Armut von der Familie abzuwenden und um Thea Sicherheit zu bieten. Und nicht zuletzt Otto, Theas Vater: warum redet er nicht über Theas verstorbene Mutter, obwohl er weiß, dass Thea sich nichts sehnlicher wünscht.
Alle Geheimnisse werden nach und nach gelüftet, aber nicht ohne neue Geheimnisse und Fragen zu präsentieren. Hieraus resultiert die große Spannung des Romans, denn kaum atmet man auf, weil eine Gefahr umschifft wurde, taucht schon die nächste auf. Nebenbei erfährt man einiges über das sogenannte Goldene Zeitalter, über Lebensweise und Wertevorstellungen der Menschen, die sich u.a. in den angehäuften Kostbarkeiten und Gemälden äußert.
Ich fand das Buch sehr spannend und habe es sehr gerne gelesen, auch wenn mir manchmal die Geheimniskrämerei zu viel wurde, sodass ich gut verstehen konnte, warum Thea aus diesem Leben ausbrechen will.

Bewertung vom 07.02.2023
Verschwiegen / Mörderisches Island Bd.1
Ægisdóttir, Eva Björg

Verschwiegen / Mörderisches Island Bd.1


ausgezeichnet

Gänsehaut
Im beschaulichen isländischen Akranes geschieht ein Mord: ein junges Pärchen entdeckt bei einem Stelldichein am alten Leuchtturm eine Frauenleiche auf den Felsen. Bei den Untersuchungen stellt sich heraus, dass die junge Frau als Kind in Akranes gelebt hat und ihr Leben lang ein Geheimnis mit sich herumgetragen hat. Aber sie ist nicht die einzige, deren Leben von einem Geheimnis überschattet wird. Da sind noch Magnea , verheiratet mit Bjarni, Sohn von Hendrik und Ása. Auch Hendrik und Ása leben mit Unausgesprochenem, nicht zu reden von Tómas, Bruder von Hendrik, und Ásdís. Selbst Eiríkur, der Ehemann der Ermordeten, ist nicht frei von Leichen im Keller. Auf diese Weise gerät jede der beteiligten Personen sehr glaubwürdig in den Fokus der Polizei und macht sich auch in den Augen der Leser äußerst verdächtig.
Die Handlung spielt auf zwei Zeitebenen, einmal in Akranes in den späten 80er Jahren bis 1992 und in der Gegenwart. Die Vergangenheit wird durch die Augen eines Mädchens gesehen und beschreibt zwei bestimmte Aspekte seiner Kindheit.
Langsam, aber sicher kommt man den Geheimnissen der Beteiligten auf die Spur. Es werden keine Gräueltaten im Detail erzählt, aber die steten Andeutungen, deren Interpretation den Lesern überlassen bleibt, erzeugen Überraschungsmomente und Gänsehaut.
Der Schreibstil ist flüssig und lässt sich - bis auf die isländischen Namen - gut lesen. Die Charaktere sind sehr unterschiedlich und durchaus zweideutig angelegt. Aber sie sind authentisch, auch wenn man bei einigen Reaktionen und Entscheidungen den Kopf schüttelt - sie entsprechen durchaus der Realität.
"Verschwiegen" ist ein Buch, das nach einem bedächtigen Anfang, der aber bereits die ersten Spannungsmomente beinhaltet, langsam an Fahrt aufnimmt und bis zum Schluss so viele Drehungen und Wendungen enthält, dass die Leser immer wieder auf die falsche Fährte gelockt werden. Man möchte es schließlich nicht mehr aus der Hand legen, bevor man nicht alles weiß.

Bewertung vom 14.01.2023
Die letzte Party / Ffion Morgan Bd.1
Mackintosh, Clare

Die letzte Party / Ffion Morgan Bd.1


sehr gut

Wer ist nicht verdächtig?
Fiktiver Ort der Handlung ist Cwm Coed, ein kleiner Ort, der am malerischen, einsamen walisisch-englischen See Llyn Drych gelegen ist. Dort hat zum großen Ärger der Dorfbewohner ein englisches Investorteam ein Luxus-Lodge-Resort errichtet. Um die Dorfbewohner zu besänftigen, werden sie Silvester zu einer fantastischen Party eingeladen. Als sich Neujahr alle zum traditionellen Neujahrsschwimmen am See treffen, stellt man entsetzt fest, dass eine Leiche im See treibt, Rhys Lloyd, einer der Bauherren. DC Ffion Morgan, eine Dorfbewohnerin, übernimmt zusammen mit dem englischen DC Leo Brady die Ermittlungen. Keine leichte Aufgabe! Von den vielen negativ eingestellten Dorfbewohnern hat fast jeder ein Motiv für den Mord, einschließlich Ffion.
Ffion und Leo bilden ein starkes, sympathisches Team. Sehr gegensätzlich in ihren Persönlichkeiten und mit realistischen menschlichen Schwächen ausgestattet, vermögen sie es, sich gegenseitig sowohl beruflich als auch menschlich den Rücken zu stärken.
In jedem der 65 Kapitel werden die Ereignisse abwechselnd aus den Augen einiger Dorfbewohner, der Lodge-Besitzer und des Ermittlerteams beleuchtet. Nach und nach treten Konflikte, Spannungen und Geheimnisse zu Tage, die niemand vermutet hätte. Somit hat fast jeder ein Mordmotiv. Das Aufdecken von dunklen Geheimnissen zieht sich bis zur letzten Seite durch den Krimi, verblüfft und macht es schwer, das Buch aus der Hand zu legen.

Bewertung vom 08.01.2023
The Things we left unsaid. Unsere Herzen auf dem Spiel
Ahrnstedt, Simona

The Things we left unsaid. Unsere Herzen auf dem Spiel


schlecht

Schade!

Nicht nur Herz, Schmerz, sondern auch Spannung habe ich aufgrund des Klappentextes und der Leseprobe erwartet. Kate Ekberg, selfmade woman und toughe Nachtclubbesitzerin, verliebt sich in den introvertierten Bankmanager Jacob Grim. Die Liebesbeziehung der beiden wird geprägt durch ihre dunkle, geheimnisvolle Vergangenheit und von Kate ist bekannt, dass sie aufgrund ihrer Vergangenheit erpresst wird. Beide Charaktere wirken in ihrer Anlage und Entwicklung ziemlich unglaubwürdig und stereotyp. Ihre Beziehung spielt sich hauptsächlich im Bett ab. Die erwartete Romantik bleibt aus. Als Jacobs Geheimnis endlich gelüftet wird, konnte ich keine Empathie für ihn aufbringen. Es war auch nicht spannend, die ganzen Andeutungen zu verfolgen und zusammenzusetzen bis zur endgültigen Auflösung. Die Erpressung Kates wird ebenfalls in immer deutlicheren Häppchen dargestellt, aber die Spannung, die eigentlich entstehen sollte, löst sich ziemlich schnell in Luft auf. Auf 450 Seiten wird in epischer Breite über Dinge geschrieben, die auf 150 Seiten hätten zusammengefasst werden können., sodass ich mich immer wieder auf Neue motivieren musste, weiterzulesen.

Bewertung vom 14.12.2022
Die dunklen Sommer
Beverly-Whittemore, Miranda

Die dunklen Sommer


ausgezeichnet

Taten und ihre Folgen
Saskia verliert im Alter von 13 Jahren ihren vierjährigen Bruder Will. Der Vater sitzt danach lebenslänglich im Gefängnis ein, die Mutter zieht nach Mexiko und Saskia verbleibt bei ihrer Großmutter, die sie alsbald zu dem Bekannten Philipp und Sohn Xavier schickt. Eines Tages zieht Philipp mit Xavier und Saskia nach Maine zu einer Sekte, deren Anführer der charismatische Abraham ist. Die immer noch trauernde Saskia findet in dem Camp mit dem ironischen Namen "Zuhause" Freunde und fühlt sich dort schließlich ausgesprochen wohl, obwohl nicht alle Bewohner das sind, was sie vorgeben zu sein. Das bedürfnislose, "entdingte" Sektenleben wird eingehend dargestellt (teilweise zu eingehend und langatmig), sowie die Folgsamkeit, Kritiklosigkeit und Manipulierbarkeit der Mitglieder. Die Kommune gerät eines Tages in Gefahr und um sie zu retten, treffen die fünf jugendlichen Freunde eine Entscheidung, deren Auswirkungen die Fünf noch jahrzehntelang verfolgen.
Im Buch werden immer Vergangenheit und Gegenwart in einzelnen Kapiteln einander gegenüber gestellt, immer aus Saskias Sicht. Man erfährt viel von Saskias Vergangenheit, ihrer unstillbaren Sehnsucht nach ihrem verstorbenen Bruder und ihren Schuldgefühlen, die sie letztendlich dazu getrieben haben, sich als Erwachsene im Haus ihrer Großmutter einzuigeln und den Kontakt zur Außenwelt zu verweigern.
Durch das gesamte Buch zieht sich die Frage nach dem Tod des Bruders, dem Geheimnis, das die fünf Freunde hüten und einer Prophezeiung, die Abraham einst gemacht hat. Häppchenweise erhält man Andeutungen (und nicht mehr als das) und wird auf falsche Fährten gelenkt, sodass bis zum Schluss alles rätselhaft bleibt und dann der große Keulenschlag erfolgt.
Das Buch ist zeitweise etwas langatmig, trotz der immer wieder kommenden Spannung aufbauenden Elemente.

Bewertung vom 15.11.2022
Die Tochter der Hungergräfin
Spratte, Annette

Die Tochter der Hungergräfin


ausgezeichnet

BZwei Frauen sind die Protagonistinnen in diesem Buch, das gegen Ende des 30jährigen Kriegs spielt: die verwitwete Gräfin Louise Juliane von Sayn und Wittgenstein und ihre Tochter Ernestine.
Nachdem ihr Sohn, Erbgraf Ludwig, als kleines Kind gestorben ist, kämpft die Gräfin um ihre Grafschaft, die Familien- und Kirchenangehörige ihr und ihren Töchtern streitig machen wollen. Frauen hatten damals eben absolut nichts zu sagen.
Der Kampf der Gräfin wird aus der Sicht der zu Beginn 11jährigen Ernestine beschrieben. Ernestine bewundert z.T. ihre kampfeslustige Mutter, reibt sich aber auch an ihr und ihrer Härte, weil sie viele Reaktionen und Entscheidungen nicht versteht. Die Gräfin glaubt immer an ihren Sieg und bereitet Ernestine gewissenhaft und teilweise auch unnachgiebig auf ihre ungewisse Zeit als Regentin der Grafschaft vor. Die etwas rebellische und aufmüpfige Ernestine durchläuft eine harte Zeit mit Belagerung, Hunger, Flucht und zwei abgesagten Ehen.
Die Biografie ist in Romanform geschrieben, aber stattet das Leben der beiden Frauen mit sehr vielen geschichtlichen Informationen aus, die jedem sehr lebendig das unsägliche Leid der Bevölkerung im 30jährigen Krieg vor Augen führen, aber auch das Ränkespiel, das um Macht und Reichtum im Gange war. Annette Spratte versteht es geschichtliche Fakten so in den Handlungsgang einzubauen, dass die Spannung selten abreißt und man bis zum Schluss mit den Protagonistinnen mitfiebert und mitweint.
Geschichte und Biografie in gelungener Symbiose.

Bewertung vom 14.11.2022
Agent Sonja
Macintyre, Ben

Agent Sonja


sehr gut

Was für ein Leben
Ursula Kuczynski, so Agent Sonjas bürgerlicher Name, kam schon mit 16 Jahren mit dem Kommunismus in Berührung und er ließ sie Zeit ihres Lebens nie wieder los, egal, was auch passierte. Ihr Lebensweg führte von Berlin nach Shanghai, in die Mandschurei, in das Ausbildungslager "Sperling" in der Sowjetunion, nach Polen, in die Schweiz, nach Groß Britannien und schließlich in die DDR. Ursula war eine geniale Spionin, die es schaffte, überall ein Agentennetzwerk aufzubauen, ohne ihre Tarnung zu verlieren, obwohl sie von verschiedenen Geheimdiensten observiert wurde. Ihr Leben als Top-Spionin, Ehefrau und mehrfache Mutter nötigte mir, bei allem Vorbehalt für den "Beruf" Spionin Respekt ab. Für Ursula war Spionage wie eine Droge, erst im Angesicht der Gefahr lebte sie richtig auf und war stets glücklich, Moskau helfen zu können.
Ben Macintyre hat eine unglaubliche Recherchearbeit geleistet, um "Agent Sonja" schreiben zu können und er schafft es, die verschiedenen Quellen so in das Buch zu integrieren, dass sie absolut nicht störend, sondern eher wie Teile eines Dialogs oder einer Lebensabfolge wirken. Er beschreibt die Charaktere sehr präzise, scheut nicht vor Wertungen zurück ("Agnes stolzierte wie ein Gockel aus dem Raum ... " , S.103) und spart auch nicht an Kritik an Ursulas fanatischem Glauben an den Kommunismus und die Sowjetunion. Ganz Brite würzt er etliche Stellen mit typisch britischem schwarzem Humor, die dem Buch ein bisschen seine Ernsthaftigkeit nehmen, aber nie seinen Dokumentationscharakter ( "... ein Bürokrat mit dem Ideenreichtum eines Omeletts." S. 335).
Das Buch erfordert viel Konzentration beim Lesen, wenn man kein Kenner der kommunistischen Szene ist. Es beinhaltet unwahrscheinliche viele Informationen über den Kommunismus in aller Welt, was es manchmal etwas langatmig macht. Es taucht eine Flut von verwirrenden chinesischen, polnischen und russischen Namen und Abkürzungen auf, die genauso schnell wieder verschwinden wie sie aufgetaucht sind, um dann 50 Seiten später wieder in Erscheinung zu treten. Hier wäre ein Glossar sehr hilfreich gewesen.
Fazit: Äußerst lesenswert, besonders wenn man sich für den Kommunismus interessiert.

Bewertung vom 30.10.2022
Lügen über meine Mutter
Dröscher, Daniela

Lügen über meine Mutter


sehr gut

Ela beschreibt das Schicksal ihrer Mutter bzw. ihrer Eltern aus zwei unterschiedlichen Perspektiven. Einmal erzählt Ela sehr anschaulich, wie sie als Kind im Alter von 6 - 10 Jahren das Leben ihrer Mutter/ihrer Eltern erfahren hat. Zum anderen reflektiert sie als erwachsene Tochter und Autorin, was in der Ehe ihrer Eltern falsch gelaufen ist.
Aufgewachsen in einem kleinen Dorf im Hunsrück muss Ela tagtäglich mitansehen/~hören, wie ihre Mutter von vielen Menschen angefeindet wird. Allen voran der Vater, der seine Frau ständig zu dick findet und sich nicht scheut, dieses seiner Frau bereits beim Frühstück vorzuhalten. ... und die Mutter schweigt. Die im selben Haus wohnende Schwiegermutter sowie etliche Dorfbewohner begegnen ihr mit Misstrauen und Abneigung, weil die Mutter eine Aussiedlerin aus Schlesien ist. Ihr übergroßes Herz, in das sie ihre Kinder und das vernachlässigte Nachbarskind Jessy einschließt, wird von niemandem als solches wahrgenommen, sondern als Fehler ausgelegt. Der Vater führt sich als regelrechter Patriarch auf, der sich in alle Belange seiner Ehefrau einmischt, ihr Vorschriften macht, sie demütigt und nur seine Meinung gelten lässt. Dennoch lässt die Mutter an manchen Stellen nicht mit sich reden und beweist Stärke und auch eine gewisse Raffinesse, überfordert sich jedoch dabei maßlos.
Der Roman zeigt Familienstrukturen der 80er Jahre und beweist, wie gefangen Vater und Mutter in diesen Familienstrukturen/dieser Ehe waren. Man war den Konventionen der Zeit ausgesetzt, dem Gerede der Leute und es war schwer bis fast unmöglich, ein Individuum zu sein und ein selbst bestimmtes Leben zu führen.
Manchmal ist mir das Lesen schwer gefallen, weil mir der Vater von Seite zu Seite unsympathischer wurde und ich auch die Opferhaltung der Mutter nicht akzeptieren konnte. In meinen Augen viel zu spät beginnt sich die Mutter zur Wehr zu setzen.
Warum sind Frauen so überaus duldsam?

Bewertung vom 27.10.2022
Herzschuss / Kreuthner und Wallner Bd.10
Föhr, Andreas

Herzschuss / Kreuthner und Wallner Bd.10


ausgezeichnet

Ernst, ironisch, humorvoll, spannendWie schon das Cover vermuten lässt, spielt der Krimi in Bayern. Ein Abgeordneter des bayrischen Landtags ist auf einer abseits gelegenen Hotelbaustelle ermordet worden. Die Aufklärung des Falles obliegt Clemens Wallner, Chef der Kripo Miesbach. Wallner ist zwar ein korrekter, gesetzestreuer Beamter, ein "Paragrafenfuchser eben", besitzt jedoch genügend Lockerheit, um es mit Leo Kreuthner aufzunehmen. Kreuthner ist ein mit allen Wassern gewaschener Polizeihauptmeister, der nie um eine Ausrede oder einen Ausweg verlegen ist, da er dankbar von seinen kleinkriminellen Freunden lernt. Hier liegt schon jede Menge Konfliktpotential bereit, aber es wäre kein bayrischer Krimi, wenn nicht alles mit liebenswerter Ironie und viel Augenzwinkern erzählt würde, sodass alle Charaktere sympathisch rüberkommen. Die Mordaufklärung wird temporeich in Angriff genommen und mal bitterernst, mal mit Schmunzeln betrieben. Die vielen Drehungen und Wendungen im Plot sorgen dafür, dass der Mörder fast bis zum Schluss unentdeckt bleibt und somit ständig Spannung herrscht.
Ein pures Lesevergnügen!

12