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Benutzername: 
Frauke

Bewertungen

Insgesamt 4 Bewertungen
Bewertung vom 21.01.2023
Als die Welt zerbrach
Boyne, John

Als die Welt zerbrach


ausgezeichnet

Der Roman "Als die Welt zerbrach" ist der Nachfolger des Buches "Der Junge im gestreiften Pyjama", das ich nicht gelesen hatte. Das neue Buch lässt sich aber problemlos unabhängig vom ersten lesen. Es hat mich so gefesselt, dass ich die mehr als 400 Seiten in zwei Tagen verschlungen habe. Dies liegt sicherlich auch an den fesselnden Schreibstil von John Boyne.

Das Buch ist in drei Abschnitte aufgeteilt, in denen die Zeitebenen von Kapitel zu Kapitel von der Gegenwart 2022 in verschiedene frühere Jahre wechselt. Die Protagonistin Gretel ist die Tochter eines KZ-Kommandanten. Sie entkommt 1946 unter falschen Namen mit ihrer Mutter nach Paris. Im ersten Abschnitt nehmen wir an Gretels Erlebnissen 1946 in Paris und 2022 in London teil. Im zweiten Abschnitt wechseln die Erlebnisse zwischen 1952 in Sydney und 2022 in London. Der dritte Abschnitt beschreibt ihre Erlebnisse in London in den Jahren 1953 und 2022.

Das ganze Buch durchzieht die Frage, ob die zwölfjährige Tochter eines KZ-Kommandanten mitschuldig am Holocaust ist. Ich halte es für zu hoch gegriffen, einem zwölfjährigen Kind eine solche Schuld zuzuweisen. Zusätzlich ist Gretel zugute zu halten, dass sie - zumindest seit 1946 - keinerlei Sympathie für die Nazis zeigt. Gleichwohl ist die Frage berechtigt, welche Verantwortung Gretel für die Vergangenheit trägt. Sie hat nach dem Kriegsende unter verschiedenen falschen Namen gelebt und ihre Vergangenheit verleugnet. Sie hat sich nie den Behörden gestellt. Sie hätte mit ihrem Wissen helfen können, die KZ-Verbrecher zur Rechenschaft zu ziehen und dadurch das Leid der Hinterbliebenen mindern können.

Der Roman von John Boyne sorgt dafür, dass der Holocaust auch 80 Jahre danach nicht in Vergessenheit gerät. Das Buch ist gut geschrieben und der flüssige Schreibstil macht das Lesen zu einem Vergnügen. Ich finde "Als die Welt zerbrach" absolut lesenswert und kann das Buch wärmstens weiterempfehlen.

Bewertung vom 17.11.2022
Das Leuchten der Rentiere
Laestadius, Ann-Helén

Das Leuchten der Rentiere


ausgezeichnet

Auch in Europa gibt es ein indigenes Volk, dessen traditionelle Lebensweise stark gefährdet ist - im Norden Skandinaviens leben die Samen. In ihrem Stammesgebiet wohnen inzwischen aber viele zugezogene Schweden, die die traditionelle Lebensweise missachten und die Samen z. T. anfeinden. Der Roman "Das Leuchten der Rentiere" ist nicht nur eine Kriminalgeschichte, sondern auch eine eindrucksvolle Einführung in diese mir bisher recht unbekannte Kultur.

Das Buch beginnt im Jahr 2008, als die neunjährige Elsa sieht, wie ein Wilderer ihr Rentierkalb brutal ermordet. Als der Wilderer bemerkt, dass er beobachtet wird, gibt er Elsa zu verstehen, sie zu ermorden, wenn sie ihn verraten würde. Ausgehend von diesem Ereignis wird der Leser in die Welt der Samen versetzt. Ann-Helén Laestadius schildert eindrucksvoll das mühevolle Leben von Elsa, ihrer Familie und der Nachbarfamilie. Lebensgrundlage der Samen ist die Rentierzucht. Unter den zugezogenen Schweden gibt es jedoch Wilderer, die die Rentiere töten. Besonders dreist und quälerisch ist der Wilderer, der Elsas Rentierkalb ermordet hatte. In den 10 Jahren bis 2018 werden mehr als 100 Rentiere, die Elsas Familie gehören, getötet und obwohl Elsas Vater alle Tötungen anzeigt, hat die Polizei wenig Interesse daran diese Fälle zu verfolgen. Sie stellt die Ermittlungen immer wieder ergebnislos ein. Elsa jedoch ist zwischenzeitlich zu einer starken Frau herangewachsen, die sich für die Interessen der Samen einsetzt...

Die Geschichte ist spannend geschrieben. Ich mochte das Buch gar nicht aus der Hand legen und kann den Roman wärmstens weiter empfehlen, weil er nicht nur spannend ist, sondern auch einen Einblick in die interessante Welt der Samen gibt.
Das Buch enthält zahlreiche Originalwörter aus der Sprache der Samen, die in einem Glossar am Ende des Buches erklärt werden. Zudem ist jedes Kapitel mit einem samischen Wort überschrieben, diese Wörter werden jedoch leider nicht erklärt. Das finde ich ein bisschen schade, denn ich hätte beispielsweise gerne gewusst, was Guoktelogiguhtta auf Deutsch heißt ;-)

Bewertung vom 25.07.2022
Das Haus der stummen Toten
Sten, Camilla

Das Haus der stummen Toten


sehr gut

Eleanor ist bei ihrer Großmutter Vivianne aufgewachsen, doch die beiden haben eine schwierige Beziehung. Nach Viviannes Ermordung erfährt Eleanor, dass ihre Großmutter ein Landhaus besaß, welches sie ihr gegenüber jedoch nie erwähnte. Hinzu kommt, dass Eleanor den vermeintlichen Mörder von Vivianne kurz nach der Tat zwar zu Gesicht bekam, diesen auf Grund ihrer Geschichtsblindheit jedoch nicht beschreiben oder identifizieren kann...

Der Schreibstil von Camila Sten hat mir sehr gut gefallen. Der Thriller lies sich einfach und flüssig lesen und Camilla Sten schafft es Spannung und eine dunkle und geheimnisvolle Atmosphäre zu erzeugen. Die Thematik der Gesichtsblindheit, die Geheimnisse um Eleanors Großmutter und das Landhaus "Solhöga" und auch die detaillierte Beschreibung von Eleanors Gedankenwelt, haben mich über das gesamte Buch hinweg gefesselt. Die Geschichte hat einige Wendungen und vieles bleibt lange im Dunkel, einen kleinen Teil habe ich jedoch leider bereits recht früh erahnt.

Insgesamt kann ich den Thriller in jedem Fall empfehlen.

Bewertung vom 12.04.2022
Ende in Sicht (MP3-Download)
von Rönne, Ronja

Ende in Sicht (MP3-Download)


sehr gut

Die Hörprobe zu "Ende in Sicht" hatte mich neugierig gemacht, denn das Buch behandelt die schwierigen und ernsten Themen Depression, Einsamkeit und Selbstmordgedanken auf eine leicht zugängliche Art, verpackt in einem Roman. Außerdem ist das Hörbuch ungekürzt und von der Autorin selbst gelesen, was mir persönlich gut gefällt und mich zusätzlich motiviert hat, diesen Roman zu hören.

"Ende in Sicht" erzählt die Geschichte von Juli (15 Jahre) und Hella (69 Jahre), die zufällig aufeinander treffen und sich auf der darauf folgenden Autofahrt kennenlernen. Sowohl Juli, als auch Hella fühlen sich bereits seit langer Zeit sehr einsam und empfinden ihr Leben ohne einen tieferen Sinn, weshalb beide den festen Entschluss haben, ihr Leben zu beenden. Nach außen wirken die beiden Protagonistinnen sehr distanziert und wollen gegenüber der Anderen anfangs nur wenig über sich selbst und ihre Leben preisgeben. Man taucht jedoch im Laufe des Romans immer wieder in die Gedankenwelt der beiden ein und lernt sie und ihre Geschichten darüber kennen...

Ich fand, dass sich das Hörbuch durch den leichten und häufig witzigen Schreibstil der Autorin gut hören ließ und man sehr schnell in die Geschichte eintauchen konnte. Manche der beschriebenen Situationen sind etwas übertrieben und unrealistisch, aber das hat mich in einem Roman dieser Art, der bewusst humorvoll geschrieben ist, nicht wirklich gestört. Bei der Beschreibung der Gedanken- und Gefühlswelt von Juli und Hella hätte ich mir jedoch, insbesondere aufgrund der behandelten Thematik Depression und Suizid, etwas mehr Tiefe gewünscht. Dies hätte die beiden Protagonistinnen noch etwas authentischer gemacht.