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Benutzername: 
Helga Hirsch
Wohnort: 
Würselen

Bewertungen

Bewertung vom 17.09.2023
Mein verdorbenes Blut oder Streuselkuchen nach schlesischer Art
Küter, Hubert C.

Mein verdorbenes Blut oder Streuselkuchen nach schlesischer Art


ausgezeichnet

Als ich am Ende des Buches angekommen war, musste ich laut seufzen. Ich konnte das Buch kaum auf Seite legen, so sehr hat mich diese Familiengeschichte gefesselt.
In einer Zeit, in der Juden verfolgt wurden, sie unerwünscht waren, ihnen alles genommen wurde, sie Qualen und Erniedrigung erleiden mussten, findet man sich bei einer jüdischen Mutter und ihrem halbjüdischen Sohn Horst, wieder. Schnell habe ich diese beiden ins Herz geschlossen, so auch alle Verwandten und Freunde.
Alle versuchen sie Normalität zu bewahren obwohl sie ahnen, wie schwierig die Lage für sie ist. Am Anfang ist der Wunsch groß, zu bleiben und durchzuhalten. Mutter und Sohn verlieren mit der Zeit alles, müssen mehrfach umziehen und immer wieder versuchen irgendwie zu überleben. Horst entpuppt sich als sehr kreativer Kopf und hält Familie und auch Freunde oftmals über Wasser. Seine Aktionen diesbezüglich sind spannend, teilweise lebensgefährlich, verleihen dem Leser aber auch immer wieder mal ein Lächeln. Sein gutes Herz verlieht er bei all den Aktionen nicht und manches mal plagt ihn sein Gewissen.
Am Ende verlassen sie Deutschland schweren Herzens, da – trotz Kriegsende – Juden weiterhin verfolgt und verachtet werden. Zudem sind die Chancen für Juden, die Deutschland verlassen und in die USA reisen, sehr viel größer um wieder ein neues Leben aufzubauen.

Erzählt wird die Geschichte aus Perspektive des Autors in denen Tagebucheinträge der Mutter mit einfließen. Eine sehr interessante Parallele der, teilweise sehr verschiedenen, Wahrnehmungen von Mutter und Sohn.
Interessant auch „mitzuerleben“ wie der Sohn die „Wandlung“ der Mutter in eine sehr mutige Frau, wahrnimmt und er Seiten an ihr entdeckt, die ihm neu sind.
Ausgiebige Lerninhalte, die dem Autor wichtig sind (Pilze, Ski fahren, Sauerkraut …) tauchen immer wieder auf und spielen dann in dem jeweiligen Kapitel eine große Rolle.
Diese Menschen haben es bis tief in mein Herz geschafft. Auch wenn es hier um eine dunkle Zeit geht, so erfreut man sich an engen Familienzusammenhalt, wundervolle Freundschaften und immer wieder dieses Quäntchen Glück. Das Buch überrascht seine LeserInnen immer wieder mit etwas Neuem, nicht Vorhersehbaren.
Ich würde mich sehr freuen, wenn dieses Buch es in die Hände eines Regisseurs / einer Regisseurin findet. Es wäre mir ein großes Vergnügen „Mein verdorbenes Blut“ auf der Großleinwand zu sehen.
Gerne würde ich auch den Autor interviewen um ihn zu fragen, ob er und Brigitte in USA zusammengefunden haben und wie es seiner Mutter und auch anderen, aus dem Buch bekannten, Personen dort ergangen ist. Hier gibt es auf jeden Fall Potential für einen zweiten Teil.
Dieses Buch ist meine absolute Leseempfehlung!