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yellowdog

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Insgesamt 2178 Bewertungen
Bewertung vom 15.11.2025
Strauß, Simon

In der Nähe


weniger gut

Der Untertitel lautet Vom politischen Wert einer ostdeutschen Sehnsucht.
Simon Strauß nähert sich mit diesem Sachbuch dem Thema Stimmung in Ostdeutschen Kleinstädten aus verschiedenen Blickwinkeln. Exemplarischen Beispiel ist Prenzlau.
Strauß stellt einen Kontext zur Vergangenheit her, indem er schreibt, wie zerbombt Prenzlau bei Kriegsende war und wie die Menschen unter der Rache der Russen leiden mussten.
Er spricht mit diversen Personen aus Prenzlau und porträtiert einige wichtige Persönlichkeiten der Stadt wie den Bürgermeister, die Pfarrerin, ein Landtagsabgeordneter der AfD und unter anderen auch einen Flüchtling. Aus diesen Perspektiven ergibt sich ein Bild des gesellschaftlichen Status der Stadt. Das ist in der Summe gut gemacht und das Buch hat viele gute Ansätze. Ob es wirklich eine abschließende Antwort ist, glaube ich nicht.
Fazit: Ein interessantes Buch!

Bewertung vom 11.11.2025
Nunez, Sigrid

Mitz, das Pinseläffchen (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Die Jahre mit Mitz

Eine hervorragende Romanbiografie über das Ehepaar Woolf, Leonard und Virginia. Es wird definierter Zeitabschnitt betrachtet, die Jahre die sie mit dem zutraulichen Pinseläffchen Mitz hatten.
Damit wird es nicht nur ein Buch über Literatur und ein Zeitporträt sondern auch eine Tiergeschichte, in der Tradtion von Virginia Woolfs Flush.

Sigrid Nunez hat schon Romane mit Hund und mit einem Papagei geschrieben. Aber Mitz ist schon 1998 entstanden und daher ein Grundpfeiler von Nunez grandioser Literatur.
Sigrid Nunez folgt Virginia Woolfs Bücher in der Zeit der Dreissiger Jahre, z.B, Flush, Die Jahre, 3 Guineen, Roger Fry.

Ich bin sehr froh, dass dieses Buch wiederveröffentlicht wurde, denn es ist eine Freude, es zu lesen.

Bewertung vom 30.10.2025
Filiu, Jean-Pierre

Ein Historiker in Gaza


sehr gut

Dieses Buch zeigt etwas, was lange nicht möglich war. Einen unabhängigen Blick in den Gaza und den Zuständen da.
Historiker Jean-Pierre Filiu war für etwas über einen Monat im Gaza. Er gelangte durch Ärzte ohne Grenzen dahin.
Das Buch ist keine Anklageschrift gegen Israel, aber neutral ist es auch nicht, denn der Autor sieht die Verheerungen und schlimmen Zustände deutlich. Und er stellt vieles auch in Zusammenhänge mit der Vergangenheit.
Er benennt auch klar die grausamen Taten der Hamas gegen die palästinische Bevölkerung.
Obwohl man sich bewusst ist, dass der Gazakrieg eine Katastrophe ist, sind viele Details doch erschreckend. Es ist ein schonungsloses Buch.

Bewertung vom 26.10.2025
Vego, Kristin

Spät am Tag


ausgezeichnet

Der Nebel der Erinnerung steigt auf

Mit Kristin Vego und ihren ersten Roman kommt ein neues Literaturtalent aus Norwegen in deutscher Übersetzung. Sie schreibt mit eienr Ruhe, die sich auf den Leser überträgt und geht in die emotionalen Tiefen bei der beschreibung einer Liebe.
Johanne, die Icherzählerin schreibt über ihre Zeit mit Mikael und seiner kleinen Tochter Maren sowie Mikaels Exfrau Sofia, die noch sehr präsent und besitzergreifend ist.
Diese Beziehung wird sehr ruhig, aber genau erzählt, und auch wie sich die bestimmte Konstellation auswirkt. Johanne spürt den Veränderungen nach und im zweiten Teil des Buches werden sie über einen Verlauf von mehreren Jahren gezeigt. Die Zeit wirkt fließend.

Spät am Tag ist ein gelungener Debütroman, der mir sehr gut gefallen hat.
Von Kristin Vego soll es auch noch ein bisher unübersetztes Erzählungsband geben. Da kann man nur auf baldige Übersetzung in Deutsch hoffen.

Bewertung vom 25.10.2025
Krasznahorkai, László

Im Wahn der Anderen


sehr gut

Dieser Band des neuen Literaturnobelpreisträger aus Ungarn enthält drei Erzählungen. Die erste und die dritte sind Kollaborationen mit dem deutschen Maler Max Neumann, der Zeichnungen beisteuerte, die den Schriftsteller zum Text Inspirieren. Sehr künstlerisch, aber schwierig fassbar. Vermutlich eher Krasznahorkai für Fortgeschrittene.

Die aus meiner Sicht einzige erzählerische Geschichte ist die mittlere, in der ein Bibliothekar mit dem Namen Eltville durch Manhattan flaniert und Gedanken zur Literatur reflektiert, neben Hermann Melville auch Malcolm Lowrey.
Dieses Flanieren durch New York und dabei Nachzudenken hat eine literarische Tradition und es funktioniert auch hier, wobei Krasznahorkai die Form der Litanei wählt.

Bewertung vom 25.10.2025
Illies, Florian

Wenn die Sonne untergeht


sehr gut

Es gibt schon viele wissenschaftliche Bücher über Thomas Mann und seine Familie. Florian Illies geht anders vor. Er schreibt ein populäres, gut les- bzw. hörbares Buch über einen bestimmten Abschnitt, dem Beginn der Exilzeit der Familie Mann. Die einzelnen Familienmitglieder wirken dabei gleichrangig. Und Florian Illies setzt dabei in erster Linie auf die Gefühlslage der Beteiligten und hebt sich dadurch von der Masse an Büchern aus dem Thomas Mann-Jahr ab.
Das Hörbuch wird von Stephan Schad gesprochen und er macht das mehr als ordentlich.

Bewertung vom 23.10.2025
Reul, Herbert;Mendlewitsch, Doris

Sicherheit


gut

Der Weg des Herbert Reul

Es ist ein kurzes, aber sehr konzentriertes Buch, indem NRW-Innensicherheitsminister Herbert Reul seinen konsequenten Weg beschreibt. Man merkt auf jeder Seite, dass er voll und ganz zu seinem harten Weg steht. Für den Leser ist das manchmal auch irritierend, obwohl niemand die Wichtigkeit und Bedeutung des Themas in Frage stellt.
Der Text ist nicht literarisch verpackt, Reul steht mehr für direkte Worte und das Buch ist für ihn Mittel zum Zweck.

Bewertung vom 22.10.2025
Kurkow, Andrej

Samson und das Galizische Bad


sehr gut

Samson, das dritte Buch
Nach ersten beiden großartigen Romanen hier nun der dritte teil der Reihe und Samson hat sich als sympathsiche und originelle Figur noch nicht aufgebraucht. Nadjeschdas Rolle ist diesmal leider etwas kleiner. Samson schankt manchmal durch eine gewisse Naivität, wobei er ja auch noch jung ist und klugen Vorgehen.
Andrey Kurkjows Rountine und Geschick ist es zu verdanken, dass auch Dank der guten beschreibungenn und Dialoge wieder ein interessanter Plot entsteht. Und er schafft ein Gespür für den Ort Kiew und die Zeit, die Zwanziger Jahre. Das sollte auch einen vierten Teil, wenn er denn kommt, tragen.

Bewertung vom 18.10.2025
Tidhar, Lavie

Adama


ausgezeichnet

Vielschichtiger Roman mit Tiefgang

Der Roman beginnt zwar ganz kurz in Miami, 2009, aber dann wird die Geschichte Israels erzählt.
Im zweiten Kapitel ist man 1989 in einem Kibbuz.
Das Buch wird interessanterweise überwiegend rückwärts erzählt. So erschließen sich manche Zusammenhänge erst, nachdem man mehr über die Vergangenheit erfährt. In der Mitte wird aber auch mal zeitlich vor oder zurück gesprungen.

Zum angänglichen Plot: Ein Mann in einem Kibbuz wurde tot aufgefunden. Es sieht aus wie Selbstmord, aber Lior, ein guter Freund glaubt nicht daran und forscht nach. Es beginnt verhalten, aber man spürt sofort die Angespanntheit der Situation und dann dauert es auch nicht lange, bis es reichlich Action gibt . Man ist sofort gefesselt.
Cohen, die wichtigste Figur aus dem Vorgängerroman Maror taucht auch ganz kurz auf. Mit den Kapiteln wechseln auch die Figuren, manche tauchen immer wieder auf. Dadurch wird es noch vielschichtiger.
Die wichtigste Protagonistin ist sicherlich Ruth, die auch dne größten zeitlich Ablauf dabei ist.
Obwohl der Roman große Komplexität aufweist, lässt er sich zugänglich lesen. Es ist mehr als ein Thriller, wie es auf dem Cover steht. Gesellschaftsrelevantes wird herausgearbeitet. Doch Lavie Tidhars tougher Stil stammt aus der Thriller-Tradition.

Bewertung vom 17.10.2025
Schwabe, Marina

Rift


sehr gut

Dieser Debütroman ist ein literarisches Roadmovie durch die USA.
Ein Geschwisterpaar aus Deutschland machen hier ihre letzte gemeinsame Reise, denn Janko ist schwer krank und wird sterben.
Auch dieses Motiv der Reise mit einem Sterbenden ist ein wichtiges in der Literatur.
Von New York über viele Staaten bis nach Kalifonieren geht es.
Marina Schwabe schafft es, die Emotionen des Lesers zu erreichen, da stets aus Zusannas Perspektive berichtet wird und diese ist besorgt wie reflektierend.