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Benutzername: 
ZiskaLuraf
Wohnort: 
Darmstadt

Bewertungen

Bewertung vom 20.03.2017
Wir schaffen es nicht
Schneidt, Katja

Wir schaffen es nicht


schlecht

Die Autorin hat zweifelsohne gewisse Erfahrung in der Arbeit mit Geflüchteten. Dementsprechend bietet das Buch einen Einblick in typische Anekdoten, wie sie auch mir aus der Geflüchtetenarbeit wohlbekannt sind. Themen wie der tägliche Kampf mit Bürokratie, übersteigerte Hoffnungen oder kulturelle Lernprozesse kommen zur Sprache - allerdings in sehr vereinfachter Weise und ohne größeres transkulturelles Einfühlungsvermögen. Stattdessen blitzt hier und da das Selbstdarstellungsinteresse der Autorin durch, wenn von der langjährigen Parteimitgliedschaft, dem scheinbar unermüdlichen Engagement etc. die Rede ist (aber solche Figuren kennt wahrscheinlich jede/r der/die ehrenamtlich tätig ist) Soweit, so erträglich... zum Problem wird dies spätestens dann, wenn man die Auswahl der Anekdoten betrachtet. Positivbeispiele fehlen weitgehend, stattdessen werden Klischees bedient und Verallgemeinerungen erzeugt: etwa wenn es um Wohnungssuche, Sprachkurse, Bildung oder Rolle und Agieren von Flüchtlingshelfern geht. Die nur anekdotische Evidenz wird hierbei zur allgemeinen Tatsache erhoben. Sowas geht nicht - außer freilich, wenn man nicht objektive Berichterstatterin, sondern lieber Demagogin sein möchte.
Tatsächlich lässt das Buch eine tiefgehende Auseinandersetzung mit Migrationspolitik vermissen, gaukelt aber eine ebensolche vor. Das wäre noch kein großes Problem, wenn es tatsächlich nur um alltägliche Erfahrungsberichte ginge. Aber die Autorin versucht als selbsternannte Expertin auch politische Lösungen zu entwickeln. Das aber geht nicht ohne belastbare Zahlen, Daten und Fakten. Diese werden nur äußerst spärlich geliefert. Es gibt eine ganze Reihe Studien der Bundesanstalt für Arbeit, die sehr genau differenzieren, wie es um das Bildungsniveau von Geflüchteten bestellt ist. Der Großteil der Menschen mit guter Bleibeperspektive aus Syrien, Irak und Iran haben zumindest eine Berufsausbildung; bei IranerInnen und SyrerInnen ist der Anteil an Hochschulabsolventen ebenfalls bemerkenswert. Darauf, wie auch auf Kriminalstatistiken von 2015 oder 2016 geht die Autorin nicht ein. Dadurch erhält das Buch eine propagandistische Dimension, die im Gewand des Wohlanständigen daherkommt. Die Autorin verleiht sich selbst eine Aura der Unangreifbarkeit, indem sie betont, SPD-Mitglied, Muslima und Flüchtlingshelferin in Personalunion zu sein. Wir wissen freilich seit Funny van Dannen: "Auch lesbische schwarze Behinderte können ätzend sein." Das gilt nun mal auch für sozialdemokratische muslimische Flüchtlingshelferinnen. Und wer das ganz genau wissen möchte, sei auf das FB-Profil der Autorin verwiesen, wo mit David Irving auch schon mal ein Holocaustleugner zitiert wird.
Auf der anekdotischen Ebene ist das Buch wenig hilfreich um einen soliden Einblick in den HelferInnenalltag zu vermitteln.
Auf der politischen Ebene dagegen sind die Positionen Wasser auf die Mühlen rechtspopulistischer Demagogen. Gegenüber organisierter kommunaler Flüchtlingshilfe ist das Machwerk hingegen entsolidarisierend, da keine konstruktive Kritik zustande kommt. Wem in diesem Bereich hingegen an einer aufrichtigen und glaubwürdigen Debatte gelegen ist, der findet beim Verein Veto von Raffael Sonnenschein, welcher kommunale Helferkreise vertritt einen sinnvolleren Rahmen.

4 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.