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Tylsa Pelle

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Bewertung vom 09.08.2015
Werft die Gläser an die Wand (eBook, ePUB)
Inozemtsev, Juliane

Werft die Gläser an die Wand (eBook, ePUB)


schlecht

Es ist immer interessant wie Vertreter anderer Nationen meine Kultur und Heimat sehen, also habe ich das Buch von Frau Inozemtsev, trotz des reißerischen Titels, mitgenommen.
Anscheinend haben Geschichten über multikulturelle Beziehungen in letzten Jahren Konjunktur. Ob es sich um amerikanisch-griechische, deutsch-türkische, russisch-armenische oder wie in diesem Fall: deutsch-russische handelt. Meistens werden sie ja mit witzigem Unterton erzählt, obwohl es im wirklichen Leben selten lustig-vergnügt zugeht, wenn Kulturen und Vorurteile aufeinander prallen.
Es gibt Figuren in der Literatur und Filmen, die keine guten Menschen sind, aber mit denen man trotzdem mitfühlt und sympathisiert. Bei der Hauptfigur dieses Werkes tut man es nicht. Man kann weder den Grund ihrer Liebe, noch vieler ihrer Taten nachvollziehen. Sie versucht als unabhängige Frau mit eigener Meinung und klischeehaften Weltbild einer Mitteleuropäerin aufzutreten, die genau weiß, was gut, richtig und unserer Zeit angepasst ist. Lässt sich aber immer umstimmen, verunsichern und von anderen leiten.
Die Sammlung von Erzählungen, die mehr oder weniger zusammenhängend sind, ist reichlich mit russischen Wörtern und Redewendungen gespickt, die in Transkription geschrieben wurden. Ein oder zwei Mal mag es angebracht sein, wenn überhaupt. In diesem Fall sind es eindeutig zu viele. Und zum Teil auch noch falsch oder nicht sinngemäß übersetzt.
Und natürlich genauso klischeehaft fühlt man sich als Deutsche in der ehemaligen Sowjetunion immer auch ein bisschen schuldig für den zweiten Weltkrieg, oder den Großen Vaterländischen Krieg, wie er in Russland genannt wird. So schuldig, dass man peinlich berührt ist wenn der eigene Sohn auf der Straße deutsch spricht. Schade, dass die Autorin nicht die Gelegenheit genutzt hat und die lange und wechselvolle Geschichte der Deutschen in Russland und auf der Krim erwähnt hat. Aber wahrscheinlich weiß sie davon nichts, genauso wie ihr Schwiegervater, der ja so geschichtsverliebt ist.
Mich wundert ja immer, dass Deutsche die in russische Familien eingeheiratet haben, auch nach Jahren Zusammenlebens und Austauschs so wenig über Russland und russische Mentalität wissen und verstehen. Die Autorin bzw. Hauptfigur des Buchs scheint bestes Beispiel dafür zu sein.
Aber was viel man von jemand erwarten, der behauptet, dass die „deutsche“ Milliarde der „russischen“ Billion entspricht. Also Frau Inozemtsev, beide, die „russische“ und die „deutsche“ Milliarde haben neun Nullen und die „Billion“ wird im Russischen gar nicht als Zahl benutzt.
Sadites, dwojka! –Setzen, sechs!