Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Christina Brunnenkamp
Wohnort: 
Brüssel

Bewertungen

Insgesamt 3 Bewertungen
Bewertung vom 02.02.2016
Tot ermittelt es sich schlecht / Digby Bd.1
Tromly, Stephanie

Tot ermittelt es sich schlecht / Digby Bd.1


sehr gut

Immer Vollgas

Das 16jährige Scheidungskind Zoe zieht mit Ihrer Mutter vom schicken New York in eine miefige Kleinstadt und muss von einer Privat- auf eine staatliche Schule wechseln. Das kann schon mal ein Kulturschock sein. Doch noch bevor sie sich großartig langweilen oder unter Einsamkeit leiden kann, hat sie das Glück, vom gleichaltrigen Hobbydetektiv Philip Digby zum Sidekick auserwählt zu werden.

Schlaumeier Digby ist allen, auch den Erwachsenen, die in diesem Buch nicht besonders gut wegkommen, immer um mindestens einen gedanklichen Schritt voraus und schafft es immer wieder, sich und seine Freunde aus dem Schlamassel, das er wohlgemerkt meist selbst verursacht, auch wieder zu befreien.

Selbst ist er ebenfalls Scheidungswaise, da die Ehe seiner Eltern nach dem Verschwinden seiner kleinen Schwester zerbrach. Beide sind Alkoholiker und mit sich selbst beschäftigt, so dass der wohlstandsverwahrloste Digby alle Zeit der Welt für seine Ermittlungen hat. Das Verschwinden von Marina, einem 16jährigen Mädchen, hat aus nachvollziehbaren Gründen seine Neugier geweckt und auf der Suche nach ihr lässt er auch noch nebenher einen Drogenboss hochgehen. Es passiert viel in diesem ersten Teil einer Reihe. Der Leser langweilt sich keine Sekunde und stolpert mit der recht unbedarften Ich-Erzählerin von einem Abenteuer ins andere. Die Dialoge sind witzige, flapsige Schlagabtausche in bester Detektivromantradition. Der ganze Roman ist sehr filmisch angelegt und eignet sich sicher bestens, um aus ihm eine Fernsehserie zu machen.

Wünschenswert für die folgende Teile wäre allerdings, dass sich Zoe emanzipiert und nicht mehr ganz so kuhäuig und unreflektiert hinter Digby her dackelt, sondern gleichberechtigte Partnerin in crime wird. Es ist ja gerne mal üblich, gerade in Detektivromanen, dass nur eine Figur Ideenfeuerwerke abfackelt, aber das wird doch schnell langweilig. Da dies ein Jugendbuch ist, das junge Leser mit kurzer Aufmerksamkeitsspanne ansprechen soll, fände ich es wichtig, dass die Action von mehreren Figuren ausgeht. Man darf gespannt sein.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.02.2016
Ich bin Princess X
Priest, Cherie

Ich bin Princess X


sehr gut

Beste Freundinnen für immer

Mit I am Princess X hat Cherie Priest einen fesselnden Thriller für "Thrillerleseanfänger" geschrieben, sozusagen Thriller light: Nicht blutig, trotzdem spannend. Die Aufmachung mit den eingefügten Comics bietet zudem eine willkommene Abwechslung fürs Auge.

Der Plot ist simpel und zu gleich verschachtelt, wie man es von Thrillern kennt. Zu Schulzeiten freunden sich Libby und May an und erfinden Princess X, die Heldin ihrer gemeinsamen Comics. Viele, viele Seiten füllen sie mit ihren Abenteuern. May denkt sich die Geschichten aus und Libby zeichnet. Dann kommt Libby bei einem tragischen Autounfall ums Leben und gehen all die Geschichten, die bei Libby zuhause lagerten verloren, weil ihr Vater Knall auf Fall Seattle verlässt und sein Haus räumen lässt. May sucht die Kisten voller Comics in allen Trödelläden und Antiquariaten der Stadt, doch ohne Erfolg. Durch familiäre Wirrungen verbringt sie erst drei Jahre später wieder mehr Zeit in Seattle und entdeckt eines Tages überall Princess-X-Aufkleber und nach kurzer Recherche auch eine Princess-X-Webseite, auf der auch Comics stehen, deren Heldinnen Libby und ihrer Mutter sehr ähnlich sehen, jedoch sind es May unbekannte Geschichten. Ihr Verdacht, dass Libby noch leben könnte, erhärtet sich und May geht zusammen mit dem nerdigen Nachbarsjungen Trick auf die Suche nach ihr. Im Null Komma nichts ist sie in eine spannende Verfolgungsjagd auf Leben und Tod verwickelt.

Mit dieser Geschichte gelingt Cherie Priest ein Kunststück. Erstens schreibt sie über eine Mädchenfreundschaft, die aber nicht unmittelbar Gegenstand der Geschichte ist. Zweitens sind die handelnden Personen zum Zeitpunkt des Haupthandlungsstrangs 16, aber es geht in keinem Moment um erste Verliebtheit. So gesehen ist es eine relativ erwachsene Geschichte. Andererseits lehnt sie sich an die klassische Abenteuergeschichte an, in der eine Gruppe Jugendlicher gemeinsam mehr oder weniger ohne die Hilfe Erwachsener ein Rätsel lösen. Ganz genregetreu bleibt auch diese Geschichte beim Leser nach dem Lesen nicht hängen, aber die Stunden der Lektüre sind doch wie im Flug vergangen.

Bewertung vom 02.02.2016
Vier Zimmer, Küche, Boot
Eisenhardt, Uta

Vier Zimmer, Küche, Boot


sehr gut

Hausboot? Nur für Mutige!

Obwohl ich schon einmal Urlaub auf einem Hausboot gemacht habe und der absolut grandios war, ist mir doch noch nie im Traum eingefallen, auf dem Wasser wohnen zu wollen. "Vier Zimmer, Küche, Boot" hat deshalb sofort mein Interesse geweckt. Wie kommt man überhaupt auf die Idee? Und wie schwierig ist die Umsetzung?

Um es kurz zu fassen: Sehr schwierig. Haus- und Wohnungsbesitzer machen sich kein Bild von dem, was Hausbootbesitzer alles auf sich nehmen müssen, um einfach nur wohnen zu dürfen. Uta Eisenhardt hat über ihre eigenen Erlebnisse als Hausbootkäuferin, -renoviererin und -bewohnerin ein hochinteressantes Buch geschrieben, das jeder lesen sollte, der sich mich dem Wunsch trägt, irgendwann einmal aufs Wasser zu ziehen. Ich möchte wetten, dass die meisten durch die Lektüre abgeschreckt werden. Wie es scheint, muss der ideale Hausbootbewohner zum einen gerne mit Ämter korrespondieren wollen oder doch zumindest können, zum anderen ein begnadeter Bastler sein.

Das einfachste auf dem steinigen Pfad zum Leben auf einem Hausboot, lernen wir, ist der Kauf des Hausboots. Er scheint sich vom Aufwand her mit dem Haus- oder Wohnungskauf vergleichen zu lassen, bzw. sogar einfacher zu sein und man muss eine viel kleinere Summe auf den Tisch legen. Dadurch darf man sich aber nicht täuschen lassen, denn das Leben auf dem Wasser ist letzten Endes sicher nicht billiger als das an Land.

Auch der Aus- oder Umbau eines Hausboots ist noch zu bewältigen, wenn man erst einmal fähige Handwerker gefunden hat, denn natürlich erfordert er ein recht spezielles Zusatzwissen über Möglichkeiten und Materialien. Hier kommt schon die erste Hürde für den Hausbootneuling: Ohne eigenes Vorwissen ist es unmöglich einzuschätzen, wie gut ein Handwerker ist. Führt ein Baufehler bei Haus oder Wohnung maximal zu einem ärgerlichen Schaden, kann Pfusch am Boot zur Folge haben, dass das komplette Hab und Gut in Flammen aufgeht oder versinkt. Hinzu kommt, dass viele Lösungen zum Beispiel zur Strom- und Wasserversorgung oder Beheizung nicht von der Stange kommen, sondern selbst gefunden und installiert werden müssen.

Hat man dann endlich ein bewohnbares Boot, wird es überhaupt erst so richtig schwierig. Denn mit einem Boot erwirbt man schließlich kein Grundstück wie beim Hauskauf und ist daher darauf angewiesen, dass man irgendwo liegen darf. Was die Eisenhardts hier durchmachen mussten und womöglich immer wieder durchmachen werden, spottet absolut jeder Beschreibung. Sie begegnen Widerstand von allen Seiten. Anwohner wollen nicht auf Hausboote gucken, Investoren sehen sie als wertmindernd und Ämter auf allen Ebenen denken sich immer wieder neue Schikanen aus, gerne auch nicht aufeinander abgestimmte. Auf den 195 schiffbaren Flusskilometern, die Berlin hat, gibt es so wenige Liegeplätze, dass es besonderer Ausdauer bedarf, einen zu finden und zu bemächtigen.

Wenn dann endlich das bewohnbare Boot an einem legalen Liegeplatz liegt, kehrt aber immer noch keine Ruhe ein. Es will versichert und unterhalten sein, und der Hausbootbewohner wird immer wieder mit Entscheidungen konfrontiert, über die sich die Landratte keine Gedanken zu machen braucht, wie beispielsweise: Wohin mit Abwasser und Abfall? Wie sichere ich mein Eigentum gegen Eindringlinge in meiner Anwesenheit und insbesondere in meiner Abwesenheit? Uta Eisenhardt lässt uns an all diesen Sorgen teilhaben und gewährt uns auch einen Einblick in die Gemeinschaft der Hausbootbewohner. Die speziellen Bedürfnisse, die man als Hausbootbesitzer mit einer relativ kleinen Gruppe teilt, scheinen auf eine ganz besondere Art zu verbinden.

Nach der Lektüre dieses gut lesbaren Buches muss ich sagen: Hut ab vor jedem, der es wagt. Ich segele sehr gerne, aber zum Wohnen gehe ich doch lieber wieder an Land.