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Benutzername: 
Magda
Wohnort: 
Köln

Bewertungen

Insgesamt 164 Bewertungen
Bewertung vom 21.07.2024
Fräulein Liebe und der Traum vom Leben / Die Rhein-Buchhandlung Bd.2
Esser, Susanne

Fräulein Liebe und der Traum vom Leben / Die Rhein-Buchhandlung Bd.2


ausgezeichnet

Es handelt sich um Band 2 der Rhein-Buchhandlung-Reihe um Eva Liebe. In Band 1 schlägt sich die 18-jährige Eva gegen Ende des Zweiten Weltkrieges aus dem zerbombten Berlin nach Andernach am Rhein durch, wo sie von ihrer Tante Maria aufgenommen wird.
Band 2 spielt zehn Jahre später, im Jahr 1955. Eva ist nunmehr gelernte Buchhändlerin und arbeitet in der Buchhandlung ihrer Tante. Seit vielen Jahren ist sie mit Georg Neumann zusammen. Evas gleichaltrige Freundinnen sind mittlerweile verheiratet und haben Kinder. Doch sowohl Eva als auch Georg zögern mit der Heirat.
Evas Bedenken können aus der Welt geschaffen werden, doch Georgs Problem scheint schier unüberwindbar. Er hat ein großes Geheimnis, von dem niemand wissen darf, und das er auch Eva in ihren zehn gemeinsamen Jahren nicht offenbart hatte. Als es doch ans Licht kommt, ist es so schwerwiegend, dass sich Eva gezwungen sieht, Georg zu verlassen.
Marias Mann August, von dem sie seit Kriegsende nichts mehr gehört hatte, kommt aus der Kriegsgefangenschaft nach Hause zurück und will die Buchhandlung ohne seine Nichte Eva weiterführen.
August erfährt, dass Maria mit einem anderen Mann zusammen, seine kleine Tochter Gisela im Krieg umgekommen ist, und seine Tochter Ilse die Schule abbrechen und Krankenschwester werden will.
Neben Eva und Georg ist mir Evas Cousine Ilse sehr ans Herz gewachsen. Sie trauert immer noch um ihre kleine Schwester und quält sich mit Schuldgefühlen.
Nachdem es für Eva zunächst so aussieht, als ob in ihrem Leben mittlerweile alles perfekt sei, passiert alles auf einmal: Sie trennt sich von Georg, und sie verliert ihre Arbeit in der Buchhandlung. Marias Glück mit Hans hat ein abruptes Ende, als ihr totgeglaubter Ehemann in der Tür steht.
Wie wunderbar, dass sich das Blatt doch noch für alle zum Guten wendet, auch wenn ich mit Georgs Vorgehensweise und der Lösung seines Problems nicht ganz einverstanden war.
August tat mir leid, die Jahre in der Kriegsgefangenschaft haben ihn zu dem Menschen gemacht haben, der er geworden ist.
Auch aufgrund der Krimielemente und der konstanten Spannung hat mir der Roman sehr gut gefallen, sogar noch besser als der Vorgängerband. Gerne würde ich das Schicksal der Andernacher weiterverfolgen.

Bewertung vom 15.07.2024
Mitternachtsschwimmer
Maguire, Roisin

Mitternachtsschwimmer


ausgezeichnet

Ein wunderschöner Roman über Liebe, Freundschaft, Familie, Verlust und die Bewältigung und Verarbeitung von Trauer.
Grace lebt zurückgezogen in Ballybrady, einem kleinen irischen Küstenort. Ihren Lebensunterhalt verdient sie mit der Vermietung eines Cottages und der Herstellung von Quilt Decken. Sie geht oft angeln und kehrt gelegentlich im örtlichen Pub ein. Ihre Nichte Abbie kommt regelmäßig zu Besuch, um mit Grace angeln zu gehen und ihr beim Online-Verkauf zu helfen.
Evans Frau Lorna braucht Abstand von ihm, er mietet Grace‘ Cottage, wo er eine Woche verbringen will. Seine und ihre Gedanken werden vom Verlust ihrer kleinen Tochter beherrscht. Statt miteinander zu reden, stürzen sie sich in Arbeit. Kurz vorm Burnout kommt Evan in Ballybrady an.
Lebensmittel kauft er im Dorfladen bei Becky ein, die ihm von dem Virus erzählt, das sich in der Welt ausbreitet. Aufgrund des Lockdowns bleibt ihm nichts anderes übrig, als seinen Aufenthalt am Meer zu verlängern. Im Dorfladen und im Pub, wo er drei Stunden täglich das Wlan nutzen darf, freundet er sich mit einigen Dorfbewohnern an.
Ich habe etwas gebraucht, um in das Buch reinzukommen. Die Geschichte nimmt meiner Meinung nach erst richtig Fahrt auf, als Luca ins Spiel kommt, Evans Sohn. Das Vater-Sohn-Verhältnis ist nicht gut, Luca hängt mehr an seiner Mutter und fühlt sich vom Vater nicht akzeptiert. Die ganze Familie quält sich mit Schuldgefühlen.
Grace gegenüber habe ich zwiespältige Gefühle. Ich mochte es nicht, dass sie nur so mit Schimpfwörtern und Flüchen um sich warf. Ihr Hund hat keinen Namen und wird von ihr bzw. der Autorin meist nur als „hässliche Töle“ bezeichnet. Andererseits liebt sie Tiere über alles, hilft einem verletzten Kormoran und hat auch den Hund aus einem Dachsbau befreit und gerettet. In ihrer Jugend hatte sie ein schlimmes Erlebnis, das sie geprägt hatte.
Teil 1 fand ich etwas langatmig, doch Teil 2 und 3 habe ich verschlungen. Abbie und Luka brachten Schwung in die Handlung, mit der Ankunft der beiden überstürzten sich die Ereignisse. Den ruhigen, melancholischen, atmosphärischen und tiefsinnigen Roman über Liebe und Verlust empfehle ich sehr gerne weiter.

Bewertung vom 15.07.2024
Die Jukebox meiner Mutter
Peter, Isolde

Die Jukebox meiner Mutter


sehr gut

Die Jukebox meiner Mutter ist an die Familiengeschichte der Autorin angelehnt, die Figuren und die Handlung sind jedoch frei erfunden.
Tosca ist Lehrbeauftragte an einer Berliner Universität. Als sie die Nachricht vom plötzlichen Tod ihrer Mutter bekommt, reist sie in ihre Heimat nach Bayern. Zeitgleich wird ihr Vater ins Krankenhaus eingeliefert und liegt im Koma.
Die Kapitel wechseln sich ab zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Toscas Mutter, Ella Novak, kam in den 1960er aus Polen in einen kleinen bayrischen Ort. Ihr Mann ist bald wieder nach Polen zurückgegangen, er ließ Ella mit den drei gemeinsamen Söhnen zurück.
Ella ließ sich nicht unterkriegen, sie pachtete eine Gastwirtschaft und wurde zur „polnischen Wirtin“. Ade Schierlinger, zehn Jahre jünger als Ella, verliebte sich auf den ersten Blick in sie und heiratete sie trotz großen Widerstand seitens seiner Familie. Ade und Ella bekamen eine Tochter, die sie Tosca nannten – wie Ella auf den Namen gekommen ist, ist umstritten. Die Ehe wurde nach fast zwanzig Jahren geschieden, was für Tosca nicht überraschend war. Sie fand schon immer, dass es keine anderen zwei Menschen gibt, die weniger gut zueinander passten als ihre Eltern.
Als Tosca gemeinsam mit ihrem neuen Freund Ron in dem bayrischen Ort ankommt, kehren sie in der Wirtschaft ein, die Ella früher gehört hatte. Seit einigen Jahren wird sie von Sepp, Ellas ältestem Sohn, geführt. Sepps Brüder Willy und Ted kommen auch zur großen Lagebesprechung. Viel zu erben gibt es nicht, Ellas Schmuck ist unauffindbar, einer ihrer Verflossenen behauptet, dass Ella für ihn einen Batzen Geld aufbewahrt habe. Das Wertvollste, sowohl in materieller als auch in ideeller Hinsicht, ist die Jukebox, mit der die Gäste jahrzehntelang in der Wirtschaft unterhalten wurden. In Toscas Fantasie haben sich die Eltern zu den Klängen aus der Jukebox verliebt.
So unterschiedlich Polen und Bayern sind, so unterschiedlich sind Ella Novak und Ade Schierlinger. Zwei Welten prallen aufeinander.
Bei den Gesprächen zwischen Tosca und ihren Brüdern habe ich mich köstlich amüsiert. Die drei Brüder sind sehr speziell und echte Bayern wie aus dem Bilderbuch. Ted, eigentlich Tadeusz, ist Musiker und hat seine neue blutjunge Freundin namens Sophia mitgebracht. Sophia versteht sich bestens mit Ellas Enkel Jan und dessen Freund Malik, die drei haben viel Spaß bei der Wohnungsauflösung, bei der Tosca beim Anblick von vielen Bildern, Kleidern und Haushaltsgegenständen in Erinnerungen an ihre Eltern und ihre Kindheit und Jugend schwelgt.
Ich fand Die Jukebox meiner Mutter sehr unterhaltsam, den Schreibstil angenehm, ich habe viel gelacht und mich gut amüsiert. Es ist ein kurzweiliger, teils komischer, teils tragikomischer Roman. Gerne empfehle ich das Buch weiter, nicht nur an Leser*Innen mit polnischen oder bayerischen Wurzeln.

Bewertung vom 15.07.2024
Bleib
Dieudonné, Adeline

Bleib


sehr gut

Ein Buch, das polarisiert. Eine Frau, die mehrere Tage mit der Leiche ihres Geliebten verbringt, diese wäscht, zärtlich berührt, im Auto mitnimmt.
Die Leser*Innen erfahren weder den Namen der Ich-Erzählerin noch den des toten Geliebten, sie ist S., er ist M. Der Roman besteht aus zwei langen Briefen, die S. an die Frau ihres Geliebten schreibt. Sie erzählt ihr aus ihrem Leben, von der Beziehung zu M., der Liebe ihres Lebens, aber auch von ihren früheren Beziehungen, auch von der fast erwachsenen Tochter, wenn auch nur am Rande.
Die alleinerziehende S. hat seit acht Jahren ein Verhältnis mit M. Sie hat sich damit abgefunden, dass sie sich selten sehen und freut sich auf die wenigen Wochenenden, die sie hin und wieder in einem Chalet in den französischen Alpen verbringen, das ihrem Ex-Mann gehört. M. kommt eines Morgens nicht von seinem morgendlichen Schwimmgang zurück, sie findet ihn tot im See. Statt die Polizei zu rufen oder jemanden zu informieren, holt sie ihn raus, wäscht ihn und schläft neben ihm. Am nächsten Tag fährt sie mit ihm im Auto zu einer Heilerin, die seltsame Rituale vollzieht.
Der Schreibstil hat mir gut gefallen. Obwohl ich S.‘ Verhalten seltsam, ja sogar paranoid fand, konnte ich doch nachvollziehen, dass sie es nicht geschafft hatte, sich von ihrem Geliebten zu trennen. Zu den wenigen anderen Männern in ihrem Leben hatte sie keine so intensive Beziehung wie zu M. Sie war glücklich als die heimliche Geliebte, da sie viel Zeit für sich selbst brauchte und gerne allein war.
Gerne hätte ich erfahren, wie die betrogene Ehefrau auf die Briefe reagiert, wusste sie von dem Verhältnis? Das Ende passte gut zur Geschichte. Eine außergewöhnliche Geschichte, die sicherlich nicht jedem gefällt. Für mich war sie etwas zu makaber, der Ton etwas deprimierend, doch aufgrund des sehr angenehmen Schreibstils und der außergewöhnlichen Geschichte vergebe ich 4 von 5 Punkten und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 10.07.2024
Sommerfarben in der Stadt der Liebe / Paris und die Liebe Bd.2
Martin, Lily

Sommerfarben in der Stadt der Liebe / Paris und die Liebe Bd.2


ausgezeichnet

Auch der zweite Roman aus Lily Martins Paris-Reihe konnte mich begeistern. Es war eine wunderschöne Reise nach Paris, bei der ich bekannten Figuren aus dem Quartier Latin wiederbegegnet bin.
Dieses wunderbare Zitat von Heinrich Heine ist dem Prolog vorangestellt:
„Wenn der liebe Gott sich im Himmel langweilt, dann öffnet er das Fenster und betrachtet die Boulevards von Paris.“
Während Marie seit einigen Wochen dabei ist, an ihrer Doktorarbeit zum Thema Monets Seerosen zu verzweifeln, verdient sie sich ihren Lebensunterhalt mit Führungen in der Orangerie, einem Museum im Jardin des Tuileries, wo sie den Besuchern geschichtliche Hintergründe und Fakten zu acht großflächigen Seerosen-Bildern von Claude Monet vermittelt. Ihr fällt auf, dass es zu den Frauen in Monets Leben und in seinen Bildern einiges zu sagen gibt und überlegt, ob sie das Thema ihrer Doktorarbeit nicht entsprechend anpasst.
Bei einer Führung lernt sie Jan kennen, einen Lehrer aus Aachen, der seine Klasse auf Klassenfahrt begleitet. Jan spricht fast perfekt Französisch, da er eine Zeitlang in Paris gelebt hatte.
Sowohl Marie als auch Jan sind frisch getrennt. Maries Ex-Freund Antoine ist mit seiner neuen Freundin nach New York gezogen, Marie trauert ihm sehr nach. Auch Jans Ex-Freundin hat eine neue Beziehung und lebt in Hamburg, auch er hat sich noch nicht ganz von seinem Liebeskummer erholt.
Bei einem Ausflug nach Giverny in das Haus, in dem Monet die meisten seiner Bilder gemalt hatte, funkt es zwischen Marie und Jan. Doch dann ist Antoine wieder da und will Marie zurück.
Was für eine schöne Liebesgeschichte! Ich habe sie teils gelesen und teils gehört, einfühlsam eingelesen von der wunderbaren Tanja Fornaro. Ich liebe den Schreibstil der Autorin, sie hat mich nach Paris entführt, wo ich mich sehr über das Wiedersehen mit Lola, Fabien, Madame Simenon, Rose Caron und nicht zuletzt dem Lebkuchenverkäufer Pierre gefreut habe. Auch in deren Leben hat sich im letzten Jahr einiges ereignet und gegen Ende des Buches feiern alle eine Hochzeit im Café Lola.
Die Liebesgeschichte von Marie und Jan kann man gut lesen, ohne den Vorgängerband „Sommertage im Quartier Latin“ zu kennen, ich empfehle jedoch, die Bücher nacheinander zu lesen, um zu erfahren, wie es den liebenswerten Charakteren aus Band 1 in der Zwischenzeit ergangen ist und wünsche euch von Herzen: Bon voyage à Paris!

Bewertung vom 06.07.2024
Die einsame Buchhändlerin von Tokio
Hanada, Nanako

Die einsame Buchhändlerin von Tokio


sehr gut

Nachdem mir „Frau Komachi empfiehlt ein Buch“ sehr gut gefallen hat, habe ich mich darauf gefreut, „Die einsame Buchhändlerin von Tokio“ zu lesen. In beiden Büchern geht es um eine Buchhändlerin bzw. Bibliothekarin, die Bücher empfiehlt. Der Unterschied ist, dass Frau Komachi in den einzelnen Geschichten nur am Rande auftaucht, während die Autorin Nanako im Mittelpunkt ihres Buches steht.
Nanako, Anfang 30, trennt sich von ihrem Mann, in der ersten Zeit nach der Trennung fühlt sie sich einsam und verloren. Sie hat keine Freunde und die Arbeit bei einer großen Buchhandlungskette macht ihr keinen Spaß. Da stößt sie auf die App ThirtyMinutes, keine gewöhnliche Dating-App, sondern eine App, um seinen Bekanntenkreis zu erweitern. Man meldet sich zu einem „Talk“ oder stellt selber einen ein mit Angabe von Ort und Zeitpunkt des Treffens.
Die ersten Männer, die sie kennenlernt, sind eher an einem One Night Stand als an einer neuen Bekanntschaft interessiert. Je mehr Menschen sie trifft, desto mehr Selbstvertrauen gewinnt sie. Bald wird das Empfehlen von Büchern zu ihrem Markenzeichen. Sie bekommt viele gute Rezensionen und steigt in die Top Ten des Rankings in der App auf.
Doch irgendwann reicht es ihr, sie hat viele interessante Menschen kennenlernt, gute und weniger gute Erfahrungen gemacht, sie löscht die App und konzentriert sich darauf, einen neuen Job in der Buchbranche zu finden.
Nanako empfiehlt fast ausschließlich japanische Literatur und nur wenige Werke ausländischer Autoren wie „Bonjour Tristesse“ von Françoise Sagan oder „Unterwegs“ von Jack Kerouac.
Der Großteil des Buches besteht aus den Verabredungen über ThirtyMinutes, die Begegnungen sind amüsant und unterhaltsam beschrieben. Der Einfluss, den Nanakos neue Bekanntschaften, auf ihr Leben und ihr Selbstvertrauen haben, ist bemerkenswert und sicherlich nachahmenswert für alle, die ihr Leben ereignisreicher und spannender gestalten wollen. Die Sprecherin Melanie Fouché hat eine angenehme Vorlesestimme, die ich gerne gehört habe. Der autofiktionale Roman hat mir gut gefallen und ich empfehle ihn gern weiter, vor allem an die, die sich für Japans Kultur und japanische Literatur interessieren.

Bewertung vom 04.07.2024
Gefährliches Komplott
Baldacci, David

Gefährliches Komplott


sehr gut

Gefährliches Komplott ist der erste Roman, den ich von dem Autor gelesen habe. Ein rasanter Actionthriller, bei dem die Spannungskurve allerdings recht flach verläuft.
Mickey Gibson arbeitet für ProEye, eine Firma, die verstecke Vermögenswerte digital aufspürt. Den Job macht sie, seit sie alleinerziehend ist, davor war sie Polizistin.
Als sie eines Morgens von einer ihr unbekannten Frau angerufen und beauftragt wird, eine Villa, die in der Nähe ihres Wohnorts liegt, auf ihren Wert hin zu begutachten, nimmt sie den Auftrag trotz komischen Bauchgefühls an.
In der Villa findet sie die Leiche eines Mannes. Sie ruft die Polizei, die sich über Gibsons Anwesenheit in der Villa sehr wundert. Zunächst einmal gilt sie als Verdächtige. Schon bald nimmt die Unbekannte wieder Kontakt zu ihr auf. Anfänglich ist Gibson sehr misstrauisch, doch bald hilft sie dabei, die Identität des ermordeten Mannes aufzudecken, wobei sie sowohl mit der Polizei als auch mit der mysteriösen Anruferin zusammenarbeitet.
Als die Vergangenheit des Toten bekannt wird, wird die Suche nach seinem Mörder durch die Suche nach den beträchtlichen Vermögenswerten ausgeweitet, die er versteckt hatte.
Es geht um Mafia-Aktivitäten, Wirtschaftskriminalität, Bitcoins, Prostitution, Pädophilie. Am Ende kommt es zum großen Finale wie in einem Actionfilm. Baldaccis Schreibstil mag ich sehr, er versteht es, subtil Spannung aufzubauen und schafft interessante Charaktere. Liebhaber*Innen actionreicher Thriller werden das Buch lieben.

Bewertung vom 02.07.2024
Man sieht sich
Karnick, Julia

Man sieht sich


ausgezeichnet

Der Roman spielt im Zeitraum von dreißig Jahren, von den 1990ern bis in die Gegenwart. Es geht um Frie und Robert, die sich seit ihrer gemeinsamen Schulzeit kennen und mögen. Es soll jedoch dreißig Jahre dauern, bis sie ein Liebespaar werden - Harry und Sally lassen grüßen :-;
Ende der 1980er in einer westdeutschen Kleinstadt: Robert ist in der Schule der Neue, Friederika kümmert sich um ihn, er wird Teil ihrer Clique. Er verliebt sich in sie, sie merkt es nicht. Nach dem Abitur geht Frie für ein Jahr nach Australien, Robert macht Zivildienst in Hamburg und versucht, Frie zu vergessen, was ihm auch gut gelingt. Als Frie ihn nach ihrem Auslandsaufenthalt wiedersieht, wäre sie an einer Beziehung interessiert, diesmal will Robert aber nicht.
Frie studiert Jura in Hamburg, Robert Musik in Dresden. Sie bekommt ein Kind, er führt ein Leben als Mitglied einer recht erfolgreichen Band.
Eine große Rolle in Roberts Leben spielt Herr Selk, ein pensionierter Generalmajor, den Robert als Zivildienstleistender kennengelernt hatte. Auch nach seinem Umzug nach Dresden besucht er Herrn Selk regemäßig in Hamburg. Die beiden freunden sich an und frönen gemeinsam Herrn Selks Leidenschaft, dem Roulette-Spiel, wobei Herrn Selks Spieleinsatz niemals mehr als zweihundert Euro beträgt.
Beim 30jährigen Abiturtreffen sehen Frie und Robert sich wieder.
„Wir verpassen immer den richtigen Zeitpunkt, sagte er. Wer weiß, sagte Frie, wenn wir fünfzig sind und alt und grau und immer noch beide allein, vielleicht ja dann.“
Eine Geschichte, wie das Leben sie schreibt. Robert mochte ich sehr, ich habe mich so für ihn gefreut, als seine Geldsorgen ein Ende hatten. Ein paar Längen gab es, einiges, insbesondere aus Fries Leben, war sehr ausführlich geschildert. Das Ende hat mir sehr gut gefallen, von mir eine Leseempfehlung vor allem für die, die eine nostalgische Reise in die 1990er und 2000er machen möchten. Hilfreich ist dabei die Tracklist hinten im Buch, die mich in meine Jugend versetzt hat.

Bewertung vom 01.07.2024
Lebensmitteallergie
Riedel, Susanne M.

Lebensmitteallergie


ausgezeichnet

Humorvolle Kurzgeschichten aus dem Leben einer Frau in der Mitte des Lebens
Die Autorin erzählt mit einem Augenzwinkern Anekdoten aus dem Leben einer Mutter von zwei Teenager-Söhnen.
„Die Zeit zwischen 99 Luftballons und Q10-Antifaltencreme ist irgendwie kürzer als erwartet. Zack, zieht unser großer Sohn aus und zack, ist der Kleine auch 1,90 Meter und hat sein Abi in der Tasche.“
Besonders gut haben mir die Geschichten gefallen, in denen es um Gespräche zwischen Mutter und Söhnen ging, einige sind noch aus der Zeit, als die Kinder noch klein waren. So im Religionsunterricht beim Thema Zehn Gebote, bei der zwei Gebote vermischt und zu „Du sollst deine Eltern nicht töten!“ werden.
Frau Riedel amüsiert sich über die alterstypische Schusseligkeit, als sie versucht, mit ihrer BVG-Karte zu bezahlen, um diese dann unauffällig gegen die EC-Karte auszutauschen „Komisch, jetzt geht’s plötzlich.“
Unvergessen die Sprüche aus unserer Jugend: Bis du heiratest, ist es wieder gut, Ein Indianer kennt keinen Schmerz, Übermut tut selten gut, Wer nicht hören will, muss fühlen.
Besonders laut gelacht habe ich bei der Beschreibung der Vorbereitung auf die Darmspiegelung, das Getränk, das man im Vorfeld trinken muss, beschreibt sie als „Flüssigwaschmittel, das nach einer Mischung aus Red Bull und Haribo Color-Rado schmeckt“, was den Geschmack meiner Meinung nach perfekt wiedergibt!
Die Unterschiede in der Kommunikation zwischen Jung und Alt sind Teil einer weiteren Geschichte. Wir haben noch telefoniert, die Jugendlichen von heute kommunizieren über WhatsApp.
Sehr schön finde ich die Idee, schöne Momente zu sammeln und aufzuschreiben.
Ich habe mich oft wiedererkannt und viel gelacht. Das Buch habe ich sehr gern gelesen und empfehle es gern vor allem an Frauen weiter, die wie die Autorin und ich in der Mitte des Lebens stehen.

Bewertung vom 28.06.2024
Gussie
Wortberg, Christoph

Gussie


ausgezeichnet

Das Cover und die Gesamtaufmachung des relativ schmalen Buches finde ich sehr gelungen. Auch der Inhalt konnte mich überzeugen.
Es geht um Auguste, die zweite Frau des ersten Bundeskanzlers der BRD, Konrad Adenauer. Gussie und Konrad heiraten 1919, Konrad Adenauer ist Witwer mit drei Kindern und fast zwanzig Jahre älter als Gussie. Er ist mit ihrem Vater Ferdinand Zinsser, Professor der Dermatologie, gut befreundet.
Um Konrad heiraten zu können, muss Gussie zum katholischen Glauben konvertieren, womit sie im Gegensatz zu ihrer Mutter und dem Pfarrer jedoch keinelei Probleme hat.
Gussie bekommt fünf Kinder, ihr Erstgeborener Ferdinand lebt nur wenige Tage, die Trauer um ihn begleitet sie ihr Leben lang.
Als Frau des Oberbürgermeisters von Köln übernimmt sie diverse Aufgaben, ist Bezirksvorsitzende des Katholischen Deutschen Frauenbunds, engagiert sich in der Katholischen Vereinigung für Kinder und Jugendliche und sitzt im geschäftsführenden Arbeitsausschuss des Frauenbeirats der Zentrumspartei.
1933: Nach der Machtübernahme der Nazis wird Adenauer seiner Ämter enthoben und von der Gestapo verhört. Rechtzeitig verlässt er Köln und zieht mit seiner Familie nach Rhöndorf.
Den Tag ihrer Silberhochzeit, im September 1944, verbringt Gussie im Gefängnis. Sie wird von der Gestapo verhört und soll den Aufenthaltsort ihres Mannes preisgeben, der nach einem gescheiterten Attentat auf Hitler untergetaucht ist. Als ihr gedroht wird, dass ihre Töchter verhaftet werden, wenn sie nicht kooperiert, verrät sie Konrads Versteck. Daraufhin wird sie inhaftiert. Voller Gewissensbisse versucht sie, sich in ihrer Zelle umzubringen.
Der Roman ist in Kapitel aufgeteilt, die abwechselnd 1948 spielen und in den Jahren ab 1915. Gussie liegt im Sterben und lässt ihr Leben Revue passieren. Am Anfang eines jeden Kapitels steht ein Zitat aus Gussies Briefen an ihren Vater oder seinen Briefen an sie. Der poetische Schreibstil gefällt mir sehr, er ist unheimlich berührend, einige Stellen haben mich zu Tränen gerührt. Es ist kein Liebesroman, die Beziehung zwischen Konrad und Gussie wird als eine Beziehung auf Augenhöhe beschrieben, die von gegenseitigem Respekt und Zuneigung geprägt war. Die Romanbiografie dieser bewundernswerten und klugen Frau hat mir sehr gut gefallen, und ich empfehle sie sehr gern weiter an Leser*Innen von historischen Romanen und Romanbiografien.