Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
cosima
Wohnort: 
Frankfurt

Bewertungen

Insgesamt 2 Bewertungen
Bewertung vom 23.06.2016
Der Tanz der Bienen
Krongold, Levi

Der Tanz der Bienen


ausgezeichnet

Ein Thriller mit einem Geheimnis!

Levi Krongold schreibt exzentrische Texte. Der neue Roman „Der Tanz der Bienen“ macht da keine Ausnahme, auch wenn er im Kleid eines Thrillers daherkommt. Vordergründig behandelt er einen mysteriösen Mord an einem Berliner Psychiatrieprofessor.

Ein Arzt schickt seinen schizophrenen Patienten zu seinem ehemaligen Lehranalytiker und Leiter der städtischen Psychiatrie. Dieser wird kurze Zeit später mit einem auf die Stirn eingebrannten Zeichen tot aufgefunden. Verdächtigt wird eben genau dieser Patient, ein Herr Maus, der flüchtig ist.
Das merkwürdige des Mordes ist das Brandmal, welches letztlich auf den Arzt selbst zurückgeht, ein Zeichen, das er einer Eingebung folgend entworfen und vergraben hat. Welchen Weg nahm das Zeichen von „Hirn“ des Arztes auf die „Stirn“ des Professors und warum geschah der Mord?
Dieser Frage geht Krongold nach, der gleichzeitig als Autor und als Arzt der Geschichte auftretend in Ichform schreibt.

Sich an verschiedenen Erzählfäden entlanghangelnd, die wie wirre Enden aus einem Garnknäuel herausragen, entwirft Krongold ein immer dichter geknüpftes Netz um Personen und Ereignisse und Erinnerungen, die letztlich in einer Katastrophe kosmischen Ausmaßes zu enden scheinen: dem vom schizophrenen Patienten Herrn Maus angesichts des Tanzes eines merkwürdigen Bienenschwarms prophezeiten Weltuntergang.

Die Story ist, wie bei Krongold typisch und schon in seinem vorherigen satirischen Science Fiction „Ribor Raskovnik“ erkennbar, im Stil bissig ironisch, provokant philosophisch bis absurd abgedreht. Einen Duktus, den er über 600 Seiten durchhält.

Allerdings enthält das Buch auch ein geheimes Leben und dieses wird erst am Ende der Lektüre angedeutet, im Nachwort.

Der Roman verbirgt eine okkulte Botschaft, eine kabbalistisch, mystische Anweisung für einen geheimen Initationsweg, auf den Krongold hinweist. So kann das Werk dann, ist man am Ende angelangt, nochmals mit ganz anderen Augen gelesen werden und enthüllt dann detaillierte Anweisungen, dem halluzinierten und auch prophezeiten Weltuntergang zu trotzen.

Alles in allem ein Buch, das man mit Konzentration lesen sollte, um den Überblick zu behalten. Die einzelnen Kapitel beginnen von ganz entfernen Punkten, so dass man sich Anfangs fragt, wie wird der Autor es schaffen, die aufgezeichneten Lebenswege zum Schluß zusammen zu bringen?
Er schafft es!
Und schließlich entdeckt man in dem Mosaik der Handlungen den Gesamtwurf des Werkes im fulminanten und aus meiner Sicht völlig unerwarteten Ende.
Die Charaktere der Figuren wirken sehr durchdacht. Insbesondere Herr Maus, der Verrückte, wurde mir im Laufe des Romans immer sympathischer. Krongold liebt es, die Außenseiter zu Helden zu machen und die Hauptfiguren auf menschliche Maße zurechtzustutzen. Auch wenn die Handlung recht fiktiv ist so könnte es doch genauso sein oder kommen.
Ein lesenswertes Werk, wenn man gerne dicke Romane mit in den Urlaub nehmen möchte.