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Benutzername: 
Anne
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 39 Bewertungen
Bewertung vom 29.10.2024
Tage mit Milena
Burseg, Katrin

Tage mit Milena


sehr gut

In Katrin Bursegs neuem Roman "Tage mit Milena" treffen zwei beeindruckende Frauen aufeinander und verändern unerwartet das Leben der anderen.

Da ist Annika, die gerade in die Wechseljahre kommt und ein gutbürgerliches Leben mit ihrem Mann in Lübeck führt. Sie hat eine Vergangenheit in der Hamburger Hausbesetzerszene in den 1980er Jahren, die sie scheinbar hinter sich gelassen hat. In der Altstadt betreibt sie das Schreibwarengeschäft ihres verstorbenen Schwiegervaters. Dort taucht zu Beginn des Romans die 17-jährige Luzie auf und kauft Sekundenkleber, mit dem sie sich später zum Klimaprotest auf die Straße vor dem Geschäft klebt. Als Mitglied der Letzten Generation setzt sie sich aus Überzeugung für eine klimagerechte Zukunft ein.

Aus dieser Zufallsbegegnung entsteht eine Bekanntschaft, die die beiden Frauen erst nach Hamburg und dann nach Venedig bringt. Diese Reise, die v.a. bei Annika auch innerlich stattfindet, bewegt viel. Die Autorin hat einen sehr bildlichen Schreibstil, der mitreißt und sich angenehm und leicht lesen lässt, sodass man richtig in die Geschichte hineingezogen wird. Außerdem hat mir gut gefallen, dass sie sich intensiv mit Klimaprotesten beschäftigt und so einen sehr aktuellen Bezug reinbringt.

Einige der Handlungswendepunkte wirkten auf mich leider etwas erzwungen. Sie kamen nicht richtig aus der Motivation der Charaktere heraus, sondern etwas zu impulsiv. Abgesehen davon ist der Roman gut strukturiert und zeichnet sich durch spannende Themen und interessante Charaktere aus.

Bewertung vom 15.09.2024
Die vorletzte Frau
Oskamp, Katja

Die vorletzte Frau


sehr gut

Eine Beziehung, die 19 Jahre dauert und in der die beiden Beteiligten einen Altersunterschied von 19 Jahren haben - am Ende ist es nur ein poetischer Zufall. In diesen 19 Jahren lernt die Ich-Erzählerin nicht nur ihren Partner Tosch, sondern auch sich selbst intensiv kennen. Beide durchleben gemeinsam große Glücksmomente, aber auch Krankheit, Angst und Streit. Der Roman "Die vorletzte Frau" gibt blitzlichtartige Einblicke in große und alltägliche Momente dieser Beziehung, des Zusammenlebens und Getrenntseins. Katja Oskamp hat ein Talent dafür, spannende und nicht ganz einfache Figuren zu zeichnen und greifbar zu machen. Manchmal hätte ich mir trotzdem gewünscht, dass sie tiefere Einblicke in einige Momente gibt, denn die Geschichte fliegt förmlich an einem vorbei.

Der Roman ist kurzweilig und mitreißend geschrieben. Die Ich-Erzählerin liegt anscheinend nah bei der Autorin selbst, denn sie wird mit "Frau Oskamp" angesprochen, studierte wie die Autorin in Leipzig, arbeitet ebenfalls später in Marzahn als Fußpflegerin usw. Dadurch fühlt sich die sehr persönliche Geschichte noch intimer an.

Bewertung vom 13.06.2024
Und alle so still
Fallwickl, Mareike

Und alle so still


ausgezeichnet

Frauen streiken: Privat und beruflich legen sie ihre Arbeit nieder und sich selbst symbolisch auf den Asphalt. Sie verweigern ihre Arbeit und machen so . Das hat schnell dramatische Folgen für die ganze Gesellschaft. Zunächst bleiben Museen geschlossen und Landwirte, die die Arbeit ihrer Frauen mit übernehmen müssen, verletzen sich häufiger. Bald sind die Krankenhäuser überlastet und auch international zeigen sich innerhalb weniger Tage Auswirkungen, beispielsweise bleiben ausländische Pflegekräfte fern und Lieferketten brechen ein.

Was passiert, wenn sich Frauen den von ihnen erwarteten Aufgaben verweigern und so sichtbar machen, was sie sonst ohne Anerkennung leisten? Dieses Gedankenexperiment spielt Mareike Fallwickl gekonnt durch. Eindringlich und klar erzählt die Autorin diese höchst zeitgemäße Geschichte aus Perspektive der Influencerin Elin, der Krankenschwester Ruth und des Niedriglohnjobbers Nuri. So kommen verschieden Arguemnte, Entscheidunggen und Positionen hinzu, aus der diese fesselnde Geschichte ohne Sensationslust erzählt wird. Rundum gelungen!

Bewertung vom 01.05.2024
Issa
Mahn, Mirrianne

Issa


ausgezeichnet

Fesselnde Mehrgenerationengeschichte zwischen Kamerun und Deutschland: Mirrianne Mahns Debüt "Issa" ist ein feministischer, antirassistischer und äußerst kraftvoll erzählter Roman, in dem unterschiedliche Generationen von Frauen einer Schwarzen Familie im Mittelpunkt stehen. Über die verschiedenen Lebensgeschichten greift die Autorin viele aktuelle gesellschaftsrelevante Themen auf, zeigt, wie weit die Wurzeln heutigen diskriminierenden Gedankenguts zurückreichen und flechtet diese Themen kunstvoll in eine bewegende, nachdenklich machende Geschichte ein. Dabei schreibt Mirrianne Mahn mit großer Poesie und Ausdruckskraft und schafft es mühelos, die verschiedenen Lebenswelten der Protagonistinnen greifbar zu machen.

Die Handlung spannt sich über mehr als 100 Jahre. 1903 lernen wir beispielsweise Enanga kennen, die im von Deutschland gewaltvoll kolonialisierten Kamerun lebt. Enanga versucht ihre Tochter Marijoh, die aus einer Vergewaltigung durch einen Deutschen entsteht, zu schützen und tut alles, damit sie gut aufwächst. Aber den patriarchalen Strukturen entkommt auch die junge Marijoh nicht. Marijohs Urenkelin Issa wächst wiederrum unter ganz anderen Umständen in Deutschland auf. Als Issa schwanger wird, reist sie zu ihrer Familie nach Kamerun. Dort spürt sie ebenso wie in Deustchland, dass sie nicht richtig dazugehört.

Die Erlebnisse und Probleme der Frauen unterscheiden sich voneinander, auch abhängig von den Zeiten und Ländern, in denen sie leben. Gleichzeitig vereint sie die Suche und der Kampf um einen Platz im Leben. Dieser Roman ist so empathisch und kraftvoll erzählt, dass er eine absolute Bereicherung ist!

Bewertung vom 17.03.2024
Tremor
Cole, Teju

Tremor


sehr gut

"Tremor" von Teju Cole beschäftigt sich mit einer faszinierenden bandbreite von Themen: von Kunst, Musik und Kultur, aktuellen Geschehnissen bis hin zu Kolonialgeschichte und deren Folgen, die bis in die Gegenwart reichen. Das verwebt der Autor ganz natürlich in die Gedankenströme seines Protagonisten Tunde. Ein Gedanke führt zum nächsten und der eher nüchterne Stil macht erst nach und nach deutlich, wie viel Tiefe in dem Roman steckt.
Es gibt keine klassische Handlung, die stringent erzählt wird, viel mehr lösen verschiedene Episoden und Erlebnisse die nächsten Gedanken aus. Teilweise scheinen die Erzählperspektiven zu wechseln und der Er-Erzähler spricht plötzlich den Leser mit Du an und erzählt einer bestimmten Person, die Tunde kennt, Teile der Geschichte. Die Erzählweise war manchmal etwas anstrengend, man muss sich wirklich darauf einlassen, der Erzählung und den philosophischen Gedankenströmen zu folgen. Dann ist die Lektüre sehr bereichernd.

Bewertung vom 02.03.2024
Weiße Wolken
Seck, Yandé

Weiße Wolken


ausgezeichnet

Ein Roman, der mich von Anfang bis Ende begeistert hat! Im Mittelpunkt stehen die beiden Schwestern Dieo und Zazie, Kinder einer Deutschen und eines Senegalesen, die in Frankfurt am Main bzw. Offenbach leben. Sie stehen sich nahe, befinden sich jedoch in komplett unterschiedlichen Lebensphasen. Dieo, die ältere Schwester, hat früh ihr erstes Kind bekommen und ist mittlerweile verheiratet, hat insgesamt drei Kinder und arbeitet erfolgreich als Therapeutin. Mit ihrem Mann Simon lebt sie das vermeintliche Bilderbuchleben der Mittelschicht. Nach und nach merkt man, dass Dieo alles andere als standfest im Leben steht und nicht bedingungslos glücklich ist. Ihre jüngere Schwester Zazie trägt mit ihrer expressiv feministischen und rassismuskritischen Lebensweise dazu bei, dass Dieo auch in ihrem eigenen Leben Ungerechtigkeiten auffallen. Zazie hat gerade ihren Master abgeschlossen und möchte nun promovieren. Doch da ist auch Max, den sie mag, aber nur schwer an sich ranlassen kann. Da sind ihre inneren Zweifel und ihre manchmal nicht zu bändigende Wut angesichts der vielen Diskriminierungen, die sie selbst erlebt oder beobachtet.

Der Roman hat zwar nur wenig Handlung, jedoch zeichnet die Autorin Yandé Seck ein sensibles und nuanciertes Bild ihrer Charaktere. Man spürt deren Überzeugungen genauso wie ihre Zweifel und hinterfragt dabei automatisch selbst, wofür man steht, wie man lebt und wofür man sich einsetzt.

Yandé Seck schreibt mit einer Leichtigkeit, sodass ich schnell in einen Lesefluss gekommen bin und das Buch nur schwer aus der Hand legen konnte.

Bewertung vom 23.11.2023
Memoria
Beck, Zoë

Memoria


sehr gut

Eigentlich sollte es keine Überraschung sein, dass Zoë Becks neuer Thriller "Memoria" von Anfang bis Ende fesselnd erzählt ist. Und trotzdem ist es immer wieder beeindruckend, wie clever sie ihre Geschichten konstruiert, sodass man beim Lesen total hineingezogen wird und atemlos mitfiebert.

Die Protagonistin Harriet rettet eine ihr scheinbar fremde Frau vor einem Brand, doch diese Frau erkennt Harriet. Diese Begegnung löst Erinnerungen bei ihr aus, die Harriet nicht zuordnen kann. Sie geht ihnen nach und plötzlich kommen immer mehr Erinnerungen zurück, die aber überhaupt nicht zu dem passen, was Harriet für ihr Leben hält. An je mehr sie sich erinnert, desto gefährlicher wird es. Als Harriet endlich zusammenpuzzeln kann, was ihr passiert ist und warum sie falsche Erinnerungen hat, ist das ein wirklich schockierender, trauriger Moment.

Das Buch spielt in der nahen, düsteren Zukunft: Die Klimakrise sorgt für hohe Temperaturen und ständige Katastrophen wie Waldbrände prägen den Alltag. Du Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer - nur wer Geld hat, kann sich beispielsweise rund um die Uhr Strom und fließendes Wasser leisten. Harriet lebt unter prekären Verhältnissen in einem Bankentower, den sie sich mit vielen anderen Menschen teilt. Auch Zukunftsthemen wie KI bindet die Autorin ein, jedoch auf eine sinnvolle, zurückhaltende Art. Sehr empfehlenswert!

Bewertung vom 06.11.2023
Terafik
Karkhiran Khozani, Nilufar

Terafik


sehr gut

Kopftuch und iPhone sind kein Widerspruch, wie Nilufar Karkhiran Khozani in ihrem Debut-Roman "Terafik" zeigt. Darin reist ihre prägnante Ich-Erzählerin, die ebenfalls Nilufar heißt, zum ersten Mal in den Iran, das Heimatland ihres Vaters. Zu ihm hat die Protagonistin ein schwieriges Verhältnis, schließlich hat er seine Tochter und ihre deutsche Mutter allein in Deutschland zurückgelassen, als er in den Iran zurückgekehrt ist.

In ausdrucksstarken Beschreibungen springt die Autorin zwischen Nilufars Leben in Deutschland und ihrer Reise in den Iran hin und her. So erlebt man nicht nur dieses Land aus Nilufars Perspektive, sondern erhält auch nach und nach mehr Einblicke in ihre Kindheit und ihr Verhältnis zu ihren Eltern. Damit wird die Geschichte zu einer spannenden und persönlich aufrührenden Reise

Hier zeigt sich auch immer wieder, dass nichts einfach ist und Menschen komplex sind. Anhand der Briefe, die der Vater seiner Tochter in gebrochenem Deutsch geschrieben hat, wird beispielsweise deutlich, wie schw

r dem Iraner das Leben in Deutschland gefallen ist und warum er trotz der Liebe zu seiner Tochter wieder in seine Heimat zurückgekehrt ist. Dort will er nun Nilufar so viele Verwandte und Bekannte wie möglich vorstellen, sie reisen durch den Iran, treffen ständig neue Leute, tingeln von Feier zu Feier. Zwischendurch fand ich das leider etwas ermüdend - so viele verschiedene Charaktere, die man teilweise nur sehr flüchtig bei den sich immer wiederholenden Familienbesuchen antrifft. Da Nilufar kaum Persisch spricht, fällt ihr die Kommunikation mit ihren Verwandten schwer. Auch Aspekte der Kultur sind ihr fremd, warum muss der Vater zur Feier ihres Besuchs ein Lamm schlachten, obwohl sie das gar nicht möchte? Obwohl sie iranische Wurzeln hat, fühlt Nilufar sich nicht dazugehörig. Dieses Gefühl von Heimatlosigkeit zieht sich sowohl auf Seite der Tochter als auch auf Seite des Vaters durch das ganze Buch. Die Autorin beschreibt anschaulich und nachvollziehbar, wie schwer das Leben zwischen zwei Kulturen sein kann, wenn man auf keiner Seite richtige Anerkennung und Zugehörigkeit findet.

Bewertung vom 13.06.2023
Keine gute Geschichte
Roy, Lisa

Keine gute Geschichte


ausgezeichnet

Die Geschichte mag nicht gut sein, der Roman ist es aber auf alle Fälle. Mit klarer und direkter Sprache, die teils krass und aggressiv wird, zeichnet die Autorin ein schonungsloses Bild der Protagonistin Arielle in einer schwierigen Lebenslage. Sie kehrt nach einer stationären Behandlung gegen ihre Depression zu ihrer Großmutter nach Essen-Katernberg zurück. Dort ist Arielle unter prekären Umständen nach dem Verschwinden ihrer Mutter bei ihrer Großmutter aufgewachsen und so schnell abgehauen, wie möglich. Nun holt sie ihr altes Leben wieder ein. Die Geschichte gibt tiefe Einblicke in Arielles Psyche und ihre Probleme. Die Protagonistin, aber auch viele der skurrilen Nebenfiguren werden spannend und schonungslos beschrieben, sodass der Roman trotz der überschaubaren Handlung mitreißt. Ein bewegendes Lese-Erlebnis!

Bewertung vom 29.10.2022
Rosa kocht vegan
Roderigo, Rosa

Rosa kocht vegan


ausgezeichnet

Leichter Zugang zu vielseitiger veganer Ernährung! Rosa kommt in ihrem Buch genauso sympathisch rüber wie auf Instagram und präsentiert hier ebenfalls eine große Vielfalt an veganen Rezepten. Von Blaubeer-Pancakes zum Frühstück über deftiges "Hühner"-Frikasse bis hin zu Sommerrollen mit passendem Dip: Neben typischen veganen Gerichten präsentiert sie eine Vielzahl an Speisen mit Ersatzprodukten, die zum Teil überraschen und Lust machen, sich in der veganen Küche auszuprobieren.

Die Zutatenliste der einzelnen Gerichte ist überschaubar und auch die Arbeitsschritte sind gut nachvollziehbar in einfacher Sprache erklärt. Man kann den Beschreibungen wirklich gut folgen und sie sind nie länger als eine Seite. Dadurch wird vegane Ernährung leicht zugänglich. Zu jedem Gericht gibt es ein wirklich gut fotografiertes Foto, das noch zusätzlich Appetit macht.

Rosa schreibt so ähnlich, wie sie spricht, sodass man das Gefühl hat, sich mit einer guten Freundin entspannt übers Kochen auszutauschen. Eine echte Empfehlung für alle, die Rosa auf Instagram mögen, und alle, die ohne Berührungsängste kreative und einfache vegane Küche ausprobieren wollen.