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katikatharinenhof

Bewertungen

Insgesamt 979 Bewertungen
Bewertung vom 01.07.2024
Der Baum und der Fluss
Becker, Aaron

Der Baum und der Fluss


ausgezeichnet

Manchmal sagen Bilder mehr als tausend Worte

Aaron Becker besitzt die Gabe, mit Zeichenstift und Farbe eindrucksvolle Bilder entstehen zu lassen, die mehr Aussagekraft besitzen, als es Worte jemals könnten. In "Der Baum und der Fluss" gelingt es ihm nonverbal Emotionen zu wecken, die zum Nachdenken und Umdenken anregen.

Seine Bilder sind kraftvoll gezeichnet, erzählen von den starken Wurzeln einer Eiche, die im Verlauf der Jahre viel gesehen und erlebt hat. Fest verwurzelt in der Erde an der Flußbiegung wächst sie zunächst als junger Baum in einer landschaftlichen Idylle heran, in der es Frieden und ein achtsames Miteinander von Mensch und Umwelt gibt.

Je mehr Jahre ins Land ziehen, desto kräftiger wird der Baum und schlägt seine Wurzeln fest ins Erdreich. Der Fortschritt hält Einzug, das Leben am Fluss verändert sich und auch die unmittelbare Umgebung ist davon betroffen. Aus der dünn besiedelten Gegen wächst nach und nach ein Dorf, das sich zur Stadt entwickelt. Kultur und Tradition im Wandel der Zeit, Handwerk weicht dem technischen Fortschritt. - alles aus den Zeichnungen abzulesen. Immer wie ein Ruhepol mittendrin die Eiche, die scheinbar unerschöpfliche Lebensenergien hat und selbst Stürmen, Kriegen, Zerstörungen und Überschwemmungen trotzt.

Und dann löst sich eine Eichel, wird vom Fluss weitergetragen und keimt als Setzling an einer neuen Flussbiegung, um dort als Hoffnungsschimmer für eine bessere Zukunft ihre Äste in den Himmel zu strecken.

Das Bilderbuch ist wie ein Spiegel unserer Zeit, zeigt uns ganz ohne Worte die Verfehlungen auf, die wir an der Umwelt begehen und weckt zugleich die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Eine gewisse Symbolik ist dem Buch inne, denn mit der Prägung der 50-Pfennig-Münze in den 1950er Jahren erinnert auch hier die Eiche als Zeichen für Beständigkeit, Wiederaufbau und Neuanfang an die Hoffnung, dass in Zukunft wieder eine gesunde Umwelt für unsere Kinder wachsen und gedeihen soll.

Bewertung vom 01.07.2024
Die wunderbaren Gärten von Cornwall
Hubbard, Tim

Die wunderbaren Gärten von Cornwall


ausgezeichnet

Ein florales Märchenbuch

Einmal wie Alice im Wunderland durch ein blühendes Landschaftsgemälde spazieren gehen, zwischen verwunschene Mauergärten und Laubengängen vollkommene Schönheit entdecken, reizvolle Kontraste und fließende Übergänge in üppige Blütenteppiche erleben... klingt wie in einem Märchen und genauso fühlt es sich auch an, wenn die Seiten des opulenten Bildbandes "Die wunderbaren Gärten von Cornwall" aufgeschlagen werden. Vor- & Nachsatzblatt wirken dabei wie einladende Gartenpforten, die in üppige Gartenparadiese führen.

Duftige Arrangements, steile und schroffe Felshänge und abwechslungsreiche Garten(t)räume bilden eine Sinfonie aus Farben und Düften, die verzaubern. Integrierte Skulpturen und Kunstwerke ziehen die Blicke auf sich und wirken, vor der im Wandel der Jahreszeiten sich verändernden Kulisse, immer wieder neu und anders. Es sind florale Wunderkammern der Fantasie, die zu Kraftorten werden und ihren Besucher;innen eine regelrechte Auszeit zum Aufblühen bescheren.

Gerade weil die vorgestellten Gärten noch nicht so bekannt sind wie touristischen Magnete Sissinghurst oder Lost Gardens of Heligant, bieten sie unglaublich viele beeindruckende Momente. Blütenbaldachine, mediterrane Terrassen und Oasen der Ruhe und Entspannung warten darauf, als blühendes Wunder entdeckt und bestaunt zu werden.

Grandiose Aufnahmen laden dazu ein, sich in diesem Buch immer und immer wieder zu verlieren und sich von den vielen Eindrücken berauschen zu lassen. Für Gartenliebhaber:innen ein absolutes M U S S.

Bewertung vom 01.07.2024
Die Stauffenbergs
Roth, Charlotte

Die Stauffenbergs


ausgezeichnet

Entfernung kann nur Körper trennen, aber niemals Herzen. (unbekannt)

Als sich Nina und Claus gegenüberstehen, ist es um beide geschehen. Ihre Herzen schlagen im Gleichklang und für beide steht fest, dass sie fortan ihren Lebensweg gemeinsam gehen wollen.Aus der jungen, fast noch kindlichen wirkenden Frau wird die Frau an der Seite eines Mannes, der das Schicksal von Nazi-Deutschland verändern will. Nina weiß, dass sie Claus gehen lassen muss, auch wenn das ein Abschied für immer bedeutet...


Charlotte Roth gelingt es mit ihrem Roman "Die Stauffenbergs" eine große Liebesgeschichte zu erzählen und dabei ihre Leser;innen vergessen zu lassen, dass sie ein Buch in den Händen halten. Schon nach wenigen Seiten gehen die Lesenden eine Metamorphose mit den beiden Hauptfiguren ein und erleben das unsägliche Herzklopfen und die Schmetterlinge im Bauch, wenn sich zwei Menschen bedingungslos ineinander verlieben.

Nina, zunächst noch als kindlich naive junge Frau unterwegs, wächst mit jedem Tag, den sie mehr ans Claus' Seite verbringt, zu einer starken und in sich ruhenden Persönlichkeit heran. Claus trägt seine Nina auf Händen, gibt ihr alles, was er zugeben bereit ist - sein Herz.

Die Entwicklung der Geschichte fußt auf den wahren Ereignissen unter der Knechtschaft des braunen Gesocks. Roth zeigt, wie sich zunächst auch von Stauffenberg mit der Euphorie anstecken lässt, dann aber beginnt, klarer zu sehen und zum Regimegegner und Verschwörer zu werden. Die einzelnen Kapitel lesen sich flüssig und sind randvoll mit Emotionen einer tief empfundenen und ehrlichen Liebe, die in der dunkelsten Zeit Deutschlands für warmherzige Momente verantwortlich ist. Eine Liebe, die Halt gibt, die immer zu spüren ist und bei denen zwei Herzen im Gleichklang schlagen.

Nina, wächst mitunter über sich hinaus, weiß sie doch, dass sie den Liebsten gehen lassen muss, damit dieser immer wider zu ihr zurückkehren kann. Die Autorin erlaubt ihren Leser:innen, die Gefühls- & Gedankenwelt mit allen Höhen und Tief zu durchleben, an Ninas Seite Hoffen und Bangen und das große Glück zu erleben.

Die wechselnden Perspektiven schaffen die Möglichkeit, sämtliche Charaktere sehr genau zu studieren und sie kennenzulernen. Es ist, als würde man mit ihnen verwachsen. Ihre Beweggründe sind schlüssig dargelegt und es fällt schwer, auch nur einen von ihnen gehen zu lassen. Eine Romanze vor realpolitischer Kulisse, die tragisch und von einem Hauch Melancholie umgeben ist, und trotzdem - oder gerade deswegen - die Herzen berührt.

Die Handlung hat in ihrer Dringlichkeit nichts eingebüßt und ist aktueller denn je. Spannend und mitreißend erzählt, für die Nachwelt aufgeschrieben, damit Menschen, wie Claus und Nina von Stauffenberg niemals in Vergessenheit geraten.

Bewertung vom 28.06.2024
Fräulein Liebe und der Traum vom Leben / Die Rhein-Buchhandlung Bd.2
Esser, Susanne

Fräulein Liebe und der Traum vom Leben / Die Rhein-Buchhandlung Bd.2


sehr gut

Glück und Glas, wie leicht bricht das

Eva schwebt auf Wolke sieben und ihr kleines großes Glück soll mit der Hochzeit regelrecht gekrönt werden. Mit allem hätte sie gerechnet, nur nicht mit dem, was ihr der Beamte im Rathaus eröffnet. Ist Georg am Ende gar nicht der , für den sie ihn gehalten hat ? Eva beginnt zu zweifeln und flüchtet sich regelrecht in die Arbeit in der Buchhandlung. Aber auch hier stehen die Zeichen auf Sturm, denn während einer Lesung platzt ein mehr als wütender Mann in die Räume und versucht mit einer ungeahnten Vehemenz, seine Ansprüche geltend zu machen. Ob Eva ihre Träume verwirklichen kann ?


Susanne Esser öffnet erneut die Türen der kleinen Buchhandlung am Rhein und lädt ihre Leser:innen dazu ein, sich zwischen Geschichten aus dem Leben und in den Bücherregalen zu verlieren, Träumen und Sehnsüchten zu folgen und Entscheidungen aus Liebe zu treffen. Ihr Erzählstil ist gewohnt flüssig und sehr bildhaft, sodass es unglaublich leicht fällt, die Zeitreise anzutreten und sich zwischen schwingenden Petticoats, Pomade im Haar und VW Käfer wiederzufinden.

Die Autorin fängt den Zeitgeist der 1950er Jahre sehr schön ein und öffnet mit ihren plakativen Bilder ein imaginäres Fotoalbum, das die Leserschaft zu Quasiverwandten von Eva und Maria macht. Eva blüht immer mehr auf und hat gelernt, ihre Träume zu benennen und auch in die Tat umzusetzen. Die Liebe zu Georg gibt ihr Halt, wenn da nicht die unschöne Behauptung des Beamten aus dem Rathaus wäre...

Auch Maria findet ihr Lebensglück, muss aber feststellen, dass das Schicksal manchmal eigene Wege geht und für so manche Überraschung gut ist. Die Charaktere haben sich alle weiterentwickelt und gerade Ilse hat den größten Sprung gemacht. Aus ihr ist eine junge Frau geworden, die sich von nichts und niemand die Butter vom Brot nehmen lässt und sich zur Not auch mit einer kleinen Lüge gegen diejenigen durchsetzt, die ihr Steine in den Weg legen wollen.

Die Handlung des Romans ist schlüssig, wenngleich Esser manchmal etwas übers Ziel hinausschießt und auch mit ihren Andeutungen mehr verrät, als die Leser:innen zu diesem Zeitpunkt der Geschichte eigentlich wissen müssten. Dadurch liegt vieles auf der Hand und so sind die Wendungen recht vorhersehbar und deutlich zu erkennen. Der Roman scheint mit Band zwei in sich abgeschlossen, deutet aber gerade im Hinblick auf Ilses Liebesleben noch einen Cliffhanger an, der ungehört im Nichts verhallt. Es steht die Frage im Raum, ob nun doch ein dritter Band geplant ist, oder ob der Ausgang der Geschichte der Fantasie der Leserschaft überlassen ist.

Alles in allem gut zu lesen, aber doch deutlich schwächer als der erste Roman. 3, 5 Sternchen bleiben übrig, da vieles zu weichgespült und heimatfilmlastig erscheint.

Bewertung vom 27.06.2024
An den grünen Hängen des Vesuv
Matisek, Marie

An den grünen Hängen des Vesuv


ausgezeichnet

Spannende Familiengeschichte

Sergio Catalone stirbt, wie er gelebt hat - inmitten seiner Freunde in seiner geliebten Eisdiele in Wuppertal. Für Selina bedeutet der Verlust des Großvaters aber auch, dass sie ein Stück ihrer Wurzeln verloren hat. Aber sie weiß so wenig von der Lebensgeschichte des Mannes, der in den 1950er Jahren sein Land verlassen hat, um in Deutschland sein Glück zu finden. Für Selina steht fest, dass sie ihre italienische Herkunft kennenlernen muss, um zu zu verstehen und ihre eigene Identität zu finden...


Marie Matisek schreibt Roman, die sich schon nach wenigen Seiten direkt einen festen Platz im Herzen ihrer Leser:innen gesichert haben. Ihr Schreibstil ist auf positive Art einnehmend und und so gelingt es ihr spielend leicht, die jeweiligen Schauplätze zum Leben zu erwecken und ihre Leserschaft darin las Mitwirkende zu platzieren.

Der Geschmack der leckeren Eissorten tanzt auf der Zunge, wenn sich die Seiten fast schon von alleine umblättern und eine spannende Familiengeschichte aufdecken. Dabei erzählt die Autorin von den fiesen Machenschaften und langen Greifarmen der Camorra, die in der Gegend um Neapel in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts ein kleines Dorf fest in ihren Fängen hat.

Die Angst vor dem Don ist so groß, dass das Lebensglück der Bewohner:innen davon abhängt und Sergio zu einem Schritt treibt, der ihm meinen ganzen Respekt entgegen bringt. Um zu Überleben, bricht er alle Brücken ab und flüchtet, lässt alles zurück, woran sein Herz hängt und beginnt in Deutschland noch einmal ganz von vorn. Er hat einen großen Traum und er setzt alles daran, diesen zu verwirklichen. Die Rückblenden sind in eindringlich Worten verfasst und machen so das ganze Drama erlebbar.

Es gibt Szenen, die richtig unter die Haut gehen, Herzschmerz inklusive. Die Suche nach der Wahrheit bedeutet auch die Suche nach der eigene Identität und es schön zu lesen, wie sich Selina entwickelt. Aus der jungen Frau, die ihren Platz im Leben noch nicht gefunden hat, wird, je mehr sie sich der Wahrheit nähert, eine selbstbewusste Frau, die weiß, was wie will.

Wundervolle Landschaftsbilder von der Amalfiküste steigen aus den Seiten, vermitteln eine Hauch von Italien in den heimischen vier Wänden und der Vesuv als landschaftsprägender Mittelpunkt ist immer präsent. Große Gefühle, facettenreiche Charaktere und zwei Handlungsstränge, die sich miteinander verbinden wie die wie Stränge eines geflochtene Zopfes...wunderbar zu lesen und ganz großes Sommerkino

Bewertung vom 26.06.2024
Marburger Mörderspiel
Scholz, Felix

Marburger Mörderspiel


sehr gut

Alles Gute kommt von oben ?

Wer hätte ahnen können, dass ein ganz normales Erinnerungsfoto plötzlich zu einem wichtigen Beweisstück wird ? So idyllisch es auf den ersten Blick erscheint, so erschreckend sein Inhalt. Denn zwischen den Bäumen und notdürftig mit Laub bedeckt ist das Gesicht eines Toten zu erkennen. Der Spiegelslustturm wird somit nicht mehr beliebtes Ausflugsziel, sondern Tatort und die Ermittelnden stehen vor einem Rätsel. Denn der Kreis der Verdächtigen ist groß, sehr groß und das macht das es nicht einfacher...


Der zweite Fall des unkonventionellen Ermittler-Trios hat es in sich, denn der Tote war zu Lebzeiten ein richtig fieser Knopp. Wo er auftauchte, gab es Ärger und er hinterließ nichts als verbrannte Erde. Es ist, als habe man einen Stein ins Wasser geworfen, der nur langsam, aber beständig seine Kreise zieht.

Die Ermittlungen und Gespräche mit den Verdächtigen gleichen einem abwechslungsreichen Tennismatch, bei dem die Bälle nur so übers Netz fliegen. Schlagabtausche, Lügen, Intrigen und viele unterschiedliche Charaktere prallen aufeinander und manchmal wirkt es dadurch etwas zu chaotisch und hektisch, um wirklich immer den Überblick zu behalten.

Die kleinen freundlichen Spitzen, die sich Momberger, Bill und Zassenberg entgegenschleudern, sind wie das Slaz in der Suppe und entlocken den Lesenden schon den ein oder anderen Schmunzler. Irgendwie können sie nicht wirklich miteinander, wobei das Momberger ein bisschen anders sieht :), und fehlt einer oder eine, vermissen sie sich doch gegenseitig.

Marburg und seine sehenswerte Umgebung bekommen wieder den für Scholz typischen Stempel aufgedrückt und dürfen erneut mörderisch gut glänzen. Der Plot bietet der Universitätsstadt genügend Freiraum, um Oberstadt, kleine Gässchen und die Sehenswürdigkeiten in wohltuenden Bildern zu präsentieren, die eben nicht wie aus dem Werbeprospekt wirken.

Die Figuren sind allesamt glaubwürdig und es gelingt dem Autor, seine Leser:innen bis zum Schluss an der Nase herumzuführen. Hier mal eine falsche Verdächtigung gestreut, da mal einen kritischen Satz fallen gelassen und schon zieht sich die Schlinge vermeintlich zu. Aber Scholz wäre nicht Scholz, wenn er nicht mit einer großen Überraschung zum Schluss aufwarten würde.

Spiel, Satz und Mord - spannende und kurzweilige Krimiunterhaltung mit Flair.

Bewertung vom 22.06.2024
Watch! Watch! Watch! Henri Cartier-Bresson

Watch! Watch! Watch! Henri Cartier-Bresson


ausgezeichnet

Der Titel ist Programm

Wenn die eigene Familiengeschichte eng mit der Optikstadt Wetzlar und dem grandiosen Siegeszug der Leica Kamera verbunden ist, kommt man auch an berühmten Namen nicht vorbei. Auch Henri Cartier-Bresson fotografierte mit seiner Leica und hielt Zeitgeschichte in eindrucksvollen Bildern fest.

Der Bildband "Watch" Watch! Watch!" ist dabei im wortwörtlichen Sinne anzunehmen und fordert Interessierte dazu auf, mit dem Aufschlagen des Buches eine Art Zeitkapsel zu betreten und mit den Aufnahmen von Cartier- Bresson zu Zeitreisenden und Augenzeug:innen zu werden. Die Aufnahmen sind ausschließlich in Schwarz-Weiß gehalten und erlangen dadurch noch eine Nuance mehr an Aussagekraft. Manchmal sind erst auf den zweiten oder dritten Blick die Absurditäten und bleibenden Eindrücke erkennbar, die nachhaltig in Erinnerung bleiben.

Bewegende Augenblicke auf der Zeitleiste des 20. Jahrhunderts finden den Weg ins heimische Wohnzimmer und machen dieses Coffe-Table-Book zu etwas ganz Besonderem. Ghandis Enkel bei der Einäscherung bleibt genauso im Gedächtnis haften wie der kleine Junge aus Blackpool, der an der Hand seines Vaters Elefanten beim Baden betrachtet. Jedoch geht ein stiller Aufschrei des Entsetzens durch den Raum, denn dieses Bild rüttelt wach und macht betroffen, da der kleine Kerl sich den Lauf einer Spielzeugpistole in den Mund steckt.

Großereignisse, Darstellungen ad absurdum oder fast schon banale, da alltägliche Szenen - der Künstler weiß, wann er den entscheidenden Augenblick regelrecht "einfrieren" muss, um ihn trotzdem für immer lebendig zu erhalten.

Daumenkino oder Laterna magica - mit diesem Buch wird alles möglich. Grandiose Aufnahmen, die die komplette Klaviatur der Gefühle beherrschen und trotzdem - oder gerade deswegen - anders als Mainstream-Fotografien sind.

Bewertung vom 20.06.2024
Forgotten Garden
Gosling, Sharon

Forgotten Garden


ausgezeichnet

Der Wert einer Idee liegt in ihrer Umsetzung (Edison)

Luisa weiß, wie sich geplatzte Träume anfühlen und verkriecht sich daher lieber in einem Job, der ihr wenig bis gar keinen Spaß macht. Ihre Pläne, ihre Zukunftsvisionen - all das hat sie auf Eis gelegt. Doch dann flattert ihr ein Angebot auf den Tisch, das sie einfach nicht ablehnen kann. In Collaton warte ein verwildertes Grundstück darauf, aus dem Dornröschenschlaf geweckt zu werden. Je mehr sich Luisa mit dem Projekt beschäftigt, desto mehr kehrt sie zurück ins Leben....


Manche Bücher sind wie kleine Sonnenstrahlen, die das Herz wärmen und ein wohliges Gefühl beim Lesen verströmen. Und genau so ein Roman ist "Forgotten Garden" der von Freundschaft, Zusammenhalt, Neubeginn und zweiten Chancen erzählt.

Sharon Gosling bringt nicht nur ein vollkommen verwildertes Grundstück zum Blühen, sondern sie gibt auch ihren Figuren die Möglichkeit, sich zu entfalten. So manch kleine Raupe entpuppt sich im wahrsten Sinne des Wortes und wird zum schönen Schmetterling. Die Charaktere haben alle Narben auf Herz und Seele, tragen mitunter schwer an ihrem Gepäck im Lebensrucksack und trotzdem sind sie lebensbejahend und voller Energie.

Nicht immer ist der Lebensweg geradlinig und ohne Stolpersteine, doch genau darin liegt die Kunst, um aus diesen Unebenheiten doch etwas Schönes zu erschaffen. Das gelingt am Besten, wenn aus Fremden plötzlich Freunde werden und zum erfolgreichen Umsetzen des Vorhabens beitragen. Die Handlung sät kleine Samenkörner der Hoffnung und Liebe und daraus wächst nach und nach eine warmherzige Geschichte.

Gerade Harper darf zeigen, was in ihr steckt und sie nutzt ihre zweite Chance, um Wurzeln zu schlagen, die ihr Halt geben. Ihre charakterliche Entwicklung ist nachvollziehbar und vor allen Dingen nachfühlbar von der Autorin aufgeschrieben. Es ist eine große Freude, genau diese Entwicklung miterleben zu dürfen. In Punkto Nachhaltigkeit macht ihr so schnell niemand etwas vor und wir können alle noch etwas von ihr lernen.

Auch Luisa lernt im Verlauf der Geschichte, loszulassen, neuen Träumen zu folgen und auf ihr Herz zu hören. Sie hat ein echtes Händchen für Gartenplanung und ihre Ideen spornen direkt an, den eigenen Garten um- bzw neu zu gestalten. Wenn Mr P auf der Bildfläche erscheint, hüpft ihr Herz gleich ein wenig höher und es fällt auch den Leser:innen schwer, sich seinem Charisma zu entziehen.

Ein Happy End ist zwar von Beginn an zu erahnen, aber manchmal braucht es eben Geschichten, die das Herz wärmen.

Bewertung vom 18.06.2024
Montessori für alle
Bläsius, Jutta

Montessori für alle


sehr gut

Lerneffekte durch Neugier, Ausprobieren und Entdecken

Kinder sind kleine Weltentdecker:innen, Forscher:innen und stecken voller Neugier. Um ihre Umwelt kennenzulernen, Dinge zu (er)lernen nutzen sie die kindliche Neugier, um alles auszuprobieren und durch immer wiederkehrende Durchführungen und neue Ansätze, wenn es einmal nicht ganz so funktioniert hat, hat, wie gedacht, Erfahrungen zu sammeln.

"Montessori für alle" ist ein wirklich großer Fundus an Spiel- & Lernimpulsen, die mit wenig Aufwand und meist vorhandenen Materialien direkt umgesetzt werden können. Dabei steht die aktive Beschäftigung im Vordergrund und der Anreiz, etwas selbständig zu tun und auszuprobieren ist immer wieder neu vorhanden.

Die Ideen sprechen alle Sinne an, fördern Motorik, Hand-Auge-Koordination, Konzentration und Kreativität und vermitteln auch spielerisch einen Lerneffekt durch die sogenannte "Fehlerkontrolle". Dabei geht es nicht darum, Kinder zu belehren, sondern durch ihr selbständiges Tun die Zusammenhänge von Ursache und Wirkung zu erkennen, logische Schlussfolgerungen zu ziehen und das Erlernte in den Alltag zu integrieren.

Das Buch ist in leicht verständlichen Worten verfasst, die Anleitungen für die Spiel & Lernimpulse sind übersichtlich gegliedert und nachvollziehbar erklärt Manchmal fehlt allerdings ein wenig das Fingerspitzengefühl im Hinblick auf die vielfältigen Lebensformen und variantenreichen Familienkonstellationen, sodass hier und da die "klassische" Kernfamilie Mutter-Vater-Kind als Grundlage herangezogen wird.

Ansonsten ein kunterbunter Strauß an Spiel- & und Lernmöglichkeiten

Bewertung vom 18.06.2024
Einander vertrauen statt Mauern bauen
Cantzler, Anja

Einander vertrauen statt Mauern bauen


ausgezeichnet

Für ein positives Miteinander

Wie gelingt es, ein positives Miteinander aus gegenseitigen Respekt, Wertschätzung und Vertrauen in den KiTa-Alltag zu integrieren, um auch Eltern, Familien und Bezugspersonen das Gefühl zu geben, in der Kita angekommen zu sein. Es gibt kleinere und größere Stolperfallen in einem achtsamen Miteinander und genau die gilt es möglichst frühzeitig zu erkennen und auszuräumen.

Nicht umsonst heißt es, dass das gesagte Wort, wenn es einmal ausgesprochen is, nicht zurückgenommen werden kann und darin liegt in vielen Fällen die Krux. Oft wird die Botschaft zwischen Gesagtem und Gehörtem nicht richtig transportiert und die ersten Missverständnisse und Missempfindungen zwischen pädagogischem Fachpersonal und Bezugspersonen sind vorprogrammiert.

Der Leitfaden von Anja Cantzler gibt viele hilfreiche und praxisnahe Tipps, die anhand von Beispielen erkannt, auf den eigenen Kita-Alltag projiziert und umgesetzt werden können. Wir leben in einer vielfältigen und bunten Welt, in der die unterschiedlichen Lebensformen und Familienkonstellationen auch die eine Vielfalt an individuellen Wünschen und Vorstellungen bereit halten.

Es gilt, sich aus den herkömmlichen Familienbildern zu lösen und sich vorurteilsbewusst und in respektvoller Anerkennung den vielfältigen Lebensweisen zu öffnen und diese anzunehmen. Denn nur die vorgelebte Bereitschaft, die Zusammenarbeit mit Einfühlungsvermögen und Begegnungen auf Augenhöhe zu gestalten, gibt auch den Kindern das Gefühl, in einer vertrauensvollen Umgebung emotionale Sicherheit und Anerkennung zu erfahren.

Ein hilfreicher Ideengeber, der wertvolle Ansätze liefert, um die eigene Arbeit in der KiTa zu überdenken und anzupassen. Denn ist erst einmal eine Mauer aus Ablehnung und Unverständnis entstanden ,lässt sich diese so schnell nicht mehr einreißen, um das Kind bei seinem Aufwachsen optimal zu fördern und zu unterstützen.