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Bellis-Perennis
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Wien

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Insgesamt 796 Bewertungen
Bewertung vom 20.07.2024
Madame Mozart. An der Seite eines Genies
Maatman, Verena

Madame Mozart. An der Seite eines Genies


ausgezeichnet

An der Seite eines Genies zu leben, ob es nun Mozart, Einstein, Picasso oder John Lennon heißt, ist selten einfach. Autorin Verena Maatmann erzählt in ihrer vierten musikalische Romanbiografie abermals von einer Frau, in deren Leben Musik eine große Rolle spielt: Constanze Nissen, geborene Weber, verwitwete Mozart (1762-1842).

Dazu entführt uns die Autorin in das Jahr 1828. Gemeinsam mit ihrem zweiten Mann, Georg Nikolaus Nissen (1761-1826), hat sie eine Biografie ihres ersten Gemahls Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) verfasst, die nun kurz vor der Veröffentlichung steht. Während sie einer Opernprobe lauscht, lässt sie ihre Gedanken in die Vergangenheit schweifen.

Das Buch ist ähnlich wie eine Oper in Overtüre, fünf Akte, die jeweils durch ein Intermezzi unterbrochen sind, um in einem Finale zu enden, gegliedert sind. Darin erfahren wir, nicht nur welchen Konventionen und Zwängen junge Mädchen und Frauen ausgesetzt sind, welche Rolle(n) Constanzes Mutter und ihre Schwestern spielen und welche Abhängigkeiten von Landesfürsten und Mäzenen bestehen, sondern auch vom ersten Kennenlernen Mozarts, der nach dem Verblassen seines Ruhms als Wunderkind, nun ein neue Geldgeber sucht. Geld ist in der Familie Weber wenig vorhanden, doch scheinen die Verbindungen, die Vater Weber unterhält, für Vater Leopold Mozart zunächst viel versprechend erscheinen. Niemand weiß, dass die Familie Weber Zimmer in ihrer Wohnung untervermieten muss, um über die Runden zu kommen, denn das Einkommen des Vaters reicht nicht aus, die vier Töchter standesgemäß zu erziehen.

Daran wird sich auch später, als Constanze und Wolfgang Amadeus verheiratet sind, nichts ändern. Obwohl Constanze versucht, das Geld zusammenzuhalten, gibt es ihr Mann mit vollen Händen wieder aus. Sie ist während der acht Jahre dauernden Ehe sechsmal (!) schwanger, aber nur zwei Kinder überleben die Kindheit.

Als Constanze mit knapp 30 Jahren Witwe wird, steht sie mit zwei kleinen Kindern und einem Berg Schulden da. Gemeinsam mit ihrer Schwester Aloisia, einer bekannten Opernsängerin, gibt sie Benefizkonzerte und beginnt geschickt eine PR-Kampagne, die ihr und den Kindern das Überleben sichert.

Mit ihrem opulenten Schreibstil, der uns vor allem durch die penible Recherche, tauchen wir tief in das 18. Jahrhundert ein. Es ist die Zeit Maria Theresias (1717-1780), ihres Sohnes Joseph II. (1765 - 1790), Louis XV. (1710-1774) sowie den vielen kleinen deutschen Fürstentümern, die oft, wie Salzburg, von einem Erzbischof regiert werden.

Im Nachwort erfahren wir, welche Quellen Verena Maatmann für ihre Romanbiografie verwendet hat und wann es ihr notwendig und opportun erschienen ist, Lücken mit ihrer Fantasie zu füllen. So mag ich das! Ein historischer Roman, der auf Fakten basiert, aber zur leichteren Lesbarkeit bzw. zur Erhöhung von Spannung und Darstellung der einprägsamen Charaktere durch fiktive Dialoge oder zusätzliches Personal aufgewertet wird.

Fazit:

Gerne gebe ich dieser Romanbiografie, die das schwierige Leben an der Seite eines Genies beschreibt, gerne 5 Sterne.

Bewertung vom 20.07.2024
Artemisia Gentileschi und Der Zorn der Frauen
Jaskulla, Gabriela

Artemisia Gentileschi und Der Zorn der Frauen


ausgezeichnet

Nachdem es einige Jahrhunderte sehr still um die bekannte Barockmalerin Artemisi Gentileschi (1593-1654) ist zu ihrem 370. Todestag diese fesselnd geschriebene Romanbiografie von Gabriela Jaskulla erschienen.

Zunächst ist Artemisias Leben das eines Kindes ihrer Zeit. Das erste einschneidende Erlebnis ist der Tod der Mutter als sie elf Jahre ist und sie die Aufgaben der Hausfrau, Mutter und jene der Haushaltshilfe übernehmen muss, weil der Vater Orazio, ein bekannter Maler, wieder einmal knapp bei Kasse ist und die Haushaltshilfe entlässt. Artemisia muss auch dem Vater in der Malwerkstatt zur Hand gehen, das heißt Mineralien fein mahlen und die Farbpigmente mit Öl mischen. Dabei stellt sich heraus, dass auch sie begabt ist und erhält drei Jahre Unterricht durch ihren Vater.

Das nächste Ereignis, das die junge Artemisa beinahe aus der Bahn wirft, ist der Missbrauch durch den Freund und Malerkollegen des Vaters, Agostino Tassi. Das von Tassi gebrochene Eheversprechen wird im Mai 1612 zu einem Prozess führen, der für die damalige Zeit wohl einmalig ist. Orazio strengt ihn an, vermutlich um seine eigene Ehre zu retten. Allerdings verlangt das Gericht Artemisia so ziemlich alles ab. Denn Tassi bietet mehrere Zeugen auf, die Artemisia eines unzüchtigen Lebenswandels beschuldigen. Während Tassi großkotzig und ungestraft weitere Lügen verbreitet, wird Artemisia der Folter unterzogen, um die Wahrheit herauszufinden. Man schnürt ihr die Finger ab, doch sie bleibt dabei, dass Tassi sie vergewaltigt hat. Tassi wird schuldig gesprochen, doch der Schaden ist angerichtet. Orazio verheiratet seine Tochter kurz nach dem Ende des Prozesses 1612 mit Antonio Stiattesi, dem Sohn eines Apothekers mit dem sie nach Florenz zieht. Dort lernt sie einflussreiche Personen kennen und erhält zahlreiche Aufträge.

Mehrmals ist sie schwanger, aber nur ein Mädchen wird das Erwachsenenalter erreichen. Immer wieder steckst sie in Geldschwierigkeiten und reist unstet umher. Ihre Stationen werden abermals Rom sein, Venedig, dann wieder Florenz und reist sogar bis nach London sie als ihr Vater sie zu sich zitiert, ihren Lebensabend wird sie in Neapel verbringen wo sie 1631 den Ausbruch des Vesuvs erlebt. Über ihren Tod Anfang des Jahres 1654 ist nichts bekannt. Sie verschwindet in der Geschichte.

Meine Meinung:

Gabriela Jaskulla stellt den historischen Roman wie ein Gemälde in einen Rahmen. Nur, dass dieser Rahmen fiktive
Dreharbeiten zu einem Film sind. Wir können die Diskussionen rund um diverse Einstellung und vor allem um das Ende lautstark miterleben. Der ursprüngliche Plan, das Filmleben der Artemisia Gentileschi mit einem Showdown enden zu lassen, wird angesichts des Widerstand der Hauptdarstellerin verworfen.

Diese Rahmenhandlung finde ich ausgesprochen interessant. Damit kann Autorin all jene Lücken in Artemisias Biografie füllen, die den Roman zum Leben erwecken, aber nicht überliefert sind oder nur schwer nachvollziehbar sind. Die Prozessakten sind im Römischen Staatsarchiv aufbewahrt und dienen diesem historischen Roman als Grundlage. Ihr Leben lang und auch nach ihrer Wiederentdeckung wird Artemisia Gentielschi auf diesen Prozess reduziert.

Ihr Kunstschaffen, dessen Themen dem Zeitgeist des Barocks entsprechen, gerät in den Hintergrund. Bei Barockmalerei fallen den meisten Kunstinteressierten nur Namen wie Caravaggio oder van Dyck ein. Rund 50 Gemälde können eindeutig der Malerin zugeschrieben werden, einige sind verloren und wieder andere sind möglicherweise anderen Malern zugewiesen. Das Signieren von Bildern oder Plastiken ist (noch) nicht üblich.

Gabriela Jaskulla zeichnet ein interessantes Bild einer vielschichtigen, manchmal sehr modernen Frau, die sich immer wieder den damaligen Konventionen beugen muss. Andererseits erleben wir eine Frau, die, um ihre Leidenschaft ausleben zu können, nur wenige Kompromisse eingeht. Denn es gibt, neben Artemisia Gentileschi nur wenige Malerinnen im Barock wie z.B. Elisabetta Sirani (1638-1665), Sofonisba Anguissola (1531/32-1625) oder Lavinia Fontana (1552-1614).

Diese facettenreiche Romanbiografie ist eine gelungene Ergänzung zu Susanna Partschs Sachbuch: “Artemisia Gentileschi, kämpferische Barockmalerin, kompromisslose Geschäftsfrau, Künstlerin zwischen Florenz und Rom.“ das 2023 im Verlag Molden erschienen ist.

Fazit:

Gerne gebe ich dieser gelungenen und facettenreichen Romanbiografie 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 18.07.2024
Auf dem Schöckl
Jauk-Offner, Elke

Auf dem Schöckl


ausgezeichnet

„1 Berg - 4 Jahreszeiten - 100 Möglichkeiten“

So beschreibt das Autoren-Duo Elke Jauk-Offner und Harald Eisenberger den Hausberg der Grazer und bricht mit diesem Buch eine Lanze für den Schöckl.

Was den Wienern die Rax, Semmering oder Schneeberg sind, ist für die Grazer der Schöckl. Ein Hausberg, den man zu Fuß, dem Fahrrad, mit der Gondelbahn oder mit dem Auto erreichen kann, eine Oase der Vielfalt und Natur.

Bereits im Jahr 1147 ist der 1.445 Meter hohe Berg als „mons sekkel“ erstmals urkundlich erwähnt worden. Meine persönliche, erste Begegnung mit dem Schöckl ist neben einer Wanderung im Volksschulalter mit meinen Großeltern, die häufige Durchsage im österreichischen Rundfunk „Ausfall des Senders Schöckl wegen Gewitters“. Nun solche Ausfälle kommen aktuell, trotz gewaltiger Unwetter nur mehr selten vor.

In vier Kapitel, die in etwa den vier Jahreszeiten entsprechen, stellen uns die Autoren den Schöckl vor:

Der Schöckl - ein erstes Kennenlernen
Der Schöckl blüht auf
Der Schöckl erstrahlt
Am Schöckl wird’s still

Wir dürfen an Hand der tollen Bilder und der mit viel Liebe zusammengestellten Texte das ultimative Freizeitparadies der Grazer Bevölkerung kennenlernen. Dabei ist es ziemlich egal, ob wir uns als Adrenalin-Junkie outen oder gemütlich mit der ganzen Familie den Berg erleben wollen. Hier auf dem Schöckl ist für alle etwas dabei.

Als Vermesserin gefällt mir der O(rientierungs)-Park, der 2011 von Hannes Pacher, dem passionierten Orientierungsläufer und der Holding Graz ins Leben gerufen worden ist, sehr gut. Bewaffnet mit einer analogen (!) Karte läuft oder geht man die Strecke ab, findet die 32 Kontrollpunkte und freut sich, das Ziel erreicht zu haben.

Apropos Vermessung: 1820 wurde der Schöckl als Koordinatenursprung für die Landesvermessung des damaligen Herzogtum Steiermark festgelegt. Innerhalb von nur 5 Jahren wurde die Steiermark für den Franziszeischen Kataster vermessen. Heute erledigen moderne Messmethoden die Vermessungsarbeiten. Unter anderem dazu steht auf dem Ostgipfel der „Corner-Reflektor“, der im Zusammenspiel mit seinen „Kollegen“ am Flughafen Graz-Thalerhof und dem Observatorium am Grazer Lustbühel Daten für die Erforschung der Erdgestalt durch die Abteilung Fernerkundung und Geoinformation des Joanneum Research und der GeoSphere Austria liefern.

Doch nun genug der Wissenschaft!

Viel wichtiger sind die zahlreichen Einkehrmöglichkeiten mit ihren lokalen Köstlichkeiten, die uns hier Appetit aus eine Wanderung auf den Schöckl machen, der im Übrigen auch für barrierefrei gestaltet ist.

Also, lasst uns die Wanderschuhe schnüren, den Rucksack packen und nichts wie rauf auf den Schöckl!

Fazit:

Gerne gebe ich dieser Hommage an den Hausberg der Grazer 5 Sterne und eine Leseempfehlung!

Bewertung vom 17.07.2024
Das Pfauengemälde
Bidian, Maria

Das Pfauengemälde


sehr gut

Dieser Roman ist das Debüt von Maria Bidian, die sich dazu von ihrer eigenen Familiengeschichte inspirieren hat lassen. Genau wie Protagonistin Ana hat die Autorin einen rumänischen Vater und eine deutsche Mutter und eine große Familie in Rumänien.

Als Ana zwei Jahre nach dem Tod ihres Vaters erfährt, dass die unter der Ceaucescu-Diktatur enteignete Familie einen Teil des ehemaligen Besitzes zurückerhält, reist sie nach Rumänien. Ihr selbst geht es vordergründig nicht um das Haus, sondern um das sogenannte „Pfauengemälde“, von dem ihr der Vater häufig erzählt hat.

Doch das Vorhaben erweist sich schwieriger als gedacht, denn die Mühlen der rumänischen Bürokratie mahlen mehr als langsam. Obwohl scheinbar alles klar ist, muss Ana allerlei rumänische Dokumente vorweisen, die sie erst beschaffen muss. Sie nützt die Zeit, um ihre weitverzweigte Familie zu besuchen. Sie reist zu Onkeln und Tanten, trifft Cousins und Cousinen. Dabei erfahren sie und wir Leser einiges über das vergangene und das heutige Rumänien sowie die Hoffnungen, die man auf den zukünftigen EU-Beitritt setzt.

Meine Meinung:

Maria Bidian versucht in ihrem Debütroman uns den Umgang mit Trauer, Schuldgefühlen und die Traumata in unseren eigenen Familienbiografien (und was sie mit uns machen), näher zu bringen. Leider gelingt dies in meinen Augen nicht so ganz.

Zum einen wirkt der Roman ein wenig unstrukturiert und zum anderen ist die Geschichte Rumäniens bei den meisten Lesern nicht wirklich präsent. Ja, man weiß, dass der Diktator Nicolae Ceaușescu (1918-1989) und seine Ehefrau Elena das Land systematisch ausgeplündert haben, dass die Geheimpolizei Securitate andersdenkende Menschen gnadenlos verfolgt und getötet hat und dass das Ehepaar am 25. Dezember 1989 standrechtlich erschossen worden ist, pikanterweise durch ein Gesetz, dass Ceaușescu erst kurz zuvor erlassen hat.

Aber sonst weiß man recht wenig über Rumänien vor, während und nach der Diktatur. Das liegt vermutlich auch daran, dass im Nachkriegsdeutschland jeder mit sich selbst beschäftigt war und man - außer in der DDR - dem kommunistischen Land wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat. Das muss auch Anas Vater erleben, der von als Gegner des Kommunismus verfolgt worden ist und dem die Flucht in den Westen gelungen ist. Allerdings hat seine Geschichte niemanden interessiert.

Während ihres Aufenthaltes muss Ana erkennen, dass sie mit vielem abschließen kann, „aber zu Ende war es nicht“.

Maria Bidian erzählt in einer bildhaften und schönen Sprache, die sehr gut dem ruhigen und melancholischen Grundton der Familiengeschichte entspricht. Allerdings geht das ein wenig zu Lasten der Spannung.

Fazit:

Dieser Roman ist nicht ganz leicht zu lesen, aber für alle jene, die sich gerne mit komplexen Familiengeschichten auseinandersetzen, ein gelungenes Debüt. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Bewertung vom 14.07.2024
Blutrotes Kobalt. Der Kongo und die brutale Realität hinter unserem Konsum
Kara, Siddharth

Blutrotes Kobalt. Der Kongo und die brutale Realität hinter unserem Konsum


ausgezeichnet

„Wir arbeiten in unseren Gräbern!“

Ein erschütternder Bericht des Wirtschaftswissenschaftlers, Meschenrechtsaktivisten und Professor an der University of Nottingham Siddarth Kara über die Zustände in den Kobalt-Abbaugebieten der Demokratische Republik Kongo.

„Wir arbeiten in unseren Gräbern!“ sagt einer der Abertausenden rechtlosen Kleinschürfer treffend, denn während am Weltmarkt Höchstpreise für das Erz erzielt werden, holen Männer, Frauen und Kinder im handwerklichen Kleinstbergbau ohne Schutzausrüstung und Sicherungsmaßnahmen, oft mit bloßen Händen aus einsturzgefährdeten Gruben und Stollen. Dabei atmen sie giftige und radioaktive Stäube ein. Anschließend wird das für die Industrie kostbare Erz in verseuchten Becken gewaschen - und das alles zu Hungerlöhnen.

Siddarth Kara hat sich selbst ein Bild dieser menschenunwürdigen Zustände gemacht. Er zeigt auf, dass die Erklärungen der Großkonzerne, „man achte auf Nachhaltigkeit und gute Arbeitsbedingungen der Beschäftigten sowie die Zahlung von angemessenen Löhnen“ weder das Papier noch die Druckerschwärze wert sind. Gegen das neue Lieferketten-Gesetz der EU wird absichtlich und sträflichst verstoßen. Sanktionen? Nicht der Rede wert.

Für seinen Bericht bzw. das Buch hat Siddarth Kara zahlreiche Kleinschürfer, Vertreter von Bergbaugenossenschaften, NGOs, Regierungsvertreter und Zwischenhändlern interviewt.

Nach der Lektüre dieses Buches muss man sich schon fragen, ob und welchen Anteil Jeder oder Jede von uns an dieser Menschen verachtenden Ausbeutung hat.

Fazit:

Keine leichte Lektüre, trotzdem eine Leseempfehlung und 5 Sterne.

Bewertung vom 14.07.2024
Mörderisches Santorin - Zoe und die tödliche Kreuzfahrt (eBook, ePUB)
Humberg, Christian

Mörderisches Santorin - Zoe und die tödliche Kreuzfahrt (eBook, ePUB)


gut

Dieser 2. Krimi rund um Zoe Dahlmann, Halbgriechin und Restaurantbesitzerin auf Santorin, ist ein netter Urlaubskrimi, der sich in wenigen Stunden am Pool eines Kreuzfahrtschiffes oder am Strand lesen lässt. Es muss ja nicht unbedingt Griechenland sein.

Die Überraschung ist gelungen, als Sonja, eine Freundin von Zoe aus Frankfurt im Restaurant erscheint und noch größer das Erstaunen, als Sonja wegen Mordverdachts festgenommen wird. Sonjas Kabinennachbarin auf dem Kreuzfahrtschiff ist erstickt worden.

Ausgerechnet Kommissar Spanos, der schon im ersten Fall für Zoe seine Unfähigkeit unter Beweis stellen durfte, ist Chefermittler. Deshalb bleibt Zoe und ihrem Freund Leon nichts anderes übrig, auf eigene Faust den Mörder zu finden ...

Meine Meinung:

Wie schon erwähnt, gehört dieser Krimi in das Subsubgenre Urlaubskrimi. Leicht zu lesen, ein dümmlicher und ignoranter Polizist und Laien, die ermitteln. Daneben lernen wir Land und Leute kennen, dürfen die kulinarischen Köstlichen und das Flair der griechischen Inseln genießen. Und ja, eine Katze, pardon, ein Kater darf auch nicht fehen.

Hier werden wenige Klischee ausgelassen wie allein reisende ältere Frauen, die von Toyboys angesprochen werden oder das Ambiente eines Kreuzfahrtschiffes.

Fazit:

Wer eine sommerliche Lektüre ohne allzu viel Tiefgang zu Entspannung lesen will, ist hier richtig. Von mir gibt’s 3 Sterne.

Bewertung vom 12.07.2024
Warten auf den Tod / Ein Fall für Alan Grant Bd.1
Tey, Josephine

Warten auf den Tod / Ein Fall für Alan Grant Bd.1


sehr gut

Während gefühlt halb London vor der Theaterkassa angestellt steht, um eine der begehrten Karten für die Vorstellung eines bekannten Musicals zu erhalten, sackt mitten Gedränge ein Mann tot zusammen. In seinem Rücken steckt ein Stilett. Inspector Alan Grant vom Scotland Yard wird mit der schwierigen Aufgabe betraut, den Mord an dem namenlosen Opfer aufzuklären. Der Fall ist wie eine mathematische Gleichung mit mehreren Unbekannten: Niemand hat etwas gesehen oder gehört und die Identität unbekannt. Die wenigen Fakten, die Waffe und die Kleidung, helfen vorerst nicht weiter. Dann stellt sich heraus, dass der Täter Linkshänder gewesen sein muss. Als endlich klar ist, wer das Opfer ist, gerät dessen Freund, der Linkshänder ist, in den Fokus von Grant und flieht. Ein Schuldgeständnis? Inspector Grant reist dem Flüchtigen bis nach Schottland nach ....

Meine Meinung:

Josephine Tey hat mit diesem ersten Fall für Inspector Alan Grant einen fesselnden Krimi, der very british daherkommt, verfasst. Es ist ein Krimi der leisen Töne, einer bei dem sowohl der Ermittler als auch die Leser viel nachdenken müssen. Immer wieder, wenn Grant glaubt, diese komplexe Geschichte endlich auflösen zu können, beschleichen Zweifel und er tut gut daran, seinen Gedanken freien Lauf zu lassen.

Zahlreiche Spuren erweisen sich als Sackgassen und lassen sowohl Grant als auch die Leser ins Leere laufen.

Der Spannungsbogen ist hoch, obwohl er in der Mitte ein wenig abflacht, bevor er durch eine letzten Wendung noch für eine überraschende, aber stimmige Lösung sorgt.

Üblicherweise achtet ja niemand, der nicht selbst davon betroffen ist, auf Linkshänder. Geschickt wird hier die Tatsache benützt, dass man nur das sieht, was man kennt. Selbst der erfahrene Inspector wird in die Irre geführt.

Schmunzeln musste ich, als Grant sich an Hand eines Messtischblattes sich mit der Landschaft in Schottland vertraut macht. Der Begriff "Messtischblatt" ist mir als Vermesserin ja gut geläufig, aber schon lange nicht mehr untergekommen. Im allgemeinen sagt man nun Katasterblatt dazu.

Die Charaktere sind sehr gut getroffen. Man kann sich die Figuren so richtig vorstellen.

Josephine Tey ist das Pseudonym der schottischen Autorin Elizabeth MacKintosh (1896–1952), die vor allem für ihre Kriminalromane bekannt geworden ist. Die Autorin Josephine Tey ist selbst auch eine Protagonistin in der Krimi-Reihe rund um Detective Inspector Archie Penrose, die aus der Feder von Nicola Upson stammt.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Auftakt einer interessanten Krimi-Reihe 4 Sterne und freue mich auf die anderen Fälle.

Bewertung vom 12.07.2024
Der Gesang der Azoren (eBook, ePUB)
Ávila de Borba, Carlos

Der Gesang der Azoren (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Anders als die beiden Gardasee-Krimis von Carlos Ávila de Borba hat mir dieser Roman des portugiesischen Autors sehr gut gefallen. Warum?

Carlos Ávila de Borba erzählt von den Bewohnern der Inselgruppe der Azoren, die ihren Lebensunterhalt seit Generationen als Walfänger verdienen. Inzwischen ist der Walfang stark zurückgegangen, sodass die Männer einer anderen Beschäftigung nachgehen müssen, um ihre Familien zu ernähren. Die Jagd auf Wale ist im Jahr 1984 nur mehr ein Zubrot. Die Anzahl der gejagten Tiere geht drastisch zurück, bis sie zu deren Schutz gänzlich verboten wird. Die von der Regierung versprochenen Ausgleichszahlungen bleiben aus und die zur Untätigkeit verdammten Walfänger lassen ihren Zorn an Mateus, der einige Vorschläge für neue Einnahmequellen wie sanften Tourismus oder ein Walfangmuseum hat, aus.

„Baleia à Vista! Wal in Sicht“ soll das Unternehmen heißen, das in kleinen Booten Touristen Wale beobachten lassen will. Noch wissen weder Mateus noch seine Freunde, mit welchen Schwierigkeiten sie bei der Umsetzung ihrer Idee haben werden.

Meine Meinung:

Als Bewohnerin des Binnenlandes Österreich habe ich zum Walfang recht wenig Beziehung. Vieles, was ich in diesem Roman gelesen habe, war für mich neu. Die Umwälzungen, die das Verbot des Walfanges mit sich gebracht hat, lässt sich auf andere Ereignisse, wie Schließung von Bergwerken umlegen. Zahlreiche Menschen verlieren ihren Arbeitsplatz, ihre Traditionen und damit ihre (vermeintliche) Identität. Das verursacht natürlich Wut und Zorn auf die Bürokraten, die solche Entscheidungen treffen.

Carlos Ávila de Borba beschreibt die Emotionen, die in diesen Jahren hochgekocht sind an Hand von fiktiven Bewohnern der Inseln Fajal und Pico, wie Mateus, Meme, dem Americano, Francisco oder der jungen Französin Manon. Er erzählt von den Bemühungen Mateus‘ und Memes ein Walfangmuseum auf Lajes do Pico zu errichten, in dem die Tradition der Walfänger hochgehalten und deren Leistungen gewürdigt werden.

Der Autor verschweigt auch nicht, mit welchen Schwierigkeiten die fiktive Gruppe um Mateus & Co bei der Umsetzung ihrer Idee haben. Sachbeschädigungen durch die Gegner des Projektes und häufig geänderte Vorschriften der Behörden lassen die Verwirklichung dieser Idee mehrmals beinahe scheitern.

Das reale Walfangmuseum in Lajes do Pico wurde am 28. August 1988 eingeweiht. Im Februar 2023 wurde die Inselgruppe der Azoren als Walschutzgebiet anerkannt und gilt als einer der besten Orte weltweit zur Walbeobachtung.

Der Schreibstil ist leicht und locker zu lesen. Warnen möchte ich vor der detaillierten Beschreibung des blutigen Walfangs, der zartbesaitete Leser verstören kann.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem interessanten Roman, der sich mit der langen Tradition des Walfangs, dessen Verbots sowie den Auswirkungen auf die Menschen beschäftigt, 5 Sterne.

Bewertung vom 12.07.2024
Die Rache auf der Bloody Bridge
Harris, C. S.

Die Rache auf der Bloody Bridge


ausgezeichnet

In diesen nunmehr 10. Fall für Sebastian St. Cyr bekommen wir es wieder mit einem zunächst ziemlich undurchsichtigen Verbrechen zu tun. Auf der als Bloody Bridge bekannten Brücke findet man die kopflose Leiche des wohlhabenden Plantagenbesitzers Stanley Preston, der Kopf daneben auf einen Spieß gesteckt. Der herbeigerufenen Ermittler Sebastian St. Cyr entdeckt in unmittelbarer Umgebung eine Grabplakette mit der Inschrift „King Charles, 1648“, und denkt sofort an den Stuart-König, der ähnlich wie Preston enthauptet wurde. Preston ist als schnell aufbrausend bekannt und seine Sammelleidenschaft, die auch menschliche Köpfe umfasst ist makaber. Nebenbei ist der Tote mit dem britischen Innenminister verwandt, was die Untersuchung des Verbrechens ein wenig delikat macht. Preston wird nicht der einzige kopflose Tote bleiben.

Gleichzeitig taucht mit Lord Oliphant ein Mann aus der Versenkung auf, den zu töten Sebastian St. Cyr gelobt hat. Oliphant ist für Verrat und ein Massaker an Kindern und Nonnen während der Napoleonischen Befreiungskriege verantwortlich. Dass er die aktuellen Verbrechensopfer kennt, lässt ihn als Drahtzieher recht schnell auf der Liste der Verdächtigen an die Spitze rücken.

Meine Meinung:

Sebastian St. Cyr überzeugt wieder einmal auf ganzer Linie – Spannung pur und ein mitreißender Fall. Diesmal begegnen wir Henry Austin und seiner Schwester Jane, die ähnlich wie Hero, Sebstians Ehefrau, einer für damalige Zeiten höchst ungewöhnlichen Beschäftigung nachgeht: Sie ist Autorin, deren Bücher unter einem Pseudonym erscheinen, aber selbst von der Oberschicht gerne gelesen werden. Auch alle anderen historischen Fakten sind nicht nur penibel recherchiert, sondern auch elegant in die Handlung eingeflochten.

Wie schon in den vorherigen Fällen, begibt sich Sebastian wider besseren Wissens in ein Netz aus Verstrickungen, die bis in höchste Kreise reichen. Diesmal muss er sich nicht nur um seine eigene Sicherheit sorgen, sondern auch um die seiner Familie, der er ist Vater des kleinen Simon geworden. Hero entspricht auch diesmal nicht der Ehefrau eines Lords, denn sie stillt das Baby selbst, was zu jener Zeit so gar nicht üblich war. Man hat die Kinder diversen Ammen überlassen, um am gesellschaftlichen Leben weiter teilhaben zu können.

Der Spannungsbogen ist durchgehend hoch. Zahlreiche überraschende Wendungen lassen die Leser beinahe den Überblick über die Ereignisse der Vergangenheit verlieren.

Wie immer ist der Schreibstil dem Lebensstil des 19. Jahrhunderts angepasst. Die Klassenunterschiede werden durch die Ausdrucksweise der verschiedenen handelnden Personen sehr gut dargestellt.

Fazit:

Wer einen penibel recherchierten historischen Krimi lesen möchte, ist hier genau richtig. Ich empfehle, die Reihe mit Band 1 zu beginnen. Gerne gebe ich diesem 10. Fall 5 Sterne.

Bewertung vom 11.07.2024
Schatten über Salzburg (eBook, ePUB)
Blaikner, Peter

Schatten über Salzburg (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

„Mischen sie sich da nicht ein!“

Dieser Roman, der auf einer wahren Begebenheit beruht, ist eine beklemmende Schilderung menschlicher Abgründe, die letztlich eskalieren und in einer Katastrophe enden.

Im Jahr 1993 besetzt eine Gruppe Neonazis den seit Jahren teilweise als Kulturzentrum und teilweise leerstehenden und dem Verfall preisgegebene Petersbrunnhof in der Stadt Salzburg. Harald Schauer, ein Lehrer an einem Gymnasium, lebt mit Frau und Tochter in der Nähe und beobachtet das Treiben mit wachsender Sorge, zumal sich der eine oder andere Schüler sich dem unbekannten Treiben neugierig nähert. Einer davon ist Bernie, der in zerrütteten Familienverhältnissen aufwächst, und der in den jungen Männern, die ihm Halt und Struktur zu geben scheinen, eine neue Familie findet.

Schauer ist ein guter Staatsbürger, der noch an Recht und Ordnung glaubt. Deshalb erstattet er mehrmals Anzeige bei der Polizei als das Treiben im Petersbrunnhof immer lauter wird, die Gruppe weder vor Tätlichkeiten noch vor Beätstigung junger Mädchen und auch vor Sachbeschädigungen nicht zurückschrecken. Die Behörden nehmen ihn jedoch nicht ernst, sondern behandeln ihn als Querulanten und Unruhestifter. Man gibt ihm den „guten Rat“, sich nicht einzumischen. Als dann noch ein eigenartiger Priester die Szene betritt, gerät Schauer vollends den Strudel dubioser Machenschaften, aus dem es kein Entrinnen gibt.

Meine Meinung:

Ich kenne Peter Blaikner schon aus seinem biografischen Roman um die Gangsterbraut Virginia Hill. Doch sind die beiden Bücher nicht miteinander zu vergleichen.

Dieser Roman erzeugt eine Sogwirkung, der man sich kaum entziehen kann. Langsam aber stetig steigt die Spannung, bis es letztlich zur Katastrophe kommt. Dabei sind es nicht unbedingt jene, die diese Spirale der Gewalt in Bewegung setzen, die Verantwortlichen. Die wirklichen Urheber sind erst ganz zum Schluss sichtbar.

„Alles was das Böse braucht, um zu triumphieren, ist das Schweigen der guten Menschen.“ (Jean Ziegler)

Die Gruppe der Besetzer setzt sich aus Veteranen des Jugoslawienkrieges, die in verschiedenen Städten und Dörfer Gräueltaten erlebt und auch verübt haben sowie aus deutschen Neonazis und Berufsprotestierern zusammen. Einige sind alkoholkrank, drogensüchtig oder leiden an kriegsbedingter PTBS. Sie rekrutieren enttäuschte Jugendliche für ihre Zwecke.

Schauer, ist ein desillusionierter Fünfzigjähriger, der langsam an seine Pension denkt, ständig unzufrieden wirkt und auch öfters nörgelt. Er lebt neben seiner Frau her, man kennt sich seit der Schule und hat sich inzwischen wenig zu sagen. Auch mit Larissa, der gemeinsamen Tochter, die gerade in die Volksschule geht, weiß er, der Pädagoge, wenig anzufangen.

Doch was ist von den Behörden zu halten, die Bürger, die Missstände auf- und anzeigen, den vermeintlich guten Rat geben, sich ja nicht einzumischen? Muss da nicht der Verdacht aufkommen, dass hier gemauschelt wird und im Hintergrund Fäden gezogen werden, um eigene Interessen, vielleicht auch gegen den Willen der Bevölkerung durchzusetzen? Kann es sein, dass man die Besetzer nicht nur duldet, sondern auch absichtlich gewähren lässt? Weit weg von Salzburgs Innenstadt, um die Touristen nicht zu verschrecken?

Langsam, aber stetig entwickelt sich eine bedrohliche Grundstimmung zu einem kafkaesken Szenario, die Harald Schauers Umgebung einschließt. Walter, Freund und Nachbar, ist Polizist, macht einige kryptische Andeutungen und steckt Harald, dass er bei der Polizei als Rechtsradikaler gelistet ist. Damit gerät sein Weltbild gehörig ins Wanken.

Im Anhang finden sich Angaben zu den realen Ereignissen von 1993, die diesem Roman teilweise zu Grunde liegen.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem beklemmenden Roman, der Abgründe der Menschen aufzeigt, 5 Sterne und eine Leseempfehlung.