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Yvonnes Bücherecke
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 2 Bewertungen
Bewertung vom 02.03.2018
Mein Leben oder ein Haufen unvollkommener Momente
Bognanni, Peter

Mein Leben oder ein Haufen unvollkommener Momente


weniger gut

Ich habe gehofft, dass mich das Buch emotional umhaut, aber leider blieb dieser Effekt vollkommen aus und ich bleibe unzufrieden zurück.

Die Thematik in Bognannis Jugendbuchdebüt ist tieftraurig. In Zeiten von Web 2.0 ist es fast normal, dass man über das Internet kommuniziert – so wie Tess und Jonah. Sie haben sich einmal gesehen, aber danach fand die Kommunikation ausschließlich in Chats oder per E-Mail statt. Sieben Monate lang schreiben sich die beiden und bezeugen ihre Liebe zueinander, bis Jonah auf einmal nicht mehr da ist, weil er sich umgebracht hat.
Der Umgang mit dem Tod in Zeiten von Facebook und Co.

Wie verarbeitet man den Tod eines Menschen, den man scheinbar gar nicht richtig kannte, aber doch geliebt hat? Wie verabschiedet man sich, wenn die Entfernung zu groß ist? Und was ist, wenn man weiter an seinen toten Freund schreibt und auf einmal eine Antwort erhält?

Diese und weitere Fragen beantwortet Bognanni aus der Sicht der 17-jährigen Tess Fowler in einer seltsamen Geschichte.
Irgendwie skurril, irgendwie besonders, irgendwie nichtssagend

Ich muss gestehen, dass ich viele Szenen der Geschichte wirklich skurril fand, was letztendlich auch der Grund für meine emotionale Distanz gegenüber dem Geschehen ist. Für mich war es einfach seltsam von Bestattungen von Pferden oder Trauerfeiern in Stripclubs zu lesen.

Und auch mit Tess bin ich nie so richtig warm geworden. Ich habe ihre Trauer verstanden und ihren Humor gemocht, aber ihr Verhalten gegenüber ihren Mitmenschen empfand ich oftmals als unnötig kindisch und unangebracht. Die Liebesgeschichte (war es überhaupt eine) habe ich schlichtweg nicht verstanden.

„Aber leider bin ich keine andere, keine nette Tess. Ich bin ich, die ganz normale, blöde Tess.“ (S. 38)

Ich habe für dieses dünne Buch recht lange gebraucht, denn die vielen merkwürdigen Szenen haben meinen Lesefluss oft gehemmt. Die ganze Handlung war sprunghaft und eine Aneinanderreihung von Momentaufnahmen, deren Sinn für den Handlungsverlauf ich nicht immer verstanden habe.

Letztendlich fand ich die Message dieser Geschichte wiederum ganz toll, die die ganze Skurrilität dann doch irgendwie abrundet. Das Leben ist halt nicht perfekt.

„Unser Leben ist ein einziger Haufen unvollkommener Momente. Und genauso unvollkommen ist die Liebe, die wir für andere empfinden.“ (S. 241)

Mich hat das Buch tatsächlich enttäuscht, weil ich etwas ganz anderes erwartet habe. Eigentlich hätten mir die ersten und die letzten 30 Seiten gereicht, denn die waren toll.

Bognanni greift aktuelle und wichtige Themen auf, aber am Ende nehme ich nichts als Fragezeichen aus der Geschichte mit. Sehr schade!

Bewertung vom 28.09.2016
Die Nachtigall
Hannah, Kristin

Die Nachtigall


ausgezeichnet

Das Gelesene liegt bereits ein paar Tage zurück und immernoch fällt es mir schwer meine Gedanken zu diesem Buch in Worte zu fassen. Ich habe noch kein Buch gelesen, dass mich bereits während des Lesens so intensiv bewegt hat.

Kristin Hannah erzählt die fiktive Geschichte zweier Frauen im besetzten Frankreich während des Zweiten Weltkriegs. Zwei Frauen, die sinnbildlich für die vielen Frauen stehen, die daheim um das Überleben der Familie kämpften. Einzelschicksale, die in den Geschichtsbüchern kaum Erwähnung finden, dabei sind sie genau so große Heldinnen wie diejenigen, die direkt an der Front kämpfen mussten.

Vianne und Isabelle sind die Protagonisten der Geschichte und treffen den Leser mitten ins Herz. Obwohl ihr Charakter und ihre Intentionen grundverschieden sind, fühlt man sich beiden sofort verbunden und kann die Handlungen nachvollziehen. Es ist unheimlich traurig zu lesen, wie die Kriegsjahre die jungen Frauen verändern, sie zeichnen. Nicht nur einmal musste ich das Buch aus der Hand legen, um mich kurzzeitig zu sammeln. Immer wieder tauchte in meinem Kopf die Frage auf, wie viel Leid ein Mensch wohl ertragen kann, bevor er gebrochen wird.

Die Darstellung des alltäglichen Lebens der Menschen ist beeindruckend. Nur schleichend kommen die Veränderungen durch den Kriegsbeginn. Zunächst ändert sich nichts.

Alles sah aus wie immer, und das überraschte Isabelle. Krieg zog auf, und sie hatte geglaubt, das würde sich irgendwie in der Landschaft bemerkbar machen, vielleicht indem sich die Farbe des Grases änderte oder die Bäume abstarben oder die Vögel fortflogen, doch nun, während der Zug nach Paris dampfte, sah alles vollkommen normal aus.(S. 41)

Mit zunehmenden Kriegsjahren werden die erbrachten Opfer größer, der Hunger stärker. Selbst für mich, die noch nie einen Krieg miterleben musste, sind die Ängste und die Auswirkungen spürbar. Doch immer steht ein Gedanke im Vordergrund: Liebe ist stärker als Hass.

Nachdem ich die letzte Seite beendet habe, musste ich erst einmal tief durchatmen und meine Tränen wegwischen. „Die Nachtigall“ wird noch eine ganze Weile in meinen Gedanken nachhallen und gehört damit definitiv zu meinen Jahreshighlights.