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leser1357

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Bewertung vom 19.02.2018
Erwachsenensprache
Pfaller, Robert

Erwachsenensprache


ausgezeichnet

Beunruhigende Entwicklungen unserer Kultur der Postmoderne erscheinen plötzlich in neuem Licht: Es besteht tatsächlich ein Zusammenhang zwischen Entsolidarisierung und Demokratiemüdigkeit, zunehmenden Empfindlichkeiten einzelner Gruppen und der Durchsetzung "korrekter" Sprache, und einem Neoliberalismus, der die Individualität des Menschen in den Vordergrund stellt anstatt auf Gleichheit der Staatsbürger zu pochen.

Dafür, dass Robert Pfaller dies bereits in den beiden ersten Kapiteln in bemerkenswerter Klarheit darstellt, gebühren dem Buch 5 Sterne. Gleichheit setzt die Fähigkeit voraus, vom Privaten und Persönlichen abzusehen. Die gegenwärtige Entwicklung dagegen fördert persönliche Empfindlichkeiten und führt zu einer vielfachen Spaltung der Gesellschaft, der damit die Fähigkeit zu Kompromissen, zur Solidarisierung, zur Formulierung gemeinsamer Interessen, und somit die "Erwachsenensprache" verlorengehen.

Die 9 Hauptkapitel sind sehr unterschiedlich geschrieben, leider schleichen sich im Mittelteil auch eine Reihe sinnentstellender Druckfehler ein. Pfaller belegt seine Aussagen unter Verweis auf ein umfangreiches Literaturverzeichnis, worin Slavoj Zizek und Sigmund Freud mit je 15 zitierten Werken den Schwerpunkt bilden. Man braucht nicht jeder psychoanalytischen Tiefgründelei des Autors im Detail zu folgen oder jede Attacke auf den Kapitalismus im Sinne von Yanis Varoufakis für bare Münze zu nehmen, um in diesem Buch erhellende Erklärungen zu finden.

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