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Majo
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Riedlingen

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Bewertung vom 27.05.2024
Der lange Weg zum Krieg
Verheugen, Günter;Erler, Petra

Der lange Weg zum Krieg


ausgezeichnet

Es sind ja nicht nur Verheugen und Erler, es ist ein ganzer Chor von Experten, die das ganz genauso sehen, wie jeder, der Politik noch von Moral unterscheiden kann und der die Geschichte mindestens der letzten 10 oder besser noch der letzten 100 Jahre überblickt. Leider konnte der deutsche Michel das noch nie, er verwechselt Politik immer noch mit dem Streben nach Höherem und Geschichte mit dem Sieg des Guten. So wie er wie er in WW 1 für das "heilige Recht der Nation" und in WW 2 für die höhere Kultur "gegen den Bolschewismus" zu Felde zog, so brüstet sich der Musterschüler Deutschland heute mit seiner überragenden Moralität und ist wieder bereit, Menschen für ideologische Ziele zu opfern, zuerst andere, vor allem die "Bösen", dann sich selbst, im apokalyptischen End-Kampf von "Gut" und "Böse", wenn nötig bis zum "Endsieg" und zur "Endlösung." - Wieder diese Blankoscheckmentalität (gegenüber der Ukraine), wieder diese Nibelungentreue (gegenüber der USA), wieder dieses Wertegehabe, wieder dieses Kompromisslose, wieder dieses Radikale, wieder dieses Totalitäre im Rechthaben und im Verteufeln der Andersdenkenden, wieder diese Selbstgerechtigkeit, die maßlose Selbstüberschätzung und das Sich ins Kinie-Schießen des moralischen Märtyrers, der die Welt mit seinem Ideal erlösen will und lieber alles in den Abgrund reißt, als von seinem "Recht" abzulassen, wieder diese als höhere Menschlichkeit verbrämte Menschenverachtung, wieder diese Verlogenheit des "Heiligen Kriegs". Fiat iustitia pereat mundi! Hoffentlich dauert es nicht wieder bis 5 nach 12, bis auch dieser Albtraum sein Ende findet. Das Unpolitische spreizt sich auf und maßt sich wieder an, politisch zu werden, wird dadurch meta-politisch und zerstört das Politische selbst, das das wahrhaft Menschliche in sich enthält und erhält, in seiner Widersprüchlichkeit und Endlichkeit. Das "romantische" Ideal des wildgewordenen Kleinbürgers vermisst sich erneut, die Realität zu überwinden und will sie lieber zerstören, als sich mit ihr abzufinden. Und wieder diese gefährliche niaiserie allemande: "Wer nicht .....als Angriffskrieg erkennt... sondern als Stellvertreterkrieg bezeichnet..." - Gefährliche Verirrung im Himmel der "reinen" Abstraktion, von der leider wohl nur der schmerzhafte Zusammenstoß mit der Wirklichkeit heilen kann.

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