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PoetryandCoffee
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Hannover
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Bücher und Kaffee und das Leben ist schön!

Bewertungen

Insgesamt 47 Bewertungen
Bewertung vom 11.11.2024
Das Haus der Bücher und Schatten
Meyer, Kai

Das Haus der Bücher und Schatten


ausgezeichnet

Düster und mit subtilem Gruselfaktor

Auch in seinem dritten historischen Roman nimmt Kai Meyer die Lesenden mit ins Graphische Viertel. Diesmal entwickelt sich die Handlung auf zwei Zeitebenen: im Leipzig des Jahres 1933 und in Livland am Vorabend des Ersten Weltkriegs 1913.

Es geht um Intrigen, Mord, Mystik, politisches und persönliches Gewissen, die kompromisslose Obsession zur Literatur, unfertige Manuskripte, Rache, intelligente Frauen und einen in Ungnade gefallenen Kriminalinspektor. Wie auch die Vorgängerbücher von Kai Meyer, konnte ich diesen Roman bis zu seinem Ende nicht aus den Händen legen.

Der Autor überzeugt mit seiner dichten und eindringlichen Schreibweise. Die Charaktere sind durchweg interessant und unvorhersehbar in ihren Reaktionen. Das in die Geschichte eingewobene Thema der Mystik gibt Setting und Plot einen besonderen Twist von subtilem Horror.

Dieser Roman ist wie gemacht für die dunkle Jahreszeit. Jede/-r, der Freude an Büchern, spannenden Figuren und leichtem Grusel hat, wird die Lektüre genießen.

Bewertung vom 05.11.2024
Offiziell verrufenes Buch
Scharrenberg, Philipp

Offiziell verrufenes Buch


ausgezeichnet

"Offiziell Verrufenes Buch" attackiert Lachnerven und Gehirnverbindungen

Das "Offiziell Verrufene Buch" von Philipp Scharrenberg serviert in kleinen Häppchen eine Sammlung von Texten, Dialogen und Gedichten mit einer großen Portion Humor, Intelligenz und Wortgewandtheit. Die Lesenden snacken sich durchs Buch und füttern ihr Gehirn mit heiteren Gedankenblitzen. Hier ist für jeden Geschmack etwas dabei und die acht Audiolinks, in denen der Autor ausgewählte Texte vorliest, erhöhen nur den Genuss.

Ein absolut empfehlenswertes Buch, das gute Laune macht, zum Nachdenken anregt oder Alltägliches mal anders präsentiert.

Bewertung vom 30.07.2024
Artemisia Gentileschi und Der Zorn der Frauen
Jaskulla, Gabriela

Artemisia Gentileschi und Der Zorn der Frauen


ausgezeichnet

Artemisia Gentileschi - Ein (Ba)rockstar in der Malerei

Gabriela Jaskulla entfaltet in ihrer Romanbiografie "Artemisia Gentileschi und Der Zorn der Frauen" schillernd, eindrucksvoll und mitreißend das Leben der Ausnahmekünstlerin Artemisia Gentileschi. Die Datenlage zu ihrem Leben ist lückenhaft, vieles bleibt im vagen, doch die Autorin versteht es meisterhaft, daraus eine dichte und glaubwürdige Darstellung des Alltagslebens der Künstlerin im Italien des Barock zu erzählen. Schon der Titel weist darauf hin, dass es in einer zweiten Ebene aber um mehr als eine Frau geht. Artemisia als Frau, ihrer Zeit im Denken, Handeln und ihrer Kunst weit voraus, kann auch als Symbol für alle Frauen, damals und heute, gesehen werden. Unabhängig, frei und unbeugsam überlebt sie in einer von Männern dominierten Welt und findet ihren Weg und ihre Bestimmung in ihrer Kunst, die noch immer beeindruckt und berührt - so haben mich auch die Bildbeschreibungen in der Romanbiografie am meisten verzaubert. Das Leben der berüchtigten Gentileschi könnte durchaus wie in diesem Buch geschildert, verlaufen sein. Es ist eine mögliche Version, eine, die mich bis zuletzt tief in das Zeitalter des Barock, seiner Kunstszene und das Leben dieser starken Malerin hat eintauchen lassen.

Bewertung vom 26.07.2024
Die schönste Version
Thomas, Ruth-Maria

Die schönste Version


ausgezeichnet

Chronik einer toxischen Beziehung

In einer ostdeutschen Kleinstadt um das Jahr 2010: Jella und Yannick erleben in ihrer Beziehung die erste große Liebe, das ganz große Glück aber, wie sich herausstellt, auch das größte Unglück.

Als Jella nach einer Eskalation Yannick fluchtartig verlässt und wieder bei ihrem Vater in ihrem Kinderzimmer wohnt, fragt sie sich, wie es so weit kommen konnte. Sie blickt zurück und erzählt von ihrer Kindheit, den Freundinnen und Freunden, der Zeit des Erwachsenwerdens und den Momenten mit ihrer großen Liebe Yannick, ihren Träumen und Zweifeln. Die Autorin Ruth-Maria Thomas verleiht Jellas Erzählstimme eine fast perlende Leichtigkeit trotz des schwierigen Themas. Der Sound des Buches hat mich nur so durch die Geschichte getragen. Intensiv und nah an den Protagonist*innen habe ich teilgenommen an Jellas und Yannicks Kampf um ihre Liebe, war bezaubert, entsetzt und wütend. Diese Beziehung ist wie eine Achterbahn: es geht sehr hoch hinauf und tief hinunter, immer mit der Gefahr hinausgeschleudert zu werden. Schmerzhaft schön, brillant geschrieben und sehr gut zu lesen.

Bewertung vom 04.06.2024
Der falsche Vermeer
Odijk, Patrick van

Der falsche Vermeer


ausgezeichnet

Ein Kunstskandal macht Schlagzeilen

Das Leben des Kunstmalers und -fälschers Han van Meegeren, der in den 1930er Jahren mit seinen Fälschungen der "biblischen Vermeers" die gesamte Kunstwelt täuschte und ein Millionenvermögen verdiente, ist die Inspiration für den Roman "Der falsche Vermeer" von Patrick van Odijk: Die junge Reporterin Meg van Hettema gelangt an die Story ihres Lebens um die schillernde Figur des Malers Jan van Aelst, der niederländische Kunst an Nazis verkauft hat. In der Nachkriegszeit werden die Fragen nach Kollaborateuren und Kriegsgewinnlern laut gestellt. Auch van Aelst werden derartige Verbrechen vorgeworfen. Doch so einfach lässt sich die Person des egomanischen Kunstmalers nicht greifen und verurteilen. Auch Meg und sogar die Polizei machen diese Erfahrung, denn der Maler erzählt seine eigene Geschichte und legt seine Beweggründe in spannenden Plot-Twists der Geschichte dar. So erhält man als Leser*inn nach und nach einen interessanten und spannenden Einblick in die Kunstfälscherszene der Niederlande während der deutschen Besatzung und nach 1945.

Ich habe das Buch sehr genossen, denn es verquickt in idealer Weise Fakten und Fiktion, Spannung und Information. Dabei geht es u.a. um Themen wie NS-Raub- und Beutekunst, die Frage nach Schuld und Moral, die Echtheit von Kunst und die Glaubwürdigkeit der Experten, die Unabhängigkeit der Frauen sowie die Redaktionsarbeit bei Zeitungen. Ein breites Spektrum an Themen, untermalt von entsprechendem Zeitkolorit, interessanten Protagonist*innen und einem glaubwürdigen Setting halten beim Lesen die Spannung bis zum Schluss. Ein Lesevergnügen der besonderen Art.

Bewertung vom 16.05.2024
Quanten-Bullshit
Ferrie, Chris

Quanten-Bullshit


weniger gut

Enttäuschend...

Worum geht es: Der promovierte Quantenphysiker Chris Ferrie erklärt in seinem Buch "Quanten Bullshit", was Quantenphysik eigentlich ist und entkräftet gleichzeitig alle esoterischen Fake News aus der Quantenwelt.

Der Autor will den Leser*innen locker und leichtfüßig auf sehr humorvolle und joviale Weise das Thema näherbringen und erklären. So weit, so gut. Leider sind weder sein Humor noch seine Didaktik mein Fall. So weiß er z. B., dass ich "Mathematik in der Schule nie leiden konnte", meine "Hausaufgaben vernachlässigt habe" und eigentlich immer nur über meinen "kleinen Köter und meine Keto-Diät" reden möchte, was mich wiederum davon abhält, seinen Ausführungen zu folgen. Und damit ich wichtige Aussagen nicht vergesse, macht er mir extra einen Kasten drumherum. Davon einmal abgesehen, fand ich es zeitraubend, die relevanten Informationen zum Thema aus den "humorvollen" Ausführungen des Autors herauszufiltern.

Weiß ich jetzt mehr als vorher zum Thema Quantenphysik? Nein. Ein erneuter Blick in das Physikbuch meiner Schulzeit zur Auffrischung der Kenntnisse hätte es auch getan und viel Zeit gespart.

Fazit: Herrn Ferries Rhetorik zur Erklärung komplexer Sachverhalte ist nicht für jeden etwas. Wer seinen Humor mag, wird sicher viel Spaß mit diesem Buch haben. Leider konnte ich mich dafür nicht begeistern.

Bewertung vom 02.05.2024
Die Tage des Wals
O'Connor, Elizabeth

Die Tage des Wals


sehr gut

Sprachgewaltige Geschichte mit fehlendem Tiefgang

Elizabeth O'Connor schreibt in ihrem Debütroman über das karge und schwere Leben auf einer walisischen Insel am Vorabend des Zweiten Weltkriegs. Die achtzehnjährige Protagonistin Manod träumt davon, der Abgeschiedenheit und Trostlosigkeit ihres Daseins eines Tages zu entfliehen. Als der titelgebende Wal ans Ufer gespült wird, kommen zwei Engländer*innen aus Oxford auf die Insel und die achtzehnjährige Manod sieht eine Möglichkeit, ihre Träume von Bildung und einem weniger beschwerlichen Leben zu verwirklichen.

Der 206 Seiten schmale Roman oszilliert zwischen den Beiträgen der Protagonistin Manod, Berichten der Forscher*innen zum Inselleben, mythologischen Geschichten und Volksliedern der Insel. Alles zusammen ergibt für die Lesenden eine Vorstellung der zeitgenössischen Lebensumstände auf der Insel, die die Autorin mit einer großartig klaren und kraftvollen Sprache beschreibt. Leider bleibt meiner Meinung nach der Plot hinter der Sprache zurück. Die Figuren wirken seltsam emotionslos und nicht wenige Erzählstränge in der Geschichte bleiben offen, was ein tiefergehendes Verständnis der Charaktere erschwert.

Wer einen Eindruck der überzeugenden Erzählkraft der Autorin bekommen möchte, keine Scheu vor offenen Enden hat, spröde Charaktere und Landschaften mag, der ist hier richtig. Auf jeden Fall macht das Buch neugierig auf weitere Werke aus der Feder der Autorin.

Bewertung vom 17.04.2024
Das andere Tal
Howard, Scott Alexander

Das andere Tal


ausgezeichnet

Ein starkes Debüt

Scott Alexander Howard beschreibt in seinem Roman "Das andere Tal" das Leben von Odile, einem schüchternen sechzehnjährigen Mädchen, das sich in einen Jungen verliebt, von dem sie weiß, dass er sterben wird. Sie leben in einer dystopischen Welt mit drei Tälern, in denen mit einem Abstand von jeweils 20 Jahren neben der Gegenwart auch die Vergangenheit und die Zukunft existieren. Diese Täler werden von dem absolutistischen Staat rigoros voneinander getrennt und bewacht. Es geht aber auch um das Erinnern, den Tod, die Trauer, das Leben, das Erwachsen werden, das Treffen von richtigen und falschen Entscheidungen und deren Folgen, um Einsamkeit, das Verstoßen gegen Regeln, das Gewissen und die Möglichkeit zweiter Chancen, darum was Zeit ist und so viel mehr. Ein kluges, nicht immer ganz einfaches Buch, das durch seine klare und schöne Sprache überzeugt.
Die spannende Geschichte um Odile hat mich gefesselt, emotional aufgewühlt und nicht mehr losgelassen. Selbst nachdem ich das Buch ins Regal gestellt habe, beschäftigen mich die dort aufgeworfenen Fragen noch immer und ich denke nicht, dass sich dies so schnell ändern wird.

Bewertung vom 02.04.2024
Mit den Jahren
Steenfatt, Janna

Mit den Jahren


ausgezeichnet

Was wäre wenn...?

Drei Protagonist*innen, drei Leben. Janna Steenfatt lässt die Lesenden intensiv am Alltag, den Träumen, Wünschen, Problemen, verpassten und ergriffenen Möglichkeiten von Jette, Lukas und Eva teilnehmen. In aneinander gereihten und untereinander verwobenen Momentaufnahmen folgen wir der Geschichte der Autorin Jette, dem Künstler Lukas und der Lehrerin Eva.

Janna Steenfatt schreibt intensiv nah dran am Leben und so kommen mir die Figuren irgendwie vertraut vor. Nicht mehr ganz jung und in ihrem Alltag festgelegt, stellen sie sich die Fragen, die sich wohl fast jede*r mit den Jahren stellt: Ist dies das Leben, das ich mir vorgestellt habe? Wie kam ich zu diesem Leben und welche Ursachen und Zufälle haben dazu geführt? Oder hätte auch alles ganz anders verlaufen können? Warum habe ich von all den möglichen Leben dieses gewählt? Was brauche ich zum glücklich sein?

Ich bin den Höhen und Tiefen der Personen gern gefolgt, habe Situationen, Entscheidungen und Fragen mit reflektiert, ganz so, als ob es Freunde wären und war dann doch vom Ende überrascht.

Bewertung vom 27.03.2024
Die Frau am Fluss / Loreley Bd.1
Popp, Susanne

Die Frau am Fluss / Loreley Bd.1


ausgezeichnet

Sagenhafter Roman vor dem Hintergrund des Rheins in der Romantik

Die Protagonistin Juliane wächst als mittellose Waise im Bacharach am Rhein des Jahres 1817 bei ihrer Pflegefamilie auf und arbeitet dort als Magd im Gasthof ihres Vormunds. Julianes außergewöhnliche Schönheit gerät ihr im Umgang mit den Menschen oft zum Nachteil, bis sie Johann kennenlernt, der Eltern und Geschwister verloren hat und versucht, seinen Platz im Leben zu finden. Doch die Vergangenheit holt beide ein und auf dem Loreley-Felsen spitzen sich die dramatischen Ereignisse zu.

Die Autorin Susanne Popp arbeitet in ihrem neuen Buch "Loreley" mit ganz unterschiedlichen Elementen: Sie verwebt Informationen zur Rheinbegradigung und historischen Personen mit märchenhaften und mystischen Anteilen sowie wunderbaren Landschaftsbeschreibungen zu einem spannenden Roman. Die verschiedenen Handlungsstränge verbinden sich im Verlauf der Geschichte und entwickeln eine Sogwirkung, der ich mich nicht entziehen konnte. Ich bin nur so durch die Seiten geflogen und warte nun sehnsüchtig auf Band 2, der im Herbst 2024 erscheinen soll.

Wer gern historische Romane liest, die märchenhafte sowie mystische Anteile enthalten und das Lokalkolorit des Rheins zur Zeit der Romantik genießt, ist hier richtig. Eine spannende Lektüre, die ihre Leser*innen sehr gut unterhält.