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RomLit.

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Bewertung vom 24.04.2013
Literaturwissenschaft als Kulturwissenschaft
Schößler, Franziska

Literaturwissenschaft als Kulturwissenschaft


sehr gut

Literaturwissenschaft als Kulturwissenschaft: Eine Einführung – (Prof. Dr.) Franziska Schößler (Universität Trier) nimmt sich einer komplexen Thematik an, deren Popularität immer mehr zunimmt.

Der Inhalt dieses Buches gliedert sich in zwei verschiedene, sich aber komplettierende Bereiche, die durch eine sehr gute und informative Vorbemerkung eingeleitet werden:
Im ersten Bereich werden Historische Kulturtheorien präsentiert, die als Basis in der kulturwissenschaftlichen Forschung gelten können. Protagonisten dieser einschlägiger Theorien wie Georg Simmel, Ernst Cassirer, Max Weber, Sigmund Freud, Pierre Bourdieu, Michel Foucault und Niklas Luhmann werden dem Leser zugänglich gemacht und mithilfe von informativen Steckbriefen in grau hinterlegten Informationskästchen definiert.

Der zweite Bereich charakterisiert sich durch Aktuelle Debatten wie dem New Historicism, Gender Studies, Postcolonial Studies, usw. die umfassend dargestellt und diskutiert werden. Die Theorien werden anhand kanonischer Literatur exemplifiziert und praxisorientiert umgesetzt. Speziell die kontroverse Diskussion um Gender Studies und Postcolonial Studies wird hervorragend debattiert. Die Darstellung erfolgt durchgängig kohärent und führt sukzessive tiefer in die Konzepte ein, die dem Leser (mitunter) aber ein sehr hohes Abstraktionsniveau abverlangen. Zum vollständigen Verständnis der ungefähr jeweils 30 Seiten langen Subkapitel muss man an wissenschaftliche Literatur und die Terminologie literatur- bzw. kulturwissenschaftlicher Theorien gewöhnt sein. Das Werk wird als Einführung klassifiziert, was insgesamt sicher zutrifft, dafür an manchen Stellen allerdings ein zu großes Vorwissen präsupponiert (z.B. Teile der Freud’schen Psychoanalyse). In diesem Kontext soll auch erwähnt werden, dass es kein Resümee am Ende eines Kapitels gibt, das den Inhalt rekapitulieren würde. Unterstützend wirken allerdings das Glossar, das signifikante Konzepte nennt und präzisiert und die Marginalien (Randnoten), die prägnante Stichwörter liefern. Auch die zitierte Forschungsliteratur, die als Fußnote bzw. im Literaturverzeichnis und am Ende jedes Kapitels zu finden ist, stellt sich als hilfreich dar, um konkrete Phänomene im Original zu recherchieren.

Insgesamt erweist sich dieses Buch als sehr interessant und aufschlussreich und besticht durch hohe Wissenschaftlichkeit, vorbildliches Layout und thematische Ausgewogenheit. Die Unterteilung in zwei Hauptkapitel ist didaktisch sehr sinnvoll und simplifiziert den Einsteig.

Aufgrund persönlicher Erfahrungen erscheint es plausibel Literaturwissenschaft als Kulturwissenschaft Studierenden (ob Anglistik, Germanistik oder Romanistik) nahe zu legen, die sehr an der interdisziplinarischen Beziehung zwischen Kultur- und Literaturwissenschaft interessiert sind und die an der Universität Einführungen in beide Fachbereiche absolviert haben. Das Buch eignet sich hervorragend um vorhandenes Wissen zu fundieren und „tiefer in die Materie“ einzutauchen. Relevanz erlangt es vor allem durch die historisch skizzierte Entwicklung dieses Fachbereiches und das Aufzeigen methodologischer Ansätze, die bei der eigenen Forschung (u.a. Haus- oder Abschlussarbeiten) von Nutzen sein können.