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Soldat im Einsatz
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Kabul

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Bewertung vom 08.04.2010
Der unerklärte Krieg
Kornelius, Stefan

Der unerklärte Krieg


schlecht

Jeder hat das Recht auf einen eigene Standpunkt. Das Problem politischer Bücher, die von Journalisten geschrieben werden, besteht darin, dass ihr Standpunkt schon fest steht, bevor sie die erste Zeile (des Buches) geschrieben haben. Zu lange haben sie vorher recherchiert, berichtet und vor allem kommentiert. Journalisten sehen es heute ja als ihre vordringliche Pflicht an, ihre subjektive Meinung zu verbreiten. Kommentare sind gefragt, jedenfalls mehr als Fakten. Und in diese Falle ist auch Kornelius getreten. Er weiß viel und hat sich intensiv mit deutscher Politik beschäftigt. Und mit Afghanistan. Allerdings fehlt ihm die professionelle Distanz, weil man fast auf jeder Seite merkt, dass schon vorher fest stand, was raus kommen sollte. "Wagenburgmentalität", "Wilhelminismus" "weiche" versus "harte" Macht, das sind Begriffe, die man gerne auf der Kommentarseite der Süddeutschen Zeitung liest. In eine politische Analyse gehören sie nicht . Vielleicht soll das Buch ja auch gar keine Analyse sein sondern eben "nur" ein "Standpunkt". Mit Verlaub, bei Büchern mit seriösem Anspruch auf Darstellen, Beurteilen und Folgern interessiert der subjektive Standpunkt weniger als die plausible Ableitung und Argumentation. Und da liegt das Problem des Buches. Schon der Umgang mit dem Begriff "Taliban" lässt nicht darauf schießen, dass der Autor über tiefer gehende Kenntnisse von der zugegebnermaßen kompolexen Struktur der "Taliban" in Afghanistan verfügt. Das Buch hat auch den Nachteil in dieser schnellebigen Zeit nicht mehr aktuell zu sein. Manches, was Kornelius schreibt, mag zum Zeitpunkt des Verfassens so gewesen sein, heute ist es nicht mehr so. Dafür kann Kornelius nichts. Hätte er sich auf die Analyse zu einem bestimmten Zeitpunkt beschränkt, wäre das legitim gewesen. Aber zu verführerisch ist es, den Generalangriff auf die deutsche Politik zu starten. Das "Schweigekartell" (Bundesregierung (welche eigentlich, die alte oder die jetzige oder beide?), Parlament und militärische Führun, (die alte, die neue oder beide?) wird angeprangert.
Schweigen ist schlimm für Journalisten, zugegeben, aber Geschwätzigkeit kann noch schlimmer sein.
Vieles ist richtig, was Kornelius beschreibt, manches liegt tatsächlich im Argen, aber der Holzschnitt eignet sich leiuder nur für die Verbalattacke, zielführend ist er nicht und von Alternativen, konkreten Handlungsoptionen liest man leider auch nichts. Ist das zuviel verlangt für einen "Standpunkt?"

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