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VoKa

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Insgesamt 17 Bewertungen
12
Bewertung vom 06.11.2024
Blutrotes Karma
Grangé, Jean-Christophe

Blutrotes Karma


ausgezeichnet

Vom Okzident zum Orient

Gleich mit seinem Erstlingswerk »Der Flug der Störche« aus dem Jahr 2007 schaffte Grangé den internationalen Durchbruch. Oft wählt er weit entfernte Schauplätze, wo er Frankreich mit der Handlung verknüpft.

Im Titel des Buches »Blutrotes Karma« steckt bereits die Aussage, dass es hier um etwas Spirituelles geht. In indischen Religionen wie bspw. dem Hinduismus oder dem Buddhismus ist die Lehre des Karmas eng mit dem Glauben an die Wiedergeburt verbunden.

Die Handlung geht zurück in das Jahr 1968. Studentischer Protest und das Aufbegehren der Arbeiter treffen zusammen. Es wird für ein besseres Arbeitsrecht demonstriert. Das öffentliche Leben existiert praktisch nicht mehr. Verdruss, Wut, Hass – all das ergießt sich auf den Straßen von Paris. Eine Studentenrevolte ungeahnten Ausmaßes gleicht einem Armageddon. Ein gewisser Daniel Cohn-Bendit wird zum Sprecher der Studenten. Ein sehr interessanter Einblick in die damalige politische Lage in Frankreich.

Mitten hinein in die Unruhen geschehen zwei grausame Morde an jungen Studentinnen in Paris. Hervé ist schockiert, denn er findet die erste Leiche – seine Freundin Suzanne. Wenig später wird eine weitere Studentin tot aufgefunden. Dabei handelt es sich um Cecilé, eine Freundin von Suzanne und Nicole, die dritte Studentin im Bund.

Sowohl Suzanne als auch Cecilé wurden vollkommen nackt aufgehängt an den Handgelenken mit den Armen nach oben in unterschiedlichen Yoga-Posen aufgefunden. Nichts weist daraufhin, dass die Morde etwas mit den Unruhen zu tun haben könnten.

Hervé ruft seinen Bruder Jean-Louis Mersch an. Die Halbbrüder haben dieselbe Mutter aber zwei verschiedene Väter. Ihr bisheriges Leben wurde durch eine prekäre Kindheit und eine unsichere Jugend geprägt. Nicole, eine Freundin von Suzanne und Cecilé, hat Angst, dass sie das dritte Opfer sein könnte.

Die drei Protagonisten wollen den Mörder finden und sich Klarheit verschaffen. Mersch ist Kommissar bei der Polizei. Ein schroffer Typ, der fast ständig unter dem Einfluss von Amphetaminen steht. Flashbacks erinnern ihn an seine Zeit als Soldat, wo er im Unabhängigkeitskrieg in Algerien gekämpft hat. Hervé ist Geschichts- und Philosophiestudent. Nicole, spirituell angehaucht, ebenfalls Studentin, befasst sich intensiv mit der buddhistischen Religionslehre. Sie stammt aus einem wohlbehüteten und begüterten Elternhaus.

Jean-Louis, Hervé und Nicole ermitteln auf eigene Faust. In einer wahren Odyssee führt sie der Weg von Paris über Kalkutta, nach Varanasi, dem Ursprungsland des Hinduismus und Buddhismus. In dem sogenannten Elysium (paradiesischer Ort in der Jenseitsvorstellung der Menschheit) erhalten sie Fragen auf ihre Antworten und nehmen eine Spur zum Mörder auf. Zurück in Europa reisen Jean-Louis, Hervé und Nicole zur endgültigen Wahrheitsfindung nach Rom, genauer gesagt in den heiligen Vatikan.

Auf der ganzen Reise bewegen wir uns dabei immer in demselben Handlungsstrang. Kurze Kapitel werden lediglich durch Cliffhanger unterbrochen.

Grangé zeichnet eine präzise Figurenbeschreibung aus. Handlungen und Schauplätze werden ausführlich, präzise und detailliert dargestellt. Das bezieht die grausamen Szenen mit ein. Wir werden mit ungewöhnlichen Erzählstrukturen konfrontiert, die die volle Aufmerksamkeit erfordern. Dabei ist man ständig in Angst und Sorge, dass Jean-Louis, Hervé und Nicole etwas zustoßen könnte. Überall lauern die Gefahren.

Fazit:

Dieser Thriller hätte nicht besser in der heutigen Zeit platziert werden können. Die hier erzählte Geschichte führt die drei Protagonisten vom Okzident zum Orient. Sie ist wie in der Realität gekennzeichnet von Sorgen, Ängsten, auch Aggressionen und Hass.
Man muss sich beim Lesen auf etwas Besonderes einlassen. Es ist nicht nur ein einfacher Thriller, in dem die Polizei einen Mörder jagt. Hier steckt mehr dahinter, es ist alles viel tiefgründiger und wunderbar recherchiert. Die Personen und Schauplätze könnten nicht besser beschrieben sein.
Die Spannungskurve steigt langsam, aber stetig nach oben mit Plot-Twists an Stellen, wo man sie nicht vermutet. Man kann sich nie sicher sein, was einen als nächstes erwartet.
Die Erzählweise besticht durch einen frischen, modernen Stil – manchmal blumig, manchmal etwas lustig, aber auch intellektuell. Eine Sogwirkung ist unverkennbar.
Wer sich für die Geschichte der französischen Studentenrevolte, asiatische Religionen und Spiritualität interessiert, dem kann ich dieses Buch empfehlen. Ein kleiner Kritikpunkt sei allerdings angemerkt: Den Überraschungseffekt hätte ich mir mehr zum Ende hin gewünscht. So ging es »nur« noch darum, wie sich alles klärt. Ich vergebe dennoch fünf Sterne verbunden mit einer klaren Leseempfehlung.

Bewertung vom 02.10.2024
Stalker - Er will dein Leben.
Strobel, Arno

Stalker - Er will dein Leben.


sehr gut

Wenn dich die Vergangenheit einholt

Eric Sanders ist Schauspieler und hat ein festes Engagement am Münchner Residenztheater. Er will mehr, er will berühmt werden und im Rampenlicht stehen. Dieser Wunsch scheint in Erfüllung zu gehen, als er die Hauptrolle im neuen Münchner Tatort angeboten bekommt.

Die Rolle wird ein Erfolg. Die schauspielerische Leistung wird allseits gelobt. Die Zahl seiner Follower auf Facebook steigt rasant. Aber die Medaille hat auch eine Kehrseite. Nicht jeder gönnt ihm den Erfolg. Das muss er sehr schnell erfahren.

Ein Fremder schleicht sich in Erics Identität ein und postet fiese Kommentare in Erics Namen, was einen regelrechten Shitstorm auslöst. Der Fremde gibt sich damit allein aber nicht zufrieden. Er droht damit, seiner Frau Paula und seinem Sohn Leon Gewalt anzutun, wenn er nicht öffentlich im Netz einen Mord gesteht, den er als elfjähriger Junge begangen haben soll.

Aufgrund der Ereignisse ist Erics Leben völlig aus dem Ruder gelaufen. Er kann sich nicht vorstellen, weitere Rollen als Schauspieler zu übernehmen. Eine Produktionsfirma wollte ihn eigentlich für Filmaufnahmen engagieren. Das zerschlägt sich ebenfalls. Wie sich diese einschneidenden Ereignisse auf die Psyche eines Menschen auswirken, hat Strobel sehr deutlich und nachvollziehbar beschrieben.

Eric durchlebt in immer wieder auftretenden Alpträumen ein Déjà-vu, das sich zunehmend konkretisiert. Man wird den Gedanken nicht los, dass die Alpträume einen realen Bezug zu Erics Vergangenheit haben. Er ist verzweifelt und will Licht in seine Vergangenheit bringen. Dafür ist er zu allem entschlossen und das kommt auch sehr gut rüber.

Was wäre gewesen, wenn Eric Sanders nicht so ins Rampenlicht der Öffentlichkeit gerückt wäre? Hätte der Fremde ihn dann auch gestalkt? Und geht es hier nicht auch um eine gestohlene Identität? Diese Fragen sind rhetorisch, aber für mich gibt es keine kausalen Zusammenhänge. Der gespannte Bogen zur Vergangenheit und die damit verbundenen Ursachen wirkten mir etwas überzeichnet.

Das Ende ist völlig unerwartet. Strobel hat es mit Twists geschickt verstanden, die Auflösung und Begründung bis zum Schluss verdeckt zu halten.

Fazit:

Die Handlung beginnt zügig mit einigen Spannungselementen und man ist schnell im Geschehen. Das ändert sich nach der Hälfte des Buches. Eric will endlich wissen, was in der Vergangenheit passiert ist. Zu diesem Zeitpunkt war er elf Jahre alt. Dies wird sehr ausführlich auf ca. 50 Seiten beschrieben. Das war mir zu langatmig, zumal hier die Spannung gefehlt hat. Danach wird es wieder konkret und die Dynamik nimmt zu.
Die einzelnen Kapitel haben eine angenehme Länge ohne Cliffhanger. Wenn man die Abschnitte mit Erics Alpträumen mit einbezieht, gibt es einen durchgängigen Handlungsstrang.
Es ist authentisch und erschreckend zugleich, was einem widerfahren kann, wenn man sich auf Social-Media einlässt und seine Gedanken mit anderen teilt. Wir erfahren außerdem, wie Stalking die physische und psychische Unversehrtheit eines Menschen schädigen kann.
Mir hat die Herangehensweise und Umsetzung des Themas Stalking gut gefallen. Abstriche gibt es von mir für die Ursachenforschung und die damit verbundenen Ereignisse aus der Vergangenheit sowie für die Langatmigkeit im Mittelteil. Wie schon bei seinem vorherigen Psychothriller »Der Trip« konnte mich auch dieser Stand Alone nicht ganz überzeugen. Ich ziehe daher einen von fünf Sternen ab.

Bewertung vom 26.06.2024
Wenn sie lügt
Geschke, Linus

Wenn sie lügt


sehr gut

Hass – Leid – Liebe

Waldesroda ist ein kleiner trister Ort in Thüringen, wo ein verschlossener Menschenschlag lebt. Dort ist damals vor neunzehn Jahren ein unfassbares Verbrechen geschehen, das das Leben komplett verändert hat. Diese Vergangenheit hat Auswirkungen auf die Gegenwart.

In zwei verschiedenen Zeitebenen erzählt der Autor abwechselnd aus der Vergangenheit und der Gegenwart. Zum besseren Verständnis sind die Kapitel jeweils mit »NORAH«, »GORAN« und »ER« übertitelt. Cliffhanger an den Kapitelenden dienen dazu, zum Weiterlesen anzuspornen. Das hat Geschke sehr gut umgesetzt.

Rolaf, Peggy, Marcel, Lisa, Daniel, Norah und Goran sind eine eingeschworene Teenager-Clique. Als sich Norah in den vier Jahre älteren David verliebt, bekommt die Clique erste Risse. David will nicht, dass Norah sich weiter mit ihren Freunden trifft. Aus unerklärlichen Gründen ermordet David ein Liebespärchen und wird kurz nach der Tat und seiner Flucht von der Polizei für tot erklärt. Norah ist fortan nur noch die »Freundin des Killers«. Schweigen nach der Tat bringt die Clique endgültig auseinander.

Weil beide der Vergangenheit entfliehen wollen, zieht Norah nach Dresden und Goran nach Berlin.

Neunzehn Jahre später – Norah ist längst wieder in ihre Heimat zurückgezogen – brechen die alten Wunden wieder auf. Mysteriöse Drohbriefe tauchen plötzlich bei Norah auf. Dort werden Dinge erwähnt, die außer ihr nur noch David wissen konnte. Zudem nennt sie der Briefeschreiber »Äffchen«, so wie David sie liebevoll genannt hatte. Ist es ein Indiz dafür, dass er bei seiner Flucht nicht ums Leben gekommen und jetzt zurückgekehrt ist? Ein spannendes Element, das der Autor hier eingebaut hat.

Auch Goran kehrt aus Berlin zurück. Norahs Mutter Elisabeth, zu der Goran immer ein besonderes Verhältnis hatte, erzählt ihm von den Drohbriefen und bittet ihn, zurückzukommen. Norah und Goran hatten schon immer eine engere Beziehung zueinander, wollten sich dies aber nie eingestehen.

In einer auktorialen Erzählweise wird uns das Leben der Protagonisten Norah und Goran vor neunzehn Jahren und in der Gegenwart als Erwachsene mit Mitte dreißig geschildert. Dazwischen erfahren wir aus den Kapiteln, die mit »ER« beginnen, von einer Person voller Wut und Hass, die sich rächen will. Aber an wem und für was?

Im Laufe der Handlung wird »ER« immer mehr zum zentralen Thema. Norah und Goran versuchen, sie oder ihn ausfindig zu machen. Es kann sich nur um jemanden im näheren Umfeld von Norah handeln. Im Ausschlussverfahren derer, die es sein könnten, wird der Kreis immer kleiner.

Wenn man als aufmerksamer Leser die richtigen Schlüsse zieht, kommt man der Lösung schon bald auf die Spur. Es gibt nur eine Person, die die Drohbriefe geschrieben haben kann, auch wenn Geschke versucht, immer wieder andere Fährten zu legen.

Fazit:

Nach »Das Loft« (2022) und »Die Verborgenen« (2023) ist dies der dritte Stand Alone-Thriller von L. Geschke. Wie man hört, will der Autor sich demnächst wieder einer neuen Reihe widmen.
Die Charaktere der einzelnen Figuren sind sehr gut ausgearbeitet. Das trifft in erster Linie auf Norah und Goran zu.
Was in diesem Thriller weiterhin auffällt, ist die Tatsache, dass wir keine polizeilichen Ermittlungen haben, geschweige denn ein Ermittlerteam – lediglich ein oder zweimal wird ein Polizeieinsatz am Rand erwähnt.
Eingefügte Absätze mit Fallzahlen aus der Kriminalstatistik sind interessant und aufschlussreich. Das hat mir sehr gut gefallen.
Leider konnte mich das Setting nicht ganz überzeugen. Eingefügte Plot-Twists hätten die Handlung bereichert. Von der Dynamik her ist »Wenn sie lügt« nicht der stärkste Stand-Alone des Autors.

Bewertung vom 21.05.2024
Die Sehenden und die Toten / Ein Carla-Seidel-Krimi Bd.1
Piontek, Sia

Die Sehenden und die Toten / Ein Carla-Seidel-Krimi Bd.1


gut

Eine verschmähte Liebe

Kriminalkommissarin Clara Seidel hat sich vor zwei Jahren vom Morddezernat in Hamburg zur Polizeistation Dannenberg ins beschauliche Wendland versetzen lassen. Sie hat dort ein Fachwerkhaus gekauft und ist zusammen mit ihrer siebzehnjährigen Tochter Lana eingezogen.

Es muss in der Vergangenheit etwas in ihrem privaten Bereich passiert sein, das Clara zu diesem Schritt bewogen hat. Sowohl Mutter als auch Tochter versuchen das Geschehene zu verarbeiten – es ist aber mehr ein Verdrängen. Clara hat ein Alkoholproblem und sie leidet hin und wieder an Panikattacken. Ist sie unter diesen Umständen noch für den Polizeidienst tauglich? Lana möchte nur Kontakt mit ihrer Mutter haben und interessiert sich sehr für die Arbeit ihrer Mutter. Beide verbindet die Erinnerung an die Vergangenheit und sie sind auch sonst ein gut eingespieltes Team.

Man kann sich nicht daran erinnern, wann die Polizeistation Dannenberg ein Tötungsdelikt aufzuklären hatte. Aber genau das ist jetzt der Fall. Es geschieht ein Mord an einem achtzehnjährigen Jungen. Justus Libermann wird tot in den Elbtalauen gefunden. Seine Augäpfel wurden entfernt und durch Spiegelscherben ersetzt. Was will uns der Täter mitteilen? Ist es ein möglicher Hinweis auf einen Fetisch, haben wir es mit einem Psychopathen oder einem perversen Mörder zu tun?

Clara Seidel ist für die Polizeistation Dannenberg überqualifiziert und die anderen Mitarbeiter zunächst mit dem aktuellen Fall überfordert. Es fehlen die richtigen Ansätze für die Ermittlungen. Eine Soko wird zusammengestellt. Die Leitung übernimmt Kai Wächter vom Staatsschutz in Hannover. Warum wurde dieser Beamte nach Dannenberg versetzt? Gibt es dafür einen Grund?

Wächter sowie Alexander Libermann, der Vater des Opfers haben einen fiesen Charakter. Wächter ist arrogant und herablassend seinen Mitarbeitern gegenüber. Spannungen zwischen Wächter und Seidel sind unübersehbar. Der Tod seines Sohnes Justus lässt Libermann offensichtlich kalt.

Mit Clara Seidel und deren Tochter Lana habe ich während des Lesens in gewisser Weise Mitgefühl entwickelt. Von Beginn an wird ein Spannungsfeld aufgebaut, das nicht abebbt, aber auch im weiteren Verlauf nicht zunimmt. Während der Erzählung legt die Autorin immer wieder neue Spuren bzw. Hinweise zu Ereignissen und möglichen Tätern aus, um den Leser in die Irre zu führen. Ist ein neuer Verdacht aufgekommen, erweist er sich schnell wieder als haltlos.

Gerade zum Ende hin hätte ich mir aber gewünscht, dass etwas Unvorhersehbares geschieht. So kam es lediglich zu einem anonymen Anruf mit einem Glückwunsch zum Erfolg, den Clara Seidel schaudern lässt. Ein »Woweffekt« ist bei mir nicht eingetreten.

Fazit:

Dieser Kriminalroman ist atmosphärisch und kommt ohne Klischees aus. Schon nach wenigen Seiten kommt man leicht in diesen Plot hinein.
Die Kapitel sind relativ kurzgehalten, was das Lesen positiv beeinflusst. Manche Kapitel enden mit einem Cliffhanger, bei anderen Kapiteln wird die Handlung im darauffolgenden Kapitel fortgesetzt.
Die Autorin beschreibt die einzelnen Charaktere so, dass man sich gut in die Figuren und deren Verhalten hineinversetzen kann. Sie dringt dabei tief in deren Psyche ein. Dafür scheint Piontek ein »Händchen« zu haben.
Als Einstieg in die Kriminalliteratur nicht schlecht, obwohl noch einiges an Luft nach oben bleibt. Von mir gibt es drei Sterne.

Bewertung vom 22.04.2024
Der Ausflug - Nur einer kehrt zurück (eBook, ePUB)
Kvensler, Ulf

Der Ausflug - Nur einer kehrt zurück (eBook, ePUB)


sehr gut

Wahrheit oder Lüge?

Wie jedes Jahr brechen Anna, Milena und Henrik zu einer Wanderung im Norden Schwedens auf. Anna Samuelsson und Henrik Ljungman sind verlobt, Milena Tankovic ist Annas beste Freundin. Anna sowie Milena haben zusammen Jura studiert und Henrik bei den Vorlesungen als Dozent kennengelernt. Im Laufe der Geschichte wird man den Verdacht nicht los, dass Milena auf Anna wegen Henrik eifersüchtig ist.

In einer anderen Zeitebene vor ungefähr zehn Jahren erfahren wir, wie sich Anna und Henrik kennengelernt haben und nähergekommen sind. In einer zweiten Zeitebene erzählt Milena, wie sie versucht hat, mit Henrik Kontakt aufzunehmen. Aber Henrik hat sich für Anna entschieden.

Dieses Jahr möchte Milena ihren neuen Freund Jacob Tessin mitnehmen. Die anderen Beiden stimmen zu, obwohl Henrik nicht begeistert ist. Jacob scheint auch nicht der zu sein, für den er sich ausgibt. Schon auf der Bahnfahrt zum Ausgangspunkt fällt Jacob durch sein eigenmächtiges Verhalten auf. Er will die drei zu einer Touränderung durch die alpine Gebirgslandschaft des Sarek überreden.

Eine Tour, die wesentlich anspruchsvoller und gefährlicher ist als die geplante Route. Jacob hat eine Kletterausrüstung dabei (Haken, Seile, Eispickel) was darauf schließen lässt, dass er nicht nur wandern will.

Auf der Zugfahrt zum Ausgangspunkt kommt es zu ersten Konflikten in der Gruppe. Es entstehen Spannungen zwischen Henrik und Jacob.

Mit zunehmendem Schwierigkeitsgrad der Tour verändern sich die einzelnen Charaktere. Jacob entpuppt sich mehr und mehr als Narziss und Psychopath. Seine Freundin Milena ordnet sich ihm unter. Sie ist ihm hörig, weil sie auch Angst vor ihm hat. Henrik wirkt gleichgültig aber zunehmend auch depressiv, je länger die Tour dauert. Er ist der einzige von den vieren, der mit den Strapazen überhaupt nicht zurechtkommt und sogar zweimal eine Panikattacke erleidet. Anna hingegen hat anfangs einen starken Charakter und feste Prinzipien. Später wirkt sie zuweilen fast paranoid.

Am unsympathischsten habe ich Jacob empfunden. Henrik und Anna haben mir manchmal leidgetan. Milena hat sich nicht als die Freundin von Anna gezeigt, die sie vorgibt zu sein. Jacob hat mehr und mehr einen Keil zwischen die drei getrieben.

Nach einem Erzählstrang, der jeweils mit einem Cliffhanger endet, erfahren wir in eingeschobenen Kapiteln etwas aus der Zeugenbefragung zwischen Kommissar Anders Suhonen und einer anderen Person.

Nach zwei Drittel des Buches war für mich der Spannungshöhepunkt erreicht, danach flachte es eher ab. Was danach geschah, ist eine Überraschung und nicht vorhersehbar. Was ist wirklich passiert? Es gibt keinen Folgeband und somit kann man auch keinen Cliffhanger vermuten.

Fazit:

Eine intensive Beschreibung der vier Charaktere ist Kvensler gelungen. Wie verändert sich die Haltung von Menschen, wenn sie in Gefahrensituationen kommen oder bedrängt werden? Dies hat der Autor sehr eindrucksvoll erläutert.
Die alpine Gebirgslandschaft des Nationalparks Sarek im schwedischen Teil von Lappland ist mit ihrer Schönheit, aber auch mit den abrupten Wetterveränderungen in die Geschichte mit einbezogen worden. Das ist informativ und hat mir sehr gut gefallen.
Neben den positiven Aspekten sind mir aber auch negative Dinge aufgefallen. Tagelang ist die Gruppe Wind, Regen, Eis und Schnee ausgesetzt. Irgendwann ist die komplette Kleidung einschl. Wechselkleidung durchnässt. Sogar die Schlafsäcke werden nass. Und trotzdem gibt es nicht das kleinste Anzeichen einer Erkältung.
Mit der Subline des Buches »Nur einer kehrt zurück« hadere ich etwas. Hiermit legt sich der Autor meines Erachtens bereits fest, dass im Laufe der Wanderung etwas Unwiederbringliches passiert. Oder hatte der Autor Bedenken, dass die Headline »Der Ausflug« alleinstehend zu brav, zu nichtssagend ist?
Viel hat der Autor richtig gemacht, aber einiges hat mir auch nicht gefallen, worauf ich auch eingegangen bin. Daher ziehe ich von fünf Sternen einen ab.

Bewertung vom 16.04.2024
Meeresfriedhof / Die Falck Saga Bd.1
Nore, Aslak

Meeresfriedhof / Die Falck Saga Bd.1


ausgezeichnet

Die Gier nach Macht und Reichtum

Der Roman ist ein gewaltiges Familien-Epos, bei dem es um Intrigen, Erbstreitigkeiten und heimliche Verbindungen, aber auch um Kollaboration, Widerstand und Politik geht.

Die Nachkommen des Reeders Thor »Store-Thor« Falck aus seiner ersten Ehe leben in Bergen. Seine zweite Frau Vera und dessen Sohn Olav sowie deren Familienangehörige leben auf dem Anwesen Rederhaugen bei Oslo. Der abgebildete Stammbaum auf einer der vorderen Seiten hilft dabei, die einzelnen Familienmitglieder besser zuordnen zu können. Eine prima Idee des Autors.

Beide Linien sind zerstritten. Die Oslo-Linie um Vera und Olav ist wohlhabend und hat gute Verbindungen in Wirtschaft und Politik. Die Bergen-Linie um Hans Falck ist verarmt.

Aus verschiedenen Zeitebenen und Handlungssträngen bekommen wie nähere Informationen. Da es hierbei keine chronologische Reihenfolge gibt, ist es nicht ganz leicht, dem Geschehen zu folgen.

Zentrale Themen sind ein Manuskript namens »Meeresfriedhof« und ein Testament. Beide Schriftstücke wurden von Vera Falck verfasst und sind zunächst verschwunden. Doch zunächst der Reihe nach.

1940 sinkt das Passagierschiff »Prinsesse Ragnhild« während des zweiten Weltkriegs nach einer Explosion im Meer. Es ist unklar, ob das Schiff von einer britischen Mine getroffen wurde, oder ob die Explosion durch einen Sprengsatz auf dem Schiff ausgelöst wurde. Mit an Bord befindet sich u.a. der Reeder Thor »Store-Thor« Falck. Seine Frau Vera und ihr kleiner Sohn Olav, die ebenfalls an Bord sind, überleben wie durch ein Wunder das Unglück.

Nach dem Krieg gründet Vera von dem Verkaufserlös der Falck-Reedereien eine Firma und die SAGA-Stiftung. Ihr Sohn und späterer Familienpatriarch Olav Falck hat ein gewaltiges Imperium mit großem Vermögen aufgebaut.

Aus der Bergen-Linie lernen wir nur Hans Falck näher kennen. Der war schon öfters im Nahen Osten als Militärarzt tätig. Dort lernt er Berg kennen. John Omar Berg, ein Mann mit militärischer Ausbildung, wurde schon überall an brenzligen Plätzen im Nahen Osten als »Operator« eingesetzt. Als er im Gefängnis landet, verhilft ihm Hans Falck zur Freiheit. Falck hat gute Beziehungen. Aber der verlangt eine Gegenleistung von Berg. Der soll eine Biographie über Hans schreiben.

Vera hat eine historische Dokumentation über den Untergang der »Prinsesse Ragnhild« und über die Kriegsereignisse ein Manuskript mit dem Titel »Meeresfriedhof« verfasst. Nach Veras Selbstmord sucht deren Enkelin Alexandra, genannt Sasha, nach dem Skript. Sasha ist die Tochter von Olav. In diesem Manuskript könnte Vera über Ereignisse berichten, die offensichtlich nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollen.

Kurz vor ihrem Selbstmord hatte sich Vera das Testament vom Amtsgericht aushändigen lassen. Dieses bleibt zunächst verschwunden. Sowohl Olav Falck als auch seine Tochter Sasha haben Bedenken, dass Vera das bisherige durch ein neues Testament zu ihren Ungunsten ersetzt haben könnte. Und warum hat Vera Selbstmord begangen? Hat es etwas mit »Meeresfriedhof« oder dem Testament zu tun?

Wir lernen im Verlauf der Erzählung die wichtigsten Familienmitglieder und weitere Personen kennen. Der Autor beschreibt die Figuren mit ihren Stärken und Schwächen, so dass man sich einen Eindruck über die Charaktere verschaffen kann. Dabei ist es mir nicht gelungen, eine Beziehung zu irgendeiner Person aufzubauen. Ich empfand alle Beteiligten unsympathisch, die einen mehr und die anderen weniger.


Fazit:

Dies ist ein wundervoller Roman, der die volle Konzentration des Lesers erfordert. Und trotzdem oder gerade deswegen hat es mir ein besonderes Vergnügen bereitet, »Meeresfriedhof« zu lesen.
Authentisch ist die Existenz des Passagierschiffes »Prinsesse Ragnhild« und der Untergang des Schiffes nach einer Explosion während des zweiten Weltkrieges. Existent sind auch die meisten Namen von Orten und Städten. Die deutschen Widerstandskämpfer an Bord sind authentisch nachempfunden. Alles wirkt stimmig und gut recherchiert.
Aslak Nore hat es hervorragend verstanden, verschiedene Zeitebenen und Schauplätze sowie Authentizität und Fiktion miteinander zu verbinden.
Das vorläufige Ende ist ein Cliffhanger, der eine »Brücke« zu Band 2 »Felsengrund« baut. Das ist Aslak Nore gut gelungen.
Wer Romane mag, die an historische Ereignisse anknüpfen, sollte sich dieses Buch nicht entgehen lassen. Ich bin auf die Fortsetzung gespannt. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung mit fünf Sternen.

Bewertung vom 08.03.2024
Der Angriff / Last Line of Defense Bd.1
Gruber, Andreas

Der Angriff / Last Line of Defense Bd.1


sehr gut

Die letzte Instanz

Mit diesem Thriller widmet sich Österreichs Top-Thriller-Autor Andreas Gruber einem anderen Genre als in seinen bisherigen Büchern – dem der Action-Thriller und Geheimagenten. Die temporeiche Schreibweise sowie die häufigen Kampfszenen könnte hauptsächlich die jüngere Leserschaft erfreuen und in ihren Bann ziehen, aber auch für die übrige Leserschaft dürfte der Stoff von Interesse sein.

Wir lernen im Laufe des Thrillers die Protagonisten Jayden D. Knoxville, Erik Tuomi und Leonarda (Lenny) Zarakis näher kennen. In zeitlich verschiedenen Handlungssträngen erfahren wir abwechselnd von dem Geschehen in der Gegenwart und rückblickend hauptsächlich etwas aus Jaydens Vergangenheit.

Die drei werden für ein Ausbildungsprogramm einer Geheimorganisation der britischen Regierung angeworben. Diese Organisation trägt den Namen »Last Line of Defense« (Letzte Linie der Verteidigung).

Die jungen Rekruten werden in einer dreijährigen harten Ausbildung an einem geheimen Ort geschult. Nach ihrem ersten Ausbildungsjahr bekommt Team Omega, wie die Dreiergruppe genannt wird, praktisch als Zwischenprüfung ihre ersten realen Einsätze.

Jaydens erster Einsatz verläuft dabei alles andere als geplant. Er soll getarnt in der Postabteilung der britischen Botschaft in Argentinien Erfahrungen über die Abläufe dort sammeln. Ein Anschlag auf die Botschaft lässt diesen Einsatz aber aus dem Ruder laufen.
Dieser Anschlag hat etwas mit der Investigativ-Journalistin Sofia Gonzáles zu tun, die dem High-Tech-Konzern Futurotec brisante Daten gestohlen hat. Nach einer wilden Verfolgungsjagd durch Buenos Aires sucht sie Schutz in der Botschaft. Doch wer steckt dahinter? Der argentinische Geheimdienst AFI (Agencia Federal de Inteligencia), die argentinische Mafia, oder eine mysteriöse Frau namens Amanda Woolf? Dieser Name taucht im weiteren Verlauf immer mal wieder auf.

Nach diesem spannungsgeladenen Auftakt flacht die Handlung zunächst ab. Das ist nach solch einem Opening verständlich. In einem eher langatmigen Mittelteil bekommen wir die einzelnen Ausbilder vorgestellt. Ihre Stärken und Schwächen werden charakterisiert und ihre Zuständigkeiten erörtert.

Danach nimmt die Spannung wieder Fahrt auf. Wir erleben eine wilde Jagd von Jayden zusammen mit Sofia sowie ihren Verfolgern gespickt mit vielen Spannungseffekten. Das tut dem Plot sehr gut. Von Erik Tuomi erhalten sie dabei Unterstützung. Der hat auch in brenzligen Situationen immer einen coolen Spruch parat – das lockert auf – Prima!! Von Lenny hören wir in dieser Phase wenig, sie ist nicht unmittelbar beteiligt. Hervorzuheben sind auch einige tolle Ideen, die Gruber in den Plot mit eingebaut hat (wie bspw. Jayden und Sofia an der Flughafenkontrolle unbemerkt eine Glock samt Schalldämpfer vorbeischmuggeln).

Man kann sich in die Figuren gut hineinversetzen und fiebert regelrecht mit, dass sie die brenzligen Situationen schadlos überstehen.

Wie auch zuvor in den Kapiteln endet der erste Band mit einem Cliffhanger und man weiß noch nicht, wie es weitergeht. Insgesamt drei Bände soll es von dieser Kleinserie geben. Nach dem ersten Band (Der Angriff) darf man gespannt sein, wie es weitergeht im zweiten Band (Die Bedrohung).

Fazit:

Beim Lesen hat mich dieser Plot etwas an den ersten Band von Chris Mortons »DEEP SLEEP« erinnert, wenn die Grundausrichtung hier auch eine andere ist.
Mit seinem unterhaltsamen und intelligenten Schreibstil nimmt man Gruber ab, was er schreibt, wenn es auch sehr fiktiv ist. Das Setting hat mich überzeugt.
Die Cliffhanger an den Kapitelenden mit den Sprüngen hin und her in die jeweils andere Zeitebene sorgen für zusätzliche Spannung. Man will erfahren, wie es weitergeht und dafür hat Gruber auch gesorgt.
Ohne den etwas langgezogenen Mittelteil mit der »Vorstellungsrunde« der Ausbilder wäre es für mich ein echter Pageturner gewesen.
Ich bin auf den Folgeband im November dieses Jahres gespannt und gebe für diesen ersten Band eine Leseempfehlung sowie vier von fünf möglichen Sternen.

Bewertung vom 27.02.2024
Die Insel des Zorns
Michaelides, Alex

Die Insel des Zorns


weniger gut

Diese Geschichte ähnelt eher einem Theaterstück in fünf Akten, so wie die einzelnen Abschnitte auch übertitelt sind (Akt I, Akt II usw.), niedergeschrieben von einem Schriftsteller und Dramaturgen, wie er sich selbst nennt.

Sieben Personen verbringen eine gemeinsame Zeit auf einer einsamen Insel. Nur der Verwalter Nikos lebt dort dauerhaft. Die fiktive griechische Insel trägt den Namen Aura. Sie befindet sich im südlichen Teil der Ägäis und gehört zur Inselgruppe der Kykladen wie z.B. Mykonos. Die Einheimischen nennen Aura ehrfurchtsvoll »Die Insel des Zorns«, weil Wirbelstürme die Insel oft von der Außenwelt abschneiden.

Kann man den Titel des Buches aber nicht auch anders deuten? Beispielsweise könnte es auch eine bewusste Andeutung der Zornesausbrüche einiger Figuren sein!?

Abgesehen von dem Erzähler ist Lana Farrar die Protagonistin dieser Geschichte. Sie war einst eine gefeierte Hollywood-Schauspielerin und war mit dem Hollywood-Regisseur Otto Krantz verheiratet. Er hat auch diese Insel erworben und Lana geschenkt. Außer Lana sind noch ihr Ehemann Jason, ihr siebzehnjähriger Sohn Leo, ihre beste Freundin Kate sowie die Haushälterin Agathi, der Verwalter Nikos und Elliot Chase auf der Insel. Nicht alle können Chase leiden. Einige haben eine ablehnende Haltung ihm gegenüber, zuweilen tritt sogar Hass auf.

Die Erzählung erfolgt durchgehend von Elliot Chase. Durch seine Sichtweise bekommen wir fast ausschließlich von ihm Einblicke in das Handeln der einzelnen Figuren. Und was ist eigentlich mit ihm? Wir erfahren von Chase, dass er keine schöne Kindheit hatte und sich unsterblich verliebt hat. Durch seine Erzählungen erfahren wir viele Charaktereigenschaften – gewollt oder ungewollt? – über sich selbst. Er ist zum Beispiel eifersüchtig (Die Treffen von Lana und Jason hält er penibel nach Ort und Uhrzeit in einem Notizbuch fest). Aber auch über Lana selbst hat er viel zu berichten. Es hat den Anschein, dass er sie ausspioniert.

Zwischen den einzelnen Personen entstehen Spannungen, die sich mit der Zeit verstärken. Keiner traut dem anderen, und es wird Kritik geübt an dem einen oder der anderen. Chase ist in meinen Augen ein Intrigant und Soziopath. Er will die Handlungsabläufe so beeinflussen, wie es für ihn am vorteilhaftesten ist. Mit seinem Verhalten säht er Zwietracht unter den anderen Personen.

Es ist schwierig zu glauben, was er erzählt. Viele seiner Szenen entspringen seiner Fantasie und er adaptiert sie in den Ablauf der Geschichte. Einmal spricht er sogar davon, dass Lana ihn mit sieben Millionen Pfund in Ihrem Testament bedacht habe. Aber Elliots Freundschaft zu Lana ist ein einziges Missverständnis, sowohl aus seiner Sicht als auch der von Lana.

Final nimmt die Geschichte eine unerwartete Wendung und einen Ausgang, mit dem man so nicht rechnen konnte.

Fazit:

Dieses Buch würde ich nicht als Thriller bezeichnen. Am Anfang habe ich mit Interesse gelesen und fand den Ansatz der Erzählung aus ein und derselben Sichtweise noch interessant.
Danach flachte aber mein Interesse ab. Durch viele Twists und Turns ist keine klare Gliederung zu erkennen und ich empfand das Setting mit zunehmendem Maße langatmig.
Elliot Chase ist gleichzeitig Teil der Gruppe. Ich hätte es besser gefunden, wenn ein Außenstehender die Geschichte erzählt hätte, also ein auktorialer Erzähler.
Ebenso werden Passagen auch doppelt erzählt (wie z.B. die Einladungen zum Besuch der Insel erfolgt sind).
Ich war von diesem Buch enttäuscht und vergebe daher nur zwei Sterne.

Bewertung vom 27.01.2024
Stille Falle / Leo Asker Bd.1
Motte, Anders de la

Stille Falle / Leo Asker Bd.1


ausgezeichnet

Der Autor lässt Kriminalinspektorin Leonore (kurz Leo) Asker in ihrem ersten Fall ermitteln. Er hat damit eine Figur für eine neue Reihe zum Leben erweckt. Bisher schrieb er ausnahmslos Einzelbände.

Leo Asker arbeitet bei der Kripo in Malmö in der Abteilung für Kapitalverbrechen. Sie wird mit den Ermittlungen im Vermisstenfall der neunzehnjährigen Millionärstochter Smilla Holst und deren Begleiter Malik Mansur (kurz MM) beauftragt. Die Beiden sind schon seit einigen Tage verschwunden.

Smilla und Malik haben sich auf eine Höhlenerforschung begeben, von wo sie nicht zurückkehren. Wir erfahren dabei einiges über Urban Exploration (Erkundung sogenannter Lost Places – ein zentrales Thema in diesem Krimi), was der Autor in die Handlung mit eingebunden hat. Das ist interessant und hat mir sehr gut gefallen.

Aufgrund einer Verschwörung gegen ihre Person wird Asker von dem Fall abgezogen. Die Leitung wird Kriminalkommissar Jonas Hellman aus Stockholm übertragen. Die Fäden hat Isabel Lissander von der Kanzlei Lissander und Partner gezogen, pikanterweise die Mutter von Leo. Hellman begeistert durch seine Art die neuen Kollegen. Für mein Empfinden ist er ein Selbstdarsteller und allzu sehr davon überzeugt, dass nur er den Fall lösen kann.

Leo Asker landet als Leiterin in einer sogenannten Reserveabteilung unten im Keller des Hauses. Für dieses »Dezernat der hoffnungslosen Fälle« interessiert sich ansonsten niemand im Haus. Die dortigen Kollegen stehen ihr zunächst kritisch gegenüber. Diese Mitarbeiter sind allesamt Außenseiter und teilweise skurril. Ein starkes Plus für den Autor, wie er die Charaktere darstellt.

Leo ist introvertiert und eine Einzelgängerin. Obwohl ihr der Fall entzogen wurde, stellt sie weitere Ermittlungen an. Wie bei einem Puzzle fügen sich die Teile Stück für Stück zusammen und sie kommt der Spur von Smilla und MM immer näher. Sie merkt dabei nicht, wie sie immer mehr ins Fadenkreuz des Täters gerät.

In eingeschobenen Kapiteln erfahren wir etwas aus der Kindheit und Jugendzeit von Leo. Das ist 17 Jahre her. Sie wird von ihrem paranoiden Vater Per Asker (Prepper-Per) gepiesackt und drangsaliert. Sie nennt ihn Prepper, weil er sich mittels individueller Maßnahmen auf jedwede Art von Katastrophen vorbereitet. Leo muss daran teilnehmen und das macht sie stark und es kommt ihr bei der späteren Polizeiarbeit zugute.

Außerdem ist auch die Rede von Martin Hill, den sie im Alter von vierzehn Jahren in der Schule kennenlernt. In der Gegenwart begeistert er sich für Urban Exploration und wird Leo bei ihren Ermittlungen eine große Hilfe sein.

Viele Verbindungen und Zusammenhänge zwischen den einzelnen Figuren sorgen für Verwirrung, aber das steigert auch den Spannungsbogen. Und noch etwas hat mich umgetrieben. Was will uns der Ort einer Modelleisenbahnlandschaft und eine Schmetterlingssammlung in Gläsern sagen, worauf soll das hinweisen?

Im weiteren Verlauf sollte man sich an den Anfang der Geschichte erinnern, um einiges besser verstehen zu können. Das Buch endet mit einem Cliffhanger. Damit ist mein Interesse geweckt, wie es weitergeht mit Leo Asker. Das finde ich sehr geschickt vom Autor gemacht.

Fazit:

»Stille Falle« ist ein Krimi der besonderen Art. Ein sehr interessanter und intensiver Plot. Der Autor überzeugt insbesondere durch einen intelligenten Aufbau und eine hervorragende Dynamik (schnell und eindringlich erzählt).
Kurze Kapitel, wechselnde Erzählperspektiven und Retrospektiven (Rückblick auf bereits stattgefundene Ereignisse), die dazu dienen, Leo Asker und ihre bewegte Vergangenheit besser kennenzulernen.
In manchen Szenen habe ich Parallelen zu anderen Thrillern erkannt (z.B. der Spezialermittler Carl Mørck vom Sonderdezernat Q der Kopenhagener Mordkommission in Jussi Adler Olsens Thrillern).
Dieses Buch lediglich einen Kriminalroman zu nennen, wird ihm nicht gerecht. Für mich ist das klar ein spannungsgeladener Thriller.
Man darf auf den zweiten Fall mit Leo Asker gespannt sein. Von mir gibt es fünf Sterne.

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